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Titel
20 Jahre UEG-Week – wenn das kein Grund zum feiern ist
Untertitel
Eine gastroenterologische Erfolgsgeschichte mit internationalem FlairInterview mit dem Generalsekretär Prof. Dr. Christoph Beglinger, Chefarzt, Basel
Lead
Herr Prof. Beglinger, wann haben Sie angefangen, sich für die (damals noch) UEGW zu engagieren? Prof. Beglinger: Angefangen hat alles im Jahr 2000 mit einer Mitarbeit im Scientific Committee, dessen Leitung ich 2002 übernahm.
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UEG-Week 2012. 20. United European Gastroenterology Week Amsterdam - 20. bis 24. Oktober 2012
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4763
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20 Jahre UEG-Week, wenn das kein Grund zum Feiern ist
Eine gastroenterologische Erfolgsgeschichte mit internationalem Flair
Interview mit dem Generalsekretär Prof. Dr. Christoph Beglinger, Chefarzt, Basel

H err Prof. Beglinger, wann haben Sie angefangen, sich für die (damals noch) UEGW zu engagieren? Prof. Beglinger: Angefangen hat alles im Jahr 2000 mit einer Mitarbeit im Scientific Committee, dessen Leitung ich 2002 übernahm.
Was ist Ihnen als Chairman des Scientific Committee der UEGW (von 2002 bis 2004) besonders in Erinnerung geblieben? Der grosse Wandel hat mit dem Meeting in Genf begonnen (2002). Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die UEGW von einer der nationalen gastroenterologischen Gesellschaften im Wechsel geplant und organisiert. Entsprechend landesspezifisch war die Durchführung. Und auch Schwankungen in der Qualität waren unübersehbar – wobei mir als sehr positives Beispiel die UEGW in Birmingham (1997) in Erinnerung geblieben ist. Das war der Grund, ein internationales Komitee zu etablieren, ebenfalls 2002, als die Schweiz den Jahreskongress ausrichtete. Nach einer Übergangszeit führte das dazu, dass seit 2006 nicht mehr ein bestimmtes Land verantwortlich war, sondern dass die UEG die Organisation des Meetings in Eigenregie umgesetzt und das Programm gestaltet hat. Am schwierigsten war es, das internationale Komitee aufzustellen, denn für viele der Beteiligten war diese Innovation gewöhnungsbedürftig. Doch das ist inzwischen längst Geschichte. Die resultierenden qualitativen Verbesserungen haben das Konzept bestätigt, und heute steht das nicht mehr zur Diskussion.
Seit 2006 sind Sie Secretary General. Was sind Ihre Aufgaben, Ihre Ziele, Ihre Visionen? Nach meiner Wahl habe ich verlangt, dass die organisatorischen Strukturen des Scientific Committee auch für die UEGF (Federation) gelten. Ich habe dafür Sorge getragen, dass das Teilzeitsekretariat der UEG zu einem permanenten Sekretariat ausgebaut wird. Der Höhepunkt war dieses Jahr im Frühling erreicht, als die UEG das House of European Gastroenterology in Wien eröffnet hat – als Headquarter mit 12 festen Mitarbeitern. Ich darf sagen, dass ich diese Entwicklung der europäischen Gastroenterologie mitgestaltet habe, was mich ein wenig mit Stolz erfüllt. Heute ist die UEG-Week mit dem amerikanischen

Meeting (DDW) durchaus vergleichbar – mit fast identischen Teilnehmerzahlen, und auch unter dem Gesichtspunkt der Qualität des Angebots. Nicht umsonst ist die UEG-Week heute das wichtigste europäische GI-Meeting.

Im Jahr 2012 wurde aus der UEGW die

UEG-Week – welche Überlegungen stan-

den dahinter?

Christoph Beglinger

Für das «Re-Branding» gab es eine Reihe

von Gründen. Es war für die Ärzte

schwierig, UEGW und UEGF auseinanderzuhalten, und Ver-

wechslungen waren vorprogrammiert. Zum einen gab es

die Organisation und zum anderen das «Produkt», das or-

ganisiert wird, die UEG-Week. Letztes Jahr haben wir dann

eine Londoner Firma beauftragt, das Ganze in die Hand zu

nehmen. Das Resultat: Die Organisation heisst UEG – und

die Produkte heissen UEG-Week, UEG-Education, «UEG-

Journal». Das ist jetzt viel systematischer, und das Ganze

ist auch farbcodiert, was sich bewährt hat.

Dieses Jahr hat die UEG-Week das 20-Jahr-Jubiläum gefeiert. Wenn Sie zurückblicken, was waren wichtige Meilensteine für Sie? Als die Gesellschaft 1992 gegründet wurde, standen eher nationale Überlegungen im Vordergrund, mit vielen Redundanzen. Heute ist die UEG ein Verbund der verschiedenen gastroenterologischen und hepatologischen Spezialgesellschaften und Interessen, unter Berücksichtigung der nationalen Bedürfnisse. Daher gibt es innerhalb der UEG eben auch das Committee of National Societies, was sich bewährt hat. Mit der heutigen Struktur können wir den Anforderungen an eine internationale gastroenterologische Fachgesellschaft in jeder Beziehung besser gerecht werden.

Der Anniversary Congress hat sehr viele Highlights geboten. In welchen Bereichen wurden aus Ihrer Sicht besonders spektakuläre Resultate vorgestellt? Wenn man sich die Besucherzahlen in den einzelnen Sessions anschaut, dann waren die entzündlichen Darmerkrankungen und die viralen Hepatitiden sicherlich die

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Spitzenreiter. Bei den freien Mitteilungen war das Kolonkarzinom – mit molekularem Screening – ein wichtiges Thema. Eine Thematik, die wir vonseiten der UEG forcieren wollen – mit der viele Gastroenterologen aber noch Mühe haben –, ist der Komplex Obesity. Der Hintergrund: In den letzten drei bis vier Jahren haben wir gelernt, dass der Darminhalt – das Mikrobiom – ein separates Organ darstellt. Bei IBD und Reizdarm, aber auch bei Übergewicht und metabolischen Störungen, dürfte die Darmbesiedlung einen wesentlichen pathogenetischen Faktor darstellen. Der Darminhalt von Personen mit Adipositas unterscheidet sich von demjenigen bei Normalgewichtigen: Während bei Normalgewichtigen die Bifidusbakterien dominieren, sind es bei den Übergewichtigen die Firmicutesbakterien. Dieses Jahr wurde dazu eine niederländische Studie präsentiert. Wenn der Übergewichtige eine Stuhltransplantation von Normalgewichtigen erhält, normalisiert sich die Insulinresistenz. Auch IBD-Patienten oder Patienten mit Reizdarm haben eine veränderte Stuhlflora, weshalb das Konzept der Stuhltransplantation von Interesse sein könnte. Die Frage ist: Kann man durch geeignete Probiotika die Darmflora so verändern, dass sich die entzündlichen Veränderungen zurückbilden. Wahrscheinlich reicht es jedoch nicht, wenn man einfach Lactobazillen oder Bifidusbakterien verabreicht – es wird eher einen Cocktail brauchen. Das Grundkonzept, dass der Darminhalt ein Organ repräsentiert, das ganz verschiedene Funktionen wie Metabolismus, Entzündung oder Karzinogenese steuert, ist noch viel zu wenig bekannt. Wir von der Gesellschaft setzen uns dafür ein, dass diese bahnbrechenden Resultate weiter beforscht werden. Gerade bei den IBD besteht viel Raum für Verbesserungen, denn Remissisionraten um 30 Prozent unter Biologika (nach einem Jahr) kann man nicht als optimal bezeichnen.

Das 20-Jahr-Jubiläum der Fortbildung bot Anlass zum Feiern, zum Beispiel mit einer grossen Geburtstagstorte.
Was haben Sie persönlich für Ihre Arbeit im Spital von diesem Kongress mitgenommen? Bei so einem Kongress muss man Trends und Entwicklungen beobachten und sich über das eigene Spezialgebiet hinaus informieren – also über den «Tellerrand schauen». Speziell die Zusammenhänge zwischen Obesity, Inflammation und Krebs weisen in eine Richtung, die Zukunft haben dürfte. Darüber hinaus hat mich eine Update-Session zu Pankreaserkrankungen beeindruckt.
Die Gastro-Woche ist ja nur ein Aspekt, den die UEG abdeckt. Was hat die europäische Gastroenterologengesellschaft darüber hinaus zu bieten? Neben der UEG-Week sind verschiedene Education-Aktivitäten und -Projekte zu erwähnen. Dazu gehört das Onlineportal, das spezifische Kurse anbietet und sich im Aufbau befindet. Dann werden die wichtigsten Sessions der UEGWeek ins Internet gestellt. Ausserdem werden pro Jahr mindestens zwei Kurse zu Spezialthemen angeboten (in Basis-Science und zu einem klinisches Thema, das interdisziplinär diskutiert wird). Und last, but not least: Wir unterstützen die Spezialistengesellschaften mit 600 000 Euro pro Jahr, damit sie Fortbildungskurse anbieten können, schwerpunktmässig in Süd- und Osteuropa, um den dortigen Kollegen ein Update zu offerieren.

Demnächst wird das erste Heft des «UEG-Journals» erscheinen. Was darf man von dieser neuen Zeitschrift erwarten? Die Zielsetzung ist sehr ehrgeizig, mit einem angestrebten Impactfaktor von 4 nach drei Jahren. Mit Prof. Jan Tack (als Editor-in-chief ) und einem international renommierten Team von Experten bestehen optimale Voraussetzungen, dass der Newcomer unter den Journalen ein Erfolg wird.

Besten Dank für das interessante Gespräch!

Das Interview führte Renate Weber.

UEG-Week in Amsterdam, 20. bis 24. Oktober 2012

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