Transkript
CongressSelection
Die Hypertonie ist ein wichtiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. Mindestens ebenso relevant für dieses Risiko ist jedoch das Rauchen. Wenn beides zusammentrifft, potenzieren sich die schädlichen Auswirkungen auf das Herz-KreislaufSystem noch. Jedoch lässt sich durch Rauchstopp eine deutliche Risikosenkung für den Patienten erreichen. Die therapeutische Unterstützung des Rauchstopps ist daher ein wichtiger Bestandteil der Prävention.
K ardiovaskuläre Konsequenzen des Rauchens treten in allen Stadien auf: Es kommt zur beschleunigten Atherosklerose und zu Restenosen nach Stents und Bypässen. Rauchen führt zu Vasokonstriktion, zu Arrhythmien mit plötzlichem Herztod sowie zur linksventrikulären Hypertrophie. Auf zerebralem Gebiet erhöht Rauchen das Risiko für transient ischämische Attacken und Schlaganfälle, und nach Karotisendarteriektomien sind Restenosen unter Rauchern häufiger. Ist sogar das doppelte Risiko gegeben, ist der Raucher also hypertensiv, hat das weitere zahlreiche ungünstige Konsequenzen für ihn. Bei vergleichbaren Blutdruckwerten ist die Blutdruckeinstellung bei hypertensiven Rauchern schwieriger und mit einer schlechteren Prognose verbunden als bei einem Nichtraucher. Häufiger stellt sich auch eine atherosklerotische renovaskuläre Hypertension ein. Ein maligner Bluthochdruck wird bei Rauchern häufiger angetroffen. Vielfach ist der LDL-Cholesterinspiegel höher, der HDL-Spiegel niedriger als bei Nichtrauchern. Triglyzeride und freie Fettsäuren sind bei rauchenden Hypertonikern ebenfalls häufiger erhöht, ferner die Fibrinogenspiegel, der Hämatokrit, die Blutviskosität und die Plättchenaggregation. Die Glukosetoleranz ist oft schlechter.
Auch das Medikamentenregister ziehen Gründe genug für eine gezielte Beratung dieser Patienten sind also gegeben. Die
Raucher mit hohem Blutdruck
Welche Rauchstopptherapie empfehlen Sie dem Hypertoniker?
European Society of Hypertension (ESH) bietet daher in ihren wissenschaftlichen Newslettern Empfehlungen, wie Grundversorger den Rauchstopp bei ihren Patienten unterstützen können. Die ESH empfiehlt, die Patienten mit einem Doppelrisiko sehr proaktiv zu beraten. Eine minimale Intervention wie die entsprechende Aufklärung und die Empfehlung, mit dem Rauchen aufzuhören, zeigt Erfolgsraten um 10 Prozent. Ein regelrechtes Rauchstoppprogramm mit gezielter Patientenmotivation, sozialer Unterstützung und ähnlichen bewährten Begleitmassnahmen erhöht die Rate für einen tatsächlichen Rauchstopp auf etwa 25 Prozent. Dabei gilt: Je mehr Zeit investiert wird, desto höher ist die Erfolgsrate. Diese Erfolgsraten lassen sich weiter steigern, indem auch die Pharmakotherapie mit einbezogen wird. Als Medikation erster Wahl nennt die Fachgesellschaft Bupropion (Zyban®), verschiedene Nikotinapplikationen (Kaugummi, Inhalator, Lutschtablette, Kaudepot, Nasenspray, Pflaster) und Vareniclin (Champix®). Die Rate von Personen, die in den Wochen 9 bis 12 nach Behandlungsbeginn komplett rauchfrei waren (verifiziert durch COMessung), betrug unter Vareniclin 44 Prozent, unter Bupropion 30 Prozent und unter Plazebo 18 Prozent bei insgesamt 2055 Patienten (Fachinformation des «Arzneimittel-Kompendiums der Schweiz»). Die dauerhaften Abstinenzraten über ein ganzes Jahr betrug 22 Prozent für Vareniclin, 16 Prozent für Bupropion und 8 Prozent für Plazebo. Der Einsatz dieser Medikamente sollte gegenüber dem Raucher immer angesprochen werden, und es soll ihm Unterstützung angeboten werden. Die Doppelstrategie «Medikamente plus Rauchstoppberatung» bringt die grössten Erfolgsraten. Die Rate an kardiovaskulären Ereignissen steigt unter diesen Erstlinienmedikamenten nach-
weislich nicht an, halten die Empfehlungen explizit fest. Bei der Betreuung der hypertensiven Raucher sollten sich die Behandler zwei Dinge immer wieder vor Augen halten: 1. Rauchstopp ist die wahrscheinlich
wichtigste und erfolgreichste Einzelintervention, um das kardiovaskuläre Risiko zu senken. 2. Der Rauchstopp gelingt in den allerwenigsten Fällen im ersten Anlauf. Ebenso, wie nach einem Jahr ein hoher Anteil an Hypertonikern nicht mehr richtig therapieadhärent ist, sind auch Raucher zu zirka 75 Prozent nach einem Jahr wieder rückfällig. Die Tabakabhängigkeit ist ein chronisches Problem, und daher sollten die Grundversorger immer wieder neu das Thema ansprechen und wirkungsvolle Optionen anbieten. Was der Patient mit Rauchstopp gewinnt, ist ähnlich relevant für ihn, wie das, was sich durch eine gute Hypertoniekontrolle erzielen lässt.
Ulrike Novotny
Referenz: Pardell H, Rodicio JL, Hering D, et al. High blood pressure, smoking and cardiovacular risk. ESH Scientific Newsletter, Update on hypertension management 2011: 12: Nr. 20, 37–38.
14 Kardiologie ESH 2012