Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Orthopädie
Rückenschmerzreport 2020
Die Rheumaliga Schweiz hat vom 26. Februar bis 4. März 2020 eine repräsentative Online-Umfrage mit 1041 Teilnehmern in der Schweiz zum Thema Rückenschmerzen durchgeführt. Die Häufigkeit der Rückenschmerzen hat seit der letzten Umfrage im Jahr 2011 leicht zugenommen. Damals hatten 39 Prozent der befragten Personen angegeben, mehrmals pro Woche oder mehrmals pro Monat unter Rückenschmerzen zu leiden. 2020 sind es 50 Prozent. Der Anteil derjenigen, die nie Rückenschmerzen haben, ist von 7 auf 2 Prozent gefallen. Die Anzahl der Arbeitsfehltage wegen Rückenschmerzen ist seit 2011 etwas zurückgegangen. Am Arbeitsplatz
sehr häufig ab und zu nie weiss nicht Art und Häufigkeit der Rückenschmerzen in der Umfrage 2020 (Grafik: Rheumaliga Schweiz)
fehlte ein Drittel der Betroffenen im vergangenen Jahr trotz Rückenschmerzen nie. Im Median beträgt der Arbeitsausfall wegen Rückenschmerz pro Patient 5 Tage im Jahr.
Den ausführlichen Report zum Rückenschmerz in der Schweiz finden Sie hier: https://www.rosenfluh.ch/qr/rueckenreport_2020
Neurologie
Gesunde Probanden für neue MS-App gesucht
An der Studie teilnehmen können Personen ab 18 Jahren. Die App richtet sich an MS-Patienten, aber auch gesunde Personen sind aufgerufen mitzumachen, denn sie liefern wichtige Vergleichsdaten. Die Probanden sollen in einem Zeitraum von 2 Wochen regelmässig Übungen auf dem Smartphone oder Tablet absolvieren. Dabei müssen mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger Punkte
verschoben, kurvige Linien nachgefahren oder Zahlen verschiedenen Symbolen zugeordnet werden. Die Übungen erlauben eine Analyse der Hand- und Armmotorik sowie kognitiver Fähigkeiten. Die Studie soll klären, ob man MS-Therapien künftig mithilfe der App individuell anpassen kann. Konzipiert und entwickelt wurde die MitrendS-App von der Berner Fachhochschule BFH, der MIDATA Genos-
senschaft, der ETH Zürich, dem Swiss Data Science Center (SDSC) und dem Universitätsspital Zürich (USZ). Weitere Informationen und Download der App: https://mitrends.citizenscience.ch/de USZ/RBO s
Pressemitteilung des Universitätsspitals Zürich vom 19. Juni 2020.
Geriatrie
Tanzen als Sturzprävention
Tanzen ist für Senioren eine attraktive Alternative zur konventionellen Seniorengymnastik, um Mobilität und Balance zu fördern. Das belegt einmal mehr eine Studie aus Brasilien. 82 Personen ab 60 Jahren wurden in die Studie aufgenommen. Sie waren eher nicht sportlich und gingen allenfalls spazieren oder ab und zu Schwimmen. Alle Studienteilnehmer nahmen an einer einstündigen Schulung zur Sturz-
prävention teil. Die Hälfte von ihnen ging dann 3 Monate lang zweimal pro Woche zum «Senior Dance», einem Tanzprogramm unter der Leitung speziell ausgebildeter Trainer. Das Tanztraining dauerte jeweils 1 Stunde, die Anstrengung bewegte sich in einem mittleren Bereich. Getanzt wurde nach bestimmten Choreografien, im Sitzen und im Stehen, mit schnellen und langsamen Rhythmen, abwechselnd alleine, zu zweit oder in der Gruppe.
Die Teilnehmer der Senior-Dance-
Gruppe konnten am Ende im Durch-
schnitt 2,3 Sekunden länger mit ge-
schlossenen Augen auf einem Bein ste-
hen als die Kontrollpersonen. Auch im
Sit-to-stand-Test waren sie schneller,
ebenso beim 4-m-Gehen.
RBO s
Franco MR et al.: Effect of senior dance (DanSE) on fall risk factors in older adults: A randomized controlled trial. Phys Ther 2020; 100(4): 600– 608.
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ARS MEDICI 14–16 | 2020
SARS-CoV-2
Corona Immunitas Schweiz
Rückspiegel
Das Schweizer Forschungsprogramm Corona Immunitas ist angelaufen. Insgesamt werden zirka 25 000 repräsentativ ausgewählte Personen daran teilnehmen. «Die schweizweite Bestimmung der Corona-Immunität bringt Gewissheit. Und Gewissheit ist die Grundlage für zielführende politische Entscheide in Zusammenhang mit COVID-19», so Prof. Dr. Milo Puhan, Institutsleiter Epidemiologie der Universität Zürich und Präsident der Swiss School of Public Health (SSPH+), eines Forschungsnetzwerks von 12 Schweizer Hochschulen, die Corona Immunitas gemeinsam durchführen. Ziele des Projekts sind verlässliche epidemiologische Daten zur Verbreitung von SARSCoV-2 in der Allgemeinbevölkerung und in bestimmten Bevölkerungsgruppen in der Schweiz sowie valide Aussagen zur Wirksamkeit der Schutzmassnahmen, zu den Auswirkungen der Lockerungen der pandemiebedingten Verbote und zu den Fragen, wie lange Antikörper bei Personen, die sich mit dem Virus angesteckt hatten, nachweisbar sind und ob sich daraus eine Schutzwirkung ablesen lässt. Die Teilnehmer, Erwachsene und Kinder ab 5 Jahren, werden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und per Brief eingeladen. Pro Region
werden zwischen April und Oktober 2020 200
bis 800 Personen eingeladen. Darüber hinaus
werden in einzelnen Kantonen spezielle Grup-
pen (z. B. Bewohner von Altersheimen, be-
stimmte Berufsgruppen) zusätzlich untersucht.
Alle Teilnehmer füllen jede Woche einen kur-
zen Follow-up-Fragebogen aus sowie einmal
pro Monat einen ausführlichen Fragebogen.
Damit werden in Corona Immunitas auch
detaillierte Angaben zu den Folgen der Coro-
naviruspandemie auf die allgemeine Gesund-
heit und das psychische Befinden sowie die
Auswirkungen auf das soziale und berufliche
Leben systematisch erfasst.
Bei allen Teilnehmern werden wiederholt
Antikörper gegen SARS-CoV-2 gemessen,
und zwar überall mit demselben Antikörper-
test, sodass die Resultate vergleichbar sind.
Die erste Phase von Corona Immunitas be-
gann im April im Kanton Genf. Zurzeit läuft
die schweizweite Phase II zum Ausmass der
Immunität in der Schweizer Bevölkerung. Ab
September sind die Evaluation der bis anhin
erfolgten Pandemiemassnahmen und die
Empfehlungen zum weiteren Vorgehen auf
der Basis der repräsentativen Daten zu er-
warten.
RBO s
www.corona-immunitas.ch
Coronaviruspandemie
Stressniveau weiterhin erhöht
Die Angst der Bevölkerung vor dem Coronavirus hat seit dem Ende des Lockdowns zwar abgenommen, es fühlen sich jedoch nach wie vor 40 Prozent gestresster als vor Beginn der Pandemie. Während des Lockdowns waren es 50 Prozent. Die Häufigkeit schwerer depressiver Symptome blieb auch nach den Lockerungen vergleichbar hoch, wobei Männer und Personen ab 55 Jahren weniger anfällig dafür zu sein scheinen. 32 Prozent der Befragten fühlten sich weniger gestresst als vor der Krise. Sie schätzen offenbar die gewonnene Zeit und die Entlastung durch die Verminderung berufli-
cher, schulischer und privater Verpflichtun-
gen.
Die Swiss Corona Stress Study der Universität
Basel erhob die neuen Daten vom 11. Mai bis
1. Juni 2020, als die Massnahmen gegen die
Coronapandemie gelockert wurden. In die-
sem Zeitraum nahmen 10 303 Personen an
der Onlineumfrage teil. Obgleich die Umfrage
nicht repräsentativ ist, bilde die Zusammen-
setzung der Teilnehmer doch ein breites Spek-
trum der Schweizer Bevölkerung ab, so die
Basler Forscher.
RBO s
Medienmitteilung der Universität Basel vom 6. Juli 2020.
ARS MEDICI 14–16 | 2020
Vor 10 Jahren
Vererbtes Verhalten
Zumindest bei Mäusen scheint die Vererbung von Verhaltensstörungen möglich zu sein. Zu diesem Schluss kommt ein Zürcher Forscherteam um Isabelle Mansuy. Sie stressen junge Mäuse in den ersten beiden Lebenswochen, indem sie die Tiere immer wieder und unvorhersehbar von ihren Müttern trennen. Während sich die Kontrolltiere, die man unbehelligt bei ihren Müttern belässt, normal entwickeln, zeigen sich bei den misshandelten MäusenVerhaltensstörungen wie überschiessende Aggressivität oder auch Apathie. Doch nicht nur das: Auch die Nachkommen dieser Mäuse weisen ähnliche Verhaltensstörungen auf, obwohl sie normal aufwachsen. Die Vererbung des gestörten Verhaltens führen die Forscher auf epigenetische Veränderungen in Form veränderter Methylisierungsmuster an verschiedenen Genen zurück.
Vor 50 Jahren
Computer in der Medizin
Am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart wird eine Datenbank mit Giften und Vergiftungssymptomen programmiert, die als «Computerdiagnostik» bei der Behandlung von Patienten mit Vergiftungen deutliche Vorteile gegenüber der ärztlichen Diagnose bieten soll. Während die Programmierer von den Vorteilen des Computers überzeugt sind, warnen andere Ärzte vor überzogenen Erwartungen und vor allem davor, die Leistung eines Computers zu überschätzen.
Vor 100 Jahren
Postoperative Thrombosen
Die Chirurgie macht Fortschritte, doch postoperative Thrombosen und Lungenembolien sind ein grosses Problem. Eine möglichst frühe Mobilisierung der Patienten ist als vorbeugende Massnahme bekannt. Manche Ärzte versuchen mit sogenannten Kardiaka, wie Kampfer, Koffein oder Digitalis, den Kreislauf anzuregen und dadurch das Thromboserisiko zu senken. Um direkt auf die Blutgerinnung einzuwirken, werden unterschiedliche Substanzen ausprobiert, wie zum Beispiel intravenös verabreichte Zitronensäure- oder Zuckerlösungen, aber auch bereits das Antikoagulans Hirudin.
RBO s