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KONGRESSBERICHT
Eosinophile Dermatosen – ein aktueller Überblick
Nach einem Vortrag der Autorin am 8th Arab-European Congress for Dermatology & Venereology vom 6. bis 7. März 2020 in Kairo.
MARGUERITE KRASOVEC RAHMANN
Marguerite Krasovec Rahmann
Im Normalfall stellen eosinophile Granulozyten 1 bis 3 Prozent aller Leukozyten dar. Der absolute Wert beträgt 50 bis 250/µl. Von einer Eosinophilie spricht man, wenn die eosinophilen Granulozyten > 4 Prozent bzw. > 500/µl betragen. Eine Hypereosinophilie liegt ab > 1500/µl vor. Wegen Variationen der Messwerte müssen mindestens 2 Auswertungen im Abstand von 4 Wochen stattfinden. Eine Hypereosinophilie kann sekundär oder idiopathisch sein. Bei Letzterem spricht man von einem Hypereosinophilie-Syndrom; vor einer solchen Diagnose müssen aber gründlich die sekundären Ursachen für eine erhöhte Zahl der Eosinophilen ausgeschlossen werden. Die fünf wichtigsten Ursachen sind: ▲ allergische Erkrankungen ▲ parasitäre Erkrankungen ▲ Medikamente ▲ Autoimmunkrankheiten ▲ solide und hämatologische Neoplasien. Bei allergischen Erkrankungen werden u. a. Allergietests, die Bestimmung vonTryptase und IgE, bei parasitären Krankheiten Stuhluntersuchungen und Serologien (Toxocara, Strongyloides, Trichinella), bei
Im März 2020 fand in Kairo der 8th Arab-European Congress for Dermatology & Venereology zusammen mit dem 34. Jahreskongress der Egyptian Society for Dermatology & Venereology & The Egyptian Hair Research Society statt. Die Präsidenten des Kongresses waren Prof. Mohsen Soliman aus Kairo und Prof. Lasse Braahen aus der Schweiz. Der Chef des Organisationskomitees war Prof. Akmal S. Hassan. Zirka 300 Teilnehmer waren dabei, die meisten aus Ägypten, aber auch aus der Schweiz und Deutschland.
Autoimmunkrankheiten die Bestimmung der Antikörper (ANA, ANCA) und bei Neoplasien Untersuchungen des Bluts, die Bestimmung von Tryptase, Biopsien und bildgebende Verfahren durchgeführt.
Hypereosinophilie-Syndrom
Das Hypereosinophilie-Syndrom ist selten und trifft Männer häufiger als Frauen. Per definitionem besteht eine persistierende Eosinophilie ohne Ursache. Organschädigungen durch die Degranulationsprodukte der Eosinophilen an der Lunge, am Herzen, am Gastrointestinal- und Nervensystem sind möglich und können gravierend sein. Die Hautveränderungen beim Hypereosinophilie-Syndrom können auftreten, kommen bei 37 Prozent der Patienten vor und sind unspezifisch: Makulae, Papeln, Purpura, ähnlich einem Ekzem bei Urtikaria oder bei einem Angioödem. Eine Patientin aus unserer Praxis litt an ekzematösen Hautveränderungen, wobei sich in der Hautbiopsie entzündliche Infiltrate mit (relativ wenigen) eosino-
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philen Granulozyten fanden (Abbildung 1). Erst als sich der Allgemeinzustand verschlechterte, diagnostizierten die Internisten ein Hypereosinophilie-Syndrom mit Aszites, Beteiligung von Magen, Duodenum, Kolon und Ösophagus sowie Perikard- und Pleuraerguss. Die Therapie bestand aus systemischen Kortikosteroiden; neuerlich können IL-5-Inhibitoren helfen.
Eosinophile Zellulitis (Wells-Syndrom)
Wie es der Name schon sagt, handelt es sich um eine entzündliche Dermatose der Dermis mit eosinophilen Granulozyten. Die Ursache des Leidens ist unbekannt, es werden aber diverse Stimuli als Auslösefaktoren vermutet: hämatologische Erkrankungen, Medikamente, Infektionen, Tumoren. Die Patienten präsentieren sich mit rezidivierenden Episoden von juckenden und brennenden Erythemen, urtikariellen Erythemen oder Plaques, umschriebenen schmerzhaften Ödemen, Blasen, Knötchen oder Sklerodermie-artigen Plaques (Abbildung 2). Histologisch charakteristisch sind umschriebene Nekrosezonen im kollagenen Bindegewebe, die von Kerntrümmern (Eosinophilozytoklasie) durchsetzt sind, den sogenannten Flammenfiguren (Abbildung 3). Die Therapie besteht aus systemischen Kortikosteroiden.
Eosinophile Fasziitis (Shulman-Syndrom)
Die eosinophile Fasziitis zeigt sich mit den vier Symptomen: ▲ Sklerodermie-artige Hautveränderungen ▲ Bluteosinophilie ▲ Hypergammaglobulinämie ▲ erhöhte Blutsenkungsrate. Die Ätiologie ist unbekannt; vorangegangenes örtliches Trauma, körperliche Überanstrengung, aber auch Medikamente (Checkpoint-Inhibitoren) wurden beobachtet. Nach einer abrupten Initialphase mit Schmerzen und Ödem, meistens an den Extremitäten (Unterarmen), kommt es zu einer Sklerodermie-artigen, teigigen Induration mit «Einziehen» der oberflächlichen Venen (Abbildung 4), orangenschaleartiger Haut und Kontrakturen der Arme oder Beine innert wenigen Wochen. Diagnostisch sehr hilfreich sind MRT und Biopsie, wo sich eine Verdickung der tiefen Faszien mit eosinophilen Granulozyten findet. Therapeutisch kommt die Kombination von systemischen Kortikosteroiden und Methotrexat zum Einsatz.
© Kempf und Pfaltz Hstologische Diagnostik Abbildung 1: Eosinophiles Syndrom, Histologie
© Krasovec Abbildung 2: Eosinophile Zellulitis, Erythem
© Kempf und Pfaltz Hstologische Diagnostik Abbildung 3: Eosinophile Zellulitis, Histologie: Flammenfiguren
Granuloma faciale, Granuloma (eosinophilicum) faciei
Im Gesicht finden sich 1 bis 2 cm grosse, elevierte, kissenartige, bräunlich-rötliche, solitäre oder multiple Plaques oder Knoten. Die Diagnose erfolgt mittels Histologie, welche in der Dermis dichte eosinophilenreiche entzündliche Infiltrate und erweiterte Gefässe unter einer Grenzzone zeigt. Es wurde vor
Abbildung 4: Eosinophile Fasziitis
© Krasovec
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Kurzem postuliert, dass das Granuloma faciale aufgrund der histologischen Ähnlichkeiten eine extrafaziale Variante des Erythema elevatum et diutinum darstellt. Die Therapie besteht aus topischen Kortikosteroiden, Tacrolimus oder Rituximab.
Eosinophile pustulöse Follikulitis Ofuji
Es bestehen juckende, gruppierte, sterile, follikuläre Pusteln auf elevierten Erythemen. Diese breiten sich zentrifugal aus und weisen eine zentrale Regression auf. Betroffen ist insbesondere das Gesicht, sodass differenzialdiagnostisch an eine Akne, eine Rosazea oder Tinea gedacht werden muss. Histologisch finden sich follikuläre und perifollikuläre Infiltrate aus neutrophilen und eosinophilen Granulozyten. Eine Assoziation mit Lymphomen und myelodysplastischen Syndromen ist möglich. Eine Sonderform ist die HIV-assoziierte, eosinophile pustulöse Follikulitis. Indometacin gilt als Therapie der Wahl.
Angiolymphoide Hyperplasie mit Eosinophilie
Es handelt sich um solitäre oder multiple, lila oder
rötliche Papeln oder Knoten, welche typischerweise
in der Ohrgegend, aber auch im Gesicht oder auf der
Kopfhaut auftreten. Sie können Schmerzen oder
Juckreiz verursachen und leicht bluten. Histologisch
findet sich eine besondere Gefässproliferation, be-
gleitet von entzündlichen Infiltraten aus Lymphozyten
und eosinophilen Granulozyten. Differenzialdiagnos-
tisch kommen Angiome, Granuloma teleangiectati-
cum, Kaposi-Sarkom, Angiosarkom und Morbus Ki-
mura, die naheliegendste Differenzialdiagnose,
infrage.
s
Korrespondenzadresse: Dr. med. Marguerite Krasovec Rahmann FMH Dermatologie und Venerologie Lilie Zentrum Uitikonerstrasse 9 8952 Schlieren E-Mail: dr-krasovec@derma-limmattal.ch
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