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JOURNAL CLUB
Fortgeschrittener, HR-positiver Brustkrebs
Deutliche Überlebensvorteile mit neuem CDK4/6-Hemmer bei endokriner Resistenz
Die Zugabe des neuen CDK4/6-Hemmers Abemaciclib zu Fulvestrant hat ein längeres Gesamtüberleben und weiteren klinischen Nutzen bei vorbehandelten Frauen mit fortgeschrittenem HR-positivem, HER2-negativem Mammakarzinom bewirkt. Im Vergleich zur Therapie mit Fulvestrant allein war das mediane Überleben um 9,4 Monate verlängert, so die ersten Resultate der Studie MONARCH-2. Der klinische Vorteil war unabhängig vom Hormonstatus der Patientinnen.
Die meisten Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs haben Hormonrezeptor-(HR-)positive Tumoren, die initial sehr effektiv endokrin behandelt werden können. Im Verlauf kommt es dann häufig zu einer endokrinen Resistenz und Krankheitsprogression. Die neueren zyklinabhängigen Kinasehemmer 4 und 6 (CDK4, CDK6) in Kombination mit einer Antihormontherapie haben sehr überzeugende klinische Studienresultate zur Überwindung der Endokrinresistenz gezeigt. Der oral anzuwendende CDK4/6-Hemmer Abemaciclib (Verzenios®) hatte sich in präklinischen und ersten klinischen Studien bei diesen Tumoren als sehr potenter Hemmer von CDK4 und -6 erwiesen. Die Phase-III-Studie MONARCH-2 untersuchte dann in 142 Zentren weltweit Wirksamkeit und Verträglichkeit von Abemaciclib plus Fulvestrant versus Plazebo plus Fulvestrant, und zwar erstmals sowohl bei prä-, peri- als auch postmenopausalen Patientinnen nach endokriner Vorbehandlung.
669 Patientinnen eingeschlossen – Cut-off Ende Juni 2019
Die Studie wurde im randomisierten, doppelblinden, plazebokontrollierten Design geführt. Randomisiert wurde im Verhältnis 2:1 zu Abemaciclib (150 mg) oder Plazebo, alle 12 Stunden, jeweils plus Fulvestrant (500 mg) – sowie bei den prä/perimenopausalen Patientinnen einschliesslich ovarieller Suppression. Stratifiziert wurde nach Metastasenlokalisation (viszeral, Knochen oder andere) und Resistenz auf die primäre oder sekundäre endokrine Resistenz. Von den eingeschlossenen 669 Frauen erhielten 446 Abemaciclib/Fulvestrant und 223 Plazebo/Fulvestrant. Das Durchschnittsalter
betrug 59 (32–91) respektive 62 (32–87) Jahre. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS) nach Massgabe der Studienärzte, ein «sekundärer Schlüsselendpunkt» war das Gesamtüberleben (OS). Die erste Zwischenanalyse der Intention-to-Treat-Population zum OS erfolgte zum geplanten Zeitpunkt, nachdem 338 der insgesamt 669 Patientinnen gestorben waren. Das durchschnittliche Follow-up betrug 47,7 Monate. Das Ergebnis wird hier resümiert (1).
Gesamtüberleben: Risiko für Tod um ein Viertel gesenkt
Das mediane OS unter Abemaciclib/Fulvestrant belief sich auf 46,7 Monate und unter Plazebo/Fulvestrant auf 37,3 Monate (Hazard Ratio [HR]: 0,751; 95%-KI: 0,606–0,945). Der Vorteil im OS war in allen Subgruppen konsistent. Am ausgeprägtesten profitierten Patientinnen mit viszeralen Metastasen, verglichen mit denjenigen, die Metastasen im Knochen oder an anderen Stellen entwickelt hatten (HR: 0,675; 95%-KI: 0,511–0,891). Patientinnen mit primärer Resistenz auf die vorgängige Hormontherapie profitierten mehr als diejenigen, die sekundär resistent wurden (HR: 0,686; 95%-KI: 0,451–1,043); allerdings war der Unterschied nicht statistisch signifikant. Die Analyse gemäss dem Hormonstatus ergab ebenfalls übereinstimmende OSResultate, dabei zeigte sich ein geringer Vorteil bei prä-/perimenopausalen Frauen. Die Zeit bis zur verordneten Chemotherapie betrug im Median 50,2 Monate im Abemaciclib-Arm (vs. 22,1 Monate), das chemotherapiefreie Überleben im Medi-
an 25,5 (vs. 18,2) Monate. Im Unterschied zum Plazeboarm waren diese Parameter statistisch signifikant verbessert und klinisch von grosser Bedeutung.
Fast 30% progressionsfrei nach 3 Jahren (vs. 10%)
Übereinstimmend mit der primären Analyse war das aktualisierte PFS signifikant verbessert unter Zugabe von Abemaciclib mit 16,9 versus 9,3 Monaten (HR: 0,536; 95%-KI: 0,445–0,64). 29,9% in der Abemaciclib-Gruppe waren nach 3 Jahren progressionsfrei (vs. 10,1 % in der Plazebogruppe). Auch weitere sekundäre Endpunkte, darunter die Zeit bis zur zweiten Krankheitsprogression, waren signifikant verlängert. Im Verlauf der Studie zeigten sich keine neuen Toxizitäten verglichen mit der Erstanalyse; Grad-3- und 4-Nebenwirkungen unter dem CDK4/6Hemmer bezogen sich weiterhin vor allem auf Neutropenie (29,9%), Anämie (9,1%), Leukopenie (11,1%). Diarrhö war die häufigste Nebenwirkung aber beherrschbar und am ausgeprägtesten in den ersten 4 Behandlungswochen.
Folgerungen
Die Studienärzte folgern, dass die Zuga-
be von Abemaciclib zu Fulvestrant mit ei-
nem OS-Vorteil von 9,4 Monaten und
weiteren klinischen Parametern einen
bedeutsamen Überlebensvorteil bewirkt.
Dazu gehören insbesondere das um 7,6
Monate verlängerte PFS und das wesent-
lich verlängerte chemotherapiefreie In-
tervall – Faktoren, die eine deutlich ver-
besserte Lebensqualität bedeuten. Inter-
essanterweise profitieren besonders
Patientinnen mit viszeralen Metastasen,
eine Subgruppe mit per se schlechter
Prognose.
I
Bärbel Hirrle
Quelle: 1. Sledge GW et al.: The effect of abemaciclib plus ful-
vestrant on overall survival in hormone receptor–positive, ERBB2-negative breast cancer that progressed on endocrine therapy – MONARCH 2. A randomized clinical trial. JAMA Oncoloy 2020; 6 (1): 116–124.
30 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 2/2020