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STUDIE REFERIERT
Etoricoxib, Celecoxib, Diclofenac, Naproxen, Ibuprofen und Paracetamol bei Hüft- und Kniearthrose
«Mixed treatment»-Vergleich auf Basis randomisierter plazebokontrollierter Studien
Eine indirekte Vergleichsanalyse (mixed treatment comparison, MTC) hat verschiedene medikamentöse Behandlungsoptionen bei Knie- und Hüftarthrosen verglichen.
OPEN RHEUMATOLOGY JOURNAL
Zur medikamentösen Therapie von Arthrosen werden Paracetamol (z.B. Dafalgan®), die nichtselektiven nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac (Voltaren®), Ibuprofen (z.B. Brufen®) oder Naproxen (z.B. Proxen®) sowie die COX-2-selektiven NSAR wie Celecoxib (Celebrex®) oder Etoricoxib (Arcoxia®) eingesetzt. Idealerweise sollten Ärztinnen und Ärzte ihre Therapiewahl auf Studien stützen können, welche diese medikamentösen Optionen randomisiert und direkt (head to head) verglichen haben. Solche Untersuchungen liegen jedoch nicht vor. Eine indirekte Vergleichsanalyse («mixed treatment comparison», MTC) als Erweiterung einer traditionellen Metaanalyse gilt als valable Alternative für die Syn-
Merksätze
❖ Eine indirekte Vergleichsanalyse hat Paracetamol, nicht selektive NSAR sowie COX-2selektive NSAR bei Osteoarthritis verglichen und kommt zum Schluss, dass mit 30 mg Etoricoxib die Wahrscheinlichkeit für die ausgeprägtesten Verbesserungen bei Schmerz und körperlicher Funktion am höchsten ist.
❖ Bei der globalen Einschätzung des Patienten waren die Unterschiede kleiner und klinisch nicht relevant.
these von Daten aus verschiedenen randomisierten kontrollierten Studien. Dabei werden zwei Therapien indirekt verglichen, die jeweils in einer randomisierten Studie gegen dieselbe Vergleichssubstanz angetreten waren. Die vorliegende Studie hat mit dieser Bayes-Methode die Wirksamkeit von täglich 4000 mg Paracetamol, 150 mg Diclofenac, 1000 mg Naproxen, 2400 mg Ibuprofen sowie 100 bis 400 mg Celecoxib und 30 bis 60 mg Etoricoxib bei Patienten mit Knie- oder Hüftgelenkarthrose verglichen.
Methodik Die Autoren erfassten mittels systematischer Literatursuche randomisierte, plazebokontrollierte Studien mit den genannten Wirkstoffen und mindestens zweiwöchiger Behandlungsdauer. Endpunkte waren Schmerz, körperliche Funktion und globale Krankheitseinschätzung durch den Patienten (patient global assessment of disease status, PGADS). Die Effekte auf Schmerz und Funktion wurden in Effektstärken (ES) umgerechnet. Eine ES von 0,2 bis 0,5 war als «kleiner» Behandlungseffekt definiert, ES 0,5 bis 0,8 galt als «moderat» und > 0,8 als «gross». Ein negativer Effekt zeigte eine überlegene Wirkung der Behandlungs- gegenüber der Kontrollgruppe an.
Resultate Es besteht eine 96-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass Etoricoxib (30 oder 60 mg) im Vergleich mit allen anderen medikamentösen Interventionen die grössten Verbesserungen bei Schmerz und körperlicher Funktion bewirkt. Die ES von 30 mg Etoricoxib im Vergleich zu Plazebo betrug -0,66 (95%-Konfidenzintervall [KI] -0,83 bis -0,49), zu 200 mg Celecoxib -0,32 (95%-KI -0,50 bis -0,14), zu 2400 mg Ibuprofen -0,25
(95%-KI -0,53 bis 0,03) und zu 150 mg Diclofenac -0,17 (95%-KI -0,41 bis 0,08). Die ES für körperliche Funktion betrug für Etoricoxib im Vergleich zu Plazebo -0,61 (95%-KI -0,76 bis 0,46), zu Celecoxib -0,27 (95%-KI -0,43 bis 0,10), zu Ibuprofen -0,20 (95%-KI -0,47 bis 0,07) und zu Diclofenac -0,09 (95%-KI -0,33 bis 0,14). Rechnerisch waren die grössten Verbesserungen bei der globalen Krankheitseinschätzung durch den Patienten mit Etoricoxib oder Diclofenac zu erwarten.
Diskussion
Für Schmerz bestand mit Etoricoxib in
der 30- und 60-mg-Tagesdosis eine 96-
Prozent-Wahrscheinlichkeit, die gröss-
ten Verbesserungen unter allen ver-
glichenen Interventionen zu erzielen.
Dies entspricht umgekehrt einer nur
4-prozentigen Wahrscheinlichkeit, Eto-
ricoxib fälschlicherweise als überlegen
zu betrachten, kann also bei der The-
rapiewahl helfen. «Kleine, klinisch
relevante Vorteile können gegenüber
Paracetamol und den anderen COX-2-
selektiven NSAR erwartet werden»,
schreiben die Autoren (die Analyse um-
fasste auch das zwischenzeitllich wegen
Lebertoxizität aus dem Markt genom-
mene Lumiracoxib). Bei der globalen
Krankheitseinschätzung durch den
Patienten zeigten 60 mg Etoricoxib
und 150 mg Diclofenac die grössten
Verbesserungen, aber die Unterschiede
zu den Vergleichssubstanzen waren ge-
ring und klinisch sicher nicht relevant.
Nach einer Diskussion der methodi-
schen Vorzüge der Bayes-Wahrschein-
lichkeitsanalyse der indirekten The-
rapievergleiche aus randomisierten,
kontrollierten Studien kommen die
Autoren zur Schlussfolgerung: «Diese
Studie schätzte die Behandlungseffekte
von Paracetamol, nichtselektiven NSAR
sowie COX-2-selektiven NSAR bei
Osteoarthritis und ergab, dass für
Etoricoxib die grössten Verbesserungen
bei Schmerz und körperlicher Funktion
zu erwarten sind.»
❖
Halid Bas
W.B. Stam et al.: Efficacy of etoricoxib, celecoxib, lumiracoxib, non-selective NSAIDs, and Acetaminophen in osteoarthritis: A Mixed Treatment Comparison. The Open Rheumatology Journal, 2012; 6: 6–20.
Interessenlage: Die Studie entstand im Auftrag von Merck & Co., USA.
1294 ARS MEDICI 23 ■ 2012