Transkript
E D I T O R I A L Multiple Sklerose:
Die Entwicklung geht weiter
I n den letzten Jahren kam eine Vielzahl an verfügbaren Präparaten und Therapien gegen Multiple Sklerose (MS) auf den Markt. Das ist insbesondere der intensiven Forschung zu verdanken. Im Vergleich zu anderen Gebieten der Neurologie ist der pharmakologische Fortschritt der Immuntherapie sogar als enorm zu bezeichnen.
Allerdings bringt die rasante Entwicklung neben den vielen positiven Effekten auch Herausforderungen mit sich: ● Die einzelnen Substanzen haben unterschied-
liche Sicherheitsauflagen. ● In anderen Ländern sind die Immuntherapien
unterschiedlich zugelassen, d. h. im Sinne einer Erst- oder Zweitlinientherapie. ● In der Schweiz hat es andere regulatorische Bedingungen, sodass die einzelnen Substanzen unterschiedliche Anwendung finden als beispielswiese in der Europäischen Union.
Hinzu kommt, dass jede Substanz ihre spezifischen Nebenwirkungen hat. Dazu gehören opportunistische Infektionen, aber auch maligne Erkrankungen. Tim Sinnecker, Universitätsspital Basel, bespricht diese seltenen Nebenwirkungen der immunmodulierenden Therapien in seinem Beitrag (Seite 33 ff.).
radiologisch isolierte Syndrom und mögliche therapeutische Konsequenzen und stellt neben den bildgebenden Prädiktoren auch insbesondere Entwicklungen bei den Liquorprädiktoren vor.
Die MS zeigt neben den schubartigen Veränderungen teilweise und gelegentlich ausschliesslich eine schleichende Zunahme der krankheitsbedingten Behinderung. Wir unterscheiden zwischen einer primären und einer sekundären Progression. Die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten für diese schleichenden Veränderungen sind noch immer beschränkt, aber auch in diesem Gebiet wird derzeit intensiv geforscht. Athina Papadopoulous und Cornelius Kronlage, Universitätsspital Basel, stellen die aktuelle Studienlage in der Behandlung dieser beiden Formen vor (Seite 37 ff.).
Trotz aller Fortschritte in der MS-Behandlung ist auch heute noch vieles nicht zufriedenstellend. Die Basistherapeutika können Schübe nicht vollständig verhindern. Bei der progredienten Form bedarf es weiterer Medikamente. Zudem bedarf es auch weiterer Forschungsfelder und mehr Wissen, beispielsweise über die Mikrobiota und damit über Umweltfaktoren und insbesondere über den Impact der Ernährung auf die Entwicklung einer MS.
Doch ab wann ist ein Beginn dieser Therapien überhaupt sinnvoll? Mit dem zunehmenden Einsatz der Magnetresonanz-Bildgebung werden auch häufiger intrakranielle Läsionen unklarer Signifikanz entdeckt und stellen Radiologen und Neurologen vor Herausforderungen: Erfüllen diese bereits die Kriterien für eine mögliche MS? Und wie gehe ich mit diesem Befund um, wenn der Patient asymptomatisch hierfür ist? Charidimos Tsagkas diskutiert in seinem Beitrag (Seite 28 ff.) das sogenannte
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. l
PD Dr. Katrin Parmar Oberärztin Neurologie
Universitätsspital Basel Petersgraben 4 4031 Basel
E-Mail: katrin.parmar@unibas.ch
26 2/2020
PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE