Transkript
STUDIE REFERIERT
Obstipation bei Kindern
Einige Laxanzien im Vergleich
Obstipation im Kindesalter ist häufig, und entsprechend weitverbreitet ist der Gebrauch von Laxanzien. In einem kürzlich publizierten Cochrane Review wurde die Wirksamkeit und Verträglichkeit einiger Laxanzien verglichen.
COCHRANE REVIEW
Obwohl Laxanzien bei Kindern recht häufig eingesetzt werden, ist die Studienlage dazu eher dürftig. Die Cochrane-Autoren fanden bei ihrer umfassenden Suche nach randomisierten, kontrollierten Studien, in welchen osmotische oder stimulierende Laxanzien entweder mit Plazebo, «head-to-head» oder einer anderen Therapie verglichen wurden, nur 18 Studien mit insgesamt 1634 Teilnehmern, die gut genug waren, um in den Review einbezogen zu werden. Dabei waren die Kriterien offenbar nicht allzu streng, denn bei der Hälfte der Studien war das Studiendesign durchaus fraglich und «Bias»verdächtig (z.B. fehlende Verblindung oder fehlende beziehungsweise nur selektiv erfasste Daten). Insofern ist man nach der Lektüre dieses Cochrane Reviews nicht viel schlauer, was die Auswahl des richtigen Laxativums für Kinder betrifft, zumal
Merksätze
❖ Es gibt noch immer zu wenig gute Studiendaten zu Laxanzien für Kinder.
❖ Polyethylenglykolpräparate und Paraffinöl scheinen wirksamer zu sein als Laktulose, Laktitol, Faserkost und Senna.
❖ Da es kaum gute Vergleichsstudien gibt, sind definitive Aussagen zur Wirksamkeit der verschiedenen Substanzen nicht möglich.
aufgrund der schlechten Studienlage nur ein Bruchteil der verfügbaren Substanzen berücksichtigt werden konnte. Immerhin ringen sich die Autoren zu der Aussage durch, dass Polyethylenglykolpräparate (Macrogol, z.B. Dulcolax®, Movicol® Junior, Transipeg®) möglicherweise etwas besser wirken als Plazebo, Laktulose (z.B. Duphalac®, Gatinar®) oder Magnesiummilch (z.B. Magnesia S. Pellegrino®, Siesta-1®) und dass Paraffinöl (z.B. Lansoyl®, Paragol® N) ebenfalls eine gute Wirksamkeit und Verträglichkeit aufweise. Gleichzeitig betonen die Autoren jedoch, dass all diese Aussagen mit Vorsicht zu geniessen seien. Insgesamt sei die Qualität der Evidenz für den primären Endpunkt (Anzahl der Stuhlgänge pro Woche) aufgrund spärlicher, inkonsistenter und heterogener Daten niedrig oder gar sehr niedrig, und es bestehe ein hohes «Bias»-Risiko, schreiben Morris Gordon und seine Koautoren.
Resultate im Detail Laktulose wurde in den meisten der berücksichtigten Studien mit anderen Substanzen verglichen, aber nie mit Plazebo. In keiner der genannten Studien waren die Laktulosepräparate wirksamer als die Vergleichssubstanzen (PEG, Paraffin, Faserkost, Senna, Laktitol). Nebenwirkungen wie Bauchkrämpfe und Flatulenz waren mit Laktulose jedoch häufiger. Auch Polyethylenglykolpräparate (PEG) wurden in relativ vielen der berücksichtigten Studien untersucht und mit Folgendem verglichen: Laktulose, Magnesiummilch und Plazebo. In allen Studien erwies sich PEG statistisch signifikant als etwas besser; beim Vergleich mit der Magnesiummilch weisen die Autoren darauf hin, dass der Unterschied möglicherweise klinisch irrelevant sei (siehe unten). In einer der Studien wurde berichtet, dass PEG für eine Desimpaktation gleichermassen wirksam war wie rektale Klysmen.
Im Vergleich mit Plazebo (n = 101,
2 Studien) führte PEG zu einer erhöh-
ten Stuhlfrequenz (+2,61 Stuhlgänge
pro Woche; 95%-KI: 1,15–4,08). Zu
den Nebenwirkungen zählten Fla-
tulenz, Bauchschmerzen, Diarrhö und
Kopfschmerzen.
Im Vergleich mit Laktulose (n = 338,
4 Studien) schnitt PEG bei der Stuhl-
frequenz nur geringfügig besser ab
(+0,95 Stuhlgänge pro Woche; 95%-
KI: 0,46–1, 44), aber weniger Patienten
mit PEG benötigten zusätzliche Thera-
pien als mit Laktulose (18 vs. 30%). Zu
den Nebenwirkungen in diesen Studien
zählten Diarrhö, Bauchschmerzen,
Übelkeit, Erbrechen und Pruritus ani.
Im Vergleich mit Magnesiummilch
schnitt PEG ebenfalls kaum besser ab
(+0,69 Stuhlgänge pro Woche; 95%-
KI: 0,48–0,89).
In den PEG-Studien wurde ein Fall
von PEG-Allergie berichtet, andere
schwere Nebenwirkungen sind nicht
dokumentiert.
Paraffinöl wirkte im Vergleich mit Lak-
tulose (n = 287; 2 Studien) deutlich bes-
ser. Mit dem Paraffin waren es fast
5 Stuhlgänge mehr pro Woche (+4,94;
95%-KI: 4,28–5,61). Die Nebenwir-
kungen umfassten Bauchschmerzen,
Blähungen und wässrigen Stuhl.
Keinen Unterschied in der wöchent-
lichen Stuhlfrequenz fand sich bei fol-
genden Vergleichsstudien: PEG versus
Klysmen (n = 90, 1 Studie), Faserkost
versus Laktulose (n = 125, 1 Studie),
Senna versus Laktulose (n = 21, 1 Stu-
die), Laktitol versus Laktulose (n = 51,
1 Studie) und PEG versus Paraffin
(n = 158, 1 Studie).
❖
Renate Bonifer
Gordon M, Naidoo K, Akobeng AK, Thomas AG. Osmotic and stimulant laxatives for the management of childhood constipation. Cochrane Database of Systematic Reviews 2012, Issue 7. Art. No.: CD009118. DOI: 10.1002/ 14651858. CD009118.pub2. Medikamentenbeispiele gemäss compendium.ch
Interessenkonflikte: Der Erstautor erhielt Reisekostenunterstützung durch mehrere pharmazeutische Unternehmen; finanzielle Unterstützung für den Review kam von kanadischen Gesundheitsbehörden und einer privaten Stiftung.
ARS MEDICI 21 ■ 2012 1197