Transkript
KONGRESSBERICHT
SGML 2020
Cellulite-Therapie
Sieg über die Dellen
Cellulite war bisher für die ästhetische Medizin eine harte Nuss. Doch diese scheint nun geknackt: Mit einer Kombination verschiedener Massnahmen, die von Topika bis zu minimalinvasiven Eingriffen reichen, lassen sich die unschönen Dellen deutlich einebnen.
Sonja Sattler
Schönheit ist selten – das gilt besonders für die Cellulite, denn nur etwa 15 Prozent aller Frauen bleiben davon verschont. Und die anderen 85 Prozent wollen auch mit glattem, prallem Hautrelief durchs Leben gehen. Diese ungleiche Verteilung ist evolutionär bedingt, denn das lockere Bindegewebe an Hüften, Po und Oberschenkeln ist für die Fortpflanzung von Vorteil: Während einer Schwangerschaft werden hier Wasser und Fett eingelagert, die zum Erhalt der Schwangerschaft beitragen. Nur schön ist das eben nicht. Und die Cellulite wird im Laufe der Zeit auch nicht besser, denn Fett- und Wassereinlagerungen sowie fibrotische Prozesse nehmen zu, abhängig von Hormonstatus, Ernährung und Lebensstil.
Cellulite am häufigsten hormonell bedingt
Ursache für die Hauteinziehungen an Gesäss und Oberschenkeln seien bindegewebige Fasern und Septen, die die Hautoberfläche durch die Fettgewebsschichten hindurch in die Tiefe zögen. Dadurch werde das unschöne dellenartige Cellulite-Relief erzeugt, erläuterte Dr. Sonja Sattler (Darmstadt, Deutschland). In ihrer Patientenklientel unterscheidet Sattler drei Cellulite-Typen: ▲ Genetisch bedingte Grübchen-Cellulite (dimple
cellulite), bei der die Dellen schon in jungen Jah-
ren auftreten, hauptsächlich am Po und lateral sowie lateral und dorsal an den Oberschenkeln. ▲ Hormonell bedingte Cellulite vom Orangenhauttyp. Diese grösste Gruppe bildet ab der Pubertät die unschönen Dellen an grossen Arealen an Po, Oberarmen und Oberschenkeln aus. Das Erscheinungsbild ändert sich mit dem Hormonstatus und dem Körpergewicht. ▲ Mixtyp aus Grübchen- und Orangenhaut-Cellulite.
Kollagenneogenese ankurbeln
Und wie ebnet man jetzt den «Hagelschaden» ein? Ziel ist, die Fettpölsterchen abzubauen und mit vermehrtem Kollagen die Haut so zu straffen, dass diese Fettzellen quasi «eingesperrt» sind. Sattler hat hier mit einer Kombination aus einer speziellen Creme plus nicht invasiven Massnahmen gute Erfahrungen gemacht. Eine dieser Methoden ist der mikrofokussierte Ultraschall (MFU), der die Neubildung von Kollagen in der Dermis und in der Subkutis im Bereich der superfiziellen Faszie (bis 4,5 mm Tiefe) ankurbeln soll. Die Neogenese von Kollagen wird durch die von Ultraschall erzeugte Hitze induziert, wodurch eine Koagulationskaskade und die Ausbildung von Hitzeschockproteinen in Gang gesetzt werden.
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KONGRESS-HANDOUT SGML
Stoffwechsel anregen, Fettabbau fördern
Eine weitere nicht invasive Methode, um die Cellulite zurückzudrängen, ist das Saug-Walk-Prinzip (z. B. mit SmoothShape® mit Laser der Wellenlängen 650 nm + 915 n m). Damit wird die Haut bis in ihre tiefste Schicht mobilisiert, der lokale Stoffwechsel angeregt und der Fettabbau gefördert. Das Laserlicht bewirkt, dass die Membran der Fettzellen in den tiefen Hautschichten durchlässig wird und sich die Fettzellen durch die Saug-Walk-Behandlung komplett entleeren. Dadurch regenerieren sich die Kollagene und die elastischen Fasern des Unterhautbindegewebes sowie dort liegende Muskelfasern.
Topika fördern Durchblutung und Lymphdrainage
Auch Cremes haben Effekte Diese nicht invasiven Massnahmen kombiniert Sattler immer mit Externa: Anti-Cellulite-Cremes werden allgemein als wenig hilfreich eingestuft. Sattler ist hier anderer Meinung: Durch Topika mit Inhaltsstoffen wie Methylxanthinen (Koffein, Theophyllin), Retinoiden, Capiscain, Niacinamid oder der Kombination aus Kräuterextrakten lassen sich durchaus Effekte erzielen: Die Oberhaut wird gestrafft, sodass das Fett nicht so leicht «ausbeult». Zudem werden in der obersten Fettschicht die Durchblutung und der Stoffwechsel gesteigert, ebenso die Lymphdrainage. Auch die Lipolyse solle dadurch angeregt werden, was zu einer, wenn auch moderaten Umfangsverringerung der Schenkel beitrage, so Sattler. Die Wirkung der Externa-Inhaltsstoffe erläuterte Sattler am Beispiel Koffein: Das Methylxanthin penetriert in die Haut und regt dort den Stoffwechsel an,
indem es den Anstieg von Dopamin, Adrenalin und Norepinephrin blockiert. Des Weiteren hemmt Koffein die Phospodiesterase-Aktivität, was zu mehr cAMP in den Adipozyten führt, wodurch die Degradation der Triglyzeride in freie Säuren und Glycerol gesteigert wird. Ausserdem fördert Koffein die Lymphdrainage und somit den Abtransport von Toxinen und Fett aus dem Lipolyseprozess und steigert die Mikrozirkulation in der Haut. Eine weitere Begleitbehandlung, die die Kollagenneogenese fördert, ist die fächerförmige, grossflächige Injektion von Kalziumhydroxylapatit (CaHA) in verschiedenen Verdünnungen. Die auch als Filler bei der Faltenbehandlung verwendete Substanz stimuliert die Neubildung von Kollagen über einen biomechanischen Effekt, der über die Kalziumhydroxylapatit-Sphären zur Fibroblastenstimulation führt. Nach Sattler ist das besonders geeignet, wenn die Haut beispielsweise nach einer deutlichen Gewichtsabnahme schlaff erscheint.
Mikroklinge trennt fibröse Septen
Alle genannten Verfahren benötigen regelmässige
Nachbehandlungen. Wesentlich nachhaltiger ist die
minimalinvasive vakuumunterstützte Tissue-Stabi-
lized-Guided-Subcision (TS-GS, Cellfina®). Die TS-GS
ist besonders bei tiefen Einziehungen geeignet. Ur-
sache dafür sind die Bindegewebssepten, die die
Haut mit dem Muskel verbinden, ähnlich einem
Chesterfield-Sofa, bei dem die Knöpfe das Leder in
die Tiefe ziehen. Um im Bild zu bleiben: Mit TS-GS
können diese Knöpfe abgeschnitten werden, was die
Einziehung zurückspringen lässt.
Dabei wird das subkutane Gewebe mittels eines Va-
kuumhandstücks stabilisiert, während eine motoras-
sistierte Mikroklinge parallel zur Hautoberfläche die
fibrösen Septen einzeln trennt. Die präzise und stan-
dardisierte Durchtrennung dieser Septen kann je
nach Lokalisation und Ausmass der Dellen in zwei
Tiefen in definierten Fächerwinkeln durchgeführt
werden.
Die Behandlung lässt die Dellen an den behandelten
Stellen dauerhaft verschwinden – zumindest fünf
Jahre nach einem einmaligen Eingriff bewerten die
Untersucher den Effekt im Vergleich zum Ausgangs-
befund noch als verbessert, bei 40 Prozent sogar als
deutlich verbessert, so Sattler (1).
s
Zellulite-Haut vor (oben) und nach (unten) dem Einsatz von Cellfina®.
Angelika Ramm-Fischer
Quelle: Vortrag «Everyone hates Cellulite» von Dr. Sonja Sattler am Kongress der Schweizerischen Gesellschaft für medizinische Laseranwendungen (SGML),16.Januar 2020 in Zürich.
Referenz: 1. Kamier MS et al.: Multicenter Pivotal Study of Safety and Effectiveness of a Tissue
Stabilized-Guided Subcision Procedure for theTreatment of Cellulite: 5Year Update, Abstract ADD Conference 2018.
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