Transkript
FORTBILDUNG
Hypertonie bei COPD
Worauf ist zu achten?
Viele COPD-Patienten leiden zusätzlich an Hypertonie. Die therapeutische Vorgehensweise sollte sich bei ihnen an aktuellen Guidelines zur Behandlung von Bluthochdruck orientieren. Die Auswahl geeigneter Antihypertensiva erfolgt unter Berücksichtigung von Lungenfunktion, Komorbiditäten und der weiteren Medikation. Lebensstilmodifikationen werden für alle COPD-Patienten mit Hypertonie empfohlen.
New England Journal of Medicine
Bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (chronic obstructive pulmonary disease, COPD) ist Bluthoch druck die häufigste Komorbidität. In Studien waren Hyper tonie und COPD unabhängig mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse verbunden. Somit kann eine Hypertonie zu einem erhöhten kardiovaskulären Gesamt risiko von COPD-Patienten beitragen. Die pathophysiologischen Merkmale beider Erkrankungen überschneiden und beeinflussen sich (siehe Abbildung). So sind COPD und kardiovaskuläre Erkrankungen durch eine chronische systemische Entzündung gekennzeichnet, die in der Pathogenese beider Erkrankungen eine zentrale Rolle spielt. Zusätzlich kann endogen oder exogen verursachter oxidativer Stress bei COPD-Patienten zur endothelialen Dys funktion führen. Dadurch steigt auch das Risiko für Hypo tonie und andere kardiovaskuläre Erkrankungen. Die COPD-bedingte Überreaktion des sympathischen Ner vensystems und die erhöhten Spiegel proinflammatorischer Zytokine sind mit einem erhöhten Atheroskleroserisiko ver bunden. Rauchen – ein bedeutsamer Risikofaktor für kardio vaskuläre Erkrankungen – scheint ebenfalls zur arteriellen Steifigkeit im Zusammenhang mit der COPD beizutragen. Die arterielle Gefässsteifigkeit nimmt mit der Häufigkeit der COPD-Exazerbationen zu, was wiederum zur systemischen Hypertonie beiträgt.
MERKSÄTZE
� Pathophysiologische Merkmale von COPD und Hypertonie überschneiden sich.
� Bei der Auswahl geeigneter Antihypertensiva sind Lungenfunktion, Komorbiditäten und die weitere Medikation zu berücksichtigen.
� Die pulmonalen Effekte von Antihypertensiva variieren entsprechend der Substanzklasse.
� ACE-Hemmer, ARB und Thiaziddiuretika sind als Firstline-Option für die meisten COPD-Patienten geeignet.
Antihypertensiva bei COPD-Patienten
In Guidelines werden aufgrund der begrenzten Datenlage zu pulmonalen Effekten von Antihypertensiva keine Empfehlun gen für bestimmte Medikamente bei COPD-Patienten gege ben. Somit können prinzipiell alle verfügbaren Substanzklas sen bei ihnen angewendet werden (Tabelle). Bei der Auswahl geeigneter Antihypertensiva sollten Ärzte deshalb zunächst alle Faktoren berücksichtigen, welche die Kontrolle von COPD und Hypertonie beeinflussen. Dazu gehören die Lungenfunktion und häufig auch weitere Komor biditäten wie Adipositas, Diabetes, Herzinsuffizienz und ko ronare Herzkrankheit (KHK). Pharmakokinetische und phar makodynamische Aspekte sind ebenfalls zu beachten. Zudem sind Kenntnisse der pulmonalen Nebenwirkungen verschiedener Antihypertensiva und Kenntnisse der Wechsel wirkungen zwischen Antihypertensiva und der pulmonalen Medikation für ein erfolgreiches Management unabdingbar. Die antihypertensive Behandlung von COPD-Patienten kann im Allgemeinen leitliniengemäss erfolgen.
Diuretika
Die Review-Autoren empfehlen Thiaziddiuretika als Firstline-Antihypertensiva für COPD-Patienten. «Entgegen frühe ren Bedenken geht aus der aktuellen Evidenz hervor, dass Thiaziddiuretika keine negativen Effekte bezüglich der Atem wegsfunktion haben», schreiben die Wissenschaftler. Allerdings kann es unter Thiaziddiuretika zu Elektrolytstö rungen kommen, wenn gleichzeitig inhalative Beta-2-Sympa thomimetika (senken die Kaliumkonzentration im Serum) und/oder Glukokortikoide (erhöhen die Kaliumausschei dung) appliziert werden. Die durch Thiaziddiuretika verur sachte Hypokaliämie ist dosisabhängig und kann in seltenen Fällen Arrhythmien auslösen. COPD-Patienten sollten daher im Hinblick auf Elektrolytstörungen überwacht werden. Das gilt vor allem bei Dosisänderungen von Bronchodilatatoren oder Glukokortikoiden. Schleifendiuretika weisen geringere antihypertensive Effekte auf, werden aber oft bei Patienten mit Herzinsuffizienz oder einer Kreatinin-Clearance < 30 ml/1,73m2 angewendet. Da es unter Schleifendiuretika noch häufiger zur Hypokaliämie
186
ARS MEDICI 6 | 2020
FORTBILDUNG
Wiederholte Hypoxie bei COPD Überreaktion des sympathischen
Nervensystems
Rauchen Oxidativer Stress
Akutphasenproteine (CRP) Weisse Zellen
Systemische Entzündung
Erhöhtes Risiko für arterielle Gefässsteifigkeit, endotheliale Dysfunktion und
atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankung
Remodelling von
Lungengewebe
Proinflammatorische Zytokine: - Interleukin-6 - Interleukin-8 Fibrinogen
Pulmonalarterielle Hypertonie
Hypertonie
Herzinsuffizienz
Koronare Herzkrankheit
Die gestrichelten Linien kennzeichnen lungenbezogene Veränderungen bei pulmonalen Erkrankungen, die zur chronischen systemischen Entzündung beitragen.
Abbildung: Potenzielle Mechanismen der Zusammenhänge zwischen COPD, Hypertonie und
Abbildung:aPnodteernezniekllaerdMioevcahsaknuilsämreennEdrekrraZnuksuanmgemnen(nhaäcnhgeFiznwksisectheanl. C20O2P0)D, Hypertonie und anderen kardiovaskulären Erkrankungen (nach Finks et al. 2020)
Antihypertensiva bei COPD-Patienten
In Guidelines werden aufgrund der begrenzten Datenlage zu pulmonalen Effekten von
Antihypertensiva keine Empfehlungen für bestimmte Medikamente bei COPD-Patienten kommt als ugnetgeerbTehnia. zidSdoiumriettikak,öinstnaeunch phrieinrzeiipnieeElllekatlrloe veerfffüegkbtearaeunfweSisuebnsutanndzkaluacshseimn Rbaehimeihnneeinner pulmonalen lytüberwachaunnggewerefonrddeetrlwicehr.dZeunde(Tmambeulsles)b.eachtet werden, Rehabilitation von Nutzen sind.
dass SchleifeBnediiudreertiAkuasbweiaChOl gPeDe-iPganteietnetrenAznutimhyeptaebrotelinscshivear solAlteCnE-ÄHrzemtemdeersshinadlbazlluerndäicnhgsstnaiclhlet fFüarkatlolereCnOPD-Patienten AInlkaBloesoebuancbgDhdeeitaHurhbünöyecgrpkteseessnrtsikuc,ahddpHtiieeingeniereLznbuiw,nensiagtwurreeafenfnglifczeuhinenSenkkcözhtdinloeiuneninfeendnKu. donkindoutrrroehotnälilkauearfeigvobHaneeiurczChkOrghaPweönDerekitgi.htuneAeneriCtetd, Ed(K-HKaboHyeHmpdKuieo)nsr.rgttbetoPneindhAiziaetunärmgtdbeieoaennökedoihwnekäfmiiulenufeeisgAtstsiredsteencitpneh.oneNsDiineutabanzdesduen,rwAirlklguenmgeeinnbgee COPD-PatipenhtaernmiamkokdliynnisacmheisnchAelltAasgpmekiteeisninemd eebrhenöhfatellns zu vböelakcehrutenng.nur selten auf. Bei Personen über 65 Jahre und bei
Risiko für uZnuedrwemünsscinhtde KreesnpnirtantoisrsisechdeerWpiruklmunogneanlevenrbNuenbenwRirakuucnhgeernn svoewrsiechbieeidEeinnenrahAmnteihvyopnerKtaelnizsuivmakanalblockern, den. Im MaunnadgemKeentnvtnoinssCeOdPeDr uWndecHhyspeelwrtiornkiuensgoellntenzwsiiescheAnntAihnitsithaympienritkeanosdivear suynstdemdiescrhepnulGmluoknoakleonrtikoiden ist die
daher nur bMegerdeinkzattAionnwefnüdrungeifnindeenrf.olgreiches ManagemeInntziduennzabjdedinogcbharh.öheDr.ieInsagnetsiahmypt ekrotemnmsievne unerwünschte Behandlung von COPD-Patienten kann im AllgemWeiinrkeunnlgeeitnlinvioenngAeCmEä-Hssemermfoelrgnenh.äufiger bei Patienten mit
ACE-Hemmer und ARB
InhibitorenDiudresetikanagiotensinkonvertierenden Enzyms (ACE-[angiotensin-converting enzyme-]Hemmer) und An
Allergien sowie bei Einnahme von Antihistaminika und Asth mamedikamenten vor. Möglicherweise sollten ARB bei manchen COPD-Patienten
giotensinrezeptorblocker (ARB) gelten generell als First-line- gegenüber ACE-Hemmern bevorzugt werden, weil sie besser
Antihypertensiva, weil sie das Risiko für kardiovaskuläre und verträglich und mit einem geringeren Hustenrisiko verbunden
zerebrale Ereignisse senken. Bei COPD-Patienten muss die sind. Im Gegensatz zu Thiaziddiuretika können ACE-Hem
Verschreibung jedoch unter Berücksichtigung pulmonaler mer und ARB zu einer Erhöhung des Kaliumspiegels führen
Aspekte erfolgen.
und so das Risiko der Hypokaliämie in Verbindung mit inha
Der potenzielle Nutzen von ACE-Hemmern bei COPD be lativen Beta-2-Sympathomimetika ausgleichen. Bei Patienten
steht in der Abschwächung entzündlicher Prozesse in den mit erhöhtem Risiko für eine Hypokaliämie sind ACE-Hem
Lungenarterien. Des Weiteren sind ACE-Hemmer vermutlich mer oder ARB somit das bevorzugte Antihypertensivum.
mit positiven Effekten im Hinblick auf den pulmonalen al
veolären Gasaustausch, den Atemantrieb und die Funktion Betablocker
der Lungenmuskulatur verbunden. Beobachtungskohorten Betablocker werden nicht empfohlen, wenn ausschliesslich
studien weisen darauf hin, dass ACE-Hemmer und ARB bei eine Blutdrucksenkung angestrebt wird. Bei einer Hypertonie
COPD-Patienten kardiovaskuläre und pulmonale Schutz in Verbindung mit ischämischen Herzerkrankungen oder ei
188
ARS MEDICI 6 | 2020
FORTBILDUNG
Tabelle:
Überlegungen zum Management von Hypertonie bei COPD-Patienten (nach Finks et al. 2020)
Medikamentenklasse
Allgemeine Überlegungen
Krankheitsbezogene Überlegungen
Medikamentenbezogene Überlegungen
Thiaziddiuretia
Sicher und wirksam als First-line-Antihypertensiva
Guidelines empfehlen Chlortalidon (Monopräparat Hygroton® in der Schweiz ausser Handel)
Chlortalidon ist doppelt so effektiv wie Hydrochlorothiazid (Esidrex®)
Für gebrechliche Personen oder Osteoporosepatienten in Betracht ziehen, da Thiazide knochenschützend wirken
Historische Bedenken bezüglich thiazidinduzierter metabolischer Alkalose; aktuelle Evidenz weist nicht auf Atemdepression oder SäureBasen-Anomalitäten hin
Erhöhtes Hypokaliämierisiko bei isolierter Anwendung (dosisabhängig) oder in Kombination mit inhalativen Beta-2-Sympathomimetika und Glukokortikoiden
Monitoring der Kaliumspiegel; ggf. Behandlung von Hypokaliämie
Schleifendiuretika
Limitierte Anwendung bei COPD
Geeignet für COPD-Patienten mit Herzinsuffizienz
Erhöhtes Risiko für metabolische Alkalose und Hyperkapnie
Erhöhtes Risiko für vermehrte Kaliumausscheidung mit dem Harn bei isolierter Anwendung oder in Kombination mit Langzeitglukokortikoiden
Vorsichtige Anwendung bei erhöhtem Frakturrisiko
Monitoring bezüglich Hyperkapnie und Sauerstoffsättigung entsprechend der Erkrankungsschwere
ACE-Hemmer
Sicher und wirksam als First-line-Antihypertensiva
Erhöhtes Risiko für Angioödeme
Günstige Effekte im Rahmen von pulmonaler Rehabilitation
Hustenrisiko bei COPD höher als in der Allgemeinbevölkerung
Vorsichtige Anwendung bei Patienten mit reaktivem Husten
Bei Rauchern vermeiden
Gleicht das Hypokaliämierisiko von Thiaziden, Beta-2-Sympathomimetika und Glukokortikoiden aus
Monitoring von Kaliumspiegel oder Nierenfunktion
ARB
Sicher und wirksam als First-line-Antihypertensiva
Minimale Sicherheitsbedenken bei COPD-Patienten
Gut verträglich bei COPD in den Stadien III oder IV
Gleicht das Hypokaliämierisiko von Thiaziden, Beta-2-Sympathomimetika und Glukokortikoiden aus*
Monitoring von Kaliumspiegel oder Nierenfunktion
Kalziumkanalblocker
Sicher und wirksam als First-line-Antihypertensiva
Keine pulmonalen Effekte
Dihydropyridine und andere Substanzen dieser Klasse sicher bei COPD-Patienten anwendbar
Vermeidung von Verapamil (Isoptin® und Generika) und Diltiazem (Dilzem® und Generika) bei Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter Ejektionsfraktion
Vorsicht bei Verapamil und Diltiazem; erhöhte Serumspiegel aufgrund von CYP3A4-Enzym-Inhibition
Kein routinemässiges Monitoring erforderlich
Betablocker
Nur für COPD-Patienten mit entsprechender Indikation
Nutzen kardioselektiver Substanzen überwiegt Risiken bei gleichzeitiger Behandlung von Herzinsuffizienz und COPD bei Patienten mit atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung
Bronchospasmen bei nicht selektiven Substanzen und in seltenen Fällen bei hohen Dosen kardioselektiver Substanzen
Indiziert für Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter Ejektionsfraktion, kurz zurückliegendem Herzinfarkt oder Angina pectoris
Vermeidung nicht kardioselektiver Betablocker
Bei kardioselektiven Substanzen sollte mit der niedrigstmöglichen Dosierung begonnen und die Dosis langsam gesteigert werden
Monitoring bezüglich neuer Symptome wie Dyspnoe, Belastungsintoleranz oder bei vermehrtem Gebrauch des Notfallinhalators
*Patienten sollten bei Beginn oder Veränderung der antihypertensiven Behandlung sorgfältig bezüglich medikamenteninduzierter pulmonaler Veränderungen überwacht werden; möglicherweise Wechselwirkungen mit Langzeitmedikamenten zur pulmonalen Kontrolle
ARS MEDICI 6 | 2020
189
FORTBILDUNG
ner Herzinsuffizienz können kardioselektive Betablocker wie Bisoprolol (Concor® und Generika) oder Metoprolol (Beloc ZOK®, Lopresor® und Generika) jedoch das Mortalitätsri siko senken. Zudem sind sie zur Kontrolle von Angina-pec toris-Symptomen bei Hypertonie und KHK von Nutzen. Mit einer niedrigen Initialdosis und vorsichtiger Dosissteigerung können kardioselektive Betablocker auch bei Patienten mit pulmonalen Erkrankungen sicher angewendet werden. Von nicht selektiven Betablockern wie Carvedilol (Dilatrend® und Generika) oder Propranolol (Inderal® und Generika) wird bei Patienten mit reaktiven Atemwegserkrankungen abgeraten. Kardioselektive Betablocker sind bei COPD-Patienten nor malerweise nicht mit Bronchospasmen verbunden. Dennoch kann es bei Behandlungsbeginn oder bei Dosiserhöhung zu einer unbeabsichtigten Verschlechterung pulmonaler Sym ptome kommen. Das gilt vor allem bei Patienten mit Asthma in der Vorgeschichte, bei Komorbiditäten von Asthma und COPD, bei nicht diagnostizierter reversibler Atemwegsobstruktion oder bei erhöhter Eosinophilenzahl im Blut (die auf komorbides Asthma hinweist). Diese Vorbehalte sind bei hypertoniebedingten Notfällen und intravenöser Applikation von besonderer Bedeutung. Intravenöses Labetalol (Trandate®) und Sotalol (Sotalex® ausser Handel; Generika erhältlich) sollten unter diesen Umständen nicht angewendet werden, während Esmolol (Brevibloc® und Generika) in niedrigen bis mittleren Dosierungen in Betracht gezogen werden kann.
Weitere Antihypertensiva
Kalziumkanalblocker sind in der Allgemeinbevölkerung mit einer Reduzierung der kardiovaskulären Mortalität verbun den. Zu ihren Effekten bezüglich der Lungenfunktion bei COPD liegen allerdings keine fundierten Daten vor. In Beobachtungsstudien waren Kalziumkanalblocker bei COPD-Patienten mit Rechtsherzinsuffizienz mit einem redu zierten Sterblichkeitsrisiko verbunden. Nach Ansicht der Review-Autoren sind diese Substanzen eine geeignete Firstline-Option für das Management der Hypertonie bei COPD. Gegen kaliumsparende Diuretika oder Aldosteronrezeptor antagonisten bestehen keine Bedenken bezüglich der Anwen dung bei COPD-Patienten. Sie werden aber meist nicht zur initialen Behandlung einer Hypertonie verschrieben. Zentral wirksame Substanzen wie Clonidin (Catapresan®) können bronchiale Hyperreaktionen verstärken, wenn zuvor
inhalatives Histamin appliziert wurde, und sollten bei Patien ten mit Lungenerkrankungen vorsichtig angewendet werden. Zur pulmonalen Sicherheit von Vasodilatatoren wie Hydra lazin (in der Schweiz nicht mehr im Handel) liegen nur wenige Informationen vor. Das Medikament wird jedoch schon lange angewendet und ist meist nicht mit unerwünschten Wirkun gen verbunden.
Hypertoniekontrolle bei COPD
Entsprechend einer neuen Definition des American College
of Cardiology (ACC) und der American Heart Association
(AHA) liegt jetzt bereits ab einem systolischen Wert von
130 mmHg und einem diastolischen Wert ab 80 mmHg eine
Hypertonie vor. In der Schweiz spricht man ab Werten von
140/80 mmHg von Bluthochdruck (Quelle: Schweizerische
Herzstiftung).
Die Blutdruckkontrolle wird bei COPD-Patienten vor allem
von der Schwere der pulmonalen Erkrankung und von Ko
morbiditäten beeinflusst. Ausserdem können psychische Be
gleiterkrankungen wie Depressionen oder Substanzmiss
brauch die Therapietreue gefährden.
Wird der Zielwert nicht erreicht, sollte zunächst die gesamte
Medikation im Hinblick auf die Effekte bezüglich des Blut
drucks überprüft und entsprechend angepasst werden. Syste
mische Glukokortikoide sowie nicht verschreibungspflichtige
orale und intranasale abschwellende Medikamente (v. a. in
hoher Dosierung) können eine Hypertonie verursachen. Me
dikamentenwechselwirkungen beeinflussen die Blutdruck
kontrolle häufig ebenfalls ungünstig. So erhöhen Inhibitoren
von Cytochrom P 450 3A4 (CYP3A4) massiv die Serumspie
gel inhalativer Glukokortikoide.
Bis das Blutdruckziel erreicht ist, empfehlen die Review-
Autoren für alle COPD-Patienten eine Intensivierung der
antihypertensiven Therapie in Verbindung mit Lebensstil
modifikationen.
s
Petra Stölting
Quelle: Finks WS et al.: Treating hypertension in chronic obstructive pulmonary disease. N Engl J Med 2020; 382: 353–363.
Interessenlage: Zu Interessenkonflikten der drei Review-Autoren sind keine Informationen vorhanden.
190
ARS MEDICI 6 | 2020