Transkript
FORTBILDUNG
Behandlungen mit ablativen Lasern
Wann der Laser, wann die Kürette, wann das Skalpell?
Dieser leicht provokative Titel stellt eine Frage, die man nicht allgemeingültig beantworten kann. Grundsätzlich kann jede Ablation auch mit einer Kürette erfolgen, und ein Laser bedeutet eine Investition, die auch wirtschaftlich gerechtfertigt sein muss. Dennoch möchten wir im Folgenden ein paar allgemeine Statements und Informationen liefern, die dem Leser auch für die Entscheidung, ob ein Laser angeschafft werden soll oder nicht, dienen können.
BETTINA RÜMMELEIN UND ALINA MÜLLER
Lasertechnik
Die zwei wichtigsten ablativen Laser sind der Erbium:YAG-Laser und der CO2-Laser. Sie gehören zur Standardausstattung vieler Arztpraxen. Der Erbium:YAG-Laser ist ein Blitzlampen-gepumpter Festkörperlaser mit der Wellenlänge 2940 nm. Das aktive Medium dieses Lasers ist ein stabförmiger Erbium-(ER-)dotierter Yttrium-Aluminium-Granat-(YAG-)Kristall, welcher monochromatisches Licht im Infrarotbereich des Spektrums elektromagnetischer Strahlung emittiert. Diese Wellenlänge entspricht dem Absorptionsmaximum von Wasser. Wasser seinerseits bildet mit über 70 Volumenprozent den Hauptbestandteil der Haut und ist das Zielchromophor für ablative Lasersysteme. Der zweite klassische ablative Laser ist der CO2-Laser mit der Wellenlänge 10 600 nm, welche ebenfalls durch Wasser absorbiert wird (Abbildung 1: Laserabsorptionskurven).
Unterschied von Erbium- und CO2-Laser
Beide Systeme unterscheiden sich in ihrem Modus der Emission und ihrer biologischen Wirkung: Wäh-
rend CO2-Laser sowohl im gepulsten als auch im Dauerstrichmodus (continuous wave) betrieben werden können, ist der Erbium:YAG-Laser ein rein gepulster Laser. Die Pulsdauer lässt sich variieren. Der Erbium:YAG-Laser hat die höchste Absorption in Wasser, so kann Gewebe sehr rasch im Sinne einer Fotoablation vaporisiert werden. Dabei entsteht ein lautes, knallendes Geräusch. Pro Pass können Ablationstiefen von 2 bis 40 µm erreicht werden. Bei einer Energiedichte von 5 J/cm2 werden somit ca. 4 Passes benötigt, um die Epidermis komplett abzutragen (Abbildungen 2 und 3: Erbium-Laser, vorher und nachher). Die thermische Wirkung ist hierbei im Vergleich zum CO2-Laser sehr gering, sodass die Behandlung auch als «kalte Ablation» bezeichnet wird. Weniger Hitze resultiert auch in weniger Schmerz. Wenn es bei einer Ablation mit einem Erbium-Laser zu einer Blutung kommt, kann per Defokussierung (Entfernung des Handstücks von der Zielstruktur) dennoch Hitze erzeugt werden, wodurch Gefässkoagulation und Blutstillung möglich werden. Auch die Pulsdauer hat einen Effekt auf die thermische Wirkung: Längere Pulsdauern erhöhen die thermische Wirkung. Neuere Erbium-Laser bieten variable Pulsdauern an (Abbildungen 4 und 5: CO2-Laser, vorher und nachher).
Abbildung 1: Absorptionskurven verschiedener Laser
Arztvorbehalt
In der Schweiz stehen alle ablativen Laser unter Arztvorbehalt. Das bedeutet, dass sie nur von Ärzten oder direkt unterwiesenem Personal unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden dürfen. «Unter ärztlicher Aufsicht» bedeutet, dass sich der verantwortliche Arzt während der Behandlung durch das Fachpersonal, an das er diese Behandlung delegiert hat, in den Praxisräumen befindet. Im Gesetzestext verboten ist jegliche Behandlung von Melanozytennaevi mit Laserstrahlen oder IPL (intense pulse light). (Abbildung 6: Folgen einer Naevibehandlung mit dem Laser).
20 SZD 1/2020
FORTBILDUNG
Wann welche Technik?
Für Melanozytennaevi bleibt das Skalpell die Methode der Wahl. Entscheidet man sich bei einem dermalen Naevus für einen Shave, kann ebenfalls das Skalpell flach angesetzt oder eine Kürette verwendet werden (Abbildungen 7 und 8: Naevientfernung mit Skalpell, vorher und nachher). Wenn bei aktinischen Keratosen eine läsionsgerichtete Therapie gewählt wird, ist grundsätzlich zur differenzialdiagnostischen Absicherung eine histologische Untersuchung zu veranlassen (also Kürettage allein bzw. Kürettage vor Laser). Laut Altmeyers Enzyklopädie hat die läsionsgerichtete Lasertherapie mit ablativen Lasern eine nahezu 90-prozentige Abheilungsrate. Alternativ können Kryotherapie oder aufgetupfte Medikamente wie 5-FU Verwendung finden. Gemäss Leitlinien (Stockfleth 2016) ist die Wahrscheinlichkeit für eine Spontanregression von aktinischen Keratosen gering (0–7,2%). Das Risiko der Entwicklung von Plattenepithelkarzinomen auf der Basis von aktinischen Keratosen wird mit 0,1 bis 20 Prozent angegeben. Bei multiplen aktinischen Keratosen liegt das Risiko, ein invasives Plattenepithelkarzinom zu entwickeln, deutlich höher. Einfach einmal «draufloszulasern», ist nach dem bisher Gesagten nicht zu empfehlen! Bei gutartigen Läsionen (die Tabelle zeigt eine Auswahl) ist die Wahl der Methode ebenfalls dem Arzt überlassen und hängt zudem von der vorhandenen technischen Ausstattung ab. Bei Condylomata acuminata handelt es sich um eine Infektionskrankheit durch humane Papillomaviren (HPV). Sie zählen zu den STD (sexually transmitted diseases). Wegen der Tendenz zur raschen Aussaat ist eine möglichst gründliche und frühzeitige Entfernung wichtig. Hierzu kann die Kürettage mit anschliessender Elektrokauterisation verwendet werden oder ein abtragender Laser. Die Laserablation mit einem CO2-Laser ist von grossem Vorteil, weil eine Blutung vermieden wird und der Patient ohne Pflaster die Praxis verlassen kann. Auch ist das Risiko für das «Verschmieren» der Viruspartikel bei dieser Methode geringer. Wichtig ist, dass bei dieser Abtragung infektionsfähige Viruspartikel in die Raumluft abgegeben werden können. Grundsätzlich sollte also nur unter Absaugung und zusätzlichem Schutz mit Schutzbrille und virusdichten Masken (FFP3 = filtering face piece) gearbeitet werden. FFP3-Atemschutzmasken bieten den grösstmöglichen Schutz vor belasteter Atemluft. Im Fall von ästhetisch störenden Läsionen wie Xanthelasmen, seborrhoischen Keratosen, fibröser Nasenpapel usw. wird der Einsatz moderner Technik auch vom Patienten sehr geschätzt. Bei diesen nicht kassenpflichtigen Indikationen steht das ästhetische Ergebnis im Vordergrund.
Abbildung 2: Vor der Laserbehandlung
© Rümmelein
© Rümmelein Abbildung 3: Nach Behandlung mit Erbium-Laser
Abbildung 4: Vor der Laserbehandlung
© Rümmelein
© Rümmelein
Abbildung 5: Nach OP und Behandlung mit CO2-Laser
Insbesondere bei seborrhoischen Keratosen muss bei der Ablation eine «Übertherapie» sorgfältig vermieden werden. Eine zu tiefe Ablation hinterlässt Narben und wird zu Unzufriedenheit des Patienten führen. Nach allen ablativen Lasertherapien sollte die Wundpflege nicht dem Zufall überlassen werden. Die Pflege richtet sich nach der Lokalisation und dem
SZD 1/2020
21
FORTBILDUNG
© Rümmelein Abbildung 6: Folgen einer Naevibehandlung mit Laser
hierdurch möglicherweise bedingten Risiko für Superinfektionen und Wundheilungsstörungen oder postinflammatorische Hyperpigmentierungen. So kann eine Reihe von Produkten sinnvoll sein: Desinfizienzien, Dexpanthenol, lokale Steroide, Sonnenschutz usw.
Fazit
Ein ablativer Laser gehört aus unserer Sicht zur Stan-
dardausrüstung einer modernen Hautarztpraxis.
Auch Kollegen vieler anderer Fachrichtungen wie
Gynäkologen, Allgemeinmediziner, Chirurgen und
plastische Chirurgen sind hiermit ausgestattet. Die
Frage, ob Erbium oder CO2, richtet sich nach dem
Indikationsspektrum und der weiteren Verwendung
des erworbenen Lasergerätes. So haben die meis-
ten modernen Erbium- und CO2-Laser auch noch ein
fraktioniertes Handstück zur Behandlung von Nar-
ben, für Skin-Resurfacing und Laser Assisted Drug
Delivery (LADD) sowie ein vaginales Handstück.
CO2-Laser können zusätzlich zum Schneiden (z. B.
Blepharoplastik) verwendet werden.
s
Korrespondenzadresse:
Dr. med. C. Bettina Rümmelein Dr. Rümmelein AG – House of Skin & Laser Medicine Bürglistrasse 11, 8002 Zürich / Grütstrasse 55, 8802 Kilchberg E-Mail: b.ruemmelein@dr-ruemmelein.ch
© Rümmelein Abbildung 7: Naevuszellnaevi vor der Entfernung
Referenzen: 1. Alexiades-Armenkas MR, Dover JS, Arndt KA (2008): The spectrum of laser skin
resurfacing: nonablative, fractional and ablative laser resurfacing. J Am Acad Dermatol 2008; 58 (5): 719–737. 2. V-NISSG: Verwendung von Produkten zu kosmetischen Zwecken. Informationen zur Verabschiedung zum Bundesgesetz über den Schutz vor Gefährdungen durch nichtionisierende Strahlung und Schall (NISSG) und der dazugehörigen Verordnung (V-NISSG) vom 27.2.2019. Homepage des Bundesamtes für Gesundheit.
© Rümmelein Abbildung 8: Zustand nach der Naevusentfernung mit Skalpell
Tabelle:
Indikationen für Behandlungen mit ablativen Lasern, favorisiertes Gerät nach Wahl der Autorin (Liste nicht abschliessend)
Erbium CO2
Seborrhoische Keratosen
Xanthelasmen
Morbus Darier
Fibröse Nasenpapel
Verrucae plantares
Adenoma sebaceum
Aktinische Keratosen
Rhinophym
Condylomata acuminata
22
SZD 1/2020