Transkript
EADV
Therapie der Hidradenitis suppurativa
Auf dem Weg zu neuen medikamentösen Optionen
Die verfügbaren medikamentösen Therapieoptionen bei Hidradenitis suppurativa (HS) seien noch nicht genügend und Weiterentwicklungen seien nötig, sagte Prof. Errol Prens, Rotterdam (NL), am 28. EADV-Kongress. Er gab einen Überblick, in welche Richtungen aktuell geforscht wird.
Der Krankheitsverlauf sei bei Patienten, die das Hurley-Stadium III erreichten, in der Regel rasch und aggressiv, berichtete der Referent. Seine Arbeitsgruppe analysierte retrospektiv den Krankheitsverlauf von 225 Patienten, wovon sich 50 aktuell im Hurley-Stadium III befanden (1). Schon nach median 3 Jahren war die Progression von Hurley I zu Hurley II und noch rascher – nach lediglich weiteren 2 Jahren – zu Hurley III erfolgt (1). Wenn Patienten bereits innerhalb von 2 bis 3 Jahren eine Progression von Hurley I zu Hurley II aufwiesen, könne dies als prädiktiver Hinweis auf eine schlechtere Prognose gewertet werden; deshalb sollten Systemtherapien (z.B. antiinflammatorische Antibiotika, Biologika) eingesetzt werden, so der Referent.
Zur HS-Therapie zugelassenes Biologikum
Der TNF-Inhibitor Adalimumab (Humira®) ist als einziges Biologikum derzeit zur HS-Therapie zugelassen. Die günstigen Resultate der Studien PIONEER I/II konnten in einer Extensionsstudie (open-label, wöchentlich 40 mg Adalimumab subkutan) bestätigt werden (2). Nach 12-wöchiger Behandlung im Rahmen der PIONEER-I/II-Studien konnte bei 52,3 Prozent ein klinisches HiSCR-Ansprechen erreicht werden (Hidradenitis Suppurativa Clinical Response: mindestens 50% Reduktion der Anzahl von Abszessen und entzündlichen Knoten) (2). Das Ansprechen blieb in der Extensionsstudie bis Woche 168 weiter erhalten (HiSCR bei 52,3% der Patienten), wobei sich das Sicherheitsprofil nicht veränderte
Hurley-Stadien: Klinische Schweregrade der Hidradenitis suppurativa
• Hurley-Stadium I: einzelner oder multiple Abszesse, keine Sinustrakt- und Narbenbildung
• Hurley-Stadium II: einer oder mehrere weit auseinanderliegende, rezidivierende Abszesse mit Sinustrakt- und Narbenbildung
• Hurley-Stadium III: über die ganze Körperregion verteilte, multiple, untereinander verbundene Sinustrakte und Abszesse; (fast) diffuse Beteiligung
(nach Referenz [1])
(2). Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass sich die kontinuierliche Behandlung mit 40 mg Adalimumab wöchentlich zur Langzeitkontrolle von moderater bis schwerer HS eigne (2).
Viele neue Anwärter für die HS-Therapie
Kürzlich wurde ein systematischer Review von 107 relevan-
ten Artikeln zur HS-Therapie mit verschiedenen Biologika
und anderen immunmodulatorischen Medikamenten publi-
ziert (3). Der Referent kommentierte eine Auswahl potenziel-
ler Behandlungsoptionen. Derzeit werde die Wirksamkeit des
IL-1-Rezeptor-Inhibitors Anakinra bei HS noch kontrovers
beurteilt. Eine Überraschung seien die bemerkenswert posi-
tiven Resultate einer Studie mit dem IL-1alpha-Blocker Ber-
mekimab. In Woche 12 wurde bei 60 Prozent der Patienten
(Plazebo: 10%) ein HiSCR-Ansprechen erreicht (3). Mit dem
IL-17A-Inhibitor Secukinumab laufen derzeit Phase-III-Stu-
dien, nachdem in Fallberichten dramatische Besserungen
nach Versagen anderer Biologika beschrieben worden sind.
Mit den IL-23-Inhibitoren Guselkumab und Risankizumab
wurden in Fallserien positive Resultate erzielt, sodass jetzt
Phase-II-Studien begonnen wurden. Der PDE4-Inhibitor
Apremilast wirkt in vielen verschiedenen Zelltypen. Durch
PDE4-Hemmung wird eine Modulation der Entzündungs-/
Antientzündungs-Balance erreicht (Abnahme proinflamma-
torischer und Zunahme antiinflammatorischer Zytokine). In
einer randomisierten, plazebokontrollierten Studie hat sich
Apremilast (2 x täglich 30 mg) bei Patienten mit moderater
HS als wirksam erwiesen (4). In Woche 16 wurde bei 8 von
15 Patienten (53,3%) ein HiSCR-Ansprechen dokumentiert
(bei keinem der 5 Patienten in der Plazebogruppe). Im Ver-
gleich zur Psoriasis seien bei der Pathogenese der HS viel
mehr Zelltypen beteiligt, die alle gezielt beeinflusst werden
müssten, um einen optimalen Therapieeffekt zu erreichen,
sagte Prens. Für die Zukunft brauche es deshalb medikamen-
töse Kombinationstherapien.
s
Alfred Lienhard
Quelle: Vortrag «Biologics and HS: Where are we?» von Errol Prens am 28. Kongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) am 10. Oktober 2019 in Madrid.
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Referenzen: 1. Van Laerhoven A et al.: Hurley III hidradenitis suppurativa has an
aggressive disease course. Dermatology 2018; 234: 232–233. 2. Zouboulis C et al.: Long-term adalimumab efficacy in patients
with moderate-to-severe hidradenitis suppurativa/acne inversa: 3-year results of a phase 3 open-label extension study. J Am Acad Dermatol 2019; 80: 60–69. 3. Lim S et al.: Systematic review of immunomodulatory therapies for hidradenitis suppurativa. Biologics 2019; 13: 53–78. 4. Vossen A et al.: Apremilast for moderate hidradenitis suppurativa: Results of a randomized controlled trial. J Am Acad Dermatol 2019; 80: 80–88.
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