Transkript
SGR
Schmerzen im Vorfuss
Ist es ein Morton? Oder eine Metatarsalgie?
Sowohl aus der Patientenbefragung als auch bei der körperlichen Befunderhebung lassen sich typische Leitsymptome für häufige Schmerzprobleme im Vorfuss herausarbeiten, die den Weg zur weiteren Therapie weisen. Dies erläuterte Dr. Pascal Rippstein, Chefarzt Fusschirurgie, Schulthess Klinik, Zürich, am Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie (SGR).
Bei Schmerzen oder Beschwerden im Bereich des Fusses ist an fünf Gruppen mit je eigenen Leitsymptomen zu denken: 1. Vorfuss: Morton-Neuralgie, Metatarsalgie 2. Nerven: periphere Neuropathie, periphere Polyneuro-
pathie 3. Gelenke: Arthrose, osteochondrale Läsion 4. Sehnen: Tibialis-posterior-Sehne (medial), Peroneus-Sehne
(lateral) 5. Entzündliche Erkrankung
Für den Bereich des Vorfusses arbeitete Rippstein die charakteristischen Unterschiede zwischen Morton-Neuralgie und Metatarsalgie heraus, die sich durch wenige anamnestische Fragen und den Tastbefund einfach eruieren lassen (Tabelle).
Morton-Neuralgie
Beim Morton-Syndrom (auch: Morton-Neurom) handelt es sich um eine Neuropathie, welche die Intermetatarsalnerven zwischen den Metatarsalköpfchen betrifft. Typisch ist die Lokalisation zwischen Strahl II und III und/oder III und IV, selten (in < 1%) zwischen Strahl IV und V, nie zwischen Grosszehe und benachbarter Zehe. Als Entstehungsmechanismus wird eine mechanische Reizung durch Kompression der feinen Nervenäste angenommen. Typischerweise tritt der Schmerz auf, wenn der Vorfuss von den Seiten zusammengedrückt wird, zum Beispiel durch zu enges Schuhwerk beim Gehen oder auch provoziert bei der körperlichen Untersuchung (Mulder-Zeichen).
Metatarsalgie
Bei der Metatarsalgie handelt es sich um ein mechanisches Problem, hervorgerufen durch Druck auf den Knochen. Diese Überbelastung des Knochens kann durch eine Verkürzung der Wadenmuskulatur, Spreizfuss, Hallux valgus, Hammerzehen, angeborene oder traumatische Fehlstellung eines Metatarsal-
knochens oder auch durch Fettatrophie in den Fussballen entstehen. Differenzialdiagnostisch hilfreich ist die Frage, wie Patienten beim Auftreten des Schmerzes vorgehen. Bei Morton-Neurom ziehen sie den Schuh sofort aus, bei Metatarsalgie macht ihnen das Schuhtragen hingegen keine Probleme. Bei der Untersuchung ist der Palpationsschmerz beim Morton-Syndrom sehr genau zwischen den Metatarsalköpfchen zu lokalisieren, bei der Metatarsalgie jedoch etwas diffuser plantar im Bereich des distalen Metatarsalkopfs.
Welche Therapie?
Für die weitere Abklärung bei Verdacht auf Morton-Neurom
wird eine MRI-Untersuchung des Vorfusses empfohlen.
Damit lassen sich verdickte Nervenstrukturen in der Regel,
allerdings nicht immer gut nachweisen. Spricht die Ana-
mnese eindeutig für Morton-Syndrom, stellt sich auch bei ne-
gativem MRI-Befund die Frage der operativen Dekompres-
sion. Einen weiteren Hinweis kann auch eine Infiltration mit
Lokalanästhetikum liefern. Sie führt zur sofortigen Schmerz-
befreiung, diese hält allerdings nur relativ kurze Zeit an. Ope-
rativ kann das Neurom hingegen entfernt werden und eine
Dekompression erfolgen, was zu Schmerzbefreiung führt.
Bei der Metatarsalgie hängt die Therapie von der vermuteten
mechanischen Ursache ab. Bei der häufigen Verkürzung der
Wadenmuskulatur helfen regelmässige Dehnübungen sowie
Einlagen in geeigneten Schuhen. Wichtig ist es auch, ungeeig-
nete Schuhe (hohe Absätze, dünne Sohle) zu vermeiden. Bei
orthopädischen Problemen wie Zehenfehlstellung können
entsprechende operative Eingriffe Abhilfe bringen.
L
Halid Bas
Quelle: Meet the Expert Session «Fussbeschwerden in der Sprechstunde, ein praktischer Crashkurs», Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie am 5. und 6. September 2019 in Interlaken.
Die beiden Hauptdiagnosen bei Schmerzen im Vorfuss
Leitsymptome
Schmerz – wo? Schmerz – wie? Schmerz – wie lange? Schmerz – was tun? Tragen von Schuhen Palpationsschmerz
Morton-Neurom
im Vorfuss «drin» «giftig», «eklig», «gemein» zuerst nichts, dann rasch intensiv Schuhe sofort ausziehen schlecht intermetatarsal, kein Clavus
Metatarsalgie
plantar «Druck», «stumpf» vom ersten Schritt an progressiv intensiver Schuh wird belassen gut plantar am Metatarsalkopf, evtl. Clavus
CongressSelection Rheumatologie | November 2019
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