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KONGRESSBERICHT
SGDV 2019
Psoriasistherapie in der Praxis
Real-Life-Evidenz versus randomisierte, klinische Studien
Neben randomisierten, kontrollierten Studien bilden Real-Life-Daten eine zusätzliche Informationsquelle für die Wirksamkeit, das Sicherheitsprofil und die Lebensqualität über längere Behandlungszeiträume. So können Real-Life-Daten konkrete Hinweise darauf geben, wie eine Therapie in der realen Praxis wirken wird. Darüber sprach Prof. Nikhil Yawalkar, Bern, im Rahmen der SGDV-Jahresversammlung 2019 an einem gemeinsamen Firmensymposium von Celgene und Janssen-Cilag.
Randomisierte, kontrollierte Studien bilden den Goldstandard, um die Wirksamkeit eines Medikaments im Vergleich zu Plazebo und einem etablierten Vergleichsmedikament zu testen. Die meisten randomisierten, kontrollierten Studien sind aber von relativ kurzer Dauer. Als primäre Studienendpunkte werden Wirksamkeit und Sicherheit nach 12 oder 16 Wochen beurteilt. Für die definitive Zulassung werden überdies in der Regel Studiendaten über die Dauer eines Jahres gefordert. Aufgrund der sehr strengen Einund Ausschlusskriterien besitzen aber randomisierte, kontrollierte Studien für die Behandlung in der Praxis nur beschränkte Aussagekraft.
Real-Life-Daten vervollständigen das Bild der Behandlung
Um ein umfassendes Bild über Behandlungsergebnisse im realen Praxisalltag zu erhalten, sind RealLife-Daten nötig, die bei unselektionierten Patienten erhoben werden. Diese Daten geben Auskunft über das vollständige Einsatzgebiet eines Medikaments
Erhebung von Real-Life-Daten
• Beobachtungsstudien mit grosser Anzahl von Patienten • Medizinische Register • Case Series (Studien mit kleinen Patientengruppen) • Case Reports (Studien mit Einzelpatienten) • Datenbanken mit Meldungen von Nebenwirkungen • Umfragen
(nach Prof. Nikhil Yawalkar)
in der Praxis unter Berücksichtigung von Komorbiditäten und Komedikation (Langzeitwirksamkeit, -verträglichkeit und -sicherheit, Beurteilung der Therapie durch Patienten, Lebensqualität, Adhärenz, Überlebensrate des Medikaments = drug survival). Aber nur wenn die Erfassung von Real-Life-Daten adäquat und qualitativ hochwertig ist, sind die erhobenen Daten wertvoll. Bei ungenügender Datenerfassung können anlässlich der Auswertung Probleme entstehen, z. B.
Verzerrungen beim Vergleich verschiedener Medikamente, geringe statistische Validität, falsche Schlussfolgerungen.
Randomisierte versus Real-Life-Studien zu Apremilast
Am Beispiel von Apremilast (Otezla®) demonstrierte Yawalkar Unterschiede zwischen Daten aus randomisierten, kontrollierten Studien und Real-Life-Daten. Es fällt auf, dass etwas jüngere Patienten und mehr Männer an den randomisierten Apremilaststudien teilnahmen im Vergleich zu den Real-Life-Studien. Zu Beginn war der PASI-Wert in randomisierten Studien höher als in Real-Life-Studien. Der Anteil der Patienten mit PASI75-Ansprechen in Woche 16 war in Real-Life-Studien grösser, möglicherweise wegen kombinierter Behandlung (z. B. mit topischen Steroiden oder Lichttherapie). Die Verbesserung der Lebensqualität (DLQI) war in Real-Life-Studien stärker ausgeprägt als in den randomisierten Studien. Was spezielle Lokalisationen (Kopfhaut, Nägel, palmoplantare Lokalisation) mit besonders belastenden oder schwierig behandelbaren Symptomen betrifft, war in Woche 16 in Real-Life-Studien ein grösserer Anteil der Patienten mit der Apremilastbehandlung zufrieden, verglichen mit den Daten aus randomisierten Studien.
Schweizer Erfahrungsdaten zu Apremilast
An der Real-World-Erfahrungsstudie APPRECIATE (Apremilast clinical treatment experience in psoriasis) beteiligten sich 6 europäische Länder, darunter auch die Schweiz. 480 Patienten mit Psoriasis, die mit Apremilast behandelt wurden, konnten in die retrospektive Querschnittsstudie einbezogen werden. Nach 6 Behandlungsmonaten erfolgte die Evaluation von Krankenakten sowie Ärzte- und Patientenfragebögen. Von den 83 Patienten aus der Schweiz wendeten 77,1 Prozent nach 6 Monaten Apremilast weiterhin an. 13,3 Prozent hatten das Medikament wegen fehlender Wirksamkeit, 8,4 Prozent aus Verträglichkeitsgründen und 1,2 Prozent aus anderem
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Grund abgesetzt. Schwerwiegende Nebenwirkungen waren keine aufgetreten. Dies sei einer der Gründe für die in der Praxis häufige Verschreibung von Apremilast, so Yawalkar. Mehr als die Hälfte der Patienten (52%) wies nach 6-monatiger Apremilastbehandlung einen absoluten PASI-Wert unter 3 auf. Dies bedeute in der Regel, dass die Patienten mit
der Behandlung zufrieden seien, sagte der Referent. Auch beim DLQI-Wert, der nach 6 Monaten bei der Hälfte der Patienten 5 oder weniger betrug, kam dies zum Ausdruck.
Alfred Lienhard
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