Transkript
LEBENSMITTELINTOLERANZEN
Konsum von Milchprodukten trotz Laktoseintoleranz und Galaktosämie
Barbara Walther
Barbara Walther1, Doreen Gille2, Lotti Egger1
Die Laktosekonzentration verschiedener Produkte zu kennen, ist für Menschen mit postprandial auftretenden Beschwerden nach Laktosekonsum wichtig. Agroscope hat mit einer neuen, hochsensitiven Methode die Kohlenhydratkonzentrationen der am häufigsten konsumierten Milchprodukte auf dem Schweizer Markt gemessen. In diese Analysen wurden auch laktosefreie Milchprodukte einbezogen, wovon die Milchindustrie in den letzten Jahren eine breite Palette entwickelt hat.
Doreen Gille
Lotti Egger
1 Agroscope, 3003 Bern 2 Universität Zürich, Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention, 8001 Zürich
In den meisten europäischen Ländern wird eine tägliche Aufnahme von 1 bis 3 Portionen Milch und Milchprodukten empfohlen, da diese Lebensmittel reich sind an wertvollen Makro- und Mikronährstoffen wie hochwertigen Proteinen und Fetten, Kohlenhydraten, wasser- und fettlöslichen Vitaminen sowie Mineralstoffe, insbesondere Kalzium, Magnesium, Zink und Jod. Bedingt durch den Einsatz verschiedener technologischer und mikrobiologischer Verfahren können die Makro- und Mikronährstoffe in den verschiedenen Milchprodukten stark variieren. Laktose ist das Hauptkohlenhydrat in Milch und Milchprodukten und kommt natürlicherweise auch nur in diesen Lebensmitteln vor. Es ist ein Disaccharid, welches aus Glukose und Galaktose besteht, die über eine β1,4-Glykosidbrücke miteinander verbunden sind. Die Aufnahme der Laktose im Darm erfolgt hauptsächlich nach einer enzymatischen Spaltung dieser Bindung durch Laktase. Zusätzlich können Darmmikroorganismen, welche ein laktaseähnliches Enzym besitzen, auch im Dickdarm noch Laktose hydrolysieren. Ähnliches geschieht während der Käseherstellung, wo die Starterbakterien die Laktose unter anaeroben Bedingungen aufspalten und zu Milchsäure abbauen. Dieser Prozess führt zu einem vollständigen, in wenigen Fällen auch nur zu einem partiellen Abbau der Laktose, Galaktose und Glukose im Käse. In Joghurt wird die Laktose teilweise aufgespalten und von den Joghurtbakterien verstoffwechselt. Die Akkumulation der Stoffwechselprodukte führt jedoch zu einer pH-Wert-Senkung im Produkt, welche die Aktivität der Bakterien verlangsamt oder stoppt. Trotzdem wird zirka ein Drittel der ursprünglich enthaltenen Laktose im Joghurt durch Bakterien abgebaut. Der Abbau der verbliebenen Laktose wird
nach dem Joghurtkonsum im menschlichen Verdauungstrakt fortgesetzt. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Interesse für die Laktose bzw. die Laktoseintoleranz verstärkt. Eine ungenügende Aktivität der menschlichen Laktase führt dazu, dass grössere Mengen intakter Laktose in den Dickdarm gelangen und dort von den Darmbakterien unter Freisetzung von Gasen wie Methan und Wasserstoff vergoren werden, was zu unangenehmen Symptomen führen kann. Ein genetischer Defekt im Menschen, bei dem milchtypische Kohlenhydrate eine Rolle spielen, ist die Galaktosämie, welche durch einen vererbten Mangel des Enzyms Galaktose-1-Phosphat-Uridyltransferase charakterisiert ist und dazu führt, dass Galaktose nicht in Glukose umgewandelt werden kann. Dadurch kommt es zu einer Anhäufung von Galaktose-1-Phosphat und Galaktose im Blut sowie in verschiedenen Organen, was zu geistigen und neurologischen Schäden sowie Entwicklungsstörungen führen kann. Die einzige Therapie bei Galaktosämie ist ein Verzicht auf den Konsum von Galaktose. Auch wenn diese Krankheit in westlichen Ländern sehr selten auftritt (1 von 40 000 Neugeborenen), ist es für die Betroffenen wichtig, die Quellen dieses Zuckers zu kennen. Zwar kommt Galaktose in einer Vielzahl von Lebensmitteln wie Früchten und Gemüse vor, als Bestandteil des Laktosemoleküls sind jedoch Milchprodukte die Hauptquelle dieses Monosaccharids.
Vielzahl von laktosefreien Produkten
Für Laktoseintolerante wurde in den letzten Jahren eine Vielzahl von laktosefreien Produkten entwickelt. Da die Laktose in diesen Produkten oft mittels Zugabe von Laktase in Glukose und Galaktose hydrolisiert,
24 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 4|2019
LEBENSMITTELINTOLERANZEN
Tabelle:
Laktose-, Galaktose- und Glukosegehalt in Schweizer Milchprodukten in g/kg
Typ
Hartkäse
Emmentaler
Gruyère
Sbrinz
Switzerland Swiss
Alpkäse
Halbhartkäse Appenzeller
Vacherin Fribourgeois
Saint Paulin
Tête de Moine
Tilsiter Switzerland-Past
Tilsiter Switzerland rot
Tilsiter Switzerland surchoix
Raclette
Rahmkäse
Weichkäse Vacherin Mont-d›Or
Limburger
Tomme
Brie (45% Fett)
Brie (60% Fett)
Camembert (60% Fett)
Camembert (45% Fett)
Feta
Frischkäse Hüttenkäse
Mozzarella
Magerquark
Halbfettquark
Rahmquark
Joghurt
Joghurt, mager (0,1% Fett)
Joghurt, fettreduziert (1,5% Fett)
Joghurt, Vollmilch (3,5% Fett)
Joghurt griechische Art (10% Fett)
Bifidus-Joghurt fettreduziert (1,5% Fett)
Bifidus-Joghurt (3,5% Fett)
Milch, Rahm, Magermilch (0,1% Fett)
Butter
Fettreduzierte Milch (1,5% Fett)
Drink Milch (2,5% Fett)
Vollmilch (3,5% Fett)
Kaffeerahm (15% Fett)
Halbrahm (25% Fett)
Vollrahm (35% Fett)
Butter
Laktosefreie LF Cottage Cheese
Produkte
LF Magerquark (0,1% Fett)
LF LF Joghurt (3,5% Fett)
LF Vollmilch (3,5% Fett)
LF Fettreduzierte Milch (1,5% Fett)
LF Milch Drink (2,5% Fett)
LF Kaffeerahm (15% Fett)
LF Halbrahm (25% Fett)
LF Vollrahm (35% Fett)
LF Butter
LF Butter, rekonstitutiert
Laktose Galaktose Glukose
Mittelwert SD
Mittelwert SD
Mittelwert SD
n g/kg g/kg g/kg
4
< 0,024 < 0,1 < 0,02 2 < 0,024 < 0,1 < 0,02 2 < 0,024 < 0,1 < 0,02 2 < 0,024 < 0,1 < 0,02 2 < 0,024 < 0,1 0,01 0,01 2 < 0,024 < 0,1 < 0,02 2 < 0,024 < 0,1 < 0,02 2 0,03 0,01 < 0,1 < 0,02 2 < 0,024 < 0,1 < 0,02 2 < 0,024 < 0,1 < 0,02 1 < 0,024 < 0,1 < 0,02 1 < 0,024 < 0,1 < 0,02 2 < 0,024 < 0,1 < 0,02 3 < 0,024 < 0,1 < 0,02 2 < 0,024 0,24 0,09 < 0,02 2 < 0,024 < 0,1 0,18 0,04 3 < 0,024 < 0,1 0,38 0,19 2 < 0,024 < 0,1 0,29 0,05 1 < 0,024 < 0,1 0,47 0,01 2 < 0,024 < 0,1 0,22 0,11 2 < 0,024 < 0,1 0,24 0,01 1 < 0,024 5,80 0,00 < 0,02 6 18,24 5,95 0,13 0,17 < 0,5 2 7,43 1,71 0,34 0,33 < 0,5 0,35 3 46,40 8,59 0,30 0,07 < 0,5 2 44,25 11,32 1,27 1,13 1,00 1,15 3 36,18 2,61 0,17 0,03 < 0,5 2 33,83 1,65 9,97 1,07 0,88 1,01 3 28,97 3,99 8,51 2,31 0,55 0,05 3 33,10 4,60 7,62 1,72 0,85 0,16 3 30,27 3,74 8,01 0,96 0,68 0,15 1 42,35 0,21 10,79 0,03 0,80 0,00 2 32,08 0,46 4,94 0,97 < 0,5 3 49,65 0,21 < 0,1 < 0,5 2 48,93 0,40 < 0,1 < 0,5 5 48,35 0,21 < 0,1 < 0,5 8 47,67 0,31 < 0,1 < 0,5 3 41,25 1,33 < 0,1 < 0,5 3 37,32 0,83 0,12 0,15 0,50 0,77 3 33,00 1,51 < 0,1 < 0,5 2 7,50 1,27 < 0,1 < 0,5 3 0,37 0,41 9,94 3,96 10,68 2,61 2 0,51 0,25 19,64 1,14 13,85 2,49 2 0,18 0,03 23,02 0,75 14,50 1,74 2 0,40 0,17 23,77 0,97 23,40 0,18 1 0,25 0,00 20,14 0,33 23,95 0,07 1 1,41 0,03 22,86 0,15 22,30 0,00 2 0,55 0,03 20,57 0,46 19,23 0,15 2 0,30 0,11 19,50 1,00 17,20 0,08 2 0,26 0,02 16,47 0,43 14,50 0,58 1 0,01 0,02 3,44 0,03 3,30 0,00 1 < 0,024 < 0,1 < 0,02 Die Mittelwerte und Standardabweichungen (SD) enthalten alle gemessenen Werte. Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 4|2019 25 LEBENSMITTELINTOLERANZEN jedoch nicht aus dem Produkt entfernt wird, sind laktosefreie Milchprodukte meist nicht für Menschen mit Galaktosämie geeignet. Für beide Gruppen ist es wichtig und hilfreich, die Gehalte der von ihnen zu meidenden Kohlenhydrate in verschiedenen Milchprodukten zu kennen, da aus Angst vor den Folgen oft auf die gesamte Lebensmittelgruppe verzichtet wird. Das ist nicht nur aus sensorischer Sicht bedauerlich, sondern kann zu relevanten Mangelversorgungen mit wichtigen Nährstoffen führen. Das Ziel dieser Studie war es daher, mit geeigneten sensitiven Methoden die drei Kohlenhydrate Laktose, Glukose und Galaktose in den am häufigsten konsumierten Schweizer Milchprodukten zu analysieren. Zu diesem Zweck wurden insgesamt 121 Milchprodukte bei vier Grossverteilern in der Stadt Bern eingekauft. Dabei wurden nur Schweizer Standardprodukte (keine Premium- oder Budgetprodukte) gewählt, von denen der Produzent und der Produktionsort bekannt waren. Um eine breite Marktabdeckung zu erreichen, wurden nur Produkte von mittleren und grossen Verarbeitern eingekauft. Insgesamt konnten sechs Gruppen von Milchprodukten analysiert werden: 1. Milch mit verschiedenen Fettgehalten 2. Rahm verschiedener Fettgehaltsstufen 3. Butter 4. verschiedene Käsesorten (Hart-, Halbhart-, Weich- und Frischkäse) 5. Joghurt (probiotische und nicht probiotische) 6. als «laktosefrei» gekennzeichnete Produkte. Laktose Die gemessenen Laktosegehalte variierten stark zwi- schen den verschiedenen Produktkategorien (Tabelle). In allen Hart-, Halbhart- und Weichkäsen lagen die Gehalte unter der Nachweisgrenze von 0,024 g/kg. Einzige Ausnahme bildet der Halbhartkäse Saint Paulin, in dem eine geringe Restlaktosemenge von 0,03 g/kg gefunden wurde. In Frischkäse hinge- gen konnten noch relevante Mengen an Consommation de produits laitiers malgré une intolérance au lactose ou une galactosémie Laktose gefunden werden, die zwischen 7,4 g/kg in Mozzarella und 46,4 g/kg in Magerquark lagen. Die Gehalte in Milch lagen im Bereich der bekannten Werte: von 47,6 g/kg in Mots-clés: concentration en lactose – produits laitiers – intolérance au lactose Vollmilch bis 49,6 g/kg in M agermilch. Rahm wies je nach Fettstufe zwischen 33,0 g/kg (Vollrahm) und 41,2 g/kg Connaître la concentration en lactose de différents produits est très important pour les personnes présentant des troubles postprandiaux après avoir consommé du lactose. A l’aide d’une nouvelle méthode hautement sensible, Agroscope a mesuré la teneur en hydrates de carbone des produits laitiers les plus consommés disponibles sur le marché suisse. Connaître ces teneurs est important pour les personnes présentant une intolérance au lactose. (Kaffeerahm) auf. Butter verfügte über eine Restmenge von 7,5 g/kg. Durch die zeitlich beschränkte Fermentation in Joghurt wurde die Laktosemenge gegenüber Milch um zirka 30 Prozent reduziert. Die nachgewiesenen Laktosekonzentrationen lagen zwischen 28,9 g/kg in fettreduziertem Joghurt und 42,3 g/kg in fettreduzierter probiotischer Sauermilch. Menschen mit einer Laktoseintoleranz vertragen Joghurt aber meist gut, da einerseits die Laktosekonzentration in diesen Milchprodukten im Vergleich zur Milch reduziert ist. Andererseits bleibt die bakterielle Laktaseaktivität auch im Verdauungstrakt noch erhalten. Dank der pH-Puffer-Kapazität des Joghurts und der verlängerten Transitzeit im oberen Gastrointestinaltrakt werden bis zum Erreichen des Dünndarms 90 Prozent der im Joghurt enthaltenen Laktose verdaut. Die Restmengen, die den Dickdarm erreichen, sind so gering, dass die sonst üblichen Symptome der Laktoseintoleranz kaum mehr auftreten. Die als «laktosefrei» deklarierten Produkte lagen alle unter den in der Schweiz gesetzlich erlaubten Mengen von 1 g/kg ausser eine getestete Drinkmilch, die einen erhöhten Wert von 1,4 g/kg aufwies. Die Resultate der Messungen bestätigen einmal mehr, dass gereifte Hart-, Halbhart- und Weichkäse laktosefrei sind und daher von laktoseintoleranten Personen problemlos verzehrt werden können. Auch im bereits erwähnten Saint-Paulin-Käse lag der Laktosegehalt weit unter der in der Schweiz gültigen Grenze für laktosefreie Produkte. Nur in Frischkäse konnten relevante Mengen an Laktose gemessen werden, wobei diese Gehalte zum Teil stark reduziert waren, wie zum Beispiel im getesteten Mozzarella. Diese Produkte werden auch von Personen mit reduzierter Laktaseaktivität in kleineren Mengen toleriert. Fermentierte Milchprodukte inklusive gereiften Käses sind deshalb für Menschen mit eingeschränkter Laktoseverdauung gut geeignet. Verschiedene Experimente haben gezeigt, dass auch die meisten Laktoseintoleranten normalerweise 6 bis 12 g Laktose über den Tag verteilt ohne anschliessende Beschwerden konsumieren können. Dies b edeutet, dass ihnen der Konsum von 1 dl Milch und einem Becher Joghurt keine Probleme verursachen sollte und daher als Ergänzung zum gereiften Käse die Empfehlung des Verzehrs von 3 Portionen auch mit traditionellen Milchen und Milchprodukten möglich ist. Galaktose Wie erwähnt, wird durch die Tätigkeit der Bakterienkulturen, insbesondere der Milchsäurebakterien, die in Milchprodukten vorhandene Laktose gespalten und verstoffwechselt. Dabei entstehen die beiden Spaltprodukte Galaktose und Glukose. Diese werden anschliessend von den Milchsäurebakterien ebenfalls abgebaut. In den untersuchten Proben an Hart- und Halbhartkäsen lag der Galaktosegehalt überall unter der Nachweisgrenze von 0,1 g/kg. Auch die Weichkäse waren galaktosefrei mit Ausnahme des Vacherin Mont dʹOr mit einem Restgehalt von 0,24 g/kg und von Feta, der 5,8 g/kg enthielt. Im Frischkäse schwankt die Galaktosemenge von 0,17 g/kg in Rahmquark bis zu 1,27 g/ kg in Halbfettquark. Da Milch und Rahm nicht fermentierte Produkte sind und damit die Laktose nicht gespalten wird, lagen die Messwerte für das Spaltprodukt Galaktose überall unter der Nachweisgrenze, einzig in Halbrahm mit 0,12 g/kg leicht darüber. Auch in Butter liegt keine ge- 26 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 4|2019 LEBENSMITTELINTOLERANZEN spaltene Laktose vor, was bedeutet, dass sie galaktosefrei ist. Jedoch wird in all diesen Produkten während des Verdauungsprozesses Galaktose freigesetzt, sie müssen deshalb bei Galaktosämie gemieden werden. In Joghurt wurden mit 4,94 g/kg in Vollfett, in Bifidus bis 10,8 g/kg in fettreduziertem Bifidus relevante Mengen an Galaktose nachgewiesen. Der Grund dafür ist die relativ kurze Fermentationszeit, in der zirka 30 Prozent der Laktose gespalten werden, hingegen die Galaktose (noch) nicht weiterverwertet werden konnte. Alle als laktosefrei deklarierten Produkte wiesen meist erhebliche Mengen an Galaktose auf, die von 3,4 g/kg in Butter bis auf 23,7 g/kg in Vollmilch anstiegen. Einzig in der rekonstituierten Butter konnte keine Galaktose nachgewiesen werden. Glukose Wie die Galaktose wird auch die Glukose im Laufe der Reifung in allen Hart- und Halbhartkäsen abgebaut. In den meisten Weichkäsen konnten noch Restmengen von 0,18 g/kg (Limburger) bis 0,47 g/kg (Brie, 60% Fett) gefunden werden. Vacherin Mont dʹOr und Feta waren glukosefrei. In Frischkäseproben wurde einzig im Halbfettquark noch Glukose nachgewiesen (1,0 g/kg). Alle Milch-, Rahm- und Butterproben wiesen Glukosemengen nahe oder unter der Nachweisgrenze auf. Hingegen konnte in verschiedenen Joghurtsorten zwischen 0,5 und 0,9 g/kg Glukose gefunden werden. Obschon die Glukose rascher abgebaut wird als die Galaktose, ist die F ermentationszeit für die Bakterienkulturen offenbar etwas zu kurz, um die Spaltprodukte der Laktose komplett zu verwerten. Laktosefreie Produkte wiesen Glukosegehalte zwischen 3,3 g/kg (Butter) und 23,9 g/kg (fettreduzierte Milch) auf – sie liegen somit in der gleichen Grössenordnung wie die Galaktosegehalte. Dies ist damit zu erklären, dass zur Herstellung von laktosefreien Produkten die Laktose enzymatisch in die beiden Ein- fachzucker Glukose und Galaktose aufgespalten wird. Da die Süsskraft von Glukose und Galaktose bis zu dreimal höher ist als jene von Laktose, werden diese laktosefreien Milchprodukte auch als süsser empfunden. Milchprodukte tragen aufgrund ihrer vorteilhaften Makro- und Mikronährstoffzusammensetzung wesentlich zu einer ausgewogenen Ernährung bei. Durch Verarbeitung und Fermentation kann aus Milch ein breites Spektrum an Milchprodukten wie Käse, Joghurt, Rahm, Butter und so weiter hergestellt werden, die sich durch unterschiedliche Fett-, Protein- und Kohlenhydratzusammensetzungen auszeichnen. Die Kohlenhydratkonzentrationen, insbesondere jene der Laktose und der beiden Spaltprodukte Galaktose und Glukose, werden durch die Zugabe von Bakterien während der Käseherstellung und -reifung stark beeinflusst, sodass gereifter Käse generell als laktose-, galaktose- und glukosefrei bezeichnet werden kann. Diese Prozesse ermöglichen es, dass auch Personen mit Laktoseintoleranz und Galaktosämie nicht auf alle Milchprodukte verzichten müssen und dank einer sorgfältigen Wahl trotzdem von dem reichen Angebot an Nährstoffen profitieren können, die diese Produktegruppe liefert. Korrespondenzadresse: Barbara Walther Leiterin der Gruppe Humanernährung, Sensorik und Aromaanalytik Agroscope Schwarzenburgstrasse 161 3003 Bern E-Mail: barbara.walther@agroscope.admin.ch Quelle: Gille D et al.: Detection of lactose in products with low lactose content. International Dairy Journal 2018; 83: 17–19. Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 4|2019 27