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Häufige intraartikuläre und periartikuläre Infiltrationen in der Praxis
Gezielte Infiltrationen in Gelenke, periartikuläre Strukturen, Sehnenscheiden
Von Andreas W. Krebs
Punktionstechnik Eine Punktion oder Infiltration sollte schmerz-
oder Schleimbeutel gehören zu den
arm beziehungsweise im besten Fall praktisch
wesentlichsten lokalen Behandlungen bei entzünd-
schmerzlos erfolgen. Der Patient soll in einem sauberen
lich-rheumatischen oder entzündlich aktivierten
Raum ohne Zugluft angenehm und entspannt positioniert
degenerativen Krankheiten des Bewegungsappara-
sein.
tes. Der Schwerpunkt dieser Übersicht liegt in der
Die Punktionsstelle wird nach Palpation der ossären Land-
klinisch orientierten Injektionstechnik.
marken durch sanften Druck mit einem Kugelschreiber mar-
kiert. Die Punktionsstelle sollte dabei nicht im Bereich einer
Insbesondere bei mono- beziehungsweise oligoartikulärer
Hautläsion/Effloreszenz oder eines Gefässes liegen. Eine
Entzündung, bei vielen periartikulären Entzündungen oder
Rasur einer behaarten Stelle ist nicht nötig. Daraufhin wird
auch gewissen posttraumatischen Reizzuständen ermöglicht
die Punktionsstelle entsprechend den Anweisungen (Ein-
die lokale Infiltration eine rasche, sehr gezielte und meist ne-
wirkzeit beachten!) des benutzten Produktes desinfiziert.
benwirkungsarme Entzündungshemmung, die durch die Ver-
Eine vorgängige Infiltrationsanästhesie mit einem Lokalan-
wendung von kristallinen Steroidpräparaten oft lange anhält.
ästhetikum ist nicht nötig (ausser bei speziellen Interventio-
Gelegentlich kann eine gezielte Infiltration (bzw. die an-
nen wie Kalkneedling). Das Tragen eines Mundschutzes wird
schliessende Wirkung) auch diagnostisch hilfreich sein.
empfohlen, hingegen ist die Verwendung von sterilen Hand-
Wenn ein Erguss vorliegt, ist es sinnvoll, vor der Infiltration
schuhen nicht notwendig, sofern eine No-touch-Technik
des Medikamentes eine diagnostische und/oder therapeu-
eingehalten wird (vgl. entsprechende Richtlinien der Schwei-
tische Punktion vorzunehmen.
zerischen Gesellschaft für Rheumatologie: www.rheuma-
Bei degenerativen Sehnenproblemen, entweder überlas-
schweiz.ch). Je nachdem kann es aber zum Schutz des Punk-
tungsbedingt oder posttraumatisch, sowie bei Arthrosen
tierenden sinnvoll sein, (nicht sterile) Handschuhe zu tragen.
ohne entzündliche Aktivierung sollen die Steroidpräparate
Bei der Punktion eines Gelenkes nach klinischer Orientierung
dagegen zurückhaltend injiziert und gegebenenfalls alterna-
erfolgt der Einstich meist senkrecht zur Hautoberfläche
tiv Hyaluronsäurepräparate oder sogenannte «Eigenblutprä-
(«kürzester Weg ins Ziel»); bei paratendinösen Infiltrationen
parate», also thrombozytenreiches Plasma (PRP), erwogen
(oder direkt ultraschallkontrollierten Infiltrationen) wird ein
werden (allerdings ohne Kostenübernahme durch die Grund-
flacherer Einstichwinkel gewählt. Idealerweise wird bei jeder
versicherung).
intraartikulären Punktion Synovialflüssigkeit (falls vorhan-
Unerlässliche Voraussetzungen für eine korrekte Infiltra-
den) aspiriert, bevor eine Injektion vorgenommen wird. Dies
tionstechnik ohne Nebenwirkungen sind eine klare Diagnose
beweist die sichere intraartikuläre Lage der Nadel, ermög-
(insbesondere auch ein Infektausschluss), die adäquate
licht eine Punktatanalyse und führt bei grosser Ergussmenge
Information (und das Einverständnis) des Patienten, korrekte
auch zu einer therapeutischen Entlastung. Die Injektion ei-
anatomische Kenntnisse, die richtige Medikamentendosie-
nes Medikaments sollte widerstandslos und schmerzfrei er-
rung und vor allem genügende Fertigkeiten in der Durchfüh-
folgen, allenfalls beschreibt der Patient einen kurz dauern-
rung solcher Infiltrationen.
den Druck oder ein Brennen. Nach der Punktion folgt eine
Für Infiltrationen in anatomisch schwierigeren Regionen oder
kurze Kompression der Injektionsstelle mit einem Tupfer, be-
in tief liegende Gelenke (oder auch zur diagnostischen Punk-
vor üblicherweise ein kleines Heftpflaster aufgeklebt wird.
tion nur kleiner Ergussmengen) ist heute oft die Orientierung
Die geeignete Injektionsnadel (immer Einwegmaterial benut-
durch Ultraschall hilfreich – sei es zur vorgängigen exakten
zen!), das Injektionsvolumen und die Steroiddosis richten
Lokalisation der Punktionsstelle oder auch zur Durchführung
sich nach der Grösse und der Lage des Gelenkes. Grundsätz-
der Infiltration unter direkter Ultraschallsicht.
lich werden für Infiltrationen möglichst dünne Injektions-
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nadeln verwendet (vor allem im Hinblick auf eine möglichst schmerzarme Injektion); je dünner (und länger) die Nadel, desto schwieriger ist aber die Aspiration von Gelenkserguss.
Medikamente Die Steroiddosierung hängt von der Grösse des Gelenkes ab. Bei intraartikulärer oder intrabursaler Infiltration wird in aller Regel ein kristallines Depotsteroid (Triamcinolonacetonid [Kenacort®/Triamcort®] oder Triamcinolonhexacetonid [Triamject®]) gewählt; bei peritendinösen Infiltrationen oder der Infiltration sehr oberflächlicher Strukturen werden je nachdem nur wasserlösliche oder gemischte Steroide (Diprophos®) verwendet. Oft wird die Steroiddosis durch ein kurz wirksames Lokalanästhetikum (Lidocain® o.ä.) ergänzt; einerseits ergibt sich dadurch nicht selten eine sofortige analgetische Wirkung (der Wirkeintritt der Steroide dauert in der Regel länger, nämlich 24–48 Stunden), andererseits kann so das Injektionsvolumen vergrössert werden, was insbesondere bei grösseren Gelenken (oder z.B. der Bursa subdeltoidea) sinnvoll ist. Allerdings gibt es zumindest in vitro Hinweise darauf, dass Lokalanästhetika chondrotoxisch sind, sodass bei der Infiltration in Arthrosegelenke eine gewisse Zurückhaltung angebracht ist. Dies gilt im Übrigen auch für repetitive Steroidinfiltrationen. Falls ein grösseres Injektionsvolumen erwünscht ist, kann dem Steroidpräparat einfach auch physiologische Kochsalzlösung beigemischt werden. Grundsätzlich soll eine lokale Steroidtherapie nur bei klarer Indikation (Entzündung bzw. Reizzustand) vorgenommen werden. Bei ungenügendem Erfolg kann allenfalls nach 1 bis 2 Wochen eine zweite Infiltration erfolgen. Die Anzahl Injektionen pro Region sollte pro Jahr in der Regel auf maximal 3 bis 4 beschränkt bleiben. Die gleichzeitige Infiltration von Steroidpräparaten und Hyaluronsäure oder thrombozytenreichem Plasma ist wenig sinnvoll.
Komplikationen und Nebenwirkungen Die gefürchtete Nebenwirkung bleibt eine Infektion. Das Risiko dafür wird – bei Einhalten einer korrekten Technik – je nach Literatur auf etwa 1:40 000 geschätzt. Weitere, sehr seltene Nebenwirkungen sind vagovasale Reaktionen, allergische (im Extremfall anaphylaktische) Reaktionen (in aller Regel gegen Lokalanästhetika), Blutung/Hämatom oder Nervenverletzung. Starke Schmerzen sind in aller Regel Folge einer ungenügenden Injektionstechnik; einzig bei der intraartikulären Infiltration in kleine Gelenke (z.B. Finger) kann es durch den Volumeneffekt kurzzeitig zu einer Schmerzverstärkung kommen.
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Abbildung 1 und 2: Infiltration in den Subakromialraum der Schulter (siehe Seite 19)
Durch die kristallinen Depotsteroidpräparate kann sich bei sehr oberflächlicher Injektion eine lokale Depigmentierung oder Atrophie des subkutanen Gewebes ausbilden. Bei wiederholten Infiltrationen können selten Verkalkungen entstehen. Weiter zu beachten ist die Gefahr von Sehnenrupturen, insbesondere bei (versehentlich) intratendinöser Infiltration oder bei bereits degenerativ veränderten Sehnen. Dies betrifft insbesondere die gewichtstragenden Sehnen am Fuss, zum Beispiel die Achillessehne. Etwas häufiger können (dosisabhängig) systemische Steroidnebenwirkungen auftreten: gelegentlich Gesichtsrötung/Flush in den ersten 1 bis 2 Tagen; passagere Blutzuckererhöhung bei Diabetikern; vorübergehend leichte Blutdrucksteigerung oder Herzklopfen; selten Wasserretention; selten gynäkologische Zwischenblutung. Systemische Nebenwirkungen wie bei einer Langzeitsteroidtherapie (also etwa Cushing-Syndrom, Gewichtszunahme, Osteoporose, Katarakt etc.) sind nur bei vielfachen beziehungsweise zu häufigen Steroidinfiltrationen zu erwarten.
Kontraindikationen Ungenügendes Beherrschen der Technik; septische Arthritis, Bursitis oder Tendovaginitis; Allgemeininfekt; Antikoagulation (relativ, Nutzen-Risiko-Abschätzung); schlecht eingestellter Diabetes mellitus; Kunstgelenk oder bevorstehender Gelenkseingriff; bekannte Allergie auf die zu injizierenden Medikamente.
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Abbildung 3 und 4: intraartikuläre Infiltration ins Schultergelenk von dorsal
Infiltrationen im Bereich der Schulter Subakromialraum (Abbildung 1 und 2) Indikation: Die Mehrheit der Schulterschmerzen (typischerweise abduktionsverstärkte ventrolaterale Oberarmschmerzen) sind periartikulär bedingt, zurückzuführen auf einen Reizzustand der Bursa subdeltoidea (z.B. bei degenerativ veränderten Sehnen der Rotatorenmanschette oder Verkalkungen, sog. Impingementsyndrom). Infiltrationstechnik: Die subakromiale Infiltration erfolgt am einfachsten von laterodorsal am sitzenden Patienten. Identifizierung und Palpation des Subakromialraums (softspot) kaudal des lateralen Endes des Akromions beim sitzenden Patienten. Markierung der Injektionsstelle zwischen Akromionunterrand und Humeruskopf zirka 1 cm kaudal des inferioren Randes des Akromions von lateral-dorsal bei hängendem Arm. Desinfektion, Injektion unters Akromion nach kranial Richtung AC-Gelenk, etwa 3 cm tief ohne Widerstand und schmerzarm in den subakromialen Raum. Steroiddosis: 40 mg Triamcinolonacetat beziehungsweise 20 mg Triamcinolonhexacetonid plus Lidocain (Volumen 5 ml), schwarze Nadel.
Schultergelenk intraartikulär (Abbildung 3 und 4) Indikation: Im Fall einer artikulären (Omarthritis oder aktivierte Omarthrose) oder kapsulären (adhäsive Kapsulitis, sog. frozen shoulder) Pathologie muss ins Schultergelenk infiltriert werden, wiederum am einfachsten am sitzenden Patienten von dorsal.
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Abbildung 5 und 6: Infiltration im Akromioklavikulargelenk des Schultergelenks
Infiltrationstechnik: Der Arm des sitzenden Patienten ist in Neutralstellung oder in leichter Aussenrotation. Identifizierung und Palpation des Gelenkspaltes von dorsal zirka 2 bis 3 cm kaudal und 2 bis 3 cm medial vom lateralen Ende des Akromions. Markierung der Injektionsstelle, Desinfektion, Injektion intraartikulär zirka 3 bis 4 cm tief zwischen Glenoid und Humeruskopf. Die Nadelspitze geht horizontal in Richtung Processus coracoideus. Steroiddosis: 40 mg Triamcinolonacetat beziehungsweise 20 mg Triamcinolonhexacetonid plus Lidocain (Volumen 5 ml), schwarze Nadel.
Akromioklavikulargelenk (Abbildung 5 und 6)
Indikation: Degenerativer, entzündlicher oder posttraumati-
scher Reizzustand, klinisch lokale Druckdolenz und Kom-
pressionsschmerz.
Infiltrationstechnik: Der Patient sitzt. Identifizierung und Pal-
pation des Gelenkspaltes. Dieser lässt sich am besten pal-
pieren, wenn der Klavikula entlang von medial nach lateral
getastet wird. Markierung der Injektionsstelle (ca. 1–2 cm
medial der lateralen Akromionkante), Desinfektion, Injektion
zirka 1 cm leicht medialwärts tief senkrecht durch das Lig.
acromioclaviculare intraartikulär zwischen Klavikula und
Akromion. Steroiddosis: 20 mg Triamcinolonacetat oder
10 mg Triamcinolonhexacetonid und wenig Lidocain (Volu-
men 1 ml), violette oder graue Nadel.
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Korrespondenzadresse: Dr. med. Andreas W. Krebs Facharzt FMH für Rheumatologie und Innere Medizin 8302 Kloten