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KONGRESSBERICHT
Aktinische Keratosen
Häufig angewandte Therapien im Fokus
Zur Behandlung aktinischer Keratosen (AK) stehen zahlreiche Verfahren zur Verfügung. Die Therapiewahl ist abhängig von Lokalisation, Anzahl, Grösse und Grad der Läsionen, wobei auch Alter, Geschlecht und Erwartungen der Patienten zu berücksichtigen sind. Über einige der gebräuchlichsten AK-Therapien und ihre Nebenwirkungen sprach Dr. Lorenzo Pelloni, Universitätsklinik für Dermatologie, Inselspital Bern, an der gemeinsamen Fortbildung der Dermatologischen Kliniken Bern, Basel und Zürich: «Licht- und Schattenseiten dermatologischer Behandlungen».
Anamnestisch berichten Patienten mit AK über raue Herde, die sich vor längerer Zeit auf der Haut gebildet haben und meist nicht jucken. Die Diagnose wird in der Regel klinisch gestellt. Klassisch ist der klinische Befund von makulösen, rötlichen bis bräunlichen, schuppenden Herden auf chronisch sonnenexponierter Haut. Manchmal weisen die Hautveränderungen massive Hyperkeratosen auf. Nicht invasiv kann die Diagnose einzig mittels Konfokalmikroskopie gesichert werden. In den meisten Fällen sei eine histologische Bestätigung der Diagnose nicht erforderlich, so der Referent. Eine Stanzbiopsie kann bei Infiltrationen oder Erosionen in Betracht gezogen werden, um ein Plattenepithelkarzinom oder Basaliom auszuschliessen. Das Risiko der Entwicklung zu einem invasiven Karzinom beträgt durchschnittlich pro Einzelläsion 0,5 Prozent pro Jahr, wobei die Streubreite der Angaben aus verschiedenen Studien sehr gross ist (0,025% bis 16%). Im Lauf des Lebens entwickeln 5 bis 15 Prozent der Patienten mit AK invasive Karzinome. Etwa 70 Prozent der Spinaliome bilden sich aus AK.
wendet (1 bis 2 Gefrierzyklen von 5 bis 15 s). Es werden Abheilraten von 75 bis 98 Prozent erreicht. Die Rezidivrate beträgt 1 bis 12 Prozent. Die Kryotherapie muss besonders vorsichtig erfolgen bei antikoagulierten Patienten, Patienten mit bullösen Erkrankungen oder mit dunklem Hauttyp, bei Kindern, alten Patienten und bei Personen mit reduzierter sensorischer Empfindung; sie ist kontraindiziert bei Patienten mit Erkrankungen, die durch Kälteexposition verursacht werden (z.B. Kälteurtikaria, Kryofibrinogenämie, Kryoglobulinämie). Zu den möglichen sofort auftretenden Nebenwirkungen gehören Blutung, Blasenbildung, Ödem und Schmerzen. Später kann es zu Wundinfektionen oder Ulzerationen kommen. Während es sich bei Schmerzen, Hyperpigmentierungen oder hypertrophen Narben um vorübergehende Nebenwirkungen handelt, bleiben Atrophien, Hypopigmentierungen und Alopezie nach Kryotherapie in behaarten Hautarealen als mögliche Nebenwirkungen permanent zurück. Konsequenter Sonnenschutz sei nach Kryotherapie sehr wichtig, betonte der Referent.
Kryotherapie Von den zahlreichen Therapiemöglichkeiten, die zur Verfügung stehen (Kasten 1), wird in der dermatologischen Praxis die Kryotherapie am häufigsten ver-
Kasten 1:
Die gebräuchlichsten Behandlungsmöglichkeiten bei aktinischen Keratosen
L Kryotherapie (flüssiger Stickstoff) L Photodynamische Therapie (PDT) L Imiquimod (Aldara™ 5% Creme) L Diclofenac (Solaraze® 3% Gel) L Ingenolmebutat (Picato® 150 bzw. 500 µ/g Gel) L 5-Fluorouracil (Efudix®, Actikerall®)
Photodynamische Therapie (PDT) Die PDT wird von Dermatologen häufig durchgeführt und ergibt gute kosmetische Resultate bei Abheilraten von 70 bis 90 Prozent. Nach lokaler Anwendung von Photosensitizern (Kasten 2) findet in den AK-Zellen eine Umwandlung zu Protoporphyrin IX statt, das mit Licht und Sauerstoff reagiert, sodass freie Radikale entstehen, die den Zelltod herbeiführen. Bei den Nebenwirkungen der photodynamischen Therapie stehen die Schmerzen im Vordergrund. Männer sind durchschnittlich schmerzempfindlicher als Frauen und ebenso alte Patienten (über 70Jährige) im Vergleich zu jüngeren Patienten. Die Behandlung ist umso schmerzhafter, je grösser die aktinische Keratose ist. Die Schmerzhaftigkeit der photodynamischen Therapie hängt überdies stark
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von der Lokalisation ab, wobei die Lippen am schmerzempfindlichsten sind, danach folgen Wangen und Stirn. Die Behandlung von Nacken und Händen ist weniger schmerzhaft. Als vorbeugende und lindernde Massnahmen gegen Schmerzen bei der PDT bewähren sich: kalte Luft, Wasserspray und Cool Packs, orale oder intravenöse Analgesie (z.B. Paracetamol oder Tramadol ½ bis 1 h vor der Behandlung), Nervenblock, Bi-Level Irradiance (Lampen mit anfänglich geringerer Energieabgabe und langsamer Steigerung, bis nach 3 min die maximale Energiemenge erreicht wird). Für erhöht schmerzempfindliche Patienten eigne sich die Tageslicht-PDT mit Ameluz® oder Metvix® als sehr gute, schmerzarme Alternative, so der Referent.
Schmerzreduktion durch Tageslicht-PDT oder Lachgassedierung Im Vergleich zur klassischen PDT ist die TageslichtPDT bei gleicher Wirksamkeit mit deutlich weniger Schmerzen verbunden. So wurden die Schmerzen beispielsweise in einer randomisierten, kontrollierten Studie, an der sich 99 Patienten beteiligten, bei der Tageslicht-PDT mit Methyl-Aminolevulinat-Creme (Metvix®) im Vergleich zur klassischen PDT (durchschnittlich 5,7 auf einer visuellen Analogskala [VAS] von 0 bis 10) signifikant auf 0,8 vermindert (1). Mit der Tageslicht-PDT waren die Hälfte der Patienten sehr zufrieden, mit der klassischen PDT jedoch nur 15,3 Prozent (1). Eine interessante Alternative zur Schmerzlinderung während der PDT sei die Lachgassedierung, so der Referent. In einer prospektiven, kontrollierten Beobachtungsstudie wurde zuerst die eine Schläfe von 71 AK-Patienten ohne Anästhesie mit klassischer PDT behandelt (2). Den 39 Patienten, die nach der PDT schwere Schmerzen von ≥ 6 auf einer VAS angaben, wurde eine Lachgassedierung für die Behandlung der zweiten Schläfe angeboten. Das Angebot wurde von 30 Patienten angenommen und von 9 Patienten abgelehnt. Nach der Behandlung der zweiten Schläfe unter Lachgassedierung gaben die 30 Patienten Schmerzen von durchschnittlich 2 bis 4 auf der VAS an, im Vergleich zu Schmerzen von 7 bis 8 auf der VAS nach der Behandlung der ersten Schläfe ohne Lachgassedierung. Die Autoren der Studie beurteilen die Analgesie durch Lachgassedierung als sehr effektive und gut tolerierte Methode zur signifikanten Schmerzreduktion während der PDT (2). Eine kleine Pilotstudie (12 Patienten) konnte zeigen, dass auch durch Hypnose eine deutliche Schmerzreduktion während der PDT erreicht werden kann (3).
Kasten 2:
Photosensitizer für die Photodynamische Therapie (PDT)
L Alacare® 5-Aminolävulinsäure-Pflaster (4 cm2 gross mit 2 mg pro cm2) L Ameluz® 5-Aminolävulinsäure-Gel (78 mg/g) L Metvix® Methyl-Aminolevulinat-Creme (160 mg/g)
AK-Therapie mit Imiquimod, Diclofenac
oder Ingenolmebutat
Mit Imiquimod (Aldara™ 5% Creme) kann gemäss ei-
ner Metaanalyse (1293 Patienten mit Behandlung
dreimal pro Woche während 8–12 Wochen) in 50 Pro-
zent eine vollständige Abheilung erreicht werden
(mit Plazebo in 4,7%) (4). Die Nebenwirkungen sind
Ausdruck der ausgelösten Entzündung (z.B. Erythem,
Kruste, Erosion, Ödem).
Die Behandlung mit Diclofenac (Solaraze® 3% Gel,
zweimal pro Tag) ist mit relativ milden Nebenwir-
kungen verbunden (z.B. Rötung, Trockenheit) und
erreicht Heilungsraten zwischen 29 und 50 Prozent.
Mit Ingenolmebutat (Picato® Gel, 3 Einzeldosen im
Gesicht, 2 Einzeldosen am Rumpf und an den Extre-
mitäten) betrugen die Abheilraten 42,2 Prozent (ge-
poolte Analyse von zwei Studien mit Behandlung von
Gesicht und Kopfhaut) beziehungsweise 34,1 Prozent
(gepoolte Analyse von zwei Studien mit Behandlung
von Rumpf und Extremitäten) (5). Die Nebenwirkun-
gen sind ähnlich wie bei Imiquimod (z.B. teilweise
starke Rötungen, Erosionen).
L
Alfred Lienhard
Quelle: Vortrag «Irritationen und Schmerzen bei der Behandlung aktinischer Keratosen»von Dr.Lorenzo Pelloni an der Gemeinsamen Fort- und Weiterbildung der Dermatologischen Kliniken Bern, Basel und Zürich, 23. Mai 2019, in Bern.
Referenzen: 1. Rubel DM et al.: Daylight photodynamic therapy with methyl aminolevulinate
cream as a convenient, similarly effective, nearly painless alternative to conventional photodynamic therapy in actinic keratosis treatment: a randomized controlled trial. Br J Dermatol 2014; 171: 1164–1171. 2. Fink C et al.: Pain management in photodynamic therapy using a nitrous oxide/oxygen mixture: a prospective, within-patient, controlled clinical trial. J Eur Acad Dermatol Venereol 2017; 31: 70–74. 3. Paquier-Valette C et al.: Evaluation of hypnosis in pain management during photodynamic therapy: a pilot study. Ann Dermatol Venereol 2014; 141: 181–185. 4. Hadley G et al.: Imiquimod for actinic keratosis: systematic review and meta-analysis. J Invest Dermatol 2006; 126: 1251–1255. 5. Lebwohl M et al.: Ingenol mebutate gel for actinic keratosis. N Engl J Med 2012; 366: 1010–1019.
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