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KONGRESSBERICHT
SGML 2019
Chronische venöse Beinulzerationen:
Ablativer fraktionierter Laser kann Wundheilung unterstützen
Patienten mit chronischen venösen Ulzerationen der unteren Extremitäten haben trotz der zahlreichen etablierten Behandlungsmethoden oft einen langen Leidensweg. In einigen Fallserien hat sich nun ein physikalisches Verfahren als hilfreich erwiesen: Die Therapie mit dem ablativen fraktionierten Laser auf Basis von Kohlendioxid (CO2) kann offenbar zu einer verbesserten Heilung chronischer Wunden – auch bei venösen Beinulzerationen – beitragen.
Veneninsuffizienz ist weitverbreitet; etwa 3 Prozent der Bevölkerung in der Schweiz leiden daran. Eine häufige Folge sind venöse Beinulzerationen: Sie machten 70 Prozent aller Ulzera der unteren Extremitäten aus (1), erläuterte Prof. Rolf-Markus Szeimies aus Recklinghausen (D) auf dem Kongress der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Laseranwendungen (SGML) in Zürich. Die Behandlung verläuft nicht selten frustran, und die Erkrankung nimmt einen chronischen, langwierigen Verlauf. Allein in den USA leiden 2,2 Millionen Menschen an chronischen venösen Beinulzerationen (1).
Kompression und Wundauflagen nicht immer ausreichend
Eckpfeiler jeglicher Therapie chronischer venöser Beinulzerationen sei die Kompressionsbehandlung, ob nun mit Kompressionsstrümpfen und -verbänden oder durch intermittierende pneumatische Kompression, daran erinnerte Szeimies. Daneben werden Débridement und umfassendere chirurgische Sanierungsmassnahmen sowie moderne Wundauflagen mit verschiedensten Beschichtungen und Wirkmechanismen eingesetzt. Des Weiteren würden Wachstumsfaktoren, Elektrostimulationstherapie und Unterdruckwundtherapie angewendet, so Szeimies. Gelegentlich werden auch systemische Antibiotika eingesetzt, diese sind jedoch laut Szeimies nur selten zielführend. In schweren Fällen kommen Hauttransplantationen und biotechnologisch hergestellte Hautimplantate infrage.
Neues Einsatzgebiet für ein bewährtes Verfahren
Ein Verfahren, das sich bereits in mehreren dermatologischen Indikationen bewährt hat, ist die Therapie mit dem ablativen fraktionierten Laser. Sie wird seit einiger Zeit auch bei schlecht heilenden Wunden an den Extremitäten – einschliesslich venöser Beinulzerationen – angewendet, wie Szeimies berichtete. Denn sie triggert den klassischen Wundheilungsprozess: Bei diesem Verfahren werden nur 5 bis 20 Prozent der betroffenen Hautoberfläche gelasert, die übrige Haut bleibt unbeeinträchtigt.
Das verkürze die Downtime und verringere die Gefahr der weiteren Vernarbung, so Szeimies. Denn bei dieser rasterartigen Behandlung werden etliche Haarfollikel im Wundareal verschont. Aus den erhalten gebliebenen Haarwurzelscheiden können Keratinozyten in die oberen Hautschichten einwandern und eine neue Epithelschicht ausbilden. In kleineren Studien wurden noch weitere für die Wundheilung förderliche Effekte bei der Therapie mit dem ablativen fraktionierten Laser beobachtet: L Neusynthese von Kollagen L verstärkte Produktion von Prokollagen III und
somit Bildung von Kollagen III L Hochregulation der Hitzeschockproteine 47 und 70 L Proliferation von Fibroblasten und Myofibro-
blasten L Anstieg des Gehalts an Hyaluronsäure in der Haut L Haut-Remodelling. Der Mindestabstand zwischen zwei Sitzungen sollte vier Wochen betragen, so lange dauert das Remodelling der Haut (ausserhalb des Gesichts), wie sich in einer Studie gezeigt hat (2).
Die Vorgeschichte: Fraktionierter Laser bessert traumaassoziierte Wunden ...
Bereits vor einigen Jahren wurde die Therapie mit dem ablativen fraktionierten Laser versuchsweise bei Patienten mit traumatischen Wunden (mit und ohne Ulzerationen) eingesetzt. So verwies Szeimies auf eine in den «Archives of Dermatology» publizierte Fallserie dreier junger Soldaten mit posttraumatischen Wunden. Sie hatten Verletzungen durch Explosionen erlitten und konnten nur durch Amputation von Gliedmassen behandelt werden. Diese Ereignisse lagen fünf Monate, sechs Monate beziehungsweise fünf Jahre zurück. Die Heilung war nicht optimal verlaufen. So zeigte die Haut an den Bein- beziehungsweise Armstümpfen eine unregelmässige Textur und geringe Flexibilität, und es hatten sich erosive, entzündliche Läsionen sowie zum Teil auch ausgeprägte Ulzerationen entwickelt. Dies erschwerte die Rehabilitation, insbesondere das Training der jungen Patienten mit ihren Prothesen.
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Jeder der drei Männer erhielt nun 2 bis 3 Sitzungen mit ablativem fraktioniertem CO2-Laser in einem zeitlichen Abstand von jeweils 6 bis 8 Wochen. In dem Paper wird die Behandlung eines der drei Patienten ausführlich beschrieben: ein 10,6 µm ablativer fraktionierter CO2-Laser (Deep FX-Laser, UltraPulse EncoreSystem von Lumenis Ltd.) Die Behandlung erstreckte sich über die gesamte Wundfläche und 1 bis 2 mm der angrenzenden gesunden Haut. Die Pulsenergie von 50 mJ hatte man entsprechend der Dicke der Narbe und der gewünschten Eindringtiefe gewählt. Die Spotgrösse betrug 120 µm, die Impulslänge 250 µs. Die Behandlung erfolgte (pro Sitzung) als einmaliger Einzelimpuls, ohne Überlappungen, mit einer Therapiedichte von 5 Prozent. Für 2 bis 3 Tage wurde das betroffene Areal mit Vaseline nachbehandelt. Schon 2 Wochen nach der Erstbehandlung zeigten sich bei dem Patienten deutliche Verbesserungen der Wundheilung. «Der volle Effekt wird jedoch erst nach 2 bis 3 Monaten deutlich, hier brauchen wir Geduld», riet Szeimies. Tatsächlich hatten sich nach 2 Monaten die Hautläsionen bei diesem Patienten fast vollständig zurückgebildet, und er konnte das Prothesentraining wiederaufnehmen. Auch die anderen beiden Patienten erreichten eine Verbesserung ihrer Wundheilung und konnten die Rehabilitation fortführen. Die Autoren der Fallserie führten den Behandlungserfolg auf das (von ihnen so benannte) «photomicrodebridement» der Hautläsionen durch den fraktionierten Laser zurück. Dieses führe auch zu einer (erwünschten) Unterbrechung des Biofilms auf den Wunden. Zudem würden die Sekretion von Wachstumsfaktoren und das Kollagenremodelling stimuliert, erklärten sie. «Wenn sich das bestätigt, könnte die Therapie mit dem ablativen fraktionierten Laser ein potentes neues Verfahren sein, das zusätzlich zu den traditionellen Wund- und Narbentherapien eingesetzt wird», betonten die Studienautoren (3).
… auch bei älteren Patienten
Eine andere Fallserie, die Szeimies beim Kongress vorstellte, betraf ältere Patienten mit schlecht heilenden posttraumatischen Wunden: L eine Patientin über 70 Jahre mit einem anhalten-
den Ulkus von 3,0 cm 1,7 cm am linken Fussrücken noch mehr als 3 Monate nach einem Verkehrsunfall (trotz Mehrschicht-KompressionsBandagen und Wundauflagen, zuletzt mit Hydrokolloid) L einen Patienten über 70 Jahre mit einer 1,5 cm 1,5 cm grossen Wunde 6 Wochen nach Basaliomchirurgie am rechten Schienbein – nach weiteren 5 Wochen zeigte sich kaum eine Verbesserung – trotz Mehrschicht-Kompressions-Bandagen und Hydrokolloid-Wundauflagen
L eine Patientin über 90 Jahre mit einer 2,2 cm 2,2 cm grossen Wunde am rechten Schienbein nach Exzision eines Plattenepithelkarzinoms, die eine Wundinfektion entwickelte und trotz systemischer Antibiose sowie Mehrschicht-Kompressions-Bandagen und Hydrofaser-Silber-Auflagen innerhalb von 6 Wochen nur eine geringfügige Verkleinerung der Wundfläche auf 2,2 cm 1,7 cm erzielte.
Alle drei Senioren wurden nun jeweils einmalig mit ablativem fraktioniertem CO2-Laser (Deep FX, Lumenis Ltd.) behandelt, mit einer Pulsenergie von 30 mJ auf der Wundfläche sowie 50 mJ an den Wundrändern und 1 bis 2 cm darüber hinaus. Die Therapiedichte betrug 5 Prozent. Die Wunden wurden anschliessend mit Vaseline/Eucerin-Creme, nicht klebenden Wundauflagen und Mehrschicht-Kompressions-Bandagen versorgt. Die drei betagten Patienten vertrugen die Behandlung gut. Ihre Wunden und Ulzera verkleinerten sich unter der Therapie zusehends und waren nach insgesamt etwa 6 Wochen (Pt. 1), 3 Wochen (Pt. 2) beziehungsweise 6 Wochen (Pt. 3) vollständig abgeheilt (4).
Chronische venöse Ulzera sprechen auf fraktionierten Laser an
Ebenfalls drei Patienten hatte Szeimies selbst in eine Fallserie aufgenommen. Sie wiesen alle chronische, therapieresistente venöse Ulzerationen an den Unterschenkeln auf, die teilweise schon seit 2010 bestanden. Frische Wunden sowie stark infizierte, nekrotisierte oder schwer fibrinosierte Wunden waren ausgeschlossen. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Krankheitsbilder: L ausgedehnte Ulcera cruris mixta am linken Unter-
schenkel eines 77-jährigen Patienten, begleitend ein postthrombotisches Syndrom nach tiefer Venenthrombose des linken Oberschenkels sowie eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) Grad IV, ebenfalls links L Ulcus cruris mixtum links bei einer 71-jährigen Patientin; begleitend: PAVK Grad IV links, mehrere gefässchirurgische Massnahmen in der Anamnese L wiederkehrende Ulzera mit begleitender Stasisdermatitis am linken Unterschenkel bei einem 67jährigen Patienten, chronisch venöse Insuffizienz, aktuell ein seit 8 Wochen bestehendes Ulkus mit 4,3 cm 2,7 cm Ausdehnung und 0,5 cm Tiefe. Die Behandlung der drei Patienten erfolgte mit ablativem fraktioniertem CO2-Laser (EXELO2, Alma Lasers) mit einer Therapiedichte von 5 bis 20 Prozent. Ein eventuell vorhandener Fibrinfilm wurde vorsichtig entfernt. Die gesamte Wundfläche wurde mit 50 mJ über eine Dauer von 20 ms gelasert; die Spotdichte betrug 50/cm2. Die Therapie wurde nach 3 Wochen wiederholt.
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Für die Nachbehandlung wurde jeweils ein Wunddressing mit Alginat und Coloplast (Biatain®) verwendet; wenn nötig, kamen ausserdem Kompressionsverbände oder -strümpfe zum Einsatz. Bei allen drei Patienten konnte ein vollständiger oder weitgehender Wundschluss erzielt werden.
Unkomplizierte und gut verträgliche Behandlung
Die in der ersten Sitzung noch verwendete Lokalanästhesie war bei den Folgeterminen nicht mehr notwendig, da die Schmerzempfindung während der Behandlung nur bei durchschnittlich 3 auf der bis 10 reichenden visuellen Analogskala (VAS) lag. Auch sonst wurde die Behandlung gut toleriert, und es wurden keine Nebenwirkungen oder Komplikationen beobachtet. Und: «Die Behandlung konnte einfach und schnell in der Praxis durchgeführt werden», berichtete Szeimies.
Fazit
«Die Zusatzbehandlung mit fraktioniertem CO2-Laser
bei Patienten mit chronischen, bis anhin therapie-
resistenten Wunden scheint Erfolg versprechend»,
so Szeimies. «Weitere Studien können helfen, das
Patientenkollektiv für eine solche Behandlung noch
klarer zu definieren.»
L
Simone Reisdorf
Referenzen: 1. Alavi A et al.: What’s new: Management of venous leg ulcers: Treating venous leg
ulcers. JAAD 2016; 74: 643–664; quiz 665–666. 2. Grunewald S et al.: In vivo wound healing and dermal matrix remodelling in res-
ponse to fractional CO2 laser intervention: clinicopathological correlation in non-facial skin. Int J Hyperthermia 2011; 27: 811–818. 3. Shumaker PR et al.: Rapid healing of scar-associated chronic wounds after ablative fractional resurfacing. Arch Dermatol 2012; 148: 1289–1293. 4. Phillips TJ et al.: Ablative Fractional Carbon Dioxide Laser in the Treatment of Chronic,Posttraumatic,Lower-Extremity Ulcers in Elderly Patients.JAMA Dermatol 2015; 151(8): 868–871.
Quelle: SGML 2019 «Laser & Procedures», 17. Januar 2019 in Zürich.
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