Transkript
SGML
Nachrichten der Schweizerischen Gesellschaft für medizinische Laseranwendungen (SGML)
Kongressbericht SGML
SGML 19 Laser & Procedures Zurich
Der Jahreskongress der SGML fand am 17. Januar 2019 im exklusiven Ambiente des Restaurants Metropol im Herzen der Stadt Zürich statt. Experten und laserinteressierte Kollegen hatten die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen und sich wissenschaftlich weiterzubilden. Trotz einer parallelen dermatologischen Veranstaltung in Luzern nahmen am SGML-Kongress 230 Personen teil. Ihnen wurde ein abwechslungsreiches Programm mit 17 nationalen und internationalen Referenten und begleitender Firmenausstellung mit 24 Ausstellern geboten. Eine Podiumsdiskussion zum Thema Marketing und Werberecht rundete den Kongress ab.
Die Kongressbeiträge gaben einen guten Überblick über aktuelle Verfahren, neueste Laser und andere Innovationen auf dem Markt. Im Folgenden soll eine Auswahl der Vorträge kurz vorgestellt werden. Die Themen wurden in die Blöcke «Klassisch», «Innovativ», «Speziell» und «Kritisch» unterteilt. Krankheitsbedingt wurde der Vortrag von Dr. med. S. Karsai, «Laserrauch – Risiken und Präventionsmassnahmen», durch einen interessanten Vortrag über verschiedene Fallkasuistiken in der Laserbehandlung am USZ von Dr. Laurence Imhof ersetzt.
1) Ablative Laser in der Dermatologie
Der Goldstandard für Skinrejuvenation sei nach wie vor die ablative Lasertherapie, so Dr. Joachim Krischer aus Genf. Es stehen hierzu verschiedene Laser wie Thullium (1950 nm), Erbium (2940 nm) oder CO2-Laser (10 600 nm) zur Verfügung. Bei den ablativen Behandlungen können gute Resultate allerdings nur mit unerwünschten Wirkungen (Infekte, Narben, Hypo-/Hyperpigmentierungen) erreicht werden. Seit 2004 werden die Behandlungen mit weniger aggressivem fraktioniertem Laser durchgeführt, mit dem Vorteil einer geringeren Ausfallzeit und weniger Nebenwirkungen, aber mit dem Nachteil, dass diese Be-
handlungen wiederholt werden müssen, um ein entsprechendes Ergebnis zu erzielen. Besonders interessant ist die Entwicklung neuer Indikationen für fraktionierte Modi, wie vaginale Rejuvenation, laserassistierte Medikamentenapplikation, Vorbehandlung bei fotodynamischer Therapie (PDT) und Zelltransfer bei Vitiligo.
2) Gefässlaserbehandlungen
Vaskuläre Laserbehandlungen erfordern ein gutes Training, Erfahrung und eine Auswahl an verschiedenen Lasern unterschiedlicher vaskulärspezifischer Absorptionsspektren. Ein hoher Standard eines Gerätes sei dabei entscheidend für ein gutes Ergebnis, so Dr. Antonio Campo Voegeli aus Barcelona (E). Zur Behandlung von vaskulären Veränderungen stehen dabei je nach Krankheitsbild und Gefässstruktur unterschiedliche Laser zu Verfügung: Kaliumtitanylphosphat (KTP), lang gepulster Nd-YAG, Pulsed DyeLaser und Intense Pulsed Light (IPL). So wird für feine rote Teleangiektasien der KTP-Laser mit einer Wellenlänge von 532 nm empfohlen. Dieser wirkt nicht so tief wie der Nd-YAG Laser. Für superfizielle vaskuläre Veränderungen werden eher niedrige Pulsdauern (ms) und eine hohe Energie (J) empfohlen. Bei tiefen vaskulären Strukturen
eine hohe Pulsdauer (ms) und eine niedrigere Energie (J). Campo Voegeli berichtete, dass er für eine erfolgreiche Rosazeabehandlung auch gern verschiedene Lasersysteme kombiniere, wie den IPL und den Nd-YAG Laser.
3) Behandlungen von Unterschenkelulzera mit dem ablativen CO2-Laser
Die lokale Wundbehandlung von chronischen Unterschenkelulzera erfolgt immer noch erfahrungsgemäss. Bei einzelnen therapieresistenten Wunden erfolgten meist zahlreiche Vorbehandlungen – konservativ und/oder chirurgisch. Massnahmen wie das Aufrauen des Wundrandes und des Wundgrundes fördern die Granulation. Prof. Rolf-Markus Szeimies aus Recklinghausen (D) berichtete alternativ von fraktionierten CO2-Laser-Behandlungen, die über einen säulenförmigen Gewebedefekt mit einer schmalen Thermalzone einer Nekrose tief in der Dermis wirken und die Wundheilung stimulieren. Kollagen, Prokollagen III, Fibroblasten und Myelofibroblasten sowie Hitzeschockproteine (HSP 47 und 70) werden vermehrt gebildet. Dieser Ansatz kann zur Behandlung therapieresistenter Ulzera eingesetzt werden. Bei akuten Wunden und Superinfektionen darf dieses Verfahren allerdings nicht angewendet werden.
4) Rejuvenation – neue Techniken und zugehörige Prozeduren
Da ablative Laserverfahren durch die möglichen Nebenwirkungen und die lange Heilungsphase limitiert sind, ermöglicht es die neue Technologie PSD (Pulse Shape Design), unterschiedliche ausgewählte Wellenlängen zu benutzen und den Bedürfnissen der Hautbeschaffenheit anzupassen. Die zeitgleiche
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synchronisierte Abgabe von Radiofrequenz zu den tiefen Hautschichten komplementiert das therapeutische Szenario. Prof. Paolo Bonan aus Florenz (I) konnte beeindruckende Bilder seiner hautverjüngenden Massnahmen zeigen.
5) Selective Waveband Technology (SWT) – die verbesserte IPL-Behandlung
Seit der Einführung von Intense Pulsed Light (IPL) wurden durch die fortlaufende Entwicklung die Behandlungserfolge von Besenreisern und Haarentfernung verbessert. Die grösste Weiterentwicklung beim IPL kam mit der SWT, die unnötige Wellenlängen eliminiert und nur die Wellenlängen berücksichtigt, die nützlich zur individuellen Behandlung bei verschiedenen Hauttypen sind. Prof. Dr. Michael Drosner zeigte hier beeindruckende Ergebnisse aus seiner täglichen Praxis. Dadurch werden sowohl die erforderliche Energiemenge reduziert als auch der Patientenkomfort und die Nebenwirkungsrate verbessert. Die jüngste Entwicklung der SWT ermöglicht kurze Pulsdauern, die abgestimmt sind auf das Temperaturansprechen der Zielstruktur durch Zurechtschneiden der Pulsdauer jeder schmalen Chromophore.
6) Lasertherapie und Stressinkontinenz
Mit den Jahren können Ereignisse im natürlichen Lebenszyklus der Frau, wie Geburten und hormonelle Veränderungen, zu körperlichen Einschränkungen führen. Dazu zählen unwillkürlicher Harnverlust aufgrund von Stressinkontinenz (stress urinary incontinence = SUI), verminderte vaginale Straffheit, Trockenheit und Atrophie der Vagina. Die allmähliche Atrophie des Urogenitalepithels wird durch eine verringerte Östrogenproduktion in den Eierstöcken verursacht. Vaginale Atrophie und SUI können nach der Menopause, perimenopausal, nach Beckenbestrahlung, chirurgischgynäkologischen Operationen oder nach Chemotherapie bei Krebsleiden auftreten.
Foto: Das SGML-Team vor Ort
Es gibt moderne, minimalinvasive und ambulante Behandlungslösungen für diese Beschwerden auf der Basis der CO2- und der Erbium-Laser-Technologie. Über 200 Millionen Frauen weltweit seien von einer Stressinkontinenz betroffen, so Prof. Ana Mitrovic, Gynäkologin an der medizinischen Universität Belgrad (SRB). Einer der treibenden Faktoren für SUI bei postmenopausalen Frauen ist der Verlust des paraurethralen Gefässplexus, der die proximale Urethra umgibt. Durch den Verlust des stützenden Haltes der Harnröhre kann dann eine SUI entstehen. Mitrovic berichtete über ihre Erfahrungen mit einem CO2-Vaginallaser. In drei Phasen kommt es zur Kollagenneogenese und Vaginalstraffung. Je geringer der Befund der Stressinkontinenz, desto besser das Ergebnis. Es handelt sich um ein nebenwirkungsarmes Laserverfahren. Gelegentlich kommt es zu Brennen im behandelten Areal. 3 bis 5 Tage nach der Behandlung ist sexuelle Karenz indiziert. Ergänzend dazu wendet sie PRP und eine Hormonersatztherapie an. Am effektivsten bei prämenopausalen Frauen sei das Verfahren in der ersten Zyklushälfte.
7) Vor- und Nachbehandlungen bei Lasertherapien und ästhetischen Eingriffen
«Die Rolle von Dermatokosmetik in der Dermatologie wird immer wichtiger», betonte Prof. Claudia Borelli aus Tübingen (D). Die Forschung deckt die Wirkungsmechanismen von Produkten in der Pathogenese bei unterschiedlicher Hautbeschaffenheit immer weiter auf. Die richtige Behandlung der Haut vor und nach dermatologisch-ästhetischen Prozeduren – chemischen Peelings, Laserbehandlungen, Microneedeling, Radiofrequenz – ist entscheidend für die späteren Ergebnisse. Wichtig bei jeder dieser Behandlungen ist der Sonnenschutz, der sowohl UV-A-, UV-B- als auch sichtbares Licht, das für die Hautalterung entscheidend ist, umfasst. Topische Vitamin-C-Präparate wirken antioxidativ, wundheilungs- und kollagenfördernd. Hingegen können topische Retinoide vor ablativen Laserbehandlungen eine bessere Wirkung und eine schnelle Wundheilung bewirken. Trotz der bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse der verschiedenen kosmetischen Inhaltsstoffe werden noch zu wenig kontrollierte Studien auf diesem Gebiet durchgeführt.
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8) Update Tattoolaser: Pico und darüber hinaus
In der Altersgruppe zwischen 20 und 35 Jahren ist jeder Vierte tätowiert. Allerdings steigt die Zahl derjenigen, die ihr Tattoo wieder loswerden wollen. Ein grosser Fortschritt in der Produktpalette der Tattooentfernung ist die Einführung des Picolasersystems. Dr. Dr. Hans Bayer von der Hautklinik Freiburg (D) berichtete über seine Erfahrungen mit einem modernen Picosekundenlasersystem. Im Gegensatz zu den Nanosekundenlasern erreicht der Picosekundenlaser auch kleinstes Pigment mit weniger unerwünschten Nebenwirkungen, erreicht aber eine längere Heilungsphase. Meist wirkt initial der Nanosekundenlaser gut. Für sehr therapieresistente und unbehandelte Tattoos ist meist der Picosekundenlaser besser. Auch die Kombination mit ablativ fraktionierten Lasern kann die Ergebnisse durch einen besseren Abtransport der Pigmente noch verbessern. Trotzdem werden diese Laser momentan kontrovers diskutiert. Grössere Studien fehlten noch, so Beyer.
9) Heimgeräte für Laserepilation
Hirsutismus und Hypertrichose sind häufige Krankheitsbilder mit einer grossen Auswirkung auf die Lebensqualität. Laser oder laserbasierte Haarentfernung – meist im Wellenlängenbereich zwischen 650 und 1000 nm, dem Absorptionsspektrum von Melanin – sind häufige Behandlungen in der ästhetischen Medizin. Zirka 244 Millionen Dollar würden pro Jahr dafür ausgegeben, berichtete PD Dr. Maja Hofmann von der Charité Berlin (D). Selektive Fotothermolyse ist der Wirkmechanismus für laserbasierte Haarepilation. Heimgeräte bedienen sich meist der IPL oder der Diodentechnologie, allerdings mit geringerer Energie als professionelle Lasersysteme. Ein paradoxes Haarwachstum wird meist bei den Unterdosierungen beschrieben. Im Durchschnitt bringen Heimgeräte eine Haarreduktion von 30 bis 50 Prozent, anhaltend für etwa 3 Monate. Pro-
fessionelle Lasersysteme zeigen einen längeren Behandlungserfolg. Zudem werden Heimgeräte der Laserklasse I ohne medizinische Überwachung und Augenschutz angewendet. Chronische Schäden bei den Augen und der Haut sind noch nicht ausreichend untersucht.
10) Was ging schief? Nebenwirkungen bei Laserbehandlungen der Haut
Die Lasermedizin hat das Tätigkeitsspektrum und die Behandlungsmöglichkeiten enorm erweitert. So können Gewebe schonend und präzis abgetragen, Gefässe verschlossen, Pigment selektiv zerstört und Narben fast zum Verschwinden gebracht werden. Der Anspruch der Patienten an das perfekte Ergebnis und das Investment eines Arztes bei Laseranschaffung ist hoch. Umso enttäuschender ist es, wenn es bei der Laserbehandlung zu unerwünschten Nebenwirkungen kommt. Die Präsidentin der SGML, Dr. Bettina Rümmelein aus Zürich, zeigte in ihrem Vortrag anschauliche Beispiele, was bei einer Laserbehandlung alles schieflaufen kann. Die häufigsten Fehler sind eine falsche Technik und die Nichtbeachtung von Kontraindikationen, wie die Einnahme fotosensitiver Medikamente/Isotretioin parallel zur Laserbehandlung oder fehlende Herpesprophylaxe bei Neigung zu Herpes.
11) Verbesserte Leistungsfähigkeit und Patientensicherheit durch besseres Verständnis des Faktors Mensch
Um Gesundheitspersonal auf den neusten Kenntnisstand zu bringen und technisch auszubilden, wird viel Aufwand betrieben. Dagegen wurden Aspekte wie nicht technische Fähigkeiten, Teamwork, Personalführung, Situationsbewusstsein, Entscheidungsfindung, Aufgabenmanagement und Kommunikationsführung lange vernachlässigt. Gerade in den letzten 20 Jahren wurde die Wichtigkeit dieser Aspekte erkannt und eingehender untersucht. Menschliche
Fehler sind der Hauptgrund für vermeidbare unerwünschte Ereignisse. Dr. Claude Oppikofer aus Montreux betonte, dass ein gut organisiertes SafetyManagement-System die Ressourcen des Teams nutzen sollte, um die Patientensicherheit in der täglichen Praxis zu gewährleisten.
12) Abschliessende Podiumsdiskussion: «Ich habe einen tollen, neuen Laser. Wie darf ich dafür werben?»
Tomas Poledna (Rechtsanwalt aus Zürich), Dr. Christoph Schänzle (Chefarzt Pallas Kliniken) und Dr. Daniel Zuder (Praxisinhaber des Haut & Laserzentrums Dr. Zuder AG in St. Gallen) führten rege Diskussionen darüber, ob zum Beispiel der Flyer einer Laserfirma ausgelegt werden darf. Dies ist juristisch sehr umstritten, da derjenige, der den Flyer auslegt, dafür verantwortlich ist und nicht die Laserfirma. Auch zum Bereich Werbung und Marketing auf der praxiseigenen Homepage gibt es viel Diskussionsbedarf. Auch hier ist es umstritten, was erlaubt ist. Es gebe sehr viele Graubereiche, meinte Poledna warnend, sodass im Einzelfall juristischer Rat eingeholt werden sollte.
Fazit
Zusammenfassend konnten wir auf dem
Kongress lernen, dass Laserbehandlun-
gen sehr komplex sind und daher den
Experten mit entsprechender Weiter-
bildung und Expertise vorbehalten
bleiben sollten.
L
Bericht: Dr. med. Saskia Eichner
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