Transkript
Selbstdispensation als Plus – erste Erfahrungen aus dem Kanton Schaffhausen
Eine eigene Patientenapotheke bringt in der Summe nur Vorteile – so meine Erfahrungen nach einem Jahr. Patientinnen und Patienten schätzen die neue Möglichkeit, ihre Medikamente direkt bei ihrer Ärztin oder ihrem Arzt beziehen zu können. Wir als Ärztinnen und Ärzte können dank der direkten Arzneimittelabgabe eine bessere und im Idealfall kostengünstigere Behandlung anbieten. Ein Votum für die Selbstdispensation!
Benjamin Heinz
Dr. med. Benjamin Heinz ist Facharzt für Oto-Rhino-Laryngologie und Vorstandsmitglied der Ärzte mit Patientenapotheke (APA).
Seit dem 1. Januar 2018 ist die ärztliche Medikamentenabgabe, Selbstdispensation (SD) genannt, im ganzen Kanton Schaffhausen zulässig. Bis hierher war es ein langer Weg. So mussten die Schaffhauser Stimmberechtigten erst noch davon überzeugt werden, dass auch Ärztinnen und Ärzte in den Städten Schaffhausen und Neuhausen eine Patientenapotheke führen dürfen. Mit 71,5 Prozent Ja-Stimmen gelang dies am 25. November 2012. Hierdurch stiess der Kanton Schaffhausen zur Riege der SD-Kantone dazu. Nach einem Jahr mit eigener Patientenapotheke ziehe ich eine positive Bilanz.
Wahlmöglichkeit wird geschätzt
Neu haben meine Patientinnen und Patienten die Wahl, das verordnete Medikament gegen Rezept in der Apotheke oder direkt bei mir zu beziehen. Dies wird sehr geschätzt. Zumal die Möglichkeit, wählen zu dürfen, als positives Erlebnis empfunden wird. Zudem erleichtert die ärztliche Arzneimittelabgabe den Alltag der Patientinnen und Patienten. Erhalten sie ihr Medikament doch ohne weitere Umwege. Aus Sicht der Patientinnen und Patienten bietet die SD als Dienstleistung einen effektiven Mehrwert. Hierdurch, so meine Erfahrung, hat sich die Arzt-Patienten-Beziehung verbessert.
Behandlung aus einem Guss
Auch für mich als Arzt bietet die SD grosse Vorteile. So kenne ich neu nicht nur die Inhaltsstoffe der Medikamente, sondern weiss auch, wie die Verpackungen ausschauen und welche Form und Farbe die Präparate haben. Sprechen Patientinnen und Patienten zum Beispiel von einer kleinen, weissen Tablette, kann ich damit etwas anfangen. Nötigenfalls hole ich in meiner Patientenapotheke ein Medikament zum Vergleich. In
diesem Zusammenhang habe ich die Erfahrung gemacht, dass das Vertrauen gegenüber dem verordneten Arzneimittel zugenommen hat, weil ich es direkt abgebe. Dies verstärkt den Plazeboeffekt und fördert die Therapietreue. Demgegenüber konnte ich mir früher nicht sicher sein, ob die Patientinnen und Patienten nach der Abgabe des Rezepts auch mit der Therapie begannen. Ebenso positiv beurteile ich den Wegfall einer Schnittstelle. Verunsicherten Kommentare von Mitarbeitenden in Apotheken doch mitunter meine Patientinnen und Patienten. Ein weiterer Vorteil der direkten Abgabe ist, dass ich nicht mehr mit den negativen Folgen der Substitution von Generikum A durch Generikum B durch Generikum C zu kämpfen habe.
Kostenbewusstsein gestärkt
Seitdem ich eine Patientenapotheke führe, erscheinen die verordneten und abgegebenen Medikamente auch auf meiner Rechnung. Ich kenne also den Preis. Neu muss ich mich rechtfertigen, wenn ich ein zu teures Arzneimittel als notwendig verschreibe. Bei der Bestückung meiner Patientenapotheke war der Preis ein nicht zu unterschätzender Faktor. Zumal ich ja die gesamten Kosten vorfinanzieren musste. Im Ergebnis gebe ich mehr Generika als früher ab. Auch dies wird von meinen Patientinnen und Patienten geschätzt. Zudem müssen sie gegenüber dem Bezug in einer Apotheke keine Leistungsorientierte Abgabe (LOA) bezahlen, was ein weiterer Vorteil ist.
Optimierte Praxisabläufe
Dass die Einrichtung einer eigenen Patientenapotheke auch positive Auswirkungen auf unsere Abläufe haben könnte, hätte ich nicht gedacht. So haben wir in unserer Praxisgemeinschaft im Rahmen der Einrichtung unserer Patientenapotheke zahlreiche Prozesse durchleuchtet und je nachdem optimiert. Dies hat sich äusserst positiv auf unsere Organisation im Allgemeinen ausgewirkt. Zumal unsere MPA nun ein neues Aufgabenfeld haben. Für sie bedeutet dies interessantere und abwechslungsreichere Arbeitstage.
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Die Selbstdispensation ist mittlerweile in 17 von 19 Deutschschweizer Kantonen zulässig. Seit dem 1. Januar 2018 auch im ganzen Kanton Schaffhausen.
Alles nur positiv?
Nach einem Jahr mit eigener Patientenapotheke lässt sich festhalten, dass die Vorteile klar überwiegen. Dennoch gilt es einiges zu bedenken: So müssen je nachdem bauliche Veränderungen vorgenommen werden, um regelkonform eine Patientenapotheke einzurichten. Auch benötigt man zusätzliches Personal, und man muss seine Patientenapotheke immer up to date halten. Auch das finanzielle Risiko sollte man nicht unterschätzen. Dennoch bleibe ich dabei: In der Summe hat sich das Einrichten einer eigenen Patientenapotheke gelohnt. Sie ist ein Gewinn für meine Patientinnen und Patienten, für meine Mitarbeitenden und auch für mich. Ich kann die SD also nur jeder Ärztin und jedem Arzt empfehlen. L
Dr. med. Benjamin Heinz Bachstrasse 38, 8200 Schaffhausen Tel. 052-625 52 52, Fax 052-624 08 68 E-Mail: b.heinz@hin.ch
Wer ist die APA?
Die Vereinigung der Ärzte mit Patientenapotheke (APA) setzt sich schweizweit für eine sichere, qualitativ hochstehende und günstige Medikamentenversorgung der Patientinnen und Patienten ein. Hierbei vertritt sie die Interessen der selbstdispensierenden Ärzte gegenüber der Politik, der Industrie und den Grossisten. Die APA ist als Verein organisiert und umfasst über 1000 Mitglieder. Für APA-Mitglieder ist das digitale Handbuch «Qualitätssicherung in der Patientenapotheke» und das «Protokollheft» kostenlos. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, Seminare zur Qualitätssicherung in der Patientenapotheke bei der APA zu buchen.
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