Transkript
SZD 1/2019
KONGRESSBERICHT
Candida-assoziierte Hautinfektionen
Von Perlèche bis zur rezidivierenden vulvovaginalen Candidose
Als kommensaler Hefepilz kolonisiert Candida albicans die Haut vor allem in der Nähe von Körperöffnungen. Wenn Prädispositionsfaktoren vorhanden sind, kann es zur Infektion mit dem fakultativ pathogenen Hefepilz kommen. Über Candida-assoziierte Hautinfektionen sprach Dr. Isabella Terrani, Oberärztin, Servizio di Dermatologia EOC, Bellinzona, an den Zürcher Dermatologischen Fortbildungstagen 2018.
Von den 200 bekannten Candida-Arten ist C. albicans nach wie vor der wichtigste Hautinfektionserreger. Weil bei anderen Spezies wie C. glabrata und C. krusei Resistenzen gegenüber Azolen vorkommen, kann die Bestimmung der Candida-Spezies mit Resistenzprüfung erforderlich sein.
Klinische Manifestationen von Candida-assoziierten Hautinfektionen
Bei rhagadiformen Mundwinkelentzündungen mit Candida-Infektion (Angulus infectiosus candidomyceticus, Perlèche) sollte differenzialdiagnostisch an Infektionen durch Strepto- oder Staphylokokken, atopische Dermatitis, Diabetes mellitus, Eisen- oder Vitamin-B12-Mangel und bei einseitigem Vorkommen an einen Syphilis-Primäraffekt gedacht werden. Bei Intertrigo kann es als häufigste Komplikation zur CandidaInfektion kommen, wobei für die Intertrigo candidomycetica kleine, nicht an Haarfollikel gebundene Pusteln am Rand (Satellitenläsionen) charakteristisch sind. Zu den Differenzialdiagnosen gehören Kontaktdermatitis, Psoriasis inversa und Morbus Hailey-Hailey. Durch häufigen Kontakt zum Mund sind Finger oft mit Candida kolonisiert. Nassarbeit und das Tragen von Ringen begünstigen Candida-Infektionen zwischen den Fingern. Eine Erosio interdigitale candidomycetica tritt bevorzugt im 3. Interdigitalraum auf. Von Candida-assoziierter Paronychie sind wegen Maniküre die Hände von Frauen dreimal häufiger betroffen im Vergleich zu Männern. Die Candida-Onychomykose kann mit Itraconazol oder Fluconazol, kombiniert mit Nagellack, behandelt werden.
Candida-Vulvovaginitis
Im Bereich des weiblichen Genitales ist die Vulva-Candidose postmenopausal häufiger als die Vaginal-Candidose, die vor der Menopause häufiger ist. Bei schätzungsweise 75 Prozent aller Frauen kommt es im Lauf des Lebens zumindest einmal zu einer symptomatischen vulvovaginalen Candidose, und in 6 bis 9 Prozent entsteht eine chronisch rezidivierende Infektion mit mindestens 4 Episoden pro Jahr (1). In 90 Prozent wird die Candida-Vulvovaginitis durch verstärkte Vermehrung von C. albicans verursacht, seltener durch andere Candida-Spezies wie zum Beispiel C. glabrata (1). Weil es sich in der Regel nicht um eine sexuell übertragene Infektion handelt, ist die Therapie des asymptomatischen Partners nicht nötig.
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KONGRESSBERICHT
Kasten 1:
Prädispositionsfaktoren für Candida-Infektionen
L Sehr jung (Neugeborene), sehr alt, sehr krank L Diabetes mellitus, Schwangerschaft, Morbus Cushing, Hypothyreose L Atopische Dermatitis, Psoriasis L Östrogene, Kortikosteroide, Immunsuppressiva, Antibiotika L Zahnprothese, Venenverweilkatheter, Schuhwerk, Verbände L Nikotin
(nach Isabella Terrani)
Kasten 2:
Orale Dauertherapie für 6 Monate bei chronisch rezidivierender vulvovaginaler Candidose
L Initiale Intensivtherapie mit Fluconazol 150 mg täglich während 3 Tagen, anschliessend Erhaltungstherapie mit Fluconazol 150 mg einmal pro Woche für 6 Monate
L Itraconazol 100 mg zweimal täglich während 3 Tagen, anschliessend einmal im Monat 100 mg zweimal am 1. Zyklustag (bei Amenorrhö am 1. Tag des Monats) für 6 Monate (nach Isabella Terrani)
Eine Alternative ist Itraconazol 200 mg zweimal täg-
lich für einen Tag. Zur Linderung des Pruritus an der
Vulva eignen sich Befeuchtungscremes zusätzlich
zum oralen Antimykotikum (1).
Statt systemisch kann auch lokal behandelt werden:
L Clotrimazol Creme 2% einmal täglich für 3 Tage
L Ciclopiroxicam Creme/Ovula einmal täglich für
6 Tage
L Econazol-Creme/Ovula einmal täglich für 15 Tage.
In der Schwangerschaft werden nur topische Präpa-
rate empfohlen (1).
Wenn Patientinnen mit chronisch rezidivierender vul-
vovaginaler Candidose eine Dauertherapie zur Sup-
pression des Pilzwachstums benötigen, kann zwi-
schen einem intensiveren (1-mal pro Woche) und
einem weniger intensiven Behandlungsschema
(1-mal pro Monat) gewählt werden (siehe Kasten 2).
Zur Behandlung der rezidivierenden vulvovaginalen
Candidose wird derzeit eine innovative Vakzine
(NDV-3A) entwickelt. In einer Phase-II-Studie redu-
zierte die Impfung mit dem rekombinanten Adhesin/
Invasin von C. albicans die Rezidivrate (2).
L
Für die Therapie symptomatischer Frauen mit mikroskopisch oder kulturell nachgewiesener Candida-Vulvovaginitis gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die aktuelle IUSTI-Leitlinie bevorzugt bei unkomplizierter vulvovaginaler Candidose die Einmaldosistherapie mit einem Azol (z.B. Fluconazol 150 mg peroral) (1).
Alfred Lienhard
Referenzen: 1. Sherrard J et al.: 2018 European (IUSTI/WHO) Guideline on the management of va-
ginal discharge. www.iusti.org 2. Edwards JE et al.: A fungal immunotherapeutic vaccine (NDV-3A) for treatment of
recurrent vulvovaginal candidiasis – A phase 2 randomized, double-blind, placebocontrolled trial. Clin Infect Dis 2018; 66: 1928–1936.
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