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Editorial
J eder kennt Schmerzen. Zu unseren Urinstinkten als Eltern, zu unseren Aufgaben in der professionellen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gehört das Vermeiden oder die bestmögliche Reduktion von Schmerzen. Meist konzentrieren wir uns auf den akuten Schmerz, der vermieden oder behandelt werden soll. Dabei wird unser Verhalten bei der Vorbeugung oder Behandlung von Schmerzen im Kindesalter – ganz gleich in welcher Rolle – von unseren eigenen affektiven Schmerzerfahrungen beeinflusst. Die Definition der International Association for the Study of Pain (IASP)* berücksichtigt diese sensomotorische und gleichzeitig affektive Erfahrung: «Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Ge-
bezeichnet sie als chronische primäre Schmerzen. Als Therapeuten helfen uns diese Begriffe zunächst nicht weiter; wir stehen als Fachpersonen vor der Aufgabe, biologische, psychologische und soziale Faktoren in der Aufrechterhaltung des chronischen Schmerzes zu identifizieren. Dabei muss in unserer Beurteilung der Schmerz im Zentrum stehen, nicht einzelne Diagnosen eines einzelnen Fachgebiets. Den Schmerz ernst nehmen – hierum geht es in dieser Ausgabe. Differenzialdiagnostische Überlegungen zu Ursachen von chronischen Bauch-, Kopf- oder muskuloskeletalen Schmerzen haben damit genauso einen Platz in diesem Heft wie Beiträge zur schmerz- und psychotherapeutischen Be-
Dr. med. Andreas Wörner, Leiter Pädiatrische Rheumatologie und Co-Leitung Stationäre Schmerztherapie Universitätskinderspital beider Basel (UKBB) andreas.woerner@ukbb.ch
Schmerzen bei Kindern
fühlerlebnis, das mit tatsächlicher oder potenzieller Gewebeschädigung einhergeht oder von betroffenen Personen so beschrieben wird, als wäre eine solche Gewebeschädigung die Ursache.» Während uns der Umgang mit akuten Schmerzen vertraut ist, fällt die Beurteilung von chronischen Schmerzen häufig schwerer. Die Definition hierfür ist nicht einheitlich, am häufigsten werden chronische Schmerzen als «Schmerz, der dauerhaft oder wiederkehrend über mindestens drei Monate anhält», bezeichnet*. Die neue ICD-11-Klassifikation
handlung chronischer Schmerzen. Denn erfolgreich unsere jungen Patientinnen und Patienten in der Arbeit gegen den Schmerz zu begleiten, heisst vor allem eines: zusammenzuarbeiten. Genauso wie das bio-psycho-soziale Modell des Schmerzes braucht es ein interdisziplinäres Behandlungsteam, welches alle Aspekte des Schmerzes integriert.
Andreas Wörner
*Merskey H, Bogduk: N: Classification of Chronic Pain. 2nd Edition, IASP Task Force on Taxonomy. IASP Press, Seattle, 1994.
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