Transkript
UEG-Week
Chronische Pankreatitis
Tipps zur Schmerztherapie
Schmerzen bei der chronischen Pankreatitis sind einerseits der Entzündung geschuldet, andererseits können sie auch durch irreversible Nervenalterationen entstehen. Welche Möglichkeiten zur Behandlung zur Verfügung stehen, erklärte Prof. Asbjörn Mohr Drewes, Aalborg University Hospital, Aalborg (DK), Mitverfasser der Guidelines, an der UEG-Week in Wien.
Die chronische Pankreatitis führt zu einem Ausfall der exokrinen und mit der Zeit auch der endokrinen Funktion. Sie äusserst sich infolge anhaltender Entzündung durch meist rezidivierende, nicht kolikartige, oft Stunden bis Tage dauernde abdominale Schmerzen. Woher der Schmerz kommt, ist nicht gänzlich geklärt, scheint er doch multifaktorieller Genese zu sein. Einerseits kann er durch strukturelle Veränderungen infolge Gallengangstrikturen und -steine ausgelöst werden, andererseits können die Schmerzen mit fortschreitender Erkrankung aufgrund von Veränderungen in den pankreatischen Nerven eine neuropathische Qualität annehmen. Das bedeutet, dass sich das Schmerzmuster im Verlauf der Erkrankung verändern kann: von «wirklichen Bauschmerzen» hin zu neuropathischen Schmerzen mit irreversibler Sensibilisierung im Zentralnervensystem. Dazu tragen auch chirurgische Eingriffe bei, die eine Nervenschädigung hinterlassen können, so Drewes. Bei der Schmerzabklärung sollten auch extrapankreatische Komplikationen mit berücksichtigt werden. Komorbiditäten wie peptische Ulzera oder gastrointestinale Tumoren treten bei Patienten mit chronischer Pankreatitis häufig auf, ebenso Pseudozysten und Obstruktionen des Duodenums wie auch chronisch entzündliche Darmerkrankung sind wichtige Schmerzursachen.
Therapiemöglichkeiten
Pankreasenzyme sind zur Schmerztherapie zwar nicht empfohlen, doch kann ihre Gabe einen indirekten Nutzen bringen. Beispielsweise durch Minderung von Blähungen und Wind ist eine Linderung des generellen gastrointestinalen Missbehagens möglich. Die Schmerztherapie bei der chronischen Pankreatitis richtet sich nach dem WHO-Stufenschema. Dieses ist zwar ursprünglich zur Bekämpfung von Tumorschmerzen konzipiert, doch kann das Prinzip der sequenziellen Zugabe von Schmerzpräparaten nach steigender Schmerzstärke auch für die Schmerztherapie bei chronischer Pankreatitis gelten (1, 2). Paracetamol ist für die Schmerzbehandlung auf WHO-Stufe I geeignet. Nicht steroidale Antiphlogistika sollten aufgrund ihrer gastrointestinalen Nebenwirkungen eher vermieden werden. Bei Patienten mit erhöhtem Risiko für peptische Ulzera sollten Protonenpumpenhemmer zum Einsatz kommen. Für die Bekämpfung von Schmerzen der WHO-Stufe II eignet sich Tramadol. Es wirkt gleich gut wie Morphin, hat aber weniger gastrointestinale Nebenwirkungen. Auf Stufe III
kommen die stärkeren Opioide unter Berücksichtigung des Abhängigkeitspotenzials zum Einsatz, beginnend mit Oxycodon und einer Opioidrotation bei ungenügender Schmerzlinderung. Opioide sollten in oraler Form verabreicht werden, transdermale jenen Patienten mit Schluckschwierigkeiten vorbehalten bleiben. Falls damit keine Schmerzlinderung erreicht werden kann, ist die Opioidtherapie zu stoppen. Bei 5 Prozent der Patienten kann es unter Opioiden zu einer paradoxen Schmerzverstärkung kommen beziehungsweise zu einer opioidinduzierten Hyperalgesie, deren Behandlung im Absetzen des Opioids besteht. Bei manchen Patienten ist Ketamin eine Option, dies sollte jedoch Schmerzspezialisten vorbehalten bleiben (2).
Alternative Schmerzmittel
Weitere Möglichkeiten bestehen in der Gabe von adjuvanten Analgetika wie Antidepressiva, Antikonvulsiva und Anxiolytika. Antidepressiva sind eine attraktive Option für neuropathische Schmerzen. Es bleibt jedoch ungeklärt, ob sie den Schmerz direkt oder indirekt über sie depressions- und angstreduzierende Wirkung lindern. Daten für diese Indikation gibt es nur von Pregabalin, das in einer plazebokontrollierten Studie eine moderate Schmerzlinderung bei wenigen Nebenwirkungen gezeigt hat (2). Nach chirurgischen und endoskopischen Eingriffen erfahren rund die Hälfte der Patienten eine schmerzfreie Periode von 5 bis 6 Jahren. Doch sollte die chirurgische Intervention zur Schmerzlinderung nach Ansicht von Drewes als letztes Mittel eingesetzt werden. Denn als Folge solcher Eingriffe kann es häufig zu irreversiblen Nervenalterationen kommen, die ihrerseits neuropathische Schmerzen auslösen können. Diese Patienten profitieren möglicherweise von Pregabalin. L
Valérie Herzog
Quelle: «Medical therapy is the key to effective treatment of pancreatic pain», United European Gastroenterology Week (UEGW) 2018, 21. bis 24. Oktober in Wien.
Referenzen: 1. Löhr JM et al.: United European Gastroenterology evidence
based guidelines for the diagnosis and therapy of chronic pancreatitis (HaPanEU). United Eur Gastroenterol J 2017; 5: 153–199. 2. Olesen SS et al.: Pregabalin reduces pain in patients with chronic pancreatitis in a randomized, controlled trial. Gastroenterology 2011; 141: 536–543.
12 CongressSelection Gastroenterologie | Januar 2019