Transkript
BERICHT
Frei verkäufliche HIV-Selbsttests
Ist eine Verbesserung der Erkennung zu erwarten?
Bislang durften HIV-Tests in der Schweiz nur in einer Arztpraxis oder im Spital erfolgen. Seit Juni diesen Jahres dürfen nun auch HIV-Selbsttests zur Eigenanwendung verkauft werden. Was bedeutet das im Alltag?
Swissmedic hat HIV-Selbsttests im Interesse der öffentlichen Gesundheit und auf Empfehlung der Eidgenössischen Kommission für sexuelle Gesundheit (EKSG) und des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) bewilligt – und dabei empfohlen, die Tests in Apotheken oder Drogerien zu beziehen, um das Risiko zu minimieren, eine Fälschung zu erwerben. Auch die frei verkäuflichen Tests müssen gesetzliche Vorgaben erfüllen. Dazu zählen eine CE-Kennzeichnung sowohl auf der Packung als auch auf der Gebrauchsanweisung, und es muss ersichtlich sein, dass der Test zur Eigenanwendung vorgesehen respektive geeignet ist. Die Begleitinformation muss unter anderem darüber informieren, dass ein positives Test-
ergebnis auf eine wahrscheinliche Ansteckung mit HIV hin-
weist. Sollte das Ergebnis positiv ausfallen, sollen die Betrof-
fenen schnellstmöglich einen Arzt aufsuchen, um das Resultat
des Selbsttests anhand eines Labortests überprüfen zu lassen.
Schätzungen zufolge wissen in der Schweiz rund ein Fünftel
aller Betroffenen nicht, dass sie HIV-infiziert sind. Man er-
hofft sich, dass der einfachere Zugang zu HIV-Tests nun
mehr Menschen dazu bewegen wird, eine allfällige HIV-
Infektion abzuklären. Wir haben PD Dr. Philip Bruggmann,
Chefarzt Innere Medizin des Arud Zentrum für Suchtmedi-
zin, Zürich, gefragt, wie er das Potenzial eines leichteren Test-
zugangs bewertet.
Mü s
NACHGEFRAGT
PD Dr. med. Philip Bruggmann Chefarzt Innere Medizin, Arud-Zentren für Suchtmedizin, Zürich
Chance, auch das 3. WHO-Ziel zu erreichen
Die Schweiz ist eines der führenden Länder in der Bekämpfung von HIV. Zwei der drei WHO-Ziele (90% getestet, davon 90% in Behandlung, davon bei 90% das Virus unterdrückt) sind bei uns seit Längerem erfüllt. Nur beim ersten Ziel, beim Testen, hat es noch eine Lücke in der beispielhaften Versorgung. Um diese zu füllen, braucht es ergänzende Massnahmen. Unter anderem sollen Personen erreicht werden, die aus
welchen Gründen auch immer sich nicht von der Hausärztin oder dem Hausarzt und auch nicht in einem Checkpoint oder einer Teststelle testen lassen wollen oder von diesen Strukturen nicht erreicht werden. Hier hat der Selbsttest das Potenzial, die Testversorgung zu verbessern. Der HIV-Selbsttest ersetzt also keinesfalls das hausärztliche Testen oder den Checkpoint, bietet aber eine ergänzende, niederschwellig zugängliche Möglichkeit, sich testen zu lassen – und damit die Chance, auch das dritte der drei WHO-Ziele in der Bekämpfung von HIV zu erreichen.
Informationen bei der Aids-Hilfe Schweiz
Die Aids-Hilfe Schweiz bietet auf ihrer Webseite alle wichtigen Informationen für die Anwendung des Selbsttests an. Darauf verweisen auch die Packungsbeilagen der in der Schweiz hauptsächlich vertriebenen Tests. Sie erreichen die Seite entweder über folgenden Link: www.rosenfluh.ch/qr/hiv-selbsttest oder direkt via QR-Code.
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ARS MEDICI 24 | 2018