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KONGRESSBERICHT
ESMO 2018 – Jahreskongress der European Society for Medical Oncology, München, 19. bis 23. Oktober 2018
Brustkrebs im Frühstadium
Studien zur Therapieoptimierung stehen im Fokus
Im Bereich der Behandlung von Patientinnen mit frühem Brustkrebs wurden bei der diesjährigen Jahresversammlung der ESMO viele Untersuchungen zur Optimierung der bestehenden etablierten Therapien präsentiert. Im Folgenden wird eine Zusammenstellung der für den Praxisalltag interessanten Studien gegeben.
Neoadjuvantes nab-Paclitaxel plus EC im Langzeit-Follow-up
In der GeparSepto-Studie konnte mit nab-Paclitaxel (Abraxane®), gefolgt von Epirubicin/Cyclophosphamid (EC) im neoadjuvanten Setting eine höhere Rate an pathologisch komplettem Ansprechen im Vergleich zu Paclitaxel/EC erreicht werden. Aufgrund der vergleichsweise höheren Toxizitäten wurde die nab-Paclitaxel-Dosis im Verlauf der Studie von 150 mg/m2 (nP150) auf 125 mg/m2 (nP125) verringert. Am ESMO-Kongress 2018 wurden nun Ergebnisse zu Sicherheit und Wirksamkeit der Studienmedikationen mit einer Nachbeobachtungszeit von median 4,2 Jahren präsentiert (1). Patientinnen, die mit nab-Paclitaxel in einer der beiden Dosierungen behandelt worden waren, zeigten ein verlängertes invasiv-erkrankungsfreies Überleben (iDFS), verglichen mit Patientinnen im Paclitaxel-Arm. Die 4-Jahres-Gesamtüberlebensrate war mit 88,0% (nP150) respektive 91,1% (nP125) nicht signifikant verschieden, verglichen mit Paclitaxel
(86,1% vor und 87,6% nach nP-Dosisverringerung) (HR = 0,89 bzw. 0,78; p = 0,64 bzw. 0,27). Die mediane Zeit bis zum Rückgang der peripheren Neuropathie (Grad 2–4) war länger bei Patientinnen, die mit nP150 (12,7 Wochen) behandelt worden waren, unterschied sich aber nicht signifikant zur Gruppe der mit nP125 behandelten Patientinnen (6,4 Wochen), dies jeweils im Vergleich zu den Patientinnen im Paclitaxel-Arm (7,0 Wochen).
Patientinnenselektion für verkürzte Trastuzumabtherapie
Die Short-HER-Studie mit Trastuzumab (Herceptin®) untersuchte ebenfalls die Wirkung einer Verringerung versus Aussetzung einer Therapie mit dem Ziel, Nebenwirkungen zu reduzieren. 1254 HER2positive Patientinnen erhielten randomisiert 1 Jahr oder 9 Wochen lang Trastuzumab plus eine sequenzielle Anthrazyklin-Taxan-Kombination. Die Nichtunterlegenheit der kürzeren Behandlung
konnte nicht nachgewiesen werden, aber eine vorgeplante Bayes-Analyse zeigte eine Wahrscheinlichkeit von 80% für die Nichtunterlegenheit der verkürzten Therapie. Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 6 Jahren wurde dann allerdings ein erhöhter Anteil von kardiovaskulären Ereignissen Grad ≥ 2 bei längerer Trastuzumab-Gabe (82 vs. 27 Fälle) beobachtet. Ziel der am ESMO-Kongress 2018 präsentierten Auswertung (2) war es, Patientinnen zu identifizieren, für die die kürzere Behandlungszeit eine Option sein könnte. Die Patientinnen wurden in drei Risikokategorien unterteilt: Ein geringes Risiko war definiert als Tumorgrösse ≤ 2 cm und N0-Status, ein mittleres Risiko als Tumorgrösse ≤ 2 cm und 1 bis 3 positive Lymphknoten oder Tumorgrösse > 2 cm und 0 bis 3 positive Lymphknoten und ein hohes Risiko als jedwede Tumorgrösse und ≥ 4 positive Lymphknoten. Insgesamt zeigten 37,5% der Studienteilnehmerinnen ein geringes Risiko, 47,1% ein mittleres Risiko und 15,3% ein hohes Risiko. Die Patientinnen der beiden Studienarme wurden entsprechend den Risikokategorien bezüglich des krankheitsfreien Überlebens (DFS) verglichen.
GYNÄKOLOGIE 5/2018
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KONGRESSBERICHT
ESMO 2018 – Jahreskongress der European Society for Medical Oncology, München, 19. bis 23. Oktober 2018
Tabelle:
Akute hämatologische Toxizitäten bei Brustkrebspatientinnen mit/ohne BRCA1/2-Mutationen (mod. nach [4])
keine Träger (n = 176) BRCA1 (n = 23) p
OR (95%-KI)
BRCA2 (n = 22) p
OR (95%-KI)
Febrile Neutropenie nach Chemotherapie C1 Neutropenie Grad 3–4 nach C1 Neutropenie Grad 4 nach C1 Hospitalisation wegen febriler Neutropenie Verringerung der C-Dosis G-CSF-Anwendung
17/176 (10%)
58/160 (36%) 28/160 (18%) 14/176 (8%)
5/174 (4%) 88/171 (51%)
8/23 (35%)
14/21 (67%) 12/21 (57%) 5/23 (22%)
3/22 (14%) 19/22 (86%)
0,002 5,0 (1,8–13,5)
0,010 < 0,001 0,043 3,5 (1,3–9,2) 6,3 (2,4–16,3) 3,2 (1,0–10,0) 0,030 0,005 5,3 (1,2–24,1) 6,0 (1,7–20,9) 3/22 (14%) 7/21 (33%) 4/21 (14%) 1/22 (4%) 2/22 (9%) 14/22 (64%) 0,562 1,5 (0,4–5,5) 0,793 0,861 0,574 0,9 (0,3–2,3) 1,1 (0,3–3,5) 0,6 (0,1–4,4) 0,161 0,285 3,4 (0,6–18,6) 1,7 (0,7–4,1) Bei hohem Risiko sicher längere Behandlung In den Gruppen mit geringem und mittlerem Risiko wurde eine ähnliche 5-Jahres-DFS-Rate von 91 versus 92% sowie 87 versus 88% beobachtet. Hochrisikopatientinnen zeigten dagegen ein signifikant verlängertes DFS unter der längeren Trastuzumab-Behandlung (5-Jahres-DFS: 82 vs. 64%; HR = 1,99). Das Risiko eines kardiovaskulären Ereignisses Grad ≥ 2 war in allen Risikokategorien unter der längeren Behandlung höher als unter der kürzeren Behandlung. Für Patientinnen mit hohem Rezidivrisiko sollte somit die längere Trastuzumab-Behandlung eingeplant werden. Ob Patientinnen mit geringem und mittlerem Risiko eine verkürzte Trastuzumab-Gabe erhalten können, muss weiter untersucht werden. Endokrintherapie: Selbsteinschätzung zur Compliance nicht ausreichend Die Compliance der Patientinnen ist ein wichtiges Kriterium für den Erfolg einer endokrinen Therapie beim frühen Mammakarzinom. In der CANTO-COMPLETEStudie wurde die Prävalenz von nicht planmässig eingenommener endokriner Therapie über 5 Jahre ermittelt (3). Dazu wurde zum einen das Serum bezüglich des Vorliegens der Wirksubstanz untersucht und zum anderen eine Patientinnenbefragung durchgeführt. Insgesamt wurden 11 237 Patientinnen bis Dezember 2017 eingeschlossen, und für 5801 Teilnehmerinnen lagen zur Zeit der Auswertung Informationen über das erste Jahr nach Therapiebeginn vor. Die Zielpopulation der präsentierten Auswertung waren 1177 prämenopausale Patientinnen, die Tamoxifen ± ein LHRH erhielten. Die «Serum-Erhebung» ergab, dass 84% der Patientinnen Tamoxifen im ersten Therapiejahr entsprechend den Vorgaben eingenommen hatten. In der Selbstdarstellung gaben 87,7% der Patientinnen an, die endokrine Therapie gewissenhaft einzunehmen. Von den 188 Patientinnen, die gemäss Serumanalyse nicht kompliant waren, gaben 55,3% an, die Therapie ordnungsgemäss einzunehmen. Von 928 Patientinnen, die gemäss dieser Analyse die Therapie gewissenhaft einnahmen, gaben 6,2% Einnahmeverstösse an. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Selbsteinschätzung der Patientinnen allein nicht ausreicht, um die Compliance festzustellen. Auch wenn durch die Serumtestung Therapieunterbrechungen und verpasste Dosen nicht immer dokumentiert werden können, widerspiegeln sie doch ein genaueres Bild als die Befragung der Patientinnen. BRCA1-Trägerinnen zeigen häufiger akute hämatologische Nebenwirkungen Bei etwa 5% der Mammakarzinome werden Mutationen der BRCA1/2-KeimbahnGene nachgewiesen. Die BRCA1/2-Gene spielen eine wichtige Rolle bei der DNAReparatur. Da adjuvante Chemotherapien DNA-zerstörende Wirksubstanzen enthalten, liegt es nahe, dass bei Patientinnen mit BRCA1/2-Mutation häufiger chemotherapieassoziierte Toxizitäten auftreten. In einer retrospektiven Auswertung des Genfer Universitätsspitals wurden nun Patientinnen, die zwischen 2001 und 2016 eine adjuvante Chemotherapie erhalten hatten, bezüglich des Auftretens von schweren Neutropenien nach dem ersten Chemotherapiezyklus analysiert (3). Zudem wurden die Inzidenzen von fe- brilen Neutropenien, die Hospitalisierungsrate, der G-CSF-Gebrauch sowie die Dosisreduktionen untersucht. Insgesamt wurden 221 Patientinnen in die Auswertung eingeschlossen, darunter 23 Trägerinnen einer BRCA1-Mutation und 22 Trägerinnen einer BRCA2Mutation. Nach dem ersten Chemotherapiezyklus wurde eine febrile Neutropenie bei 35% der BRCA1-Trägerinnen, bei 14% der BRCA2-Trägerinnen und bei 10% der Patientinnen ohne BRCA-Mutation berichtet (Tabelle). Eine Neutropenie Grad 4 trat bei 57%, 14% sowie 18% der Patientinnen auf. Der Einsatz von G-CSF wurde zudem bei 86%, 64% und 51% der Patientinnen mit BRCA1-, BRCA2- respektive ohne Mutation als supportive Massnahme berichtet. Die Autoren bestätigten somit die Hypothese, dass Patientinnen mit BRCA1Mutationen ein hohes Risiko für akute hämatologische Toxizitäten haben. Die Ergebnisse weisen auf den erhöhten Stellenwert einer primären Prophylaxe mit G-CSF bei diesen Patientinnen hin. I Ine Schmale Quelle: Jahrestagung der European Society for Medical Oncology (ESMO), 19.–23. Oktober 2018. Referenzen: 1. Untch M et al.: Impact of nab-paclitaxel dose reduction on survival of the randomised phase III GeparSepto trial comparing neoadjuvant chemotherapy of weekly nab-paclitaxel (nP) with solventbased paclitaxel (P) followed by anthracycline/cyclophosphamide for patients with early breast cancer. ESMO 2018, Abstr. 188PD. 2. Conte PF et al.: 9 weeks versus 1 year adjuvant trastuzumab for HER2+ early breast cancer: subgroup analysis of the ShortHER trial allows to identify patients for whom a shorter trastuzumab administration may have a favourable risk/benefit ratio. ESMO 2018, Abstr. 191PD. 3. Pistilli B et al.: Serum assessment of non-adherence to adjuvant endocrine therapy among premenopausal patients in the prospective multicenter CANTO cohort. ESMO 2018, Abstr. 185O. 4. Friedlaender A et al.: BRCA1/BRCA2 germline mutations and chemotherapy-related hematologic toxicity. ESMO 2018, Abstr. 238P. 38 GYNÄKOLOGIE 5/2018