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EASD
SGLT2-Hemmer
Kardiovaskuläre und renale Wirkungen jenseits der Blutzuckersenkung
Herz und Niere gehören zu den Organen, die bei Typ-2-Diabetikern infolge erhöhter Blutzuckerwerte Schaden nehmen können. Eine neutrale oder besser noch protektive Wirkung auf diese Organe ist daher wünschenswert. Wie die häufig eingesetzten SGLT2-Hemmer und DPP-4-Hemmer sich hinsichtlich kardiovaskulärer und renaler Endpunkte verhalten, wurde am EASD-Kongress referiert.
SGLT2-Hemmer hätten in verschiedenen ran-
domisierten, kontrollierten Studien (Empagli-
flozin in der Studie EMPA-REG-OUTCOME
[1], Canagliflozin in der Studie CANVAS [2,
3]) gezeigt, dass sie bei Typ-2-Diabetikern mit
hohem kardiovaskulärem Risiko das Risiko für
kardiovaskuläre Ereignisse senken könnten,
konstatiert Prof. Eleteurio Ferranini, Institut
für klinische Physiologie, Universität Pisa (I).
Prof. Eleteurio Ferranini
Das dem auch im alltäglichen Gebrauch so ist, zeigen die Real-World-Daten der CVD-Real-2-
Studie mit Typ-2-Diabetes-Patienten aus Asien,
dem Mittleren Osten und Nordamerika. Die
Studie verglich bei über 470 000 Patienten mit
De-novo-Gebrauch von SGLT2-Hemmern
(Dapagliflozin, Empagliflozin, Canagliflozin
u.a.) oder anderen Antidiabetika den kardio-
vaskulären Outcome. Dabei zeigte sich ein ähn-
liches Bild: Das Risiko für Tod jeglicher Ursa-
che, Hospitalisierung infolge Verschlechterung
Prof. Michael Nauck
der Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt und Hirnschlag war durchgehend signifikant tiefer
als in der Vergleichsgruppe. Die Resultate waren auch kon-
sistent bezüglich Weltregionen, Patientensubgruppen und
Patienten mit oder ohne kardiovaskuläre Vorerkrankung (4).
Die Niere nicht zusätzlich belasten
Viele Typ-2-Diabetiker haben mit zunehmender Krankheitsdauer Komorbiditäten wie beispielsweise eine eingeschränkte Nierenfunktion. Da ist es sinnvoll, zur glykämischen Kontrolle Antidiabetika einzusetzen, die die Nierenfunktion nicht weiter verschlechtern oder im Gegenteil sogar verbessern. Dazu gehört beispielsweise der SGLT2-Hemmer Canagliflozin. Die Phase-3-Studie CREDENCE diente zum Nachweis
KURZ & BÜNDIG
SGTL2-Hemmer können kardiovaskuläre Ereignisse reduzieren, die Albuminurie senken und die eGFR erhalten.
SGLT2-Hemmer werden aktuell bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung untersucht, die nicht zwingend an Typ-2-Diabetes erkrankt sind.
einer präventiven Wirkung auf renale und kardiovaskuläre
Komplikationen bei Patienten mit chronischer Nierenerkran-
kung. Dazu erhielten 4400 Teilnehmer mit einer geschätzten
glomerulären Filtrationsrate (eGFR) von ≥ 30 und < 90 ml/ min/1,73m2 und dokumentierter Albuminurie (> 300 bis
5000 mg/g), Canagliflozin 100 mg/Tag oder Plazebo zusätz-
lich zur Standardtherapie. Als primärer Endpunkt war die
Kombination aus terminaler Niereninsuffizienz, Verdoppe-
lung des Serumkreatinins und renal oder kardiovaskulär be-
dingter Tod definiert (5). Die auf 5½ Jahre angelegte Studie sei
im vergangenen Sommer ein Jahr früher gestoppt worden,
weil gemäss Zwischenanalyse ein nach präspezifizierten Kri-
terien definierter Unterschied zugunsten von Canagliflozin
vorzeitig erreicht worden sei, berichtete Prof. Michael Nauck,
St.-Josefs-Hospital, Ruhr-Universität Bochum (D). Bereits bei
früheren Studien im CANVAS-Studienprogramm zeichnete
sich für Canagliflozin mit reduziertem Nierenfunktionsver-
lust, verlangsamtem eGFR-Abfall und einer Verringerung der
Albuminurie ein renoprotektiver Effekt ab (6).
Auch Empagliflozin belegte in der vordefinierten Subanalyse
von Nierenpatienten (eGFR ≥ 30) aus der EMPA-REG-OUT-
COME-Studie eine günstige Langzeitwirkung auf die Niere.
Unter Empagliflozin trat im Vergleich zu Plazebo eine signi-
fikant verlangsamte Progression der Nephropathie um
39 Prozent ein (Hazard Ratio [HR]: 0,61). Ein Fortschreiten
der Makroalbuminurie sowie eine Verdoppelung des Serum-
kreatininspiegels waren in der Empagliflozingruppe signifi-
kant seltener, und der Abfall der Nierenfunktion war unter
Empagliflozin im Vergleich zu Plazebo anhand der eGFR um
4,7 ml/min/1,73 m2 signifikant geringer (7).
Zurzeit laufen Studien mit der Frage zur Auswirkung auf die
Niere mit den SGLT2-Hemmern Empagliflozin (EMPA-KID-
NEY [8]) und Dapagliflozin (DAPA-CKD [9]) bei Patienten
mit chronischer Nierenerkrankung. Dabei sind sekundär
auch kardiovaskuläre Endpunkte definiert. Interessant an
diesen Studien ist die Tatsache, dass die Patienten nicht unbe-
dingt an Typ-2-Diabetes erkrankt sein müssen.
L
Valérie Herzog
Quelle: «CVD Real», «SGLT2 and DPP4 inhibitors», Jahreskongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD) 2018, 1. bis 5. Oktober in Berlin.
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Referenzen: 1. Zinman B et al.: Empagliflozin, cardiovascular outcomes, and
mortality in type 2 diabetes. N Engl J Med 2015; 373: 2117–2128. 2. Neal B et al.: Canagliflozin and cardiovascular and renal events
in type 2 diabetes, N Engl J Med 2017; 377: 644–657. 3. Mahaffey KW et al.: Canagliflozin for primary and secondary
prevention of cardiovascular events: results from the CANVAS program (Canagliflozin Cardiovascular Assessment Study). Circulation 2018; 137: 323–334. 4. Kosiborod M et al.: Cardiovascular Events Associated With SGLT-2 Inhibitors Versus Other Glucose-Lowering Drugs: The CVD-REAL 2 Study. J Am Coll Cardiol 2018; 71: 2628–2639. 5. Jardine MJ et al.: The Canagliflozin and Renal Endpoints in Diabetes with Established Nephropathy Clinical Evaluation (CREDENCE) Study Rationale, Design, and Baseline Characteristics. Am J Nephrol 2017; 46: 462–472. 6. Perkovic et al.: Canagliflozin and renal outcomes in type 2 diabetes: results from the CANVAS Program randomised clinical trials. Lancet Diabetes Endocrinol 2018; 6: 691–704. 7. Wanner C et al.: Empagliflozin and Progression of Kidney Disease in Type 2 Diabetes. N Engl J Med 2016; 323–334. 8. www.clinicaltrials.gov. NCT03594110. 9. www.clinicaltrials.gov. NCT03036150.
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