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Titel
Neue Leitlinien zum spezifischen Kreuzschmerz
Untertitel
Therapeutische Optionen bei morphologischen und funktionellen Ursachen
Lead
Unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie haben 14 deutsche Fachgesellschaften und Verbände als Ergänzung zur bestehenden Leitlinie für den nicht spezifischen Kreuzschmerz eine neue Leitlinie zu den verschiedenen Formen von spezifischem Kreuzschmerz herausgegeben.
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SCHMERZ
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38312
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SCHMERZ
Neue Leitlinien zum spezifischen Kreuzschmerz
Therapeutische Optionen bei morphologischen und funktionellen Ursachen

Unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie haben 14 deutsche Fachgesellschaften und Verbände als Ergänzung zur bestehenden Leitlinie für den nicht spezifischen Kreuzschmerz eine neue Leitlinie zu den verschiedenen Formen von spezifischem Kreuzschmerz herausgegeben.
AWMF

Die Leitlinie «Spezifischer Kreuzschmerz» gilt bei Verdacht auf einen spezifischen Kreuzschmerz beziehungsweise wenn eine leitliniengerechte Therapie gegen nicht spezifischen Kreuzschmerz nicht zielführend sei, heisst es in der Einleitung der neuen Leitlinien. Bei schmerzhaften Erkrankungen der Wirbelsäule gelten in den ersten zwei bis drei Wochen die Empfehlungen der Leitlinie zum nicht spezifischen Kreuzschmerz, sofern sich keine eindeutigen Hinweise auf eine spezifische Ursache finden. Zum spezifischen Kreuzschmerz werden in der Leitlinie morphologische Entitäten (lumbales Facettensyndrom/Spondylarthrose, diskogenes Lumbalsyndrom bei Osteochondrose, axiale Spondyloarthritis, Morbus Baastrup, Spinalkanalstenose, Spondylolyse/-listhesis, Bandscheibenvorfall, osteoporotische Wirbelkörperfraktur und pathologische Prozesse in den Sakroiliakalgelenken) besprochen, wobei die Kapitel zu Bandscheibenvorfall, osteoporotischer Wirbelkörperfraktur und pathologischen Prozessen in den Sakroiliakalgelenken als Ursachen für spezifischen Rückenschmerz erst bei der nächsten Aktualisierung der Leitlinie ergänzt werden.
MERKSÄTZE
 Bei schmerzhaften Erkrankungen der Wirbelsäule gelten in den ersten zwei bis drei Wochen die Empfehlungen der Leitlinie zum nicht spezifischen Kreuzschmerz.
 Wenn der Verdacht auf einen spezifischen Kreuzschmerz besteht und die initiale Therapie für einen nicht spezifischen Kreuzschmerz nicht zielführend war, soll die Leitlinie zum spezifischen Kreuzschmerz beigezogen werden.
 Diese differenziert in morphologische Entitäten (z.B. lumbales Facettensyndrom, diskogenes Lumbalsyndrom, axiale Spondyloarthritis, M. Baastrup, Spinalkanalstenose, Spondylolisthesis, Bandscheibenvorfall, Wirbelkörperfraktur) und funktionelle Entitäten (myofasziale Dysfunktion, Blockierung) sowie psychosoziale Entitäten (nicht spezifische, funktionelle und somatoforme Körperbeschwerden, Fibromyalgiesyndrom).

Davon sind funktionelle Entitäten (myofasziale Dysfunktion, hypomobile segmentale Dysfunktion der Lendenwirbelsäule) sowie psychosoziale Entitäten (nicht spezifische, funktionelle und somatoforme Körperbeschwerden, Fibromyalgiesyndrom) abzugrenzen. Psychosoziale Entitäten (nicht spezifische, funktionelle und somatoforme Körperbeschwerden und Fibromyalgiesyndrom) werden in eigenen Leitlinien dargestellt.
Lumbales Facettensyndrom/Spondyloarthrose
Zwar schwanken die Angaben zur Häufigkeit des lumbalen Facettensyndroms stark, krankhafte Veränderungen der Facettengelenke dürften jedoch in 10 bis 41 Prozent der Fälle chronischer Kreuzschmerzen primär sein. Die Betroffenen geben anamnestische Hinweise, wie morgendlichen Schmerz beim Umdrehen im Bett, Steifheits- und Durchbrechgefühl. Bei der klinischen Untersuchung lässt sich der Schmerz durch Retroflexion, Seitneige und Rotation sowie durch Druck auf die Facettengelenke des in Bauchlage befindlichen Patienten auslösen. Bei vermutetem Facettensyndrom kann eine diagnostische Facettenblockade weiterhelfen (s. Kasten 1). Symptomatisch kann eine Schmerzlinderung mit nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) oder Muskelrelaxanzien erzielt werden. Ebenfalls hilfreich sind entlastende Lagerung (Entlordosierung), Infiltrationen mit einem Lokalanästhetikum mit oder ohne Kortison, Ergotherapie, Physiotherapie und/oder manuelle Therapie (Faszienrelease, Triggerpunktbehandlung). Nach Abklingen des akuten Krankheitsbilds ist die muskuläre Stabilisation des Wirbelsäulenabschnitts anzustreben. Eine Entlordosierung kann durch Übungen zur Beckenkippung ergänzt werden. Halten die Beschwerden an, kann eine perkutane Neurotomie versucht werden. Waren konservative und interventionelle Therapie nicht erfolgreich, kann eine Operation erwogen werden.
Diskogenes Lumbalsyndrom bis Osteochondrose
Die Prävalenz des bandscheibenbedingten Lumbalsyndroms bei Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen ohne radikuläre Symptome wird mit 26 bis 39 Prozent angegeben. Meist werden belastungsabhängige Kreuzschmerzen beschrieben,
AWMF: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, www.awmf.org

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Kasten 1
Empfehlungen zu morphologischen Entitäten beim spezifischen Kreuzschmerz
Facettensyndrom: L diagnostische Facettenblockaden erwägen L eventuell perkutane Neurotomie (z.B. mittels Radiofrequenztherapie) bei persistierendem Facettensyndrom L falls konservative oder interventionelle Therapie refraktär, Indikation zur Operation erwägen
Diskogenes Lumbalsyndrom bei Osteochondrose: L Magnetresonanztomografie (MRT), primär keine Computertomografie L keine lumbale Diskografie zum Nachweis eines diskogenen Lumbalsyndroms L falls konservativ therapierefraktär, Indikation zur Operation erwägen L keine intradiskalen Verfahren
Axiale Spondyloarthritis (SpA): L bei chronischem Ruc̈ kenschmerz und Beginn vor dem 45. Lebensjahr das Symptom «entzun̈ dlicher Ruc̈ kenschmerz» anamnestisch eru-
ieren; diese Patienten bzw. Patienten mit einem positiven HLA-B27-Test mit Verdacht auf axiale SpA zum Rheumatologen überweisen
Morbus Baastrup: L nicht operieren L symptomatische medikamentöse und physikalisch-therapeutische Verfahren sowie lokale interspinöse Injektion von Lokalanästhetika
mit Kortison
Spinalkanalstenose (SKS): L MRT-Diagnostik und gegebenenfalls Röntgenaufnahmen im Stehen und Funktionsaufnahmen L konservativer Therapieversuch, falls weder neurologische Defizite noch immobilisierende Schmerzen vorliegen; mit begleitender
Erfolgskontrolle! L operative Dekompression erwägen, wenn konservative Massnahmen nicht ausreichen, um eine zufriedenstellende Lebensqualität zu
erzielen L kein routinemässiger Einsatz von OP-Fusionstechniken zusätzlich zur Dekompression L bei klinischen und radiologischen Instabilitätszeichen zusätzliche Stabilisierung (div. chirurgische Techniken) L kein routinemässiger Einsatz von interspinösen Spreizern zur operativen Behandlung einer konservativ therapierefraktären lumbalen SKS L postoperative Physiotherapie ist anzustreben (keine Empfehlung zu bestimmter Physiotherapietechnik)
Spondylolyse und Spondylolisthesis (SO): L Röntgenbilder der LWS im Stand in zwei Ebenen L seitliche Ganzwirbelsäulen-Röntgenaufnahme im Stand kann insbesondere zur Planung operativer Eingriffe wichtige Zusatzinformatio-
nen liefern L MRT zur Planung operativer Eingriffe L symptomatische Spondylolyse oder isthmische SO zunächst konservativ behandeln, falls keine frischen alltagsrelevanten Paresen durch
die SO bedingt sind; falls konservative Therapie nicht zufriedenstellend, kann operative Behandlung sinnvoll sein L symptomatische degenerative SO ohne alltagsrelevante frische Paresen der assoziierten Nervenwurzeln zunächst konservativ behan-
deln; falls konservative Therapie nicht zufriedenstellend (individuelle Lebensqualität), sind operative Massnahmen möglich L Chirurgie bei degenerativen SO ist in der Regel ein dekomprimierendes Verfahren mit oder ohne zusätzliche Segmentstabilisierung

teilweise auch mit radikulärer Ausstrahlung. Ein radikulärer Schmerz, vor allem in Kombination mit einem neurologischen Defizit, spricht für eine Nervenwurzelkompression und gegen ein rein diskogenes Lumbalsyndrom. Die Leitlinie empfiehlt, bei Verdacht auf eine ursächliche Bandenscheibenveränderung als Schmerzursache eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchführen zu lassen, und rät von einer primären Computertomografie (CT) ebenso wie von einer lumbalen Diskografie ab. Neben initialen physikalischen und medikamentösen Therapien hat die Gewichtsreduktion sowie die aktive Stabilisierung durch Auftrainieren der Rumpfmuskulatur grosse Bedeutung. Verschiedene interventionelle Verfahren können Teil der Behandlung sein, wobei unklar bleibt, wie lange die Effekte anhalten.

Bestehen die Beschwerden trotz suffizienter Therapie weiter, ist die Indikation zur operativen Therapie zu überprüfen.
Axiale Spondyloarthritis
Etwa 5 Prozent der Patienten mit chronischen Rückenschmerzen leiden an einer axialen Spondyloarthritis (axiale SpA). Daran zu denken ist wichtig, zumal heute sehr effektive, spezifische Behandlungsoptionen verfügbar sind. Charakteristisch ist ein tiefsitzender Kreuzschmerz bei jungen Erwachsenen. Der Schmerzbeginn fällt bei 80 Prozent zwischen das 20. und 30. Lebensjahr. Ein Symptombeginn nach dem 45. Lebensjahr ist hingegen sehr selten. Der bei diesem Krankheitsbild typische «entzündliche Rückenschmerz» entwickelt sich langsam und ist begleitet von Morgensteifigkeit im unteren

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Rückenbereich von mindestens 30 Minuten Dauer. Weitere Charakteristika sind frühmorgendlicher Schmerz, nächtliches Erwachen, Besserung durch Bewegung, jedoch nicht durch Ruhe, sowie wechselseitiger Gesässschmerz. Bei Verdacht auf eine axiale SpA ist eine Überweisung zum Rheumatologen zur weiteren Abklärung und Behandlung empfehlenswert. Die axiale SpA erfordert ein interprofessionales Behandlungskonzept. Dieses umfasst neben Schulungsmassnahmen und Patientenedukation die Kombination von nicht pharmakologischen und pharmakologischen Massnahmen. Mit NSAR und Biologika (Tumornekrosefaktor-[TNF-] Inhibitoren, Interleukin-[IL-]17-Inhibitoren) stehen heute hoch effektive medikamentöse Therapien zur Verfügung.
Morbus Baastrup
Sich berührende Dornfortsätze (Baastrup-Phänomen) können eine Irritation von Periost und umgebenden Weichteilen hervorrufen. Die klinische Bedeutung des Baastrup-Phänomens ist jedoch nicht geklärt. Ein klinisch relevanter M. Baastrup erfordert das Vorliegen folgender Kriterien: L Schmerzen in der Mittellinie mit oder ohne paravertebrale
Schmerzen L Schmerzen interspinös im Bereich der Lendenwirbelsäule
(LWS) mit Verstärkung bei Lordose und Besserung bei Kyphosierung L Schmerzverstärkung beim Stehen oder Gehen (in der Regel ohne Schmerzausstrahlung in die Beine) L Ausschluss eines Facettensyndroms und eines Syndroms der Sakroiliakalgelenke L Nachweis eines Baastrup-Phänomens in der Bildgebung L Besserung auf interspinöse Injektion von Lokalanästhetika. Wissenschaftlich gesicherte Therapieverfahren existieren nicht. Die Leitlinie hält fest, dass symptomatische medikamentöse und physiotherapeutische Massnahmen und lokale Injektionen angewendet werden können.
Spinalkanalstenose
Eine anatomische Einengung des Spinalkanals (SKS) kann sich in einer neurogenen Claudicatio äussern, die als Komplex klinischer Zeichen und Symptome beschrieben wird, bestehend aus Rückenschmerzen und belastungsabhängigen Symptomen in den Beinen. Ausführliche Daten zum natürlichen Verlauf existieren nicht. Eine Kohortenstudie zeigte in durchschnittlich über vierjähriger Beobachtung, dass die Claudicatio bei allen Patienten persistierte, davon bei 70 Prozent in unveränderter Intensität und bei je 15 Prozent in geringerer oder verstärkter Intensität. Mit Blick auf die Symptomatik muss zwischen der zentralen, lateralen (rezessalen) und foraminalen SKS unterschieden werden. Typischerweise verursacht die zentrale SKS den belastungsabhängigen Rückenschmerz beim Gehen und Stehen mit ein- oder beidseitiger Ausstrahlung in die Beine. Die Beinbeschwerden werden in unterschiedlichem Ausmass durch Hypästhesien oder Parästhesien, Schwäche und Schweregefühl der Beine begleitet und führen zu einer reduzierten Gehstrecke. Die klinische Symptomatik ist typischerweise beim Bergabgehen verstärkt, was durch die Lordosierung der LWS erklärt werden kann, die eine zusätzliche Einengung bewirkt. Zumindest bei nicht ausgeprägter Einengung führt eine Entlordosierung zur Symptomerleichterung. Diese errei-

chen die Patienten durch vorgeneigtes Gehen oder Sitzen respektive durch die vornüber geneigte Haltung beim Fahrradfahren. Heute wird zur Diagnostik eine MRT empfohlen, gegebenenfalls ergänzt durch radiologische Funktionsaufnahmen. «Die konservative Therapie stellt bei der Claudicatio spinalis die primäre Therapie der Wahl dar, dies auch vor dem Hintergrund, dass relevante neurologische Defizite, welche eine Indikation zu raschen operativen Massnahmen darstellen, bei der Claudicatio selten sind und meist über einen längeren Zeitraum auftreten», hält die Leitlinie fest. Sowohl für die medikamentöse Therapie als auch für Physiotherapie, Orthesen und Injektionen ist die Evidenz hinsichtlich Langzeiterfolgen gering. Trotzdem sollte bei fehlendem neurologischem Defizit ein konservativer Therapieversuch erfolgen. Sind konservative Massnahmen nicht erfolgreich, soll eine operative Dekompression erwogen werden. Zusätzliche Fusionseingriffe gehen mit einem Trend zu höheren Reoperationsraten, höherem intraoperativem Blutverlust und längerer Operationsdauer einher. Sie sind daher nicht routinemässig indiziert, sollen aber erfolgen, wenn klinische und radiologische Instabilitätszeichen vorliegen. «Es existiert keine allgemein akzeptierte evidenzbasierte Vorgehensweise zur postoperativen Behandlung der lumbalen Spinalkanalstenose», wie die Leitlinie einräumt. Gestützt auf einen Cochrane-Review befürwortet sie jedoch eine postoperative Physiotherapie.
Spondylolyse und Spondylolisthesis
Spondylolysen entstehen bei den meisten Patienten im Verlauf der Kindheit und Jugend. Die Inzidenz einer symptomatischen operationspflichtigen Progression bei initial asymptomatischen Patienten mit bilateraler Spondylolyse wird mit zirka 5 Prozent angegeben, wobei die Wahrscheinlichkeit eines Fortschreitens mit steigendem Alter abnimmt. Die degenerative Spondylolisthesis (SO) hat ihr Häufigkeitsmaximum jenseits des 60. Lebensjahrs, betrifft häufiger Frauen und ist überwiegend im Segment L4/L5 lokalisiert. Ob eine degenerative SO im Verlauf symptomatisch wird, lässt sich nicht vorhersagen, da objektivierbare Degeneration und klinisch empfundene Beschwerden nicht übereinstimmen. Als radiologische Basisdiagnostik empfiehlt die Leitlinie Röntgenbilder der Lendenwirbelsäule im Stand in zwei Ebenen. Ist eine Operation geplant, soll eine MRT erfolgen. «Eine symptomatische Spondylolyse oder isthmische SO sollte zunächst konservativ behandelt werden, vorausgesetzt, dass keine frischen alltagsrelevanten Paresen durch die SO bedingt sind», fordert die Leitlinie. Allerdings haben Patienten mit sensiblen Defiziten, Paresen oder Cauda-equina-Syndrom ohne Operation eine relativ grosse Wahrscheinlichkeit für progrediente funktionelle Einbussen. Wie lange konservativ behandelt werden soll, wird nicht einheitlich beurteilt. Die Dauer sollte individuell bestimmt werden und mindestens drei Monate betragen.
Myofasziale Dysfunktion als spezifische Ursache für Kreuzschmerzen
Als myofasziale Dysfunktion wird eine Störung der myofaszialen Funktionseinheit bezeichnet, die mit Schmerzen und/ oder einer gestörten Bewegungskontrolle einhergeht. Syno-

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Kasten 2:
Empfehlungen zu funktionellen Entitäten beim spezifischen Kreuzschmerz
Myofasziale Dysfunktion: L bei rezidivierendem und chronischem Kreuzschmerz je nach
schmerzauslösenden Einzelbefunden therapieren sowie grundlegende Funktionsstörungen zur Vermeidung fortschreitender Chronifizierung behandeln L Training der intermuskulären Koordination mit propriozeptivem Training einschliesslich segmentaler Stabilisation im Therapieprogramm ist im Sinne eines nachhaltigen Behandlungserfolgs sinnvoll. L hypomobile segmentale Dysfunktion der Lendenwirbelsäule (Blockierung) L manuelle Medizin (Manipulation, Mobilisation, Weichteiltechniken)
nyme sind myofasziales Schmerzsyndrom, somatische Funktionsstörung, Myogelose und Blockierung im Bereich der Wirbelsäule oder des Iliosakralgelenks, muskuläre Dysbalance, Inaktivitätsatrophie der Muskulatur oder Faszienstörung. Myofasziale Dysfunktionen haben ein grosses Chronifizierungspotenzial. Schmerzreflektorisch gehemmte Muskulatur kann ein motorisches Defizit vortäuschen. Deshalb muss die Abgrenzung zu einem motorischen Radikulärsyndrom über den neurologischen Status erfolgen.

Wenn akute oder chronische Kreuzschmerzen auf einer myofaszialen Dysfunktion beruhen, sind manuelle Therapieverfahren aussichtsreich und wünschenswerter Bestandteil einer multimodalen Schmerztherapie. Um ein nachhaltiges Behandlungsergebnis zu erzielen sowie Rezidiven vorzubeugen, wird ein Trainingsprogramm zur intermuskulären Koordination und segmentalen Stabilisation als sinnvoll erachtet (s. Kasten 2).

Hypomobile segmentale Dysfunktion der LWS (Blockierung)

Segmentale motorische Koordinationsstörungen (nozireak-

tiv, segmental dysfunktionell, hochzentral oder in Kombina-

tion) rufen gerichtete hypomobile Bewegungsstörungen

(«Blockierungen») in einem und begleitend auch in benach-

barten Bewegungssegmenten hervor.

Die Diagnose «Blockierung» ist nur durch eine spezielle,

auch anatomisch definierte palpatorische Funktionsdiagnos-

tik zu stellen. Sie hat bisher kein sicheres Korrelat in bildge-

benden Verfahren und erfordert den Ausschluss begleitender

struktureller Veränderungen. Auch bei Blockierungen sind

manuelle Therapieverfahren aussichtsreich.

L

Halid Bas
Quelle: Spezifischer Kreuzschmerz, S2k-Leitlinie. AWMF Registernummer: 033-051. Stand vom Dezember 2017. Federführende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC).
Interessenlage: Die Autoren der Leitlinie deklarieren keine Interessenkonflikte.

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