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Kniearthrose
Wann ist ein künstliches Kniegelenk indiziert?
Kunstgelenke ermöglichen es vielen Arthrosepatienten, sich schmerzfrei zu bewegen. Die Entscheidung zum künstlichen Kniegelenk will aber gut überlegt sein. Deshalb sollten Arzt und Patient vor einer Operation gemeinsam klären, welche Ergebnisse realistisch sind. Eine neue Patientenleitlinie, die von Betroffenen mitgestaltet wurde, beschreibt die Kriterien, die vor einem Gelenkersatz berücksichtigt werden sollten. Darüber sprachen Experten auf einer Pressekonferenz im Vorfeld des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) in Berlin.
Foto: B. Braun Melsungen AG (Deutschland)
Wenn der Gelenkverschleiss in den Kniegelenken immer weiter voranschreitet, kann das für den Betroffenen unerträgliche Schmerzen bedeuten. Gewohnte Tätigkeiten wie Gehen, Einkaufen, Arbeiten oder Autofahren werden dann zur Qual, und viele Arthrosepatienten sind im Alltag auf die Hilfe von Dritten angewiesen. Die Betroffenen stehen dann vor der schwierigen Frage: Kunstgelenk – ja oder nein? Eine Knieendoprothese kann die ersehnte Schmerzlinderung bringen. Doch obwohl der Gelenkersatz zu den häufigsten und erfolgreichsten Eingriffen in Orthopädie und Unfallchirurgie gehört, bleiben 10 bis 20 Prozent der Patienten mit dem Ergebnis unzufrieden. «Das liegt vor allem daran, dass sie sehr hohe Erwartungen an das Leben nach der OP stellen, die wir leider nicht immer erfüllen können», betonte Professor Werner E. Siebert, Kassel (D), der dem DKOU-Kongress 2018 als Kongresspräsident vorstand: «Je nach Schweregrad der Arthrose und möglichen Begleiterkrankungen wird der Patient auch nach dem Gelenkersatz mit Einschränkungen leben müssen.» Umso wichtiger sei es, dass Patienten bei der Entscheidung für oder gegen einen Gelenkersatz ein Mitspracherecht erhielten, betonte Prof. Erika Gromnica-Ihle, Berlin (D), von
Patientenleitlinie «Indikation Knieendoprothese»
Die Leitlinie «EKIT-Knie» (Evidenz- und konsensbasierte Indikation Totalendoprothese) ist in verschiedenen Versionen als kostenloser Download auf der AWMF-Seite im Internet verfügbar: https://www.rosenfluh.ch/qr/awmf
der Deutschen Rheuma-Liga: «Es ist bekannt, dass sich die
Erwartungen an eine Operation von Ärzten und Patienten
unterscheiden.» Deshalb wurden bei der Erstellung der
neuen Leitlinie «Indikation Knieendoprothese» auch Patien-
tenvertreter mit einbezogen.
Die neue Leitlinie, die unter der Federführung der Deutschen
Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie
e.V. (DGOOC) erstellt wurde, gibt wissenschaftlich gesi-
cherte Empfehlungen, die den Patienten über die Kriterien für
eine Gelenkoperation aufklären und bei der Entscheidung
unterstützen sollen. Es werden vier Hauptkriterien genannt,
die bei der Diagnosestellung für eine Knieendoprothese er-
füllt sein sollen:
1. Der Schmerz besteht seit mindestens 3 bis 6 Monaten und
tritt entweder dauerhaft oder mehrmals wöchentlich bei
Belastung auf.
2. Die Schäden am Gelenk müssen auf dem Röntgenbild
deutlich sichtbar sein.
3. Medikamente und nicht medikamentöse Massnahmen
wie Bewegung und Krankengymnastik können über einen
Zeitraum von 3 bis 6 Monaten den Schmerz nicht mehr
ausreichend lindern.
4. Die Schmerzen schränken den Patienten im täglichen
Leben so stark ein, dass er nicht mehr bereit ist, sich mit
ihnen abzufinden.
Neben diesen Hauptkriterien können einige Nebenkriterien
berücksichtigt werden, etwa wie weit der Patient ohne Pause
gehen, stehen oder Treppen steigen kann, ob er seinen Beruf
oder Tätigkeiten im Haushalt noch ausführen kann und in-
wieweit er dabei auf Hilfe von anderen angewiesen ist.
«Wichtig ist, dass der Arzt den Patienten darüber aufklärt, mit
welcher Wahrscheinlichkeit eine Operation in diesen Punkten
Verbesserung bringt», sagte Gromnica-Ihle. Berücksichtigt
werden müssen auch Risiken, die den Verlauf und das Ergebnis
der Operation verschlechtern können, etwa wenn der Patient
gebrechlich ist oder Begleiterkrankungen hat. «Nur wenn alle
diese Punkte bedacht werden, kann der Patient zu einer selbst-
bestimmten Entscheidung kommen», so die Expertin.
L
AZA
Quelle: Vorab-Pressekonferenz zum Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) am 17. Oktober 2018 in Berlin.
30 CongressSelection Rheumatologie | November 2018