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STUDIE REFERIERT
Ösophaguskarzinom
Prophylaxe mit Esomeprazol und ASS
Ein Barrett-Ösophagus ist der grösste Risikofaktor für ein Ösophaguskarzinom. Durch die gleichzeitige Einnahme eines hoch dosierten Protonenpumpenhemmers (PPI) und von Acetylsalicylsäure (ASS) lassen sich langfristig das Auftreten einer malignen Entartung und die Gesamtmortalität verringern.
Lancet
Der wichtigste Risikofaktor für ein Ösophaguskarzinom ist das BarrettSyndrom, bei welchem durch gastroösophagealen Reflux (GÖR) das distale Plattenepithel des Ösophagus zu einem einschichtigen Zylinderepithel umgebaut wird. Ein Barrett-Ösophagus ist eine fakultative Präkanzerose mit genetischer Prädisposition. Etwa 2 Prozent der erwachsenen Bevölkerung westlicher Länder sind davon betroffen. Durch regelmässige gastroskopische Kontrollen kann ein maligner Verlauf nur unzureichend verhindert werden. Um einiges effektiver ist dagegen die medikamentöse Prävention mit PPI und mithin die Reduktion des GÖR. Dies legt eine Übersichtsstudie aus dem Jahr 2014 nahe. Esomeprazol – in den USA das am häufigsten verwendete Medikament – führt zur Abheilung einer Ösophagitis und verhindert die weitere Ausbreitung der Metaplasie. Daten aus Beobachtungsstudien weisen zudem darauf hin, dass ASS das Risiko für ein Ösophaguskarzinom zusätzlich reduziert. Die meisten Patienten mit Barrett-Ösophagus sterben letztlich jedoch an einer vaskulären Erkrankung oder einer Infektion im Brustbereich, weshalb eine medikamentöse Prävention des Ösophaguskarzinoms idealerweise auch die Gesamtmortalität reduziert.
AspECT-Studie
Die AspECT-Studie (Aspirin and Esomeprazol Chemoprevention in Barrett’s Metaplasia Trial) wurde als randomisierte, prospektive und unverblindete Phase-III-Studie angelegt und an 84 Zentren in Grossbritannien beziehungsweise einem Zentrum in Kanada durchgeführt. Patienten mit mindestens 1 cm langem, histologisch bestätigtem Barrett-Ösophagus wurden in die Studie aufgenommen. Ausgeschlos-
sen wurden Patienten mit bereits existierendem Karzinom oder Dysplasie sowie solche, die zu Studienbeginn nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) einnahmen. Insgesamt 2557 Patienten liessen sich in vier Gruppen randomisieren und erhielten Esomeprazol hoch (40 mg 2-mal tgl.) oder niedrig dosiert (20 mg 1-mal tgl.), mit oder ohne ASS (Aspirin®, 300 mg 1-mal tgl.). Einmal pro Jahr wurde eine anamnestische beziehungsweise alternierend eine endoskopische Verlaufskontrolle durchgeführt. Die durchschnittliche Follow-up-Dauer betrug 8,9 Jahre. Primärer Endpunkt war die Zeit bis zum Auftreten eines Ösophaguskarzinoms oder einer schweren Dysplasie beziehungsweise des Todes durch eine andere Ursache.
NSAR schmälern ASS-Effekt
Hoch dosiertes Esomeprazol führte weniger häufig zu Dysplasie, Karzinom oder Tod als niedrig dosiertes (139/ 1270 bzw. 174/ 1265). Die Auswirkung der zusätzlichen Einnahme von ASS zeigte gegenüber derjenigen ohne ASS keinen signifikanten Unterschied (127/1138 bzw. 154/1142). Wurden hingegen bei der Auswertung der ASSDaten alle Patienten ausgeschlossen, die im Studienverlauf auch NSAR einnahmen, konnte mit ASS eine signifikant bessere präventive Wirkung nachgewiesen werden als ohne (124/1116 bzw. 150/1120). Die Wirkung von PPI und ASS scheint somit additiv zu sein, wobei die besten Resultate mit hoch dosiertem Esomeprazol und ASS erreicht wurden. Die NNT (number needed to treat) für den hoch dosierten PPI betrug 34, für ASS 43. Lediglich 28 Patienten (1%) erlitten während der Behandlung mit den Studienmedikamenten eine schwerwiegende Nebenwirkung Grad 3 bis 5.
Weniger Dysplasien unter PPI und ASS
Die Gabe eines PPI in Kombination mit ASS scheint somit die Überlebensdauer bei Vorliegen eines Barrett-Syndroms zu verbessern, sofern beide Medikamente – wie in der Studie – über mindestens neun Jahre hinweg eingenommen werden. Damit stützen diese Resultate, was bereits eine Metaanalyse von randomisierten, kontrollierten Studien zur kardiovaskulären Prophylaxe ergeben hatte. Obwohl deren Ergebnisse umstritten sind, ergaben sich deutliche Hinweise darauf, dass ASS das Auftreten eines Adenokarzinoms im Ösophagus verringert. Ebenso gilt als erwiesen, dass die zweimal tägliche Verabreichung eines PPI den GÖR besser supprimiert als die einmal tägliche und dass es unter hoch dosiertem PPI zu einer Rückbildung der Barrett-Metaplasie kommen kann. Deshalb sind die aktuellen Guidelines zur Behandlung des Barrett-Syndroms möglicherweise zu überdenken, da zurzeit für die Behandlung von Refluxsymptomen die niedrigstwirksame Dosierung empfohlen wird. Die von Jankowski und seinem Team durchgeführte Studie beantwortet jedoch nicht die Frage, wie lange PPI und ASS mindestens eingenommen werden müssen, damit das Auftreten einer Dysplasie oder eines Karzinoms signifikant reduziert wird. Bei einer Einnahmedauer von weniger als fünf Jahren bleibt die Chemoprophylaxe nämlich unwirksam. MIK L
Quelle: Jankowski JAZ et al.: Esomeprazole and aspirin in Barrett's oesophagus (AspECT): a randomised factorial trial. Lancet 2018; 392: 400–408.
Interessenlage: Die referierte Studie wurde von Cancer Research UK, AstraZeneca, Wellcome Trust und Health Technology Assessment finanziert. Laut Autoren fand durch die Geldgeber keine Einflussnahme auf Studiendesign und -durchführung, Auswertung und Interpretation der Daten statt.
ARS MEDICI 23 | 2018
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