Transkript
PsoriNet+ Kompetenznetz Psoriasis niedergelassener Dermatologen Schweiz
Der interessante Fall
Palmoplantare Pustulose
Fallvorstellung
Die 61-jährige Kioskverkäuferin stellt sich mit einer isoliert an der rechten Palma manuum auftretenden Pustulose vor. Diese sei seit über zehn Jahren mehr oder weniger permanent vorhanden. Es kommt zu schubweiser, schmerzloser Pustelbildung, sowohl bei der Arbeit als auch in der arbeitsfreien Zeit (Abbildung 1, mitgebrachte Fotos). Die Patientin ist Nichtraucherin. Eine Atopie ist nicht bekannt. Keine Psoriasis in der Familienanamnese. Keine Arthritiden. Klasse-IV-Steroide werden intermittierend seit Jahren angewendet. Es wurde bereits mehrfach mit PUVA und mit UV-B-Therapie behandelt, ohne relevante Verbesserung der Symptome. Bei der Erstkonsultation finden sich isoliert an der rechten Handfläche weiss-gelblich eingetrübte, sterile, zum Teil konfluierende Pusteln und hyperkeratotische Plaques (Abbildung 2). Keine Nagelbeteiligung. Die Psoriasisprädilektionsstellen am restlichen Integument sind nicht betroffen. Abstriche für Bakteriologie sowie Mykologie zeigen kein Wachstum. Histologisch ergibt sich eine subkorneale und intrakorneale Pustelbildung, gut vereinbar mit einer palmaren Psoriasis pustulosa. Die Patientin wünscht lediglich eine topische Therapie und lehnt sonst eine weitere Therapie ab. Mit ClobetasolSalbe in fett-feuchter Anwendung (über Nacht unter feuchten Baumwollhandschuhen) für 14 Tage, dann 2-mal pro Woche für 4 Wochen im Wechsel mit Vitamin-D-Analoga und Calcineurininhibitoren, zeigt sich eine kurzfristige Verbesserung der Symptome, aber mit weiterhin schubweiser Pustelbildung. Eine erneute UV-Therapie bringt keinen zusätzlichen Nutzen. Wir entschliessen uns im weiteren Verlauf zur Einleitung einer systemischen Therapie mit Acitretin. Die Vorabklärungen zeigen eine leichte Leber-
Abbildung 1: Isolierte Pustelbildung an der Innenfläche der rechten Hand (mitgebrachtes Foto)
Abbildung 2: Befund bei Erstkonsultation werterhöhung sowie eine Hyperlipidämie (Cholesterin 7,10 mmol (< 5,00), Cholesterin/HDL 5,5 (< 5,0), GOT 45 U/l, GPT 51 U/l, G-GT 76 U/l). Die Anamnese ergibt einen gelegentlich erhöhten Alkoholkonsum. Die Leberwerte sind gemäss Hausarzt bereits früher intermittierend erhöht gewesen. Die Hepatitisserologie ist unauffällig. Sonogra-
Abbildung 3: Unter Therapie mit Acitretin 25 mg, Leberwerterhöhung
Abbildung 4: Befund unter Therapie mit Alitretinoin 30 mg fisch findet sich eine Lebersteatose ohne sonstige Auffälligkeiten. Unter Acitretin 10 mg zeigen sich die Laborwerte stabil. Die Schübe der palmaren Pustulose sind etwas weniger häufig. Die Situation bleibt aber unbefriedigend, weshalb wir eine schrittweise Erhöhung von Acitretin auf 25 mg durchführen (Abbildung 3). Hierunter
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Abbildung 5: Befund unter Therapie mit Apremilast
können triggernd wirken. Die genaue
Ätiologie ist unklar, es werden moleku-
lare Ähnlichkeiten zur Pathogenese der
Psoriasis angenommen, wodurch das
aktuelle therapeutische Vorgehen be-
gründet ist. So kommen Medikamente
gegen Psoriasis auch bei der PPP zum
Einsatz. Neben den topischen Thera-
pien werden Acitretin, Alitretinoin, im-
munsuppressive Therapien inkl. Biolo-
gika eingesetzt (1) – leider häufig nur
mit mässigem Erfolg. Eine etablierte
Therapie gibt es bis anhin nicht. Bei
dieser Patientin konnte ein Ansprechen
auf eine Therapie mit dem Phospho-
diesterase-4-Inhibitor Apremilast er-
zielt werden.
L
kommt es zu einem deutlichen Anstieg der Leberwerte (> 2,5-mal erhöht), weshalb Acitretin abgesetzt werden muss (Cholesterin 8,7 mmol, GOT 74 U/l [Ref.-Wert < 35], GPT U/l 102 [Ref.-Wert 35] G-GT 239 U/l [Ref.-Wert < 36]). Aufgrund der Leberwerterhöhung ist Methotrexat keine Option. Eine Kostengutsprache für Apremilast wird zu diesem Zeitpunkt abgelehnt; dagegen wird von der Krankenkasse eine Kostengutsprache für eine Therapie mit Alitretinoin gutgeheissen. Unter Alitretinoin 10 mg kommt es zu keiner relevanten Verbesserung der Symptome; die Leberwerte bleiben stabil. Nach der Erhöhung auf Alitretinoin 30 mg tritt ein erneuter Schub mit Pustelbildung und anschliessender Hyperkeratose auf (Abbildung 4). Zudem kommt es zu einer Plaque am Unterarm, weshalb auch Alitretinoin abgesetzt wird.
Nach erneuter Kostengutsprache kann nun Apremilast eingesetzt werden. Die Leberwerte stabilisieren sich auf dem initialen Niveau. Die Patientin hat kaum Nebenwirkungen, und es kommt endlich zu einer länger dauernden Verbesserung des Hautbefundes (Abbildung 5).
Diskussion
Die palmoplantare Pustulose (PPP) ist eine seltene, auf Handflächen und/ oder Fusssohlen begrenzte inflammatorische Dermatose mit steriler Pustelbildung, die zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität führt. Die Erkrankung kann über Jahre permanent oder chronisch rezidivierend verlaufen. Die Prävalenz wird auf 0,01 bis 0,05 Prozent geschätzt, wobei Frauen häufiger betroffen sind. Infekte (v.a. Streptokokkeninfekte) und Nikotin
Dr. med. Katrin Baumann Conzett Hautpraxis Baumann und Steinmann Kapellplatz 10 6004 Luzern
Referenz: 1. Sanchez IM et al.: The efficacy of biologic therapy for the
management of palmoplantar psoriasis and palmoplantar pustulosis: a systematic review, Dermatol Ther 2017; 7: 425–446.
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