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PNEUMOLOGIE/ALLERGOLOGIE
COPD-Therapie
Mehrgleisig fahren für eine bessere Lebensqualität
(Foto: vh)
Die Behandlung der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) besteht aus vielen Facetten. Ziel dabei ist letztlich die Verbesserung der Lebensqualität. Wie dies erreicht werden kann, erklärte Prof. Michael Tamm, Chefarzt Pneumologie und Leiter Lungenzentrum, Universitätsspital Basel.
Bei der Behandlung der COPD braucht es eine
mehrgleisige Strategie. Neben der Pharmako-
therapie besteht diese je nach Situation aus
Raucherentwöhnung, Training, Sauerstoff,
Volumenreduktion, Rehabilitation sowie Imp-
fungen (Kasten).
Ein Rauchstopp ist zwar am mühsamsten zu
erreichen, doch ist er die einzige Massnahme,
die den FEV1-Abfall wirklich bremst, eröffnet
Tamm seinen Vortrag. Auch das Training ist
Prof. Michael Tamm
wichtig. Dabei ist nicht nur das Ausdauertrai-
ning von Nutzen, sondern auch das Muskel-
training. «Wer zu schlecht ist, um auf dem Fahrrad zu trainie-
ren, soll Krafttraining machen. Das Outcome ist bei beiden
Trainingsarten gleich gut», so Tamm. Zur Prävention von
Atemwegsinfekten und einer weiteren Zuspitzung bei den
Exazerbationen sind bei COPD-Patienten Impfungen gegen
Pneumokokken und Influenzaviren indiziert. Beträgt der
Sauerstoffpartialdruck weniger als 55 mmHg, verbessert die
Sauerstofftherapie das Überleben deutlich. Dafür muss aber
der Sauerstoff während mindestens 16 Stunden pro Tag flies-
sen. «Unter 8 Stunden nützt die Sauerstofftherapie nichts, bei
leichter Hypoxämie ist deren Nutzen ebenfalls nicht gesi-
chert», schränkt Tamm ein. Bei schwerer COPD mit global-
respiratorischer Insuffizienz ist eine BIPAP-(Biphasic Positive
Airway Pressure)-Ventilation indiziert, wenn bereits im
Steady State eine CO2-Erhöhung besteht. Hinsichtlich Über-
leben bringe das einen klaren Nutzen. Auch die Komorbi-
ditäten zu behandeln ist sehr wichtig. Besteht beispielsweise
Kasten:
Eckpunkte sonstige COPD-Therapie
s Rauchstopp s Training 3/Woche 20–30 min Ausdauer und Kraft s Impfung gegen Pneumokokken und Influenzaviren s > 16 Stunden O2-Therapie bei Hypoxämie verbessert Überleben s BIPAP-Ventilation bei globalrespiratorischer Insuffizienz indiziert s Behandlung der Komorbiditäten wichtig s bronchoskopische oder chirurgische Lungenvolumenreduktion bei
starker Überblähung
zusätzlich eine Linksherzinsuffizienz, ist eine entsprechende Behandlung notwendig. Bei einer COPD-assozierten pulmonalen Hypertonie nützen pulmonale Vasodilatatoren, die bei anderen pulmonal-arteriellen Hypertonien einen deutlichen Benefit zeigen, so Tamm. In dieser Konstellation hilft ihm zufolge nur der Einsatz von Sauerstoff.
Therapieziel Lebensqualität
Im Mittelpunkt der COPD-Behandlung ist die Verbesserung der Lebensqualität und Leistungsfähigkeit. Dazu gehören die Verbesserung der Lungenfunktionsparameter und insbesondere eine Abnahme der Überblähung. Wichtig ist das Vermeiden von Exazarbationen, da diese zu einem rascheren Lungenfunktionsabfall führen. Exazerbationen sind häufig durch virale Infekte ausgelöst. «Je häufiger Exazerbationen auftreten, die durch Atemwegsinfekte zusätzlich provoziert werden, desto schneller verringert sich die Lungenfunktion und desto eher stirbt der Patient», erklärt Tamm den Zusammenhang. Die heutigen Therapien können die Krankheit nicht aufhalten. Sie verbessern die FEV1 zwar zu Beginn der Therapie, doch der FEV1-Abfall schreitet trotzdem voran, einfach von einem höheren Niveau ausgehend. Es gibt jedoch keine Gewöhnung an die Medikamente, das heisst, der therapeutische Benefit bleibt über die Zeit erhalten.
Behandlung mit Kombinationen
In der Behandlung der COPD kommen meist Kombinationen von langwirksamen Betamimetika (LABA), langwirksamen Anticholinergika (LAMA) und/oder inhalative Kortikosteroide (ICS) zum Einsatz. Der Stellenwert von Kortikosteroiden in der COPD hat sich in den letzten Jahren mit Erscheinen von diversen Studien geändert. Dreifachkombinationen beispielsweise, das heisst LABA/LAMA plus ICS, bringen bezüglich Exazerbationsraten keinen Vorteil (1). Auch die vor zwei Jahren erschienene FLAME-Studie, die LABA/LAMA (Indacaterol/Glycopyrronium) versus LABA/ICS (Salmeterol/ Fluticason) hinsichtlich der Auswirkung auf die Exazerbationsrate untersuchte, zeigte, dass in der Gruppe ohne ICS weniger Exazerbationen auftraten (2). Das führte Tamm zufolge zu der heute aktuellen Haltung, wonach ICS in der COPD-Therapie in den meisten Fällen wahrscheinlich nicht indiziert sind und dass die Basistherapie aus LAMA/LABAZweierkombinationen, wie Umeclidin/Vilanterol, Tiotropium/ Olodaterol oder Glycopyrronium/Indacaterol bestehen soll.
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PNEUMOLOGIE/ALLERGOLOGIE
Tabelle:
In der Schweiz verfügbare COPD-Therapeutika
LABA Formoterol Indacaterol Olodaterol Salmeterol
LAMA Aclidinium Glycopyrronium Tiotropium Umeclidin
Fixkombinierte LABA/LAMA Umeclidin/Vilanterol Tiotropium/Olodaterol Gycopyrronium/Indacaterol
Kombination mit ICS Vilanterol/Fluticason Salmeterol/Fluticason Formoterol/Budesonid
Foradil®, Oxis® Onbrez® Striverdi® Serevent®
2/Tag 1/Tag 1/Tag 2/Tag
Eklira® Seebri® Spiriva® Incruse®
Anoro® Spiolto® Ultibro®
2/Tag 1/Tag 1/Tag 1/Tag
1/Tag 1/Tag 1/Tag
Relvar® Seretide® Symbicort®, Vannair®
1/Tag 2/Tag 2/Tag
Bei Symptomen der oberen Luftwege reduziert ein kurzzeitiger Einsatz von LABA/ICS 2-mal täglich während 10 Tagen zusätzlich zur Basistherapie gemäss der kürzlich publizierten PREVENT-Studie das Risiko für schwere Exazerbationen. Bei Patienten mit schwerer COPD sinkt zudem das Risiko für jegliche Exazerbationen signifikant (3). Eine aktuell laufende Studie aus Basel versucht nun die Steroidresponse bei COPD-Patenten mittels bronchialer Schleimhautbiopsien vorauszusagen. «Liegt ein Asthma/COPD-Overlap-Syndrom vor, sind ICS indiziert. Insbesondere auch bei Eosinophilenzahlen > 300», so Tamm. Bei COPD besteht die Therapie demnach gemäss Tamm primär aus LAMA plus LABA und dann eventuell ICS. Bei Asthma ist es genau umgekehrt: Erst ICS, dann LABA, dann LAMA.
Weitere unterstützende Möglichkeiten
N-Acetylcystein reduziert in hohen Dosen einer Metaanalyse zufolge die Exazerbationsrate, eine Wirkung auf die Lungenfunktion hat es allerdings nicht (4). Auch die Zugabe von Azithromycin 250 mg/Tag zur Prävention von Exazerbationen scheint deren Häufigkeit zu senken, allerdings müssen
KURZ & BÜNDIG
Bei COPD primär LAMA plus LABA, bei gewissen Patienten zusätzlich ICS.
«Alternative Therapien» können bei COPD unterstützend wirken.
Rauchstopp bremst den FEV1-Abfall. Körperliches Training ist wichtig.
dabei die Nebenwirkungen berücksichtigt werden (5). Die Exazerbationsrate lässt sich gemäss einem systematischen Review auch mit dem schon etwas älteren Medikament OM-85 (Bronchovaxom®), einem Immunstimulans aus Bakterienlysat, weiter senken (6). Unterstützend wirkt auch das Pflanzenextrakt aus Pelargonium-sidoides-Wurzeln (EPs® 7630, Kaloba®, Umckaloabo®), das bei akuter Bronchitis den Heilungsverlauf beschleunigt, so Tamm. Bei Patienten mit häufigen Exazerbationen kommt es zu einer Verlängerung des Intervalls bis zur nächsten Exazerbation (7) und einer Verbesserung der Lebensqualität (8).
Überblähung reduzieren
Bei einer massiven Überblähung um über 200 Prozent Resi-
dualvolumen in der Bodyplethysmografie ist eine bronchosko-
pische oder chirurgische Lungenvolumenreduktion indiziert.
Beim chirurgischen Vorgehen werden auf beiden Seiten die
schlechtesten Teile der Lunge mittels Thorakoskopie wegge-
schnitten. Die bronchoskopische Lungenvolumenreduktion
hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Dabei werden
über eine Bronchoskopie in Sedation ohne Vollnarkose Klap-
pen oder Spiralen in die Lunge implantiert. Klappen ermög-
lichen ein Ausströmen der Luft, aber kein Zurückströmen,
was als Folge die Überblähung reduziert. Spiralen (Coils) füh-
ren zu einer mechanischen Reduktion der Überblähung. Zur
Beurteilung, welche Methode für den individuellen Patienten
geeignet ist, braucht es ein spezialisiertes Team.
Ist eine Lungenvolumenreduktion beispielsweise wegen zu
schlechter Lungenfunktion bei unter 60-jährigen Patienten
nicht möglich, muss eine Lungentransplantation evaluiert
werden. Ist eine solche realisierbar, können damit Dyspnoe,
Lungenfunktion, physische Leistungsfähigkeit, Lebensquali-
tät sowie das Überleben für viele Jahre verbessert werden.
Dafür infrage kommen motivierte und kooperative Patienten
unter 60 Jahren, die seit mindestens 6 Monaten nicht mehr
rauchen und eine stark verminderte Lebensqualität und hohe
Mortalität haben. Patienten mit gleichzeitiger koronarer
Herzkrankheit, Niereninsuffizienz, Leberzirrhose, Tumoren
und Abusus sind von einer Lungentransplantation jedoch
ausgeschlossen.
s
Valérie Herzog
Quelle: «COPD-Therapie von A bis Z», 1.3.2018, Universitätsspital Basel.
Referenzen: 1. Magnussen H et al.: Withdrawal of inhaled glucocorticoids and exacer-
bations of COPD. N Engl J Med 2014; 371: 1285–1294. 2. Wedzicha JA et al.: Indacaterol-Glycopyrronium versus Salmeterol-
Fluticasone for COPD. N Engl J Med 2016; 374: 2222–2234. 3. Stolz D et al.: Intensified therapy with inhaled corticosteroids and LABA
at the onset of URTI to prevent COPD exacerbations – a multicentre, randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Am J Crit Care Med 2017, Dec 21 (Epub ahead of print). 4. Shen Y et al.: Effect of high/low dose N-acetylcysteine on chronic obstructive pulmonary disease: a systematic review and meta-analysis. COPD 2014; 11: 351–358. 5. Albert RK et al.: Azithromycin for prevention of exacerbation of COPD. N Engl J Med 2011; 365: 689–698. 6. Sprenkle MD et al.: Clinical efficacy of OM-85 BV in COPD and chronic bronchitis: a systematic review. COPD 2005; 2: 167–175. 7. Matthys H et al.: Randomised, double-blind, placebo-controlled trial of EPs 7630 in adults with COPD. Respir Med 2013; 107: 691–701. 8. Matthys H et al.: Pelargonium sidoides preparation EPs 7630 in COPD: health-related quality-of-life and other patient-reported outcomes in adults receiving add-on therapy. Curr Med Res Opin 2018, Jan 18 (Epub ahead of print).
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