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KONGRESSBERICHT
ASCO 2018 – Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology, Chicago, 1. bis 5. Juni 2018
Metastasiertes Mammakarzinom
CDK4/6-Inhibitoren plus Fulvestrant überzeugen
Beim metastasierten hormonrezeptor-(HR-)positiven, HER2-negativen Mammakarzinom haben sich signifikante Vorteile im progressionsfreien Überleben (PFS) unter endokriner Therapie plus CDK4/6-Hemmer ergeben. Bedeutsam waren dabei insbesondere die Daten der MONALEESA-3-Studie mit Ribociclib/Fulvestrant sowie jene der MONARCH-2-Studie mit Abemaciclib/Fulvestrant bei prä-/perimenopausalen Frauen. Beim metastasierten HER2-positiven Mammakarzinom waren die finalen Phase-IIIDaten der PHEREXA-Studie unter Pertuzumab-Kombination klinisch relevant.
Ribociclib/Fulvestrant als neue Erst- und Zweitlinienoption
Für die Erstlinientherapie des hormonrezeptor-(HR-)positiven, HER2-negativen Mammakarzinoms sind die Daten der MONALEESA-3-Studie mit der Kombination aus Ribociclib (Kisqali®) und Fulvestrant (Faslodex®) (1) ein Highlight. Nachdem Phase-III-Studien zu Fulvestrant in Kombination mit den CDK4/6-Inhibitoren Palbociclib (PALOMA-3) und Abemaciclib (MONARCH-2) bereits positive Resultate gezeigt hatten, wurden auf dem ASCO 2018 die noch fehlenden Phase-III-Daten
der MONALEESA-3-Studie mit Ribociclib (Kisqali®) plus Fulvestrant präsentiert: In der Studie erhielten 726 postmenopausale Frauen mit fortgeschrittenem HR-positivem, HER2-negativem Brustkrebs im Verhältnis 2:1 entweder Fulvestrant mit Ribociclib oder ohne Ribociclib. MONALEESA-3 ist die erste Phase-IIIStudie, die die Kombination eines CDK4/6-Inhibitors mit Fulvestrant nicht nur als Zweitlinientherapie nach Progress unter endokriner Therapie untersucht hat, sondern auch in der Erstlinie bei denovo-metastasierten Patientinnen.
HER2-positive Tumoren
Finale Analyse zur dualen HER2-Blockade in der Zweitlinie
Die duale HER2-Blockade mit Pertuzumab (Perjeta®) und Trastuzumab (Herceptin®) plus Taxan-haltiger Chemotherapie gilt beim metastasierten HER2-positiven Mammakarzinom als Erstlinienstandard, basierend auf Resultaten der CLEOPATRA-Studie. Der Stellenwert von Pertuzumab bei Progress unter einer Therapie mit Trastuzumab wurde in der PHEREXA-Studie untersucht. Die finale Auswertung stellte Dr. med. Ander Urruticoechea aus Spanien vor (4).
Zur Erinnerung: In dieser Phase-III-Studie erhielten 452 Patientinnen, die unter oder nach Trastuzumab-basierter Erstlinientherapie einen Progress erlitten hatten und «Pertuzumab-naiv» waren, randomisiert Trastuzumab plus Capecitabin und zusätzlich Pertuzumab oder Plazebo. In der Primäranalyse (Urruticoechea et al., ASCO 2016, Abstr. 504) zeigte sich leider kein signifikanter PFS-Vorteil für die Zugabe von Pertuzumab (11,1 vs. 9 Monate; p = 0,07). Allerdings ergab sich eine klinisch relevante Verlängerung des OS (sekundärer Endpunkt) um 8 Monate (36,1 vs. 28,1 Monate; HR: 0,68), die aber nicht mit einem p-Wert belegt werden konnte, da die sekundären Endpunkte mit einem hierarchischen Ansatz analysiert wurden (der p-Wert wird nur dann ermittelt, wenn der dazugehörige primäre Endpunkt eine Signifikanz erreicht). Die Endauswertung ergab auch weiterhin keinen signifikanten PFS-Vorteil (11,8 vs. 9,0 Monate; HR: 0,83), wobei sich allerdings der Trend im OS mit einem Unterschied von nunmehr 9,1 Monaten verstärkte (37,2 vs. 28,1 Monate; HR: 0,76). Limitationen der Studie zeigten sich insofern, als dass sie unverblindet und für das Überleben nicht ausreichend «gepowert» war. Der Kontrollarm mit Trastuzumab plus Capecitabin stellt ferner nicht den heutigen Zweitlinienstandard mit T-DM1 dar. PHEREXA ist jedoch die einzige randomisierte Studie zum Einsatz von Pertuzumab ausserhalb der Erstlinie. Das erreichte PFS liegt in einem ähnlichen Bereich wie in anderen Zweitlinienstudien mit T-DM1, bei gleichzeitigem Trend für einen OS-Vorteil. Damit stellt die doppelte Blockade mit Trastuzumab und Pertuzumab plus Taxan auch weiterhin den Erstlinienstandard dar. Trastuzumab plus Pertuzumab kann aber aufgrund dieser Daten bei Pertuzumab-naiven Patientinnen eine Option sein, wobei die gleichzeitige Gabe mit Chemotherapie bevorzugt werden sollte. Alternativ kann die alleinige duale HER2-Blockade oder bei HR-positiven Tumoren in Kombination mit endokriner Therapie erfolgen.
Signifikante PFS-Vorteile Die Zugabe von Ribociclib verbesserte das mediane PFS signifikant von 12,8 auf 20,5 Monate (HR: 0,59; p = 0,0000004). Der deutliche PFS-Vorteil zeigte sich sowohl im Erstliniensetting («nicht erreicht» vs. 18,3 Monate; HR: 0,58) als auch im Zweitliniensetting (14,6 vs. 9,1 Monate; HR: 0,57). Patientinnen mit Metastasen in Lunge oder Leber profitierten ebenso deutlich von der Kombination (HR: 0,65). Das Sicherheitsprofil entsprach dem bereits bekannten Sicherheitsprofil für Ribociclib bei fortgeschrittenen Tumorerkrankungen. Damit, so der Studienleiter, Dennis Slamon, USA, stelle der CDK4/6Hemmer in Kombination mit Fulvestrant eine neue Erst- und Zweitlinienoption für postmenopausale Frauen mit HR-positivem, HER2-negativem fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom dar.
Abemaciclib/Fulvestrant auch bei prämenopausalen Frauen
In der Phase-III-Studie MONARCH-2, präsentiert von George Sledge G und Kollegen beim ASCO 2017 (Abstr. 1000), hatte die Zugabe von Abemaciclib zu Fulvestrant bei Patientinnen mit metastasiertem HR-positivem, HER2-negativem Mammakarzinom nach endokriner Resistenzbildung das PFS signifikant verbessert (16,4 vs. 9,3 Monate; HR: 0,55; p < 0,0000001). Gleichzeitig wurde das bisher beste Ansprechen auf eine rein endokrinbasierte Therapie gesehen, es kam zu einer mehr als verdoppelten Ansprechrate (48,1 vs. 21,3%). Erfreulich war, dass auch prämenopausale Frauen profitierten, denn in der ITT-Population waren die Optionen endokriner Therapien limitiert. Patrick Neven aus Belgien präsentierte beim ASCO 2018 eine Detailanalyse der 117 jüngeren Frauen aus der MONARCH-2-Studie (2): Bei ihnen war das mediane PFS unter Abemaciclib plus Fulvestrant (plus GnRH-Agonist zur ovariellen Suppression) noch nicht erreicht, während es unter Plazebo plus Fulvestrant (plus GnRH-Agonist zur ovariellen Suppression) bei 10,5 Monaten lag (HR
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0,45; p = 0,002). Die objektive Ansprechrate betrug 60,8% versus 28,6%. Im Nebenwirkungsprofil unterscheidet sich Abemaciclib von den beiden anderen CDK4/6-Inhibitoren Palbociclib und Ribociclib durch eine vergleichsweise geringere Hämatotoxizität, aber eine deutlich höhere gastrointestinale Toxizität, was vor allem Diarrhö auslöst. Die zusätzliche Gabe eines GnRH-Agonisten erhöhte die Toxizität der Behandlung aber nicht.
Kombinationen mit PI3K-Inhibitoren fraglich
Obwohl die Phase-III-Studie SANDPIPER (3) mit dem alphaspezifischen PI3K-Inhibitor Taselisib ihren Endpunkt erreichte, waren die Ergebnisse eher enttäuschend. PIK3CA-Mutationen finden sich in 40% aller HR-positiven, HER2-negativen Tumoren. Die Entwicklung der PI3KInhibition stellt jedoch aufgrund der therapieassoziierten Toxizität eine Herausforderung dar. In den Phase-III-Studien BELLE-2 (aromatasehemmerresistente Population) und BELLE-3 (aromatasehemmer- und mTOR-Inhibitor-resistente Population) führte die Zugabe des Pan-PI3K-Inhibitors Buparlisib zu Fulvestrant zu einem statistisch signifikanten, aber klinisch nur
moderaten PFS-Vorteil, und dies bei erheblichen Nebenwirkungen (v.a. hepatische Toxizität, Hyperglykämien, Depressionen). Ähnliches zeigte auch die als «Late Breaker» beim ASCO 2018 von Jose Baselga aus den USA präsentierte SANDPIPERStudie, welche eine ähnliche Population wie in BELLE-2 (AI-Resistenz, keine mTORi-Vortherapie) untersuchte. Eingeschlossen wurden 516 Patientinnen mit PIK3CA-mutierten, HR-positiven, HER2negativen Tumoren, die unter einem Aromatasehemmer progredient waren oder rezidivierten. Das mediane PFS wurde durch die Zugabe von Taselisib zu Fulvestrant statistisch signifikant, aber klinisch wenig relevant um 2 Monate verbessert (7,4 vs. 5,4 Monate; HR: 0,70; p = 0,0037). Auch in dieser Studie war die PIK3-Inhibition mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden. Bei der Hälfte der Patientinnen (49,5%) traten schwere Nebenwirkungen auf, die in 16,8% der Fälle zum Therapieabbruch und in 40,6% (bzw. 36,5%) zu Dosisunterbrechungen respektive -reduktionen führten. Die häufigsten Nebenwirkungen von Taselisib waren Diarrhö (in 60,1% alle Grade, in 11,5% Grad ≥ 3) und Hyperglykämie (in 40,4% vs. 10,8%). Weitere häufige
schwere Nebenwirkungen waren Hautausschlag (3,8%), Stomatitis (3,6%) und Kolitis (3,1%). Damit lieferte die Studie zwar den «proof of concept». Die problematische Toxizität und der bescheidene PFS-Vorteil rechtfertigen aber nicht die Weiterentwicklung dieser Substanz für die Klinik. Weitere Daten zur Substanzklasse der PI3K-Inhibitoren werden aus der SOLAR-Studie erwartet, in der Alpelisib plus Fulvestrant gegenüber Plazebo plus Fulvestrant verglichen wird. I
Gerhard Emrich
Referenzen: 1. Slamon DJ et al.: Ribociclib (RIB) + fulvestrant (FUL)
in postmenopausal women with hormone receptorpositive (HR+), HER2-negative (HER2–) advanced breast cancer (ABC): Results from MONALEESA-3. ASCO 2018, Abstr. 1000. 2. Neven P et al.: Abemaciclib for pre/perimenopausal women with HR+, HER2- advanced breast cancer. ASCO 2018, Abstr. 1002. 3. Baselga J et al.: Phase III study of taselisib (GDC0032) + fulvestrant (FULV) v FULV in patients (pts) with estrogen receptor (ER)-positive, PIK3CA-mutant (MUT), locally advanced or metastatic breast cancer (MBC): Primary analysis from SANDPIPER. ASCO 2018, Abstr. LBA1006. 4. Urruticoechea et al.: Final overall survival (OS) analysis of PHEREXA: A randomized phase III trial of trastuzumab (H) + capecitabine (X) ± pertuzumab (P) in patients with HER2-positive metastatic breast cancer (MBC) who experienced disease progression during or after H-based therapy. ASCO 2018, Abstr. 1013.
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