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EDITORIAL
Schwerpunkt: Tumornachsorge in der Praxis
U nter Tumornachsorge versteht man die umfassende medizinisch-fachliche und menschliche Betreuung der Patientin nach Abschluss der Primärtherapie eines Malignoms. Sie enthält alle Massnahmen, die zur Genesung der Patientin beitragen, also die Therapie von Nebenwirkungen und Folgen der Primärbehandlung (inkl. Spätnebenwirkungen), die Früherkennung von Lokalrezidiven, die psychische Führung und die Rehabilitation. Während die Primärtherapie des Mammakarzinoms und der gynäkologischen Tumoren an Zentren mit entsprechendem «case load» und damit Expertise erfolgen sollte, kann die onkologische Nachsorge nach abgeschlossener Primärtherapie ideal in der Praxis durchgeführt werden. Bei der Nachsorge sind zudem Vorsorgeaspekte wichtig, bei der die Praxisgynäkologie eine steuernde Rolle
Nachbetreuung in der Arztpraxis
übernehmen kann, zum Beispiel in der Prävention/ Einleitung der Früherkennung, anderer Karzinome.
Wichtig: Kein Aktionismus! Eine optimale Nachsorge verlangt keinen Aktionismus. Im Gegenteil: Vor jeder Diagnostik sollte sich der Arzt/die Ärztin grundsätzlich die Frage stellen, ob das Ergebnis der Untersuchung für die Patientin eine Konsequenz in irgendeiner Form hat. Um diese Frage richtig zu beantworten, sind die Kenntnis der Vorgeschichte der Patientin, der Krankheitsverlauf, die Prognose und die individuelle Lebenssituation sowie die Vorstellungen der Patientin wichtige Voraussetzungen. Gerade deshalb ist die Nachsorge eine ideale Aufgabe für die niedergelassene Gynäkologin/den niedergelassenen Gynäkologen oder die Hausärztin/den Hausarzt. Die frühzeitige Diagnose von Lokalrezidiven kann meist durch eine sorgfältige klinische Untersuchung erreicht werden. Liegen bereits Fernmetastasen bei einem Mammakarzinom oder einem gynäkologischen Malignom vor, handelt es sich nicht mehr um eine kurative Situation. Eine Ausnahme bildet das Chorionkarzinom. Die frühzeitige Metastasendiagnose und damit ein frühzeitiger Therapiebeginn haben leider weder eine Verbesserung der Lebenserwartung noch der Lebensqualität gezeigt, sodass eine symptomorientierte Nachsorge sinnvoll und oft ausreichend ist. Regelmässige apparative Untersuchungen (z.B. mit CT oder Bestimmung des Tumormarkers) sind bei asymptomatischen Patientinnen nicht notwendig; bei Beschwerden hingegen sollte intensiv nach der Ursache gesucht wer-
den. Im Gespräch sollten Beschwerden auch aktiv erfragt sowie die psychische und physische Leistungsfähigkeit der Patientin eruiert werden.
Hormonsubstitution? Kinderwunsch? Im Rahmen gynäkologischer Krebstherapien kommt es nicht selten zum Verlust der ovariellen Funktion, sei es direkt durch die chirurgische Entfernung der Ovarien oder indirekt durch Chemo- und/oder Radiotherapie. Wann in diesen Situationen eine Hormonsubstitution erwogen werden kann, darüber berichten Ioannis Dedes und Kollegen. Da heutzutage Frauen ihren Kinderwunsch immer länger aufschieben, ist man vermehrt mit Kinderwunsch nach überstandener Tumorerkrankung konfrontiert. Denise Vorburger und Kollegen fassen die aktuellen Empfehlungen zu dieser Thematik zusammen.
Management bei Fatigue, «Chemobrain», Knochendichteverlust Fatigue und «Chemobrain», welche in Zusammenhang mit einer Tumorerkrankung oder auch deren Therapie auftreten können, stellen eine besondere Herausforderung in der Tumornachsorge dar. Der Artikel von Noemi Dannecker bietet hierzu eine aktuelle Übersicht. Endokrine Therapien beim Mammakarzinom können zu Knochendichteverlust und erhöhtem Frakturrisiko führen. Diana Frey berichtet dazu über den Einfluss der endokrinen Therapien auf den Knochen sowie mögliche prophylaktische Massnahmen.
Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen
Prof. Dr. med. Daniel Fink Direktor Klinik für Gynäkologie
Universitätsspital Zürich
GYNÄKOLOGIE 4/2018
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