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ERNÄHRUNG IN DER SCHWANGERSCHAFT
Schweizer Bewegungsempfehlungen für schwangere und postnatale Frauen
Sonja Kahlmeier1, Fabienne Hartmann1, Eva Martin-Diener1, Katharina Quack Lötscher2, Franziska Schläppy-Muntwyler3
Für Frauen während und nach der Schwangerschaft fehlen bis anhin internationale Bewegungsempfehlungen. Gesundheitsförderung Schweiz wollte diese Lücke für die Schweiz schliessen und beauftragte den Arbeitsbereich Bewegung und Gesundheit am Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention (EBPI) der Universität Zürich, Bewegungsempfehlungen für diese Zielgruppe in einem Stakeholderprozess zu erarbeiten. Basierend auf der Analyse von 16 nationalen Empfehlungen aus 13 Ländern sowie der Nordic co-operation liegen die ersten Schweizer Bewegungsempfehlungen für Frauen während und nach der Schwangerschaft vor.
Hintergrund
Literaturanalyse
1 Arbeitsbereich Bewegung und Gesundheit, Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention, Universität Zürich 2 Klinik für Geburtshilfe, Universitätsspital Zürich 3 Fachhochschule für Gesundheit Waadt, Lausanne
Es ist heute unbestritten, dass regelmässige Bewegung für die Gesundheit aller Alters- und Bevölkerungsgruppen wichtig ist. Die ersten international bedeutsamen Empfehlungen für gesundheitswirksame Bewegung wurden 1996 vom amerikanischen Gesundheitsministerium publiziert (1) und 2008 aktualisiert. Sie dienten vielen anderen Nationen als Basis für ihre Bewegungsempfehlungen (2). 2018 wurde die neueste umfassende Übersicht zur Evidenz zu den Gesundheitseffekten von Bewegung publiziert (3, 4). Darauf basierend wird derzeit die nächste Aktualisierung der amerikanischen Empfehlungen erarbeitet (5). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) publizierte die ersten globalen Bewegungsempfehlungen im Jahr 2010 (6). Die Schweiz hat bereits seit 1999 Bewegungsempfehlungen für Erwachsene und seit 2006 auch Empfehlungen für Kinder und Jugendliche. Im Jahr 2013 wurden diese beiden Empfehlungen überarbeitet und für die Zielgruppe «ältere Erwachsene» ergänzt (7). Seit 2016 gibt es zudem Schweizer Empfehlungen für Kleinkinder (8).
Vorgehensweise und Entwicklungsprozess
Der Prozess der Entwicklung war bisher für alle Schweizer Bewegungsempfehlungen vergleichbar: basierend auf Empfehlungen internationaler Organisationen oder Empfehlungen anderer Länder und ergänzender wissenschaftlicher Literatur, wurden die Empfehlungen in einem Stakeholderprozess erarbeitet und verabschiedet (9, 10).
Im Jahr 2014 wurden zwei wissenschaftliche Übersichtsarbeiten zu Guidelines for physical activity during pregnancy und Guidelines for physical activity following pregnancy von Evenson et. al (2014) publiziert (11, 12), die die bis dato bestehenden nationalen Bewegungsempfehlungen aus verschiedenen Ländern zusammenstellten und verglichen. Die Autoren fanden aufgrund einer systematischen Literatursuche 11 Empfehlungen aus 9 Ländern zur Bewegung während der Schwangerschaft (11). Für den Zeitraum nach der Schwangerschaft verglichen sie 6 Empfehlungen aus 5 verschiedenen Ländern (12). Zu Schwangerschaft und Training bei Athletinnen (13) und die Auswirkungen auf den Fötus und die Geburt (14) liegen ausserdem Evidence Summaries des Internationalen Olympischen Komittees (IOC) vor. Für die neuen Schweizer Empfehlungen für Frauen während und nach der Schwangerschaft wurde die Evidenz in drei Schritten zusammengetragen: Aktualisierung der wissenschaftlichen Übersichtsarbeiten: Anfang 2018 wurden die Literaturdatenbanken PubMed und Google Scholar in Ergänzung zu Evenson et al. (11, 12) nach wissenschaftlichen Publikationen zu nationalen Bewegungsempfehlungen für Frauen in der Schwangerschaft ab 2013 und für Frauen nach der Schwangerschaft ab 2014 durchsucht. Die Suchbegriffe von Evenson et al. waren nicht verfügbar. Aus diesem Grund wurden die Suchbegriffe von Ferrari et al. verwendet, die 2017 einen systematischen Literaturreview zu nationalen Bewegungsempfehlungen während und nach der Schwangerschaft publiziert hatten (15). Ergänzung durch weitere wissenschaftliche Artikel und graue Literatur: Da viele nationale Empfehlungen
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nicht in wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert werden, wurde die Literatursuche durch eine systematische Onlinesuche und durch die Nutzung bestehender Netzwerke, insbesondere des Europäischen Netzwerks für gesundheitsfördernde Bewegung (HEPA Europe) (16), ergänzt: Mithilfe von Experten in den in Evenson et al. für den Review berücksichtigten Ländern wurde abgeklärt, ob seit jener Publikation neuere nationale Empfehlungen publiziert worden sind. Zudem wurden über HEPA Europe weitere Empfehlungen in ausgewählten Ländern zusammengetragen. Die Empfehlungen basierten auf einer Befragung der WHO (17) zu Bewegungsempfehlungen für unsere Zielgruppe. Die Suchbegriffe wurden auf Englisch eingegeben, für den Einschluss der Empfehlungen wurde keine Einschränkung bezüglich Sprache definiert. Die Einschlusskriterien waren folgende: • offizielle nationale Empfehlungen • Public Health oder Empfehlungen einzelner Fachgesell-
schaften (keine primär wissenschaftliche Literatur einer Universität, wie zum Beispiel Ferrari und Graf [15]) • für die allgemeine Bevölkerung; keine krankheitsspezifischen Empfehlungen oder Empfehlungen für Athletinnen • ab 2003 publiziert • primär an Fachpersonen gerichtet (wobei hier zwei Ausnahmen gemacht wurden (siehe [29, 31]).
Für die systematische Inhaltsanalyse wurde ein Auswertungsraster entwickelt, welches sich an der Inhaltsanalyse von
Recommandations suisses sur l’activité physique pendant et après la grossesse
Evenson et al. (11, 12) und an der Struktur
der Schweizer Bewegungsempfehlungen für Erwachsene (7) orientierte. Empfehlungen, die nicht auf Deutsch oder Englisch vorlagen, wurden für die Aus-
Mots-clés: recommandations sur l’activité physique – analyse de la littérature – recommandations nationales officielles
wertung mit Google Translate übersetzt. Jusqu’à présent, il n’existait pas de recomman-
Bei Unklarheiten wurden die Aussagen dations internationales concernant l’activité phy-
mit den Experten des jeweiligen Landes sique chez les femmes pendant et après la gross-
validiert.
esse. Promotion Santé Suisse a voulu combler
cette lacune pour notre pays. Basées sur l’ana-
Entwicklungsprozess
lyse de 16 recommandations nationales émanant
de 13 pays ainsi que sur la Nordic cooperation,
Basierend auf der Auswertung der Evidenz les premières recommandations suisses sur
erarbeitete die aus den fünf Autorinnen l’activité physique chez les femmes pendant et
bestehende Projektgruppe die Elemente après la grossesse sont désormais disponibles.
und Optionen für die nationalen Empfeh-
lungen, welche dann in einer Experten-
gruppe konsolidiert und schliesslich einer Resonanz-
gruppe zur Vernehmlassung vorgelegt wurden.
Ergebnisse der Literatursuche
Literatursuche: Durch die systematische Suche in PubMed und Google Scholar mit den Suchbegriffen von Ferrari und Graf (15) wurden keine neuen nationalen
Tabelle 1:
In die Inhaltsanalyse einbezogene nationale Empfehlungen für Frauen während und nach der Schwangerschaft, in chronologischer Reihenfolge
Abkürzungen: ACOG = American College of Obstetricians and Gynecologists DSOG = Dänische Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie USDHHS = U.S. Department of Health and Human Services
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Bewegungsempfehlungen gefunden. Eine weitere nationale Empfehlung aus ihrer Literaturliste wurde jedoch übernommen (21). Durch das über HEPA Europe vorhandene Kontaktnetzwerk wurden zu sieben der in Evenson et al. enthaltenen Empfehlungen je eine neuere Version (18–26) identifiziert. Weitere fünf nationale Empfehlungen (27–31) wurden aufgrund der WHO-Befragung (17) und des vorhandenen Kontaktnetzwerks aufgefunden (siehe Tabelle 1). Insgesamt erfüllten 16 Empfehlungen für Frauen während der Schwangerschaft (4, 18–34) aus 13 Ländern und der Nordic co-operation (bestehend aus Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden sowie den drei autonomen Gebieten Färöer-Inseln, Grönland und Åland-Inseln) in 9 verschiedenen Sprachen die Einschlusskriterien. Für Frauen nach der Schwangerschaft wurden 11 Empfehlungen (4, 20–23, 25, 27– 30, 32, 34) aus 9 Ländern und der Nordic co-operation in 6 verschiedenen Sprachen eingeschlossen. Neben der Beteiligung an den Empfehlungen der Nordic co-operation hatten deren Mitgliedsländer alle auch eigene nationale Empfehlungen (siehe Tabelle 1). Für Dänemark (32, 33) und die USA (4, 21) wurden 2 inhaltlich unterschiedliche Empfehlungen von 2 verschiedenen Institutionen eingeschlossen. Für Frankreich wurden die Empfehlungen, der Hintergrundbericht sowie die entsprechende Webseite verwendet (22, 23, 35, 36). Die Empfehlungen aus
Luxemburg (31) und Finnland (29) richteten sich neben Fachpersonen auch an die Allgemeinbevölkerung. Von den deutschsprachigen Nachbarländern Deutschland und Österreich konnten für unsere Zielgruppe keine Empfehlungen identifiziert werden.
Inhaltsanalyse der Empfehlungen für Frauen während der Schwangerschaft
Für Frauen während der Schwangerschaft enthielten 14 der 16 nationalen Dokumente als Basisempfehlung 2,5 Stunden (oder 5 mal 30 Minuten) Bewegung pro Woche mit mindestens mittlerer Intensität; bei 4 Ländern bezog sich diese Empfehlung spezifisch auf inaktive Frauen (Tabelle 2). Im Gegensatz zu den Bewegungsempfehlungen für Erwachsene (6) empfahl kein Land Bewegung mit hoher Intensität als Teil der Basisempfehlung für schwangere Frauen. Nur wenige Dokumente enthielten Empfehlungen in Bezug auf Regelmässigkeit oder Mindestdauer der Bewegungsepisoden. 13 der 16 Dokumente formulierten spezifische Empfehlungen für vor der Schwangerschaft inaktive und 12 für bereits aktive Frauen. Für inaktive Schwangere wurde empfohlen, mit tieferer Intensität oder Dauer anzufangen und die Bewegung schrittweise zu steigern, bis die Basisempfehlung erreicht wird. In 9 Ländern wurde bereits aktiven Schwangeren empfohlen, mit Bewegung und Sport im gleichen
Tabelle 2:
Anzahl Empfehlungen,die ein bestimmtes Element enthalten: Schweizer Empfehlungen für Erwachsene (= Ausgangsbasis) und Ergebnisse der Inhaltsanalyse von 16 nationalen Empfehlungen für Frauen während der Schwangerschaft
Schweiz (Ausgangsbasis) Grossbritannien Australien Frankreich Schweden USA (ACOG) Japan Norwegen Spanien Nordic co-op. Dänemark Finnland Luxemburg USA (USDHHS) Island Dänemark (DSOG) Kanada
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✓ = dieses Element ist in der entsprechenden Empfehlung vorhanden * = diese Länder haben 2,5 h Bewegung mittlerer Intensität spezifisch für vor der Schwangerschaft inaktiven Frauen empfohlen; sie unterscheiden zwischen inaktiven und aktiven Frauen
Abkürzungen: ACOG = American College of Obstetricians and Gynecologists DSOG = Dänische Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie h = Stunden Int. = Intensität Min. = Minuten Nordic co-op = Nordic co-operation USDHHS = U.S. Department of Health and Human Services W = Wochen
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Ausmass weiterzumachen, solange es nicht unangenehm ist, und allenfalls Intensität oder Dauer zu reduzieren. In 5 Ländern wurde Bewegung sowohl mit mittlerer als auch hoher Intensität empfohlen, sofern diese bereits vor der Schwangerschaft ausgeführt wurde und die Schwangeren sich dabei wohlfühlen. In 9 Ländern wurden empfohlene Aktivitäten wie Schwimmen, Gymnastik, Kraft- oder Beckenbodentraining aufgelistet. 14 Länder führten auch Aktivtäten auf, die während der Schwangerschaft vermieden werden sollten, wie etwa Flaschentauchen oder Bewegungsformen mit einem hohen Risiko für Stürze oder Zusammenstösse. Knapp die Hälfte enthielten Kontraindikationen für Bewegung (n = 6) – wobei einige zwischen absoluten und relativen Kontraindikationen unterschieden – bei denen Nutzen und Risiken von Bewegung sorgfältig abgewogen werden sollten. Anzeichen, bei denen mit der Bewegung aufgehört werden sollte (z.B. Brustschmerzen, Atemlosigkeit bei minimaler Anstrengung oder schmerzhafte Kontraktionen), wurden in 7 Empfehlungen erwähnt. In 5 Ländern wurde auch auf Bewegung in höheren Lagen eingegangen, wobei die maximal empfohlene Höhe zwischen 1800 und 2500 Metern über Meer variiert.
Inhaltsanalyse der Empfehlungen für Frauen nach der Schwangerschaft
11 der 16 Dokumente enthielten auch Empfehlungen für Frauen nach der Schwangerschaft (Tabelle 3). Diese waren generell weniger detailliert und uneinheitlicher als diejenigen für Frauen während der Schwangerschaft (Tabelle 2). 6 der Länder wiesen darauf hin, dass Bewegung bereits unmittelbar nach der Geburt möglich sei, solange die Frauen sich wohlfühlen. 3 davon empfahlen aber auch, mit der Wiederaufnahme des vollen Umfangs 6 bis 8 Wochen zuzuwarten. 3 Länder empfahlen eine schrittweise Steigerung, bis die Basisempfehlungen für Erwachsene erreicht werden (mindestens 2½ Stunden Bewegung pro Woche in Form von Alltagsaktivitäten mit mindestens mittlerer Intensität bzw. 1¼ Stunden Sport oder Bewegung mit hoher Intensität oder eine Kombination davon). In 6 Ländern wurde zudem darauf hingewiesen, dass Bewegung mittlerer Intensität keine Auswirkungen auf das Stillen hat.
Nationale Bewegungsempfehlungen für die Schweiz: Konsensusfindung
Hauptdiskussionspunkte: Die Mitglieder der Expertengruppe unterstützten die Strukturierung in Basisempfehlungen, Empfehlung für bereits aktive und für bislang inaktive Frauen während und nach der Schwangerschaft. Die Mehrheit unterstützte die Aufführung von Kontraindikationen, bei denen Nutzen und Risiken aus medizinischer Sicht sorgfältig abzuwägen sind; die in der Inhaltsanalyse am häufigsten genannten Indikationen wurden aufgenommen (37). Eine Unterscheidung in absolute und relative Kontraindikationen wurde aus Gründen der Lesbarkeit und
mangels einer abschliessenden, eindeutigen Liste nicht vorgenommen. Die Experten regten auch eine grundsätzlich ermutigende Formulierung dafür an, dass auch bei Frauen mit gesundheitlichen Problemen Bewegung vielfältige positive Effekte haben kann. Die Formulierung, dass jeder Schritt hin zu mehr Bewegung wichtig ist und Bewegung möglichst über die Woche verteilt werden sollte, wurde von den Empfehlungen für Erwachsene übernommen (7). Die bisherige empfohlene Mindestdauer von 10 Minuten für Bewegungsepisoden wurde aufgrund der neuesten Evidenz jedoch nicht übernommen (5). Obwohl nur wenige andere nationale Empfehlungen auf Bewegung in höheren Lagen eingehen, wurde die Aufnahme dieses Aspektes in die Schweizer Empfehlungen aufgrund der topografischen Situation allgemein unterstützt. In Bezug auf die empfohlene Maximalhöhe wurde eine eher vorsichtige Interpretation der Literatur gewählt (7, 38). In Bezug auf die Wiederaufnahme von Bewegung nach der Geburt wurden ebenfalls eher zurückhaltende Aussagen unterstützt: Es wird empfohlen, für den vollen Umfang und hohe Belastungen vor allem im Bereich des Beckenbodens und der Bauchwand bis zur Nachkontrolle 6 bis 8 Wochen nach der Geburt zu warten, und betont, dass diese Wartezeit individuell aber länger dauern kann. Für die Umsetzung der Empfehlungen wurde für diese Zielgruppe besonders hervorgehoben, dass das Umfeld die Frauen bei der Schaffung von Zeiträumen für Bewegung unterstützen sollte, da körperliche Aktivität einen grossen Beitrag zur Gesundheit und Lebensqualität von Frauen während und nach der Schwangerschaft leisten kann.
Zusammenfassung der Empfehlungen
Folgende Bewegungsempfehlungen versprechen bedeutende und vielfältige positive Wirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden von Mutter und Kind während und nach der Schwangerschaft.
Während der Schwangerschaft Für gesunde Frauen mit einer unkomplizierten Schwangerschaft: Mindestens 2½ Stunden Bewegung pro Woche in Form von Alltagsaktivitäten oder Sport mit mittlerer Intensität. Idealerweise sollte die körperliche Aktivität auf mehrere Tage in der Woche verteilt werden. Für bereits vor der Schwangerschaft aktive Frauen: Die gewohnten Bewegungs- und Sportaktivitäten können im bisherigen Umfang weitergeführt werden, solange sie sich dabei wohlfühlen. Gegebenenfalls können Art und Technik angepasst sowie Dauer oder Intensität reduziert werden. Für Frauen, die bis zur Schwangerschaft nicht regelmässig körperlich aktiv waren: Jeder Schritt hin zu mehr Bewegung ist wichtig und fördert die Gesundheit von Mutter und Kind. Es wird empfohlen mit tieferer Intensität oder Dauer zu beginnen und diese langsam zu steigern, bis die Basisempfehlungen erreicht werden.
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Tabelle 3:
Anzahl Empfehlungen, die ein bestimmtes Element enthalten: Ergebnisse der Inhaltsanalyse von 11 nationalen Empfehlungen für Frauen nach der Schwangerschaft
Australien Frankreich Schweden USA (ACOG) Norwegen Nordic co-op. Dänemark Finnland USA (USDHHS) Island Kanada
✓ = dieses Element ist in der entsprechenden Empfehlung vorhanden
Abkürzungen: ACOG = American College of Obstetricians and Gynecologists DSOG = Dänische Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie Min = Minuten Nordic co-op = Nordic co-operation USDHHS = U.S. Department of Health and Human Services W = Woche
Für Frauen mit gesundheitlichen Problemen • Bewegung kann vielfältige positive Effekte haben.
Hier sind Nutzen und Risiken aus medizinischer Sicht sorgfältig abzuwägen. Für alle Schwangeren • Langes Sitzen öfter unterbrechen. • Ergänzendes leichtes Kraft- und Beckenbodentraining sowie angepasstes Stretching fördern Gesundheit und Wohlbefinden zusätzlich. Generell nicht empfohlen: Sport und Bewegungsformen, die ein hohes Risiko für Stürze oder Kollisionen mit sich bringen. Nach der Geburt • Beckenbodentraining ist besonders empfohlen • Bewegungsumfang schrittweise steigern bis die Basisempfehlungen für Erwachsene erreicht werden. Dies sind: mindestens 2½ Stunden Bewegung pro Woche in Form von Alltagsaktivitäten oder Sport mit mindestens mittlerer Intensität beziehungsweise 1¼ Stunden Sport oder Bewegung mit hoher Intensität oder eine Kombination davon.
Korrespondenzadresse: Sonja Kahlmeier Arbeitsbereich Bewegung und Gesundheit Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention Universität Zürich Hirschengraben 84 8001 Zürich E-Mail: Sonja.kahlmeier@uzh.ch
Die vollständigen Empfehlungen sind auf Deutsch und Französisch erhältlich bei Gesundheitsförderung Schweiz: www.gesundheitsfoerderung.ch/bewegung-schwangere
Die Autorinnen bedanken sich bei allen an der Erarbeitung der Bewegungsempfehlungen beteiligten Institutionen.
Literatur: 1. U.S. Department Of Health And Human Services: Physical Activity and Health: A Report of the Surgeon General. La Revue du praticien (The President’s Council on Physical Fitness and Sports, 1996). doi:10.1080/01635580903441295 2. Kahlmeier S et al.: National physical activity recommendations: systematic overview and analysis of the situation in European countries. BMC Public Health 15, (2015). 3. Physical Activity Guidelines Advisory Committee: Physical Activity Guidelines Advisory Committee Report, 2008. Washington DC US 67, (2008). 4. U.S. Department of Health and Human Services: 2008 Physical Activity Guidelines for Americans. Be Active, Healthy, and Happy! (2008). 5. 2018 Physical Activity Guidelines Advisory Committee: 2018 Physical Activity Guidelines Advisory Committee Scientific Report. (2018). doi:10.1111/j.1753-4887.2008.00136.x 6. World Health Organization: Global recommendations on physical activity for health. (World Health Organization, 2010). 7. Bundesamt für Sport BASPO et al.: Gesundheitswirksame Bewegung: Grundlagendokument. (2013). 8. Institut für Sportwissenschaft der Universität Lausanne: Gesundheitswirksame Bewegung bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern im Vorschulalter: Empfehlungen für die Schweiz. 1–4 (2016). 9. Kahlmeier S, Alpiger P, Martin B: Schweizer Empfehlungen für gesundheitswirksame Bewegung: Grundlagen für die Weiterentwicklung. (2011). 10. Kahlmeier S, Alpiger P, Martin BW: National recommendations for health-enhancing physical activity: The situation for Switzerland in 2011 and options for further developments. Schweizerische Zeitschrift für Sportmedizin und Sporttraumatologie 60, (2012). 11. Evenson KR et al.: Guidelines for Physical Activity during Pregnancy: Comparisons From Around the World. Am J Lifestyle Med 8, 102–121 (2014). 12. Evenson KR, Mottola MF, Owe KM, Rousham EK, Brown WJ: Summary of International Guidelines for Physical Activity Following Pregnancy. Obstet Gynecol Surv 69, 407–414 (2014). 13. Bø K et al.: Exercise and pregnancy in recreational and elite athletes: 2016 evidence summary from the IOC expert group meeting, Lausanne. Part 1 – exercise in women planning pregnancy and those who are pregnant. Br J Sports Med 50, 571–589 (2016). 14. Bø K et al.: Exercise and pregnancy in recreational and elite athletes: 2016 evidence summary from the IOC expert group meeting, Lausanne. Part 2 - the effect of exercise on the fetus, labour and birth. Br J Sports Med 50, 1297–1305 (2016). 15. Ferrari N, Graf C: Bewegungsempfehlungen für Frauen während und nach der Schwangerschaft. Gesundheitswesen 79, 36–39 (2017). 16. Martin-Diener E et al.: 10 Years of HEPA Europe: What made it possible and what is the way into the future? Schweizerische Zeitschrift für Sport 62, 6–12 (2014).
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