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SGAIM
Pneumologie-Update 2018
Neues zu COPD, Asthma und interstitiellen Lungenerkrankungen
Am SGAIM-Kongress in Basel wurde in einem kurzen Abriss über die Neuheiten und Wichtigkeiten in der Therapie und Abklärung bei verschiedenen Lungenerkrankungen berichtet. Kombinationstherapien bei COPD, empirische Behandlung bei einem Asthmanotfall, Möglichkeiten der Stabilisierung der Lungenfibrose und die Abklärung eines Lungenrundherdes waren die Themen.
Was hat sich in der COPD geändert? In einem ersten Schritt sollte mittels einer Spirometrie die Obstruktion anhand des forcierten Einsekundenvolumens (FEV1) und damit das GOLD-Stadium ermittelt werden. In einem zweiten Schritt werden die Symptome beurteilt: Leichte beziehungsweise schwere Symptome (Dyspnoe) ohne schwere spitalpflichtige Exazerbationen werden in die Symptomklassen A und B eingeteilt, leichte beziehungsweise schwere Symptome (Dyspnoe) mit schweren spitalpflichtigen Exazerbationen in die Symptomklassen C und D. Aufgrund dieser Einteilung kann eine passende Therapie gefunden werden. Neu ist, dass in den GOLD-Guidelines 2018 für die Symptomgruppen B, C und D gleich zu Beginn eine Kombination von lang wirksamen Betamimetika (LABA) mit lang wirksamen Antimuskarinika (LAMA) empfohlen wird (1). Eine Folge der COPD ist die Überblähung. Das Residualvolumen ist dabei erhöht. Die Patienten können die Luft nicht mehr richtig ausatmen (air trapping), was das FEV1 sinken und die Patienten an Dyspnoe, vor allem bei Anstrengung, leiden lässt. LAMA und LABA können der Überblähung teil-
KURZ & BÜNDIG
Symptomatische COPD-Patienten (B–D) werden nach GOLD-Guidelines von Beginn an mit einer dualen Bronchodilatation (LABA/LAMA-Kombination) behandelt.
Wenn die Zeit für eine ausführliche Asthmaabklärung fehlt und ein Asthmanotfall vorliegt, kann empirisch ein ICS/SABA abgegeben und die Abklärung später vorgenommen werden.
Pirfenidon und Nintedanib können eine Stabilisierung der idiopathischen Lungenfibrose bewirken.
Bei Lungenrundherden sollte die Abklärung gemäss den Fleischner-Kriterien erfolgen.
weise entgegenwirken, doch bei einem schweren Lungenemphysem, GOLD-Stadium III (FEV1 30–50%) reicht das nicht mehr. Eine weitere Möglichkeit besteht in der chirurgischen Lungenvolumenreduktion. Eine solche kann auch endoskopisch und teilweise reversibel mittels Einsatz von Coils oder Ventilen, die die Luft heraus-, aber nicht hineinlassen, erreicht werden oder neuerdings auch mittels Wasserdampfablation, was aber noch nicht breit getestet ist. Alle Lungenfunktionsreduktionsverfahren inaktivieren oder beseitigen die emphysematösen Lungenareale unter Schonung der nicht erkrankten Teile. Die Lungenfunktion verbessert sich, und die körperliche Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität der Patienten steigen wieder an. Auf die Mortalität haben sie jedoch keinen Einfluss.
Neues bei Asthma
In der Behandlung von Asthma sind die GINA-Guidelines massgebend, wovon es 2018 ein Update gab (2). Danach gibt es in der diagnostischen Abklärung von Asthma neu einen «medical urgency»-Weg, der die Möglichkeit eröffnet, notfallmässig eine empirische Therapie mit inhalativen Kortikosteroiden (ICS) und kurz wirksamen Betamimetika (SABA) abzugeben, wenn die Zeit für eine Lege-artis-Abklärung mit Spirometrie und Metacholintest fehlen sollte und es die Situation erfordert (Abbildung). Die ausführliche Abklärung soll dann zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Bei einem Asthmapatienten ist es generell wichtig abzuklären, ob sein Asthma gut kontrolliert ist. Das kann mit vier Fragen nach dem Ergehen in den letzten 4 Wochen geschehen (Tabelle): Symptome tagsüber mehr als zweimal wöchentlich? Nächtliches Aufwachen wegen Asthma? Einsatz eines Bronchodilatators mehr als zweimal wöchentlich? Aktivitätseinschränkungen wegen Asthma? Werden alle Fragen mit Nein beantwortet, ist der Patient gut kontrolliert. Gibt es Ja-Antworten, bedarf es einer Therapieanpassung. In der Therapie soll zu Beginn ein ICS eingesetzt werden, plus ein SABA bei Bedarf. Sind damit die Symptome nicht unter Kontrolle zu bringen, kommt eine Kombination aus niedrig dosiertem ICS plus LABA zur Anwendung sowie als Bedarfs-
20 CongressSelection Allgemeine Innere Medizin | August 2018
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Patient mit respiratorischen Symptomen: Sind die Symptome typisch für Asthma?
Sorgfältige Anamnese/Untersuchung: Unterstützen die Ergebnisse die Asthmadiagnose?
Durchführung von Spirometrie/ Peak-Flow-Messung mit Reversibilitätstest: Unterstützen die Ergebnisse die Asthmadiagnose?
Ja
Medizinischer Notfall
Empirische Behandlung mit ICS und SABA. Response und Diagnose innerhalb von 1 bis 3 Monaten überprüfen.
Wiederholung bei anderer Gelegenheit oder Veranlassung anderer Tests: z.B. Metacholintest, Spiroergometrie.
Auf Asthma behandeln. Abbildung: Asthmaabklärung: diagnostische Schritte (mod. nach [2])
Tabelle:
Fragen zur Asthmasymptomkontrolle
Hatten/sind Sie in den letzten 4 Wochen … … tagsüber Symptome häufiger als 2 × pro Woche? … in der Nacht wegen Asthma aufgewacht? … häufiger als 2 × pro Woche einen SABA verwendet? … irgendwelche Aktivitätseinschränkungen wegen Asthma?
gut teilweise kontrolliert kontrolliert
unkontrolliert
keines davon 1–2 davon
3–4 davon
(Quelle: Prof. M. Kohler, SGAIM 2018)
medikationen ein SABA oder niedrig dosiertes ICS/Formoterol. Die nächste Stufe besteht aus einer Dosiserhöhung der bestehenden ICS/LABA oder alternativ aus dem Zusatz von Tiotropium oder Leukotrienantagonisten. Sind damit die Symptome noch immer nicht zu kontrollieren, sollte der Patient für eine Zusatztherapie mit Tiotropium, Anti-IgE (Omalizumab s.c.) oder Anti-IL-5 (Mepolizumab s.c., Benra-
Therapieoptionen bei COPD
Wirkstoff
Name
Dosierung
Kortikosteroide (ICS)
Budesonid
Miflonid®
1–2 ×/Tag
Pulmicort®
Anticholinergika (LAMA)
Aclidinium bromid
Eklira®
2 ×/Tag
Umeclidinium bromid
Incruse®
1 ×/Tag
Glycopyrronium bromid
Seebri®
1 ×/Tag
Tiotropium bromid
Spiriva®
1 ×/Tag
Anticholinergika (LAMA) + B2-Sympathomimetika (LABA)
Umeclidinium bromid +
Vilanterol
Anoro®
1 ×/Tag
Indacaterol + Glyco-
pyrronium bromid
Ultibro®
1 ×/Tag
Olodaterol + Tio-
tropium bromid
Spiolto®
1 ×/Tag
Kurz wirksame selektive B2-Sympathomimetika (SABA)
Fenoterol
Berotec® N
max. 8 ×/Tag
Terbutalin
Bricanyl®
max. 12 ×/Tag
Salbutamol
Salamol®
8 ×/Tag
Salbu Orion®
Ventolin®
Lang wirksame selektive B2-Sympathomimetika (LABA)
Formoterol
Foradil®
2 ×/Tag
Oxis®
Indacaterol
Onbrez®
1 ×/Tag
Salmeterol
Serevent®
2 ×/Tag
Olodaterol
Striverdi®
1 ×/Tag
Lang wirksame selektive B2-Sympathomimetika (LABA) +
Kortikosteroide (ICS)
Vilanterol + Flutica-
son furoat
Relvar®
1 ×/Tag
Salmeterol + Flutica-
son propionat
Seretide®
2 ×/Tag
Formoterol + Budesonid
Symbicort®
2 ×/Tag
Vannair®
SABA = Short-acting beta-antagonist; SAMA = Short-acting muscarinic antagonist; LAMA = Long-acting muscarinic antagonist; LABA = Longacting beta-antagonist; ICS = Inhaled corticosteroid
lizumab s.c., Reslizumab i.v.) überwiesen werden. Eine niedrig dosierte systemische Kortikosteroidtherapie ist hier ebenfalls zu erwägen.
Interstitielle Lungenerkrankungen
Eine häufige interstitielle Lungenerkrankung bei älteren Menschen ist die idiopathische Lungenfibrose (IPF). Als Symptome treten vor allem Dyspnoe und Husten auf. Typisch ist auch ein Knisterrasseln (Sklerosiphonie), das wie ein Aufreissen eines Klettverschlusses klingt. Auch Trommelschlägelfinger (clubbing) können ein Hinweis für eine IPF sein. Die definitive Diagnose wird mittels Computertomogramm (CT) und falls nötig einer nachfolgenden Lungenbiopsie gestellt. Als therapeutische Optionen stehen die Symptomlinderung, die Sauerstoffgabe und der Rauchstopp im Vordergrund. Um Komplikationen vorzubeugen, sind Impfungen gegen Grippe und Pneumokokken sowie ein Antibiotikumeinsatz zu erwägen. Die Krankheitsprogression
CongressSelection Allgemeine Innere Medizin | August 2018
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Therapieoptionen bei Asthma
Wirkstoff
Name
Dosierung
Kortikosteroide (ICS)
Ciclesonid
Alvesco®
1–2 ×/Tag
Mometason
Asmanex®
1–2 ×/Tag
Fluticason propionat
Axotide®
2 ×/Tag
Fluticason furoat
Arnuity®
1 ×/Tag
Beclometason
Beclo Orion®
2 ×/Tag
Qvar®
Budesonid
Miflonide®
1–2 ×/Tag
Pulmicort®
Anticholinergika (SAMA/LABA)
Ipratropiumbromid
Atrovent®
3–4 ×/Tag
Anticholinergika + B2-Sympathomimetika
Salbutamol + Ipratropiumbromid Dospir®
3–4 ×/Tag
Fenoterol + Ipratropiumbromid Berodual® N
max. 8 ×/Tag
Kurz wirksame selektive B2-Sympathomimetika (SABA)
Fenoterol
Berotec® N
max. 8 ×/Tag
Terbutalin
Bricanyl®
max. 12 ×/Tag
Salbutamol
Salamol®
max. 8 ×/Tag
Salbu Orion®
Ventolin®
Lang wirksame selektive B2-Sympathomimetika (LABA)
Formoterol
Foradil®
2 ×/Tag
Oxis®
Salmeterol
Serevent®
2 ×/Tag
Lang wirksame selektive B2-Sympathomimetika (LABA) + Kortikosteroide (ICS)
Formoterol + Fluticason propionat Flutiform®
2 ×/Tag
Vilanterol + Fluticason furoat Relvar®
1 ×/Tag
Salmeterol + Fluticason propionat Seretide®
2 ×/Tag
Formoterol + Budesonid
Symbicort®
2 ×/Tag
Vannair®
Cromoglicinsäure
Cromoglicinsäure
Lomudal®
max. 8 ×/Tag
Leukotrienantagonisten
Montelukast
Singulair®, Lukair®, 1 ×/Tag
div. Generika
Zafirkulast
Accolate®
2 ×/Tag
Monoklonale Antikörper
Reslizumab
CINQUAERO®
alle 4 Wochen
Benralizumab
Fasenra®
alle 4 bzw. 8 Wochen
Mepolizumab
Nucala®
alle 4 Wochen
Omalizumab
Xolair®
alle 4 Wochen
kann mit Pirfenidon (Esbriet®) und Nintedinab (Ovef®) beeinflusst beziehungsweise stabilisiert werden. Diese Präparate führen im Vergleich zu Plazebo zu einem weniger starken Abfall des Lungenvolumens, wie Studien gezeigt haben (3–5).
Lungenrundherde über 6 mm abklären
Bei Lungenrundherden, die meist symptomfrei sind und häu-
fig zufällig entdeckt werden, muss nicht in jedem Fall weiter
abgeklärt werden. Grösse und Anzahl sind dafür entschei-
dend. Gemäss den neuen Fleischner-Kriterien (6) (Link) soll-
ten einzelne oder mehrere Knoten < 6 mm nicht weiter unter- sucht werden. Bei Rundherden von 6 bis 8 mm soll der Ver- lauf mit einem CT nach 6 bis 12 Monaten und einem weiteren CT nach 18 bis 24 Monaten beobachtet werden. Sind die Knoten ≥ 8 mm soll die Entnahme einer Gewebe- probe erwogen werden. L Valérie Herzog Quelle: «Update Pneumologie». Jahresversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine und Innere Medizin (SGAIM), 30. Mai bis 1. Juni 2018, Basel. Referenzen 1. Global Initiative for chronic obstructive lung disease. 2018 Re- port. www.goldcopd.org 2. GINA Asthma Guidelines, Update 2018; http://ginasthma.org/ download/832/ 3. King TE Jr et al.: A phase 3 trial of pirfenidone in patients with idiopathic pulmonary fibrosis. N Engl J Med 2014; 370: 2083– 2092. 4. Richeldi L et al.: Efficacy and safety of nintedanib in idiopathic pulmonary fibrosis. N Engl J Med 2014; 370: 2071–2082. 5. MacMahon H et al.: Guidelines for Management of Incidental Pulmonary Nodules Detected on CT Images: From the Fleischner Society 2017. Radiology 2017; 284: 1. Abklärung Lungenrundherd www.rosenfluh.ch/qr/abklaerung-lungenrundherd 22 CongressSelection Allgemeine Innere Medizin | August 2018