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Titel
Kinder- und Jugendmedizin – Entwicklung der Versorgungssituation und der Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin
Untertitel
-
Lead
Der Bundesrat wird beauftragt, eine Begleitforschung zum Thema «Entwicklung der Versorgung und der Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin im Zusammenhang mit den Tarmed-Änderungen und der neuen Spitalfinanzierung» in die Wege zu leiten.
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-
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POLITFORUM — Politforum
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35994
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POLITFORUM

Xundheit in Bärn

MOTION vom 15.12.2017
Kinder- und Jugendmedizin – Entwicklung der Versorgungssituation und der Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin

Bea Heim Nationalrätin SP Kanton Solothurn
Der Bundesrat wird beauftragt, eine Begleitforschung zum Thema «Entwicklung der Versorgung und der Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin im Zusammenhang mit den Tarmed-Änderungen und der neuen Spitalfinanzierung» in die Wege zu leiten. Dabei sind zum Beispiel folgende Problemfelder zu untersuchen: 1. Ist die Kinder- und Jugendmedizin ausreichend
finanziert – in welchen Bereichen und in welchen nicht? 2. Wie wirken sich die neuen Tarmed-Tarife auf die Versorgungssituation und die Patienten-

betreuung in der Kinder- und Jugendmedizin aus, insbesondere bei chronischen, komplexen oder seltenen Erkrankungen sowie bei Behinderungen? 3. Entwicklung der Kosten und der Vergütung in der ambulanten Kinder- und Jugendmedizin im Vergleich Tarmed geltend heute und ab 1. Januar 2018. 4. Ökonomische Auswirkungen des neuen Tarmed auf die Polikliniken in Kinderspitälern. 5. Finanzielle und administrative Auswirkungen auf die Praxen der Kinder- und Jugendmedizin, der Kinderchirurgie und der Kinderpsychiatrie. 6. Monitorisieren der Versicherungsentscheide im ambulanten Setting, Zahl Anfragen für Kinder und Jugendliche mit erhöhtem Behandlungsbedarf und der Entscheide der Garanten (IV/KK). 7. Entwicklung Einnahmen und Ausgaben der Versicherer im Altersspektrum 0 bis 18 Jahre.

Die Kinder- und Jugendmedizin sei unterfinanziert, wird seit Jahren moniert. Dem zeitlichen Mehraufwand für Beratung, Betreuung von Kind und Eltern, aber auch dem technischen Mehraufwand für Untersuchungen sei insbesondere bei der spezialisierten Kinder- und Jugendmedizin adäquater Rechnung zu tragen. Inwieweit der fachärztliche Mangel mit Spezialisierungen in Kinder- und Jugendmedizin, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie wie in der Kinderchirurgie in Zusammenhang mit der adressierten Unterfinanzierung und den damit verbundenen Aufwänden steht, ist eine offene, aber für die Versorgungsqualität unserer Kinder und Jugendlichen wichtige Frage. Darum wird der Bundesrat beauftragt, mit einer Begleitforschung diese Fragen zu beleuchten, um für mehr Klarheit in der Entwicklung der Versorgung und der Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin zu sorgen.

STELLUNGNAHME DES BUNDESRATES VOM 14.2.2018

Mit der Motion wird eine breite Auslegeordnung im Sinne einer Begleitforschung zur Entwicklung der Versorgung und der Finanzierung der Kinderund Jugendmedizin anvisiert. Die genannten Fragen sprechen denn auch sehr unterschiedliche Themen und damit auch unterschiedliche Verantwortlichkeiten an. So liegt etwa die Sicherstellung der Versorgung nach Punkt 2 in der Zuständigkeit der Kantone. Die Erarbeitung und Weiterentwicklung von Tarifstrukturen ist im Rahmen der gesetzlich verankerten Tarifautonomie grundsätzlich Sache der Tarifpartner (Leistungserbringer und Versicherer). Deshalb liegen die Finanzierung beziehungsweise Vergütung (Punkt 1) sowie das Monitorisieren der Versicherungsentscheide (Punkt 6) grundsätzlich in der Verantwortung der Tarifpartner. Im stationären Bereich ist die gemeinsam mit den Kantonen eingesetzte Organisation SwissDRG AG für die Bereitstellung der Tarifstruktur SwissDRG zuständig. Diese hat die Anliegen der Kinderspitäler bereits aufgenommen. Im Dezember 2017 wurde eine Studie mit dem Titel «Theoretische und empirische Analyse zu den

Mehrkosten der Kinderspitäler unter SwissDRG» veröffentlicht. Entsprechend hat die SwissDRG AG auch Massnahmen definiert, welche zur differenzierten medizinischen und ökonomischen Betrachtung der Leistungen der Kindermedizin beitragen (z.B. die Prüfung zur Anpassung von sogenannten Langliegerzuschlägen). Die bereits laufende Evaluation zu den Wirkungen der KVGRevision im Bereich der Spitalfinanzierung in den drei Themenbereichen «Kosten und Finanzierung des Versorgungssystems«, «Qualität der stationären Versorgung» und «Spitallandschaft und Sicherstellung der Versorgung» wird zudem zumindest eine generelle Beurteilung der Situation erlauben. Im ambulanten ärztlichen Bereich musste der Bundesrat anstelle der Tarifpartner die Tarifstruktur Tarmed anpassen und festsetzen. Für diesen Eingriff per 1. Januar 2018 ist bereits ein Monitoring durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) basierend auf den Daten des Tarifund Datenpools der Sasis AG geplant. Das Monitoring kann Informationen über die Entwicklung der Kosten in der ambulanten Kinder- und Ju-

gendmedizin als Vergleich zwischen dem Tarmed 1.08_BR und dem Tarmed 1.09 (gültig ab 1. Januar 2018) geben. Es wird daher Antworten auf die Punkte 3 bis 5 der Motion liefern können. Die Tarifpartner sind nach Artikel 3 der Verordnung über die Festlegung und die Anpassung von Tarifstrukturen in der Krankenversicherung (SR 832.102.5) verpflichtet, dem Eidgenössischen Departement des Innern kostenlos alle Informationen und Daten zu übermitteln, die notwendig sind, um die Auswirkungen des Tarifeingriffs zu evaluieren. In diesem Rahmen haben die Tarifpartner die Möglichkeit, Informationen und Daten zu einzelnen Leistungserbringergruppen zu liefern. Den Punkt 7 wird das BAG im Rahmen der Prämienentwicklung ausweisen können. Zusammenfassend stellt sich der Bundesrat nicht grundsätzlich gegen das Anliegen, sieht aber angesichts der unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und der bereits laufenden oder geplanten Arbeiten keine Notwendigkeit für die gewünschte breite Begleitforschung durch den Bund und lehnt daher die Motion in dieser Form ab.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.

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ARS MEDICI 10 | 2018

POLITFORUM

INTERPELLATION vom 28.11.2017
Anwendung von Artikel 19b des Betäubungsmittelgesetzes – und jetzt?

Jean-Luc Addor Nationalrat SVP Kanton Wallis
1. Unter Berücksichtigung der Erwägungen des BGE 6B_1273/2016 und des Einflusses dieses Entscheids auf die Arbeit der Polizei und der Strafverfolgungsbehörden – denkt der Bundesrat nicht, dass Artikel 19b BetmG auf jeden Fall in eine Sackgasse führt?
2. Trägt diese Gesetzesbestimmung, zumindest so, wie sie das Bundesgericht auslegt, nicht

dazu bei, eine Botschaft zu vermitteln, die jegliche ernsthafte Präventionspolitik untergräbt, insbesondere gegenüber der Jugend? 3. Ist es möglich, dass die seit einigen Jahren angewandte Strafrechtspolitik in diesem Punkt gescheitert ist und dass der Zeitpunkt gekommen ist, den Rückwärtsgang einzulegen, sodass wieder klare Botschaften vermittelt werden – gegenüber unserer Jugend, den Konsumentinnen und Konsumenten und natürlich der Polizei und den Strafverfolgungsbehörden?
Begründung
Ein Bundesgerichtsentscheid vom 6. September 2017 hat nicht nur bei der Kantonspolizei des be-

troffenen Kantons (Basel-Stadt), sondern in der ganzen Schweiz Verwirrung gestiftet (oder sollte man vielleicht sagen: die Verwirrung vollendet?). Gerade die Polizei, die das Gesetz anwenden soll, weiss im Grunde nicht mehr, was das BetmG (Art. 19b) überhaupt verlangt. Fachpersonen im Suchtbereich sprechen diesbezüglich von einem Missklang, einer Situation, die unhaltbar geworden ist (für Präventionsfachpersonen wie auch für die Polizei) – in dem Sinne, dass laut Jean-Félix Savary niemand mehr wisse, was das Gesetz besagt (Groupement romand d'études des addictions 22. September 2017).

STELLUNGNAHME DES BUNDESRATES VOM 31.1.2018

Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verstösst eine Kostenauflage bei Freispruch oder Einstellung desVerfahrens gegen die Unschuldsvermutung und Art. 6 Ziff. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), wenn der beschuldigten Person in der Begründung des Kostenentscheids direkt oder indirekt vorgeworfen wird, es treffe sie ein strafrechtliches Verschulden. Der blosse Besitz geringfügiger Mengen von Betäubungsmitteln zum eigenen Konsum ist gemäss Artikel 19b des Betäubungsmittelgesetzes vom 3. Oktober 1951 nicht strafbar. Mit Entscheid vom 6. September 2017 stellt das Bundesgericht klar, dass dieses als vom Betäubungsmittelgesetz explizit als straffreie Vorbereitungshandlung deklarierte Verhalten bei einer Verfahrenseinstellung folglich keinen Anlass für eine Kostenauflage zulasten der beschuldigten Person nach Artikel 426 Absatz 2 StPO bilden kann. Vor diesem Hintergrund las-

sen sich die gestellten Fragen wie folgt beantworten: 1. Das Urteil klärt die strafprozessualen Folgen von Artikel 19b BetmG, sofern kein anderer Tatvorwurf erhoben wurde. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung führt damit zu einer Harmonisierung der Praxis der kantonalen Strafverfolgungsbehörden. Eine solche Vereinheitlichung ist Aufgabe der bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Es besteht daher keine Veranlassung, eine Änderung des im Grundsatz seit 1975 in Kraft stehenden Artikels 19b BetmG zu erwägen, zumal das Bundesgericht seine langjährige Praxis zu dieser Bestimmung im erwähnten Entscheid bestätigt hat. 2./3. Das geltende Betäubungsmittelgesetz regelt das in der schweizerischen Drogenpolitik bewährte Viersäulenprinzip (Prävention, Therapie, Schadenminderung sowie Repression und Kontrolle). Im Gesetz finden sich deshalb so-

wohl Strafbestimmungen, die als Kontroll- und Repressionsmassnahmen dienen, als auch Präventionsbestimmungen. Die bundesgerichtliche Klärung der strafprozessualen Folgen von Artikel 19b BetmG beeinträchtigt nach Auffassung des Bundesrates das Zusammenwirken der einerseits auf Repression und andererseits auf Prävention abzielenden gesetzlichen Vorgaben nicht. So bleibt der Konsum von geringfügigen Drogenmengen nach Artikel 19a BetmG strafbar, wohingegen Artikel 19b BetmG die Straflosigkeit einer Vorbereitungshandlung für den eigenen Konsum regelt. Im Übrigen ändert dieses Urteil nach dem Verständnis des Bundesrates nichts daran, dass zur Abklärung des Vorliegens einer strafbaren Handlung (bspw. gemäss Art. 19a BetmG) ein Strafverfahren eingeleitet werden kann. Es hat aber zur Folge, dass bei Feststellung der Straflosigkeit einer Handlung die daraus entstandenen Kosten nicht der beschuldigten Person, sondern grundsätzlich der Staatskasse zu belasten sind (Art. 423 StPO).

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