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Folsäure: Abschaffung der zulässigen Höchstdosis gefordert
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Folsäure: Abschaffung der zulässigen Höchstdosis gefordert

Die zulässige Höchstdosis für Folsäure (1 mg/ Tag) beruht auf der fehlerhaften Interpretation alter Daten, schreiben Autoren der Universität London (1).
Sie sei dadurch ein Hindernis für die Anreicherung von Lebensmitteln mit Folsäure und verhindert damit die effektivere Prävention von Neuralrohrdefekten. Neuralrohrdefekte (NTD) wie Anenzephalie und Spina bifida können durch die Aufnahme von Folsäure bereits vor der Schwangerschaft verhindert werden. Die Strategie der freiwilligen Folsäuresupplementierung ist allerdings nur eingeschränkt erfolgreich: In England folgen beispielsweise nur rund 31 Prozent der Frauen dieser Empfehlung. Im Gegensatz dazu haben 81 Länder weltweit die verpflichtende Anreicherung von Mehl mit Folsäure eingeführt, darunter Australien, Brasilien und Kanada. Auch in Europa wird die Anreicherung von Expertenkomitees empfohlen, gesetzlich verpflichtend ist das Vorgehen allerdings nicht.

Das hat Folgen: Zwischen 1991 und 2011 sind die NTD-Raten in Europa nicht gesunken.
Alte Daten falsch interpretiert
Dass diese «lebensrettende Politik» der Anreicherung von Lebensmitteln mit Folsäure nicht eingeführt wird, ist auch auf «falsche Einschätzungen» bezüglich der möglichen Schäden aufgrund einer erhöhten Folsäureaufnahme zurückzuführen, berichten die Autoren. Sie verweisen diesbezüglich auf einen Bericht des amerikanischen Institute of Medicine (IOM), demzufolge eine Dosis von ≥ 5mg/Tag zu neurologischen Schäden, genauer gesagt: zu einer Progression einer Vitamin B12-Mangel-Neuropathie, führen soll; als zulässige Höchstdosis für Folsäure wurde danach 1 mg/Tag festgelegt. Doch das IOM habe Daten von alten Studien (hauptsächlich aus den 1950er-Jahren) mit eingeschränkter medizinischer Evidenz falsch interpretiert: Damals konnte der Unterschied zwischen Folsäuremangel und B12-

Mangel nicht erkannt werden, es waren noch keine Assays für die beiden Vitamine verfügbar. Der neurologische Schaden wurde daher fälschlicherweise als unerwünschte Nebenwirkung der Folsäuregabe interpretiert, nicht als Folge der mangelnden Behandlung mit Vitamin B12, erklären die Autoren: «Es gibt keine wissenschaftliche Basis für eine zulässige Höchstdosis von Folsäure.» Mehl wird in Grossbritannien bereits problemlos mit anderen B-Vitaminen (Thiamin und Niacin) sowie mit Eisen und Kalzium angereichert. Die Anreicherung auf Folsäure auszuweiten würde eine grosse Zahl an Kindern davor schützen, mit einem NTD geboren zu werden, lautet das Fazit der Autoren.
Dr. med. Lydia Unger-Hunt Freie Journalistin
Quelle: Wald NJ et al.: Public health failure in the prevention of neural tube defects: time to abandon the tolerable upperintake level of folate. Public Health Rev. 2018; doi: 10.1186/s40985-018-0079-6.