Transkript
STUDIE REFERIERT
Ambulante BD-Messung bringt bessere BD-Kontrolle
Studie mit 24-Stunden-Messung aus der Nordwestschweiz
Merksatz
■ Die 24-Stunden-BD-Messung verbessert das Management der Hypertonie und führt zu geringerem Antihypertensivaverbrauch bei tieferen BD-Werten.
Reichen die gelegentlichen BDMessungen in der Praxis? Wie viel bringt eine intensivere Überwachung mit ambulanter 24-Stunden-BD-Erfassung?
JOURNAL OF HUMAN HYPERTENSION
Heute fällt die Entscheidung zur Diagnose und Therapie einer arteriellen Hypertonie in aller Regel aufgrund von (wiederholten) Messungen in der Arztpraxis. Dies ist auch konform mit derzeitigen Leitlinien, die sich ihrerseits auf zahlreiche grosse randomisierte Studien abstützen. Nicht immer ist dieses Vorgehen ausreichend. Einerseits besteht eine starke intraindividuelle Variabilität, andererseits liegt offenbar bei etwa 20 Prozent eine Weisskittelhypertonie vor. Die ambulante BD-Messung beseitigt die meisten dieser Probleme, wie randomisierte Studien gezeigt haben. Die vorliegende Untersuchung wollte die BDWerte aus ambulanter 24-Stunden-Messung mit den Standardmessungen in der Praxis vergleichen.
Methodik Die Autoren von der Kardiologie und vom Institut für Hausarztmedizin des Universitätsspitals Basel führten eine randomisierte, kontrollierte, offene Parallelgruppenstudie bei Patienten an der Poliklinik und in einer Grundversorgerpraxis durch. Alle hatten eine etablierte Hypertonie mit Praxis-BD-Werten ≥ 140/90 mmHg und 24-Stunden-BD-Werten ≥ 130/80 mmHg. Zum Management des Blutdrucks mit antihypertensiven Medikamenten wur-
den sie entweder zu ambulanter 24Stunden-BD-Messung oder zur herkömmlichen Strategie mit punktuellen BD-Messungen während der Kontrollbesuche randomisiert. Primärer Endpunkt war die Veränderung des systolischen 24-Stunden-Blutdrucks nach einem Jahr Followup. Patienten mit unbehandelter Hypertonie erhielten als First-Line-Therapie täglich 80 mg Telmisartan (Kinzal®, Micardis®). Blieb der Blutdruck unkontrolliert (Zielwerte: < 130 mmHg systolisch, < 80 mmHg diastolisch), wurden 12,5 mg Hydrochlorothiazid hinzugegeben, reichte auch dies nicht, folgten 20 mg Nifedipin CR (Adalat® CR 20 oder Generika) als Third-Line-Medikation. Bei Patienten, die schon unter Therapie standen, wurde die Behandlung optimiert und wenn möglich angeglichen. Resultate 86 Patienten fanden Eingang in die Gruppe mit ambulanter BD-Messung, 16 schieden nach ein bis sechs Monaten aus, weitere 12 danach. Die Vergleichsgruppe mit BD-Messung in der Praxis umfasste 79 Teilnehmende, von denen 13 nach ein bis sechs Monaten sowie weitere 5 danach ausschieden. Das mittlere Alter betrug 56 Jahre, bei 46 Prozent war die Hypertonie neu entdeckt worden. Während des einjährigen Follow-ups war in beiden Gruppen eine signifikante Reduktion des systolischen Blutdrucks zu beobachten. In der Gruppe mit ambulanter BDMessung war die Senkung des systolischen 24-Stunden-Blutdrucks um 3,6 mmHg grösser als in der herkömmlich betreuten Gruppe (95%-Konfidenzintervall -7,0 bis -0,3 mmHg; p = 0,03). Die Differenz war auch für die in der Praxis bestimmten systolischen Blutdrücke ähnlich, erreichte aber die statistische Signifikanzschwelle nicht. Der diastolische Blutdruck ging in beiden Gruppen in ähnlichem Ausmass zurück. Die Patienten in der Gruppe mit ambulanter BD-Messung nahmen nach einem Jahr durchschnittlich 1,76 ± 1,1 und diejenigen der Vergleichsgruppe 1,95±0,9 Antihypertensiva ein (p = 0,049). Der Vorteil der ambulanten BD-Überwachung war vor allem bei Patienten mit zuvor unbekannter Hypertonie zu beobachten (mittlere Differenz -7,2 mmHg; p = 0,002), nicht jedoch bei denjenigen mit neu diagnostiziertem Bluthochdruck (mittlere Differenz 0,2 mmHg; p = 0,93). Diskussion Diese Untersuchung bestätigt ähnliche Ergebnisse aus älteren Untersuchungen. Hier wurde jedoch zuvor eine Weiss- kittelhypertonie ausgeschlossen, und die BD-Ziele waren tiefer. Die hier einge- setzte 24-Stunden-BD-Messung hat den Nachteil, dass zusätzliche Kosten entste- hen und die Patienten stärker belastet werden. Ob Heim-BD-Messungen eine valable Alternative sind, bleibt unklar. Zwar können sie ebenfalls zu einem ge- ringeren Medikamentenbedarf führen, unsicher ist aber, ob die 24-Stunden-BD- Kontrolle so gewährleistet werden kann. Die Auswirkungen einer mittels ambu- lanter 24-Stunden-Messungen gesteuer- ten blutdrucksenkenden Therapie sollten jetzt in grossen Studien mit klinischen Endpunkten untersucht werden. ■ Conen D, Tschudi P, Martina B. Twenty-four hour ambulatory blood pressure for the management of antihypertensive treatment: a randomized controlled trial. Journal of Human Hypertension 2009; 23, 122—129. Interessenkonflikte: David Conen und Peter Tschudi deklarieren keine Interessenkonflikte. Benedict Martina war Berater für Boehringer-Ingelheim und hat von dieser Firma sowie von Novartis und Merck, Sharp & Dohme Honorare erhalten. Halid Bas 292 ARS MEDICI 7 ■ 2009