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Chronische Obstipation
Ursachen, Diagnostik und Therapie
FORTBILDUNG
Die chronische Obstipation ist im klinischen Alltag sehr häufig und oft mit grossem Leid für die Betroffenen verbunden. Leider bestehen zur Obstipation immer noch verschiedene Mythen und Irrmeinungen, insbesondere im Hinblick auf eine wirksame Therapie. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die aktuelle Definition, über pathophysiologische Grundlagen und eine adäquate, differenzierte Diagnostik. Der Schwerpunkt liegt in der Diskussion der verschiedenen therapeutischen Möglichkeiten inklusive der Ernährungsempfehlungen.
nügend erfasst wird. Die verschiedenen Aspekte der Obstipation werden durch die Rom-Kriterien sehr gut beschrieben, und die Diagnose lässt sich damit objektivieren. Seit 2006 gelten die Rom-III-Kriterien (4) (Tabelle 2). Gemäss diesen Kriterien wird die funktionelle Obstipation mittels verschiedener Stuhlgangbeschwerden beschrieben, die in den letzten drei Monaten während mindestens 25 Prozent der Zeit vorhanden waren, und eines Symptombeginns vor mindestens sechs Monaten. Wichtig ist dabei auch die manchmal sehr schwierige Abgrenzung gegen das Reizdarmsyndrom mit Verstopfung.
Pathophysiologie Häufig ist die chronische Obstipation multifaktoriell bedingt. Generell unterscheiden wir heute eine primäre chronische Obstipation von einer sekundären. Bei der Letzteren kann eine zugrunde liegende Erkrankung gefunden werden (Tabelle 3). Die primäre chronische Obstipation kann in drei Gruppen unterteilt werden: Obstipation mit normaler Kolontransitzeit (auch idiopathische Obstipation), mit verzögerter Transitzeit
MICHAEL MANZ, RÉMY MEIER
Merksätze
Die chronische Obstipation ist im klinischen Alltag sehr häufig. Sie betrifft in westlichen Ländern zwischen 2 und 27 Prozent der Bevölkerung (1). In der Schweiz leiden rund 7 Prozent häufig und rund 16 Prozent selten an Verstopfung (2). Eine Obstipation findet sich häufiger bei Frauen als bei Männern, bei Kindern als bei Erwachsenen, aber häufiger bei Senioren als bei jüngeren Erwachsenen (1). An Risikofaktoren für eine chronische Obstipation wurden zu wenig körperliche Bewegung, ein tiefes Bildungsniveau und niedriges Einkommen sowie sexueller Missbrauch in der Anamnese und eine Depression identifiziert (3). Zur chronischen Obstipation gibt es immer noch verschiedene Mythen und Irrmeinungen, die leider immer wieder teilweise zu einer fehlenden oder falschen Therapie führen (Tabelle 1).
Definition Obstipation ist eine subjektive Empfindung der Patienten, die durch die Fokussierung einzig auf die Stuhlfrequenz nur unge-
■ Zur chronischen Obstipation bestehen Mythen und Irrmeinungen, die zu einer fehlenden oder falschen Therapie führen können.
■ In der täglichen Praxis ist es wichtig, die Patienten auf ihre Stuhlgewohnheiten anzusprechen, denn häufig verschweigen oder verharmlosen diese ihre Probleme.
■ Therapieziel ist ein subjektiv beschwerdefreier Patient. Dass dafür teilweise hohe Dosen an Abführmitteln notwendig sind, spielt keine Rolle.
■ Die frühere Befürchtung, der chronische Gebrauch stimulierender Laxanzien könne zu Schäden am autonomen Nervernsystem des Kolons oder gar zu Dickdarmkrebs führen, ist unbegründet.
■ Jegliche Therapie der chronischen Obstipation sollte für mindestens vier Wochen beibehalten werden, oft ist eine lebenslange Therapie nötig.
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Tabelle 1: Mythen und Irrmeinungen Tabelle 1: zur chronischen Obstipation
■ Obstipation ist durch ungenügende Aufnahme von Nahrungsfasern bedingt
■ Erhöhung der täglichen Fasermenge ist wirksam bei der Mehrheit der obstipierten Patienten
■ Obstipation ist durch ungenügende Flüssigkeitsaufnahme bedingt ■ Erhöhung der täglichen Flüssigkeitsmenge ist hilfreich in der
Behandlung der Obstipation ■ Obstipation ist durch ungenügende körperliche Betätigung bedingt ■ Obstipation ist durch einen überlangen Dickdarm bedingt ■ Obstipation ist durch abnormale Spiegel von Geschlechtshormonen
bedingt ■ Laxanzien verursachen eine Schädigung des enterischen Nerven-
systems
Daten von Müller-Lissner et al (17)
Tabelle 2: Rom-III-Kriterien zur Diagnose Tabelle 2: der funktionellen Obstipation
Während mindestens 3 der vorhergehenden 6 Monate, dauernd oder intermittierend: ■ mindestens 2 der folgenden Kriterien in mehr als 25% der Zeit
— starkes Pressen beim Stuhlgang — klumpiger oder harter Stuhl — Gefühl der inkompletten Entleerung — Gefühl der anorektalen Obstruktion/Blockierung — manuelle Manöver zur Erleichterung der Defäkation — weniger als 3 Entleerungen pro Woche ■ kein weicher Stuhlgang ohne Laxanzien ■ kein Reizdarmsyndrom
nach Longstreth et al. (4)
(sogenannte «Slow transit constipation») oder anorektale Obstipation (Beckenbodendysfunktion). In einer Studie mit 1000 chronisch obstipierten Patienten fand sich bei 59 Prozent eine normale Transitzeit, eine ursächliche Beckenbodendysfunktion bei 25 Prozent, eine verzögerte Transitzeit bei 13 Prozent und eine Kombination der beiden Letzteren bei 3 Prozent (5).
Idiopathische Obstipation mit normaler Transitzeit Dies ist die häufigste Form der Verstopfung. Der Transit und die Stuhlfrequenz sind normal, aber die Patienten fühlen sich obstipiert (6), häufig infolge einer subjektiv ungenügenden Entleerung und von hartem Stuhl.
Obstipation mit verzögertem Transit: Slow Transit Constipation Dieser Form der Obstipation liegt eine primäre Motilitätsstörung mit einer verzögerten Dickdarmtransitzeit zugrunde. Die Ursache dieser Störung ist weiterhin unklar, obwohl verschiedene Motilitätsstörungen nachgewiesen werden konnten (1). Typischerweise sind junge Frauen betroffen (7). Schwere Formen sprechen meist gar nicht auf Fasern an, und bei der sogenannten «colonic inertia» auch nicht auf Bisacodyl (8). Der Morbus Hirschsprung stellt eine Extremform der Slow Transit Constipation dar.
Anorektale Obstipation Bei dieser zweithäufigsten Form der Verstopfung liegt meistens eine Dysfunktion des Sphinkterapparats oder der Beckenbodenmuskulatur vor. Synonym für diese Störung werden auch Begriffe wie Anismus, Beckenbodendyssynergie, spastisches Beckenbodensyndrom oder funktionelle Austrittsobstruktion verwendet. Die Störung bei der rektalen Entleerung kann durch eine Unfähigkeit zur Koordination der abdominellen-, rektoanalen und Beckenbodenmuskulatur während der Defäkation bedingt sein (9, 10). Durch diese paradoxe Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur wird die Stuhlentleerung erheblich erschwert oder gar verunmöglicht (11). Bei Patienten mit dieser Störung finden sich gehäuft psychologische Stressfaktoren bis hin zum sexuellen Missbrauch in der Eigenanamnese (12).
Diagnostik Die Diagnostik hat zum Ziel, eine zugrunde liegende Erkrankung auszuschliessen oder zu bestätigen. Mit angemessenem Aufwand können die meisten sekundären Obstipationsursachen ausgeschlossen werden (Tabelle 3). Am Anfang steht eine ausführliche Anamnese mit Schwerpunkt auf den RomIII-Kriterien, der Stuhlform, den Alarmsymptomen und allfälligen verstopfungsfördernden Medikamenten (Tabelle 4). Die klinische Untersuchung fokussiert auf die Inspektion des Bauchs und der Analregion mit der Frage nach Narben, Fisteln, Fissuren oder einem Prolaps. Auch die digitale rektale Untersuchung mit Beurteilung des Schliessmuskels und Frage nach Stuhlimpaktation, Strikturen oder Tumoren gehört zum Basisprogramm. Durch eine einfache Laboranalyse mit Blutbild, CRP, Elektrolyten, Nüchternblutzucker und einem basalen TSH können eine Reihe von sekundären Obstipationsformen vermutet oder ausgeschlossen werden. Es muss aber gesagt werden, dass die Evidenz zur Empfehlung von Blut- und Röntgenuntersuchungen sowie zur Koloskopie bei der Diagnostik der Obstipation ohne Alarmzeichen fehlt (13). Weiterführende Abklärungen sind dann notwendig, wenn ein Therapieversuch über zwei bis drei Wochen zu keiner Verbesserung geführt hat und durch die Basisdiagnostik keine Ursache identifiziert wurde. Die Art und die Intensität der weiteren Abklärungen hängen vom Alter und vom Vorhandensein von Alarmsymptomen ab. Es gilt: Je jünger der Patient und je typischer die Anamnese ist, desto weniger Abklärungen
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Tabelle 3: Sekundäre ObstiTabelle 3: pationsursachen
Mechanische Obstruktion kolorektale Karzinome Kompression von aussen Strikturen (ischämisch/nach Divertikulitis/ nach Bestrahlung) grosse Rektozele Analfissur/Analstenose
Metabolische Störungen Diabetes mellitus Hypothyreose
Hyperparathyreoidismus
Hypokaliämie Hyperkalzämie Urämie
Abbildung: links: normaler Transit, rechts: verlangsamter Transit.
Hypomagnesiämie
Myopathien Amyloidose Sklerodermie
Tabelle 4: Medikamentöse Ursachen der Obstipation
Opiate
Sympathomimetika
Neurologische Störungen Morbus Parkinson Rückenmarksverletzung
Anticholinergika Antidepressiva, v.a. trizyklische Kalziumantagonisten Anti-Parkinson-Medikamente
Antazida (v.a. kalziumhaltige) Kalziumsupplemente Eisensupplemente
zerebrovaskulärer Insult Multiple Sklerose
Antihistaminika Diuretika
Nichtsteroidale Antirheumatika Antidiarrhoika (Loperamid)
Andere Depression Demenz Immobilität
nach Locke et al. (28)
Herzkrankheit
adaptiert nach Locke et al. (28)
multipliziert mit 2,4 ergibt die Transitzeit in Stunden (Abbildung) (15).
Zur Basisdiagnostik bei Verdacht auf eine anorektale Störung
gehört eine proktologische Untersuchung mit dem starren
Proktoskop. Ergänzend können eine anorektale Manometrie,
sind nötig. Bei allen Patienten über 50 Jahre oder Patienten mit ein rektaler Ballonexpulsionstest und eine Video- oder MR-
einer positiven Familienanamnese für kolorektale Karzinome Defäkografie durchgeführt werden (1).
spätestens ab 40 Jahren sollte immer eine Koloskopie durch- In der täglichen Praxis ist es von entscheidender Wichtigkeit,
geführt werden (14). Auch Patienten mit Alarmsymptomen die Patienten gezielt auf ihre Stuhlgewohnheiten anzuspre-
wie Gewichtsverlust, kurzfristiger Änderung der Stuhl- chen, denn häufig verschweigen oder verharmlosen diese ihre
gewohnheiten, Fieber, Blut ab ano oder Anämie sollten mit Probleme. Mit einem offenen Gespräch können oft falsche Er-
einer Dickdarmspiegelung abgeklärt werden.
wartungshaltungen korrigiert und viel Leid verhindert werden.
In der weiteren Funktionsdiagnostik kann die Bestimmung der Transitzeit zur Unterscheidung zwischen einer Slow-Transit-
Therapie
Obstipation und einer Verstopfung mit normalem Transit hilf- Das Ziel der Therapie der chronischen Obstipation ist ein sub-
reich sein. Normalerweise beträgt die Transitzeit weniger als jektiv beschwerdefreier Patient. Dass dafür teilweise hohe Dosen
72 Stunden. Die Kolontransitzeit kann entweder mit röntgen- an abführenden Medikamenten notwendig sind, spielt keine
dichten Markern oder szintigrafisch bestimmt werden. Bei Rolle. Häufig aber sind die Beschwerden mild, situativ und von
der Markertechnik wird während sechs Tagen um 8.00 Uhr kurzer Dauer. Nicht verschreibungspflichtige Medikamente
morgens eine Gelatinekapsel mit jeweils 10 röntgendichten werden oft mit Erfolg zur Selbstbehandlung konsumiert (16).
Markern eingenommen und am siebten Tag eine Röntgenauf- In Tabelle 5 sind die wichtigsten Therapiemöglichkeiten zur
nahme des Abdomens gemacht. Die Zahl sichtbarer Marker Obstipation zusammengefasst.
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Tabelle 5: Substanzen zur Therapie der Obstipation
Stimulation der intestinalen Darmflora, von der Fermentation und der Gasproduktion (H2, CO2).
Fasern lösliche Fasern
nicht lösliche Fasern
Psyllium Guar partiell hydrolysierierte Guar-Faser Karaya-Gummi (Sterculia) Pectin Zellulose
Insgesamt ist der Effekt einer faserreichen Kost bei der Obstipation aber gering. Die Zunahme des Stuhlgewichts ist am besten bei rohem Getreide, Früchten und Gemüse. Pro Gramm eingenommene Fasern nimmt das Stuhlgewicht um etwa 6 g pro Tag zu und erhöht die Stuhlfrequenz durchschnittlich pro Woche nur um rund 1,5 Entleerungen. Der Gebrauch von Laxanzien konnte in einigen Studien
Osmotische Laxanzien salinische Substanzen Zucker/Zuckeralkohole
Polyethylenglykole mit Elektrolyten
Natriumsulfat Magnesiumsulfat Natriumhydrogenphosphat Lactulose Lactitol Sorbitol Mannitol Macrogol
reduziert werden (20, 21). Individuell können auch eingelegte Pflaumen oder Feigen sowie Sauermilchprodukte oder probiotische Produkte die Darmtätigkeit anregen. Für Bifidobacterium animalis wurde eine Beschleunigung des Transits im Kolon gefunden. Der Effekt war bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern (22–24). Mit dem gleichen Bakterium wurde die Stuhlfrequenz in einer Untergruppe von Patienten mit Reizdarmsyndrom mit starker Obstipation signi-
Stimulierende Laxanzien
fikant gesteigert (25). Wichtig ist auch, bei Ernäh-
pflanzlich
Senna
rungsempfehlungen auf verstopfungsfördernde Le-
Frangula
bensmittel wie Schwarztee, Kakao und Schokolade
Aloe aufmerksam zu machen.
Rizinusöl
chemisch
Bisacodyl
Quellmittel
Natriumpicosulfat
Da eine faserreiche Kost oft nicht ausreicht, braucht es
Gleitmittel
Glycerol
häufig noch zusätzliche kommerzielle Quellmittel (1). Quelllaxanzien bestehen aus löslichen (Psyllium,
Isphagula, Guar, Pektin) oder nicht löslichen (Zellu-
lose) Fasern. Sie sind hydrophil, absorbieren Wasser
aus dem Darmlumen und erhöhen dadurch das
Allgemeine Empfehlungen
Stuhlvolumen und Stuhlgewicht und machen ihn weich. Die
Die Datenlage für Allgemeinmassnahmen ist dürftig. Eine Darmpassage wird dadurch leicht beschleunigt. Flohsamen-
generelle Steigerung der täglichen Flüssigkeitsmenge wird in präparate (Psyllium oder Plantago ovata) haben sich am bes-
der Regel empfohlen und ist beim tatsächlich dehydrierten ten bewährt. Generell werden die Fasersupplemente vom Pa-
Patienten sicherlich nötig (17). Gelegentlich hilft ein Glas kal- tienten gut toleriert. Zu beachten ist eine langsame Dosisstei-
tes Wasser am Morgen, um den Defäkationsreiz auszulösen. gerung, um Flatulenz und Blähungen vorzubeugen. Patienten
Der Patient soll darauf hingewiesen werden, den Stuhlgang mit einer normalen Kolontransitzeit sprechen in über 85 Pro-
nicht zu unterdrücken oder die Entleerung hinauszuzögern.
zent auf Füll- und Quellmittel an. Bei verlangsamtem Transit
Eine Steigerung der körperlichen Aktivität ist allgemein sinn- oder anorektaler Dysfunktion ist dies mit nur 20 Prozent deut-
voll, obwohl es nur wenig Evidenz gibt, dass regelmässiges lich geringer (26).
Training beziehungsweise Bewegung die Obstipation vermin-
dert oder verbessert (18). Immerhin konnte im Rahmen der Gleitmittel
Nurses’ Health Study gezeigt werden, dass körperliche Akti- Gleitmittel machen den Stuhl weich und gleitfähig und eignen
vität zwei- bis sechsmal pro Woche das Risiko für eine Obsti- sich speziell für anale Ursachen einer Obstipation. Glycerol
pation um 35 Prozent senken konnte (19).
wird als Klysma oder als Suppositorium rektal appliziert mit
raschem Wirkungseintritt innert Minuten bis einer Stunde.
Ernährung
Für eine normale Darmfunktion wird eine ausgewogene Osmotische Laxanzien
Mischkost mit genügend Fasern aus Früchten, Gemüse und Bei den osmotischen Laxanzien handelt es sich um schlecht
Getreide empfohlen. Die täglich eingenommene Fasermenge oder nicht resorbierte Substanzen, die zu einem Wassereinstrom
sollte im Rahmen einer gesunden Ernährung etwa 20 bis ins Darmlumen führen. Die osmotischen Laxanzien kann man
25 Gramm betragen. Die Wirkung der Fasern auf die Stuhl- unterteilen in salinische Substanzen (Natriumsulfat = Glauber-
masse ist abhängig von der Wasseraufnahmefähigkeit, der salz, Magnesiumsulfat = Bittersalz, Natriumhydrogenphosphat)
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und in schlecht resorbierbare Zucker (Lactulose, Lactitol) respektive Zuckeralkohole (Sorbitol, Mannitol). In der Regel braucht es einige Tage bis zum Wirkungseintritt. Bei nierenund herzinsuffizienten Patienten muss diese eigentlich gut verträgliche Substanzgruppe mit Vorsicht verwendet werden, da sie zu Elektrolytstörungen (Hypokaliämie, Natriumretention) und Hypervolämie führen kann. Ein Nachteil entsteht durch die bakterielle Fermentation der Zuckerverbindungen im Dickdarm, die zu Blähungen und störender Flatulenz führen kann. Diese Nebenwirkungen treten bei der neueren Substanzgruppe der Polyethylenglykole (Macrogol mit oder ohne Elektrolyte) deutlich weniger auf, da diese nicht fermentiert werden (27). Diese sogenannten isoosmotischen Laxanzien werden heute häufig und mit Erfolg eingesetzt.
Motilitäts- und sekretionsbeeinflussende Laxanzien
Motilitäts- und sekretionsbeeinflussende Laxanzien stimulie-
ren die Motilität, dadurch wird die Stuhlpassage beschleunigt.
Dem Darminhalt wird somit einerseits weniger Wasser ent-
zogen, andererseits wird der Flüssigkeitsgehalt des Stuhls
durch Wasser- und Elektrolyteinstrom gesteigert. In dieser
Gruppe unterscheidet man die pflanzlichen Substanzen wie
die Anthranoide (Senna, Aloe, Faulbaum = Frangula) und
Rizinusöl von den chemischen Substanzen (Bisacodyl,
Natriumpicosulfat).
Ein Vorteil der stimulativen Laxanzien ist der rasche Wir-
kungseintritt (Stunden), leider führen sie aber gelegentlich zu
Bauchkrämpfen. Bei chronischem Gebrauch können anthra-
noidhaltige Substanzen zu einer braun-schwarzen Pigmentie-
rung (Pseudomelanose) der Kolonschleimhaut führen. Diese
Erscheinung ist absolut harmlos und bildet sich in der Regel
nach dem Absetzen der Laxanzien zurück. Die frühere Be-
fürchtung, der chronische Gebrauch dieser Laxanziengruppe
könne zu Schäden am autonomen Nervensystem des Kolons
oder gar zu Dickdarmkrebs führen, ist unbegründet (17).
Jegliche Therapie der chronischen Obstipation sollte für min-
destens vier Wochen beibehalten werden, oft ist eine lebens-
lange Therapie nötig. Alle beschriebenen Laxanzien sind als
sehr sicher und wirksam zu betrachten. Nebenwirkungen wie
ein Gewöhnungseffekt oder eine Toleranzentwicklung kann
man meist als nicht relevant ausser Acht lassen.
■
Korrespondenzadresse: Dr. med. Michael Manz Abteilung für Gastroenterologie Universitätsspital, Petersgraben 4, 4031 Basel Tel. 061-265 25 25, Fax 061-265 53 52 E-Mail: mmanz@uhbs.ch
Interessenkonflikte: keine
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