Transkript
FORTBILDUNG
Medikamentöse Therapie der saisonalen allergischen Rhinitis
Neue Leitlinie – intranasale Kortikosteroide haben bei Heuschnupfen hohen Stellenwert
Die US-amerikanische Joint Task Force on Practice Parameters hat im Jahr 2017 aktualisierte Empfehlungen zur initialen Therapie der saisonalen allergischen Rhinitis bei Jugendlichen und Erwachsenen herausgegeben. Intranasale Kortikosteroide werden für die meisten Patienten als wichtigste Option zur Kontrolle der Symptomatik erachtet. Bei moderater bis schwerer Erkrankungsform kann die Zugabe eines intranasalen Antihistaminikums in Betracht gezogen werden.
Annals of Internal Medicine
In den USA sind bis zu 14 Prozent der Erwachsenen von einer allergischen saisonalen Rhinitis betroffen (in der Schweiz fast jeder 5. Einwohner; Quelle: Swiss Medical Forum 2017; 17 [8]: 179–186). Die Erkrankung wird meist sowohl mit rezeptpflichtigen als auch mit frei verkäuflichen Medikamenten behandelt. Einige Patienten profitieren von einer spezifischen Allergenimmuntherapie, die als einzige krankheitsmodifizierende Option zur Verfügung steht. Die Hyposensibilisierung sowie die Behandlung der ganzjährigen allergischen Rhinitis sind jedoch nicht Gegenstand der aktualisierten Leitlinie. Die Empfehlungen der Joint Task Force on Practice Parameters zur initialen Therapie der saisonalen allergischen Rhinitis gelten für Patienten ab einem Alter von 12 Jahren.
Intranasales Kortikosteroid eher nicht mit oralem Antihistaminikum kombinieren
Empfehlung 1: Zur initialen Behandlung der saisonalen allergischen Rhinitis sollte eher eine Monotherapie mit intranasalem Kortikosteroid verschrieben werden als ein intranasales Kortikosteroid in Kombination mit einem oralen Antihistaminikum (starke Empfehlung). In acht Studien wurde die Wirksamkeit einer Kombination aus intranasalem Kortikosteroid/oralem Antihistaminikum
MERKSÄTZE
Die Monotherapie mit intranasalen Kortikosteroiden sollte gegenüber der Kombination mit einem oralen Antihistaminikum bevorzugt werden.
Intranasale Kortikosteroide lindern die Beschwerden wirksamer als orale Leukotrienrezeptorantagonisten.
Bei moderater bis schwerer Erkrankungsform kann ein intranasales Kortikosteroid mit einem intranasalen Antihistaminikum kombiniert werden.
und einer Monotherapie mit intranasalem Kortikosteroid verglichen. Nach der Datenauswertung kam die Task Force zu dem Ergebnis, dass die Kombination nicht wirksamer ist als die Monotherapie. Zudem können orale Antihistaminika – vor allem die der ersten Generation – mit Sedierung und anderen Nebenwirkungen verbunden sein. Die Experten räumen jedoch ein, dass manche Patienten, bei denen ein intranasales Kortikosteroid allein nicht ausreichend wirksam ist, von einem zusätzlichen oralen Antihistaminikum profitieren könnten.
Intranasales Kortikosteroid statt Leukotrienrezeptorantagonist
Empfehlung 2: Zur initialen Behandlung der saisonalen allergischen Rhinitis sollte bei Patienten ab 15 Jahren ein intranasales Kortikosteroid gegenüber einem Leukotrienrezeptorantagonisten bevorzugt werden (starke Empfehlung). Fünf Studien verglichen die Wirksamkeit von Leukotrienrezeptorantagonisten wie Montelukast (Singulair® und Generika) mit intranasalen Kortikosteroiden. Aus der Datenlage geht nach Einschätzung der Experten hervor, dass intranasale Kortikosteroide zur Linderung der nasalen Symptome wirksamer sind. Allerdings vertragen manche Patienten keine intranasalen Kortikosteroide, und andere Personen bevorzugen ein orales Medikament, auch wenn es weniger wirksam ist. Für Patienten, die neben der saisonalen allergischen Rhinitis unter leichtem Asthma leiden, kann ein Leukotrienrezeptorantagonist geeignet sein und ist in diesen Fällen auch zur Linderung der Rhinitis von Nutzen. Der Leukotrienrezeptorantagonist gehört jedoch nicht zu den bevorzugten Medikamenten für jede einzelne Erkrankung.
Intranasales Kortikosteroid/intranasales Antihistaminikum wirksamer als Monotherapien
Empfehlung 3: Zur initialen Behandlung der moderaten bis schweren saisonalen allergischen Rhinitis kann die Kombination eines intranasalen Kortikosteroids mit einem intrana-
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salen Antihistamin empfohlen werden (schwache Empfehlung). Seit der letzten Leitlinienfassung (2008) wurde in fünf Studien die Wirksamkeit einer Kombination aus intranasalem Antihistamin/intranasalem Kortikosteroid im Vergleich zu den jeweiligen Monotherapien untersucht. Vier Studien verglichen Fluticason (z.B. Avamys®, Nasofan®) mit einem Fluticason-Azelastin-Kombinationsspray (Dymista®). In der fünften wurde die Wirksamkeit von Fluticason mit jener von Fluticason und Azelastin (Allergodil®) bei einer Applikation mit zwei separaten Sprays verglichen. Die Studienauswertung ergab, dass die Zugabe eines nasalen Antihistaminikums bei Patienten mit moderater bis schwerer saisonaler allergischer Rhinitis – im Gegensatz zum Add-on von oralem Antihistaminikum – mit einem zusätzlichen Nutzen verbunden ist. Die Kombination erwies sich somit als wirksamer im Vergleich zu den beiden Monotherapien.
Die dritte Empfehlung wurde von der Task Force allerdings
als schwache Empfehlung eingestuft. Diese Entscheidung ba-
sierte auf Bedenken im Hinblick auf potenzielle Studienver-
zerrungen sowie auf dem höheren Nebenwirkungsrisiko und
den zusätzlichen Kosten bei der Applikation von zwei Medi-
kamenten.
L
Petra Stölting
Quelle: Wallace DV et al.: Pharmacologic treatment of seasonal allergic rhinitis: synopsis of guidance from the 2017 Joint Task Force on Practice Parameters. Ann Intern Med 2017; 167(12): 876–881.
Interessenlage: Vier der fünf Autoren der referierten Studie haben Gelder von verschiedenen Pharmaunternahmen erhalten.
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