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STUDIE REFERIERT
Guidelines des American College of Rheumatology
Prävention und Therapie der glukokortikoidinduzierten Osteoporose
Bei Langzeittherapien mit Glukokortikoiden muss an eine potenziell eintretende Osteoporose als Folge gedacht werden. Wie sie am besten zu vermeiden und was vorgängig abzuklären ist, dazu hat das American College of Rheumatology Leitlinien veröffentlicht.
Arthritis Care & Research
Glukokortikoide spielen eine wichtige Rolle in der Behandlung von vielen entzündlichen Erkrankungen. Allein in den USA erhält schätzungsweise 1 Prozent der Bevölkerung eine Langzeitbehandlung mit Glukokortikoiden. Mehr als 10 Prozent dieser Patienten, die unter einer Langzeitbehandlung mit
Gukokortikoiden stehen, erleiden Knochenfrakturen, bei 30 bis 40 Prozent zeigen sich radiografisch vertrebrale Frakturen. Die höchste Knochenverlustrate tritt in den ersten 3 bis 6 Monaten der Glukokortikoidtherapie auf, danach erfolgt der Abbau etwas gebremster. Hohe tägliche und hohe kumulative
Dosen erhöhen das Frakturrisiko, insbesondere vertebral wegen des stärkeren Effekts von Glukokortikoiden auf trabekuläre als auf kortikale Knochen. Risikofaktoren für eine glukokortikoidinduzierte Fraktur sind eine niedrige Knochenstärke bei Therapiebeginn und die Verlustrate während der Therapie,
Kalzium und Vitamin D und Lebensstilanpassungen
Niedriges Risiko
Keine weitere Therapie Überwachung mit jährlichem klinischem Fraktur-
risikoassessment und Knochendichtemessung alle 2–3 Jahre je nach Risikofaktoren
Mässiges Risiko
Alter < 40 Jahre 1. Osteoporotische Frakturrisiko- anamnese oder 2. Z-Score < -3 an Hüfte oder Wirbelsäule und Prednison ≥ 7,5 mg/Tag oder 3. > 10%/Jahr Knochendichteverlust an Hüfte oder Wirbelsäule und Prednison ≥ 7,5 mg/Tag oder 4. sehr hohe Glukokortikoiddosis und ≥ 30 Jahre
Alter ≥ 40 Jahre 1. Osteoporotische Frakturrisiko-
anamnese oder 2. Männer ≥ 50 Jahre und post-
menopausale Frauen mit BMDT-Score ≥ –2,5 an Hüfte oder Wirbelsäule oder 3. FRAX (glukokortikoidangepasst): 10-Jahres-Risiko für grössere osteoporotische Frakturen ≥ 10% oder 4. FRAX (glukokortikoidangepasst): 10-Jahres-Risiko für osteoporotische Hüftfrakturen > 1% oder 5. sehr hohe Glukokortikoiddosis
Frauen im gebärfähigen Alter (keine Schwangerschaft während der
Osteoporosebehandlung geplant)
Therapie mit oralen Bisphosphonaten Second-Line: Teriparatid oder Bisphos-
phonate i.v. oder Denosumab
Abbildung: Algorithmus zur initialen Pharmakotherapie bei Erwachsenen
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Frauen (nicht gebärfähig) und Männer
Therapie mit oralen Bisphosphonaten oder:
Bisphosphonate i.v. Teriparatid Denosumab
Raloxifen (postmenopausale Frauen), wenn keine andere Therapie anwendbar
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die abhängig von Dosis und Dauer ist. Allerdings ist die Glukokortikoidtherapie ein reversibler Risikofaktor für die glukokortikoidinduzierte Osteoporose (GIOP), bei Beendigung der Therapie steigt die Knochenmasse wieder, und das Frakturrisiko sinkt. Trotz des bekannten Risikos und verfügbarer wirksamer Frakturpräventionstherapien erhalten viele Glukokortikoid-Langzeitanwender keine Präventivtherapie, oder sie erhalten erst dann eine Behandlung, wenn Knochenfrakturen eingetreten sind.
Frakturrisikoassessment vor Therapiebeginn
Vor Beginn oder innerhalb der ersten sechs Monate einer Langzeittherapie mit Glukokortikoiden sollte bei allen Kindern und Erwachsenen ein Frakturrisikoassessment mit detaillierter Anamnese zu Glukokortikoidtherapie, osteoporotischem oder sonstigem Frakturrisiko durchgeführt werden. Bei Erwachsenen über 40 Jahre empfiehlt sich zusätzlich die Bestimmung
www.rosenfluh/qr/FRAX_Schweiz
des Frakturrisikos mit dem FRAXRechner (Link siehe unten). Bei Glukokortikoiddosen von > 7,5 mg/Tag muss das errechnete Risiko mit 1,15 für osteoporotische Frakturen beziehungsweise mit 1,2 für Hüftfrakturen multipliziert werden. Bei Erwachsenen unter 40 Jahren sollte zusätzlich die Knochendichte (BMD) gemessen werden, wenn ein hohes Frakturrisiko vorliegt.
Therapieempfehlungen
Bei allen Patienten unter einer Glukokortikoidtherapie (Prednison ≥ 2,5 mg/ Tag ≥ 3 Monate) ist eine generelle Unterstützung mit folgenden Massnahmen grundsätzlich empfohlen (Abbildung): L Kalzium 1000–1200 mg/Tag L Vitamin D 600–800 IE/Tag (Serum-
spiegel ≥ 20 ng/ml) L Lebensstilmodifikationen wie ausge-
wogene Ernährung, Gewichtskontrolle, Rauchstopp, regelmässiges Krafttraining, mässiger Alkoholgenuss (1–2 alkoholische Drinks/Tag).
Patienten mit mässigem bis hohem Frakturrisiko sollten ein orales Bisphosphonat erhalten. Ist dies nicht angebracht, empfehlen sich in absteigender Rangfolge intravenöse Bisphosphonate, Teriparatid, Denosumab und für postmenopausale Frauen Raloxifen.
Gebärfähige Frauen, die keine Schwan-
gerschaft planen, sollten orale Bisphos-
phonate erhalten. Kommt das nicht
infrage, kann Teriparatid verordnet wer-
den. Intravenöse Bisphosphonate sowie
Denosumab kommen aufgrund des po-
tenziellen fötalen Risikos in Tierstudien
nur bei sehr hohem Frakturrisiko infrage,
wenn orale Bisphosphonate oder Teripa-
ratid nicht angewendet werden können.
Erwachsene Transplantierte mit einer glo-
merulären Filtrationsrate von ≥30ml/ min
und ohne metabolische Knochenerkran-
kungen können wie Nichttransplan-
tierte behandelt werden. Denosumab
sollte hier allerdings nicht zum Einsatz
kommen, da Daten zum Infektionsrisiko
unter Immunsuppressiva fehlen.
Bei Kindern zwischen 4 und 17 Jahren
unter Glukokortikoidbehandlung (≥ 3
Monate) ohne osteoporotische Fraktur
sollen Kalzium- und Vitamin-D-Ein-
nahme optimiert werden, im Fall von
vorhandenen osteoporotischen Fraktu-
ren ist die Therapie mit oralen oder in-
travenösen Bisphosphonaten ange-
zeigt.
VH L
Quelle: Buckely L et al.: 2017 American College of Rheumatology Guideline for the Prevention and Treatment of Glucocorticoid-Induced Osteoporosis. Arthritis Care & Research 2017; 69: 1095–1110.
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