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KONGRESSBERICHT
40th San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS), 5. bis 8. Dezember 2017
HER2-negatives Mammakarzinom
Neue Optionen bei prämenopausalen Patientinnen
Die Erstlinientherapie bei jungen Brustkrebspatientinnen mit dem CDK4/6-Inhibitor Ribociclib, kombiniert mit endokriner Therapie, bewirkt hochsignifikante Überlebensvorteile. Dies ergab eine Phase-III-Studie mit Schweizer Beteiligung. Weitere Highlights auf dem SABCS bei HER2-negativem Brustkrebs bezogen sich auf den Stellenwert der Ovarialsuppression mit GnRH-Analoga und mit endokriner Therapie, in der Postmenopause auf die erweitere Aromatasehemmergabe.
Prämenopausale Patientinnen
Auch junge Frauen profitieren von Ribociclib Als eines der Highlights des SABCS präsentierte Debu Tripathy aus den USA die Ergebnisse der MONALEESA-7-Studie (1), in der zum ersten Mal ein CDK4/6-Inhibitor in Kombination mit einer endokrinen Erstlinientherapie in einem rein prämenopausalen Patientinnenkollektiv untersucht wurde. In dieser Phase-III-Studie wurden insgesamt 672 prä- oder perimenopausale Frauen mit fortgeschrittenem hormonrezeptorpositivem, HER2-negativem Mammakarzinom mit Ribociclib oder Plazebo in Kombination mit Tamoxifen oder Aromatasehemmer plus Ovarialsuppression (Goserelin) behandelt. Das progressionsfreie Überleben (PFS) war primärer Endpunkt. Eine Vorbehandlung mit maximal einer Chemotherapie war erlaubt, aber keine endokrine Therapie für die metastasierte Situation. Das mediane Follow-up betrug 19,2 Monate. Die Zugabe von Ribociclib verbesserte das PFS hochsignifikant von 13,0 auf 23,8 Monate (Hazard Ratio; HR: 0,55; p = 0,0000000983). Der Effekt bestand konsistent in allen untersuchten Subgruppen und war auch unabhängig vom endokrinen Kombinationspartner (Tamoxifen oder Aromatasehemmer). Die Ansprechrate war durch Ribociclib ebenfalls signifikant verbessert und betrug in der Gruppe mit messbarer Erkrankung 50,9% gegenüber 36,4% (p < 0,0003). Darüber hinaus führte Ribociclib zu einer signifikanten Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, vor allem durch deren deutlich längeren Erhalt sowie durch eine Verringerung der Schmerzintensität schon nach 8 Wochen.
Das Sicherheitsprofil entsprach den bisherigen Erfahrungen unter Ribociclib (Neutropenie als wesentliche Toxizität). Grad-3- oder -4-Neutropenien traten in über 60% der Fälle auf. Eine febrile Neutropenie wurde aber nur bei 2,1% der Patientinnen beobachtet.
Neue Updates der SOFT/TEXT-Studien In den Studien TEXT und SOFT konnte gezeigt werden, dass in der Adjuvanz bei prämenopausalen Frauen mit hormonempfindlichem frühem Brustkrebs eine Ovarialsuppression zusätzlich zur Therapie mit Tamoxifen oder Aromatasehemmern (wie Exemestan) für 5 Jahre die Wirksamkeit der endokrinen Therapie erhöht. Dabei konnte Exemestan plus Ovarialsuppression das Rezidivrisiko noch effektiver senken als Tamoxifen plus Ovarialsuppression. Am SABCS 2017 präsentierte Prudence Francis aus Australien ein Update der kombinierten Analyse beider Studien (2): Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 9 Jahren zeigt sich auch weiterhin ein signifikanter Vorteil für Exemestan gegenüber Tamoxifen jeweils in Kombination mit Ovarialsuppression: Dabei bestand eine absolute Differenz von 4,0% im DFS (86,8 vs. 82,8%; HR: 0,77; p = 0,0006), 4,1% im brustkrebsspezifischen Überleben (89,3 vs. 85,2%; HR: 0,74; p = 0,0002) und 2,1% im fernmetastasenfreien Überleben (91,8 vs. 89,7%; HR: 0,80; p = 0,02). Bezüglich Gesamtüberleben zeigte sich bisher kein Unterschied, was aber in der adjuvanten Situation nach 9 Jahren auch noch nicht zu erwarten ist. Die Überlebensraten waren aber mit 93,3% und 93,4% ausgezeichnet. Typische Nebenwirkungen der Aro-
matasehemmer wie Muskel- und Gelenkschmerzen, vaginale Trockenheit und vor allem Osteoporose traten erwartungsgemäss häufiger unter Exemestan als unter Tamoxifen auf, sodass – abgesehen vom grösseren Thromboserisiko unter Tamoxifen – für die höhere Effektivität der Aromatasehemmer auch eine höhere Toxizität in Kauf genommen werden muss. Gini Fleming aus den USA stellte das alleinige Update der SOFT-Studie (3) vor, in der es auch einen dritten Arm mit Tamoxifen allein gab, um den Nutzen der Ovarialsuppression zusätzlich zu Tamoxifen zu prüfen. Im DFS ergab sich hier nach einem medianen Follow-up von 8 Jahren ein signifikanter Vorteil für Tamoxifen plus Ovarialsuppression von absolut 4,3% gegenüber Tamoxifen allein (83,2 vs. 78,9%; HR: 0,76; p = 0,009). Am meisten profitierte die Gruppe der jungen Patientinnen im Alter unter 35 Jahren, die aufgrund eines höheren Rückfallrisikos eine Chemotherapie erhalten hatten. Bei den unter 35-Jährigen hat also die Ovarialsuppression (insbesondere nach Chemotherapie) zusätzlich zur endokrinen Therapie einen hohen Stellenwert. Bei der Therapiewahl muss allerdings die höhere Nebenwirkungsrate und damit auch eine potenziell schlechtere Therapieadhärenz für die Kombination mit Aromatasehemmern im Vergleich zur Kombination mit Tamoxifen in Betracht gezogen werden.
Postmenopausale Patientinnen
Erweiterte Adjuvanz mit Aromatasehemmer Eine der wichtigsten Fragen bei postmenopausalen Frauen mit frühem Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom ist die Dauer der endokrinen Therapie, da etwa die Hälfte der Rezidive erst nach 5 Jahren auftritt. In der Praxis wird daher häufig nach 5 Jahren regulärer endokriner Therapie eine erweiterte Therapie mit Aromatasehemmern durchgeführt, für die es bis jetzt aber nur wenig aussagekräftige Daten gibt (vergleiche Ta-
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belle). Nach heutigem Erkenntnisstand scheinen nur Patientinnen mit erhöhtem Rückfallrisiko von einer erweiterten adjuvanten Therapie zu profitieren, während bei niedrigem Risiko darauf verzichtet werden kann. In der österreichischen ABCSG-16-Studie (4) wurde bei 3484 postmenopausalen Patientinnen mit einem frühen hormonrezeptorpositiven Mammakarzinom (Stadium I–III) nach 5 Jahren endokriner Therapie mit Tamoxifen oder Aromatasehemmer (allein oder in Sequenz) eine verlängerte Therapie mit weiteren 2 respektive 5 Jahren Anastrozol verglichen. Die von Michael Gnant präsentierten Ergebnisse zeigen eindeutig, dass die Gabe des Aromatasehemmers für weitere 2 Jahre ausreicht und eine Therapieverlängerung darüber hinaus keinen Vorteil bringt, sondern nur zu mehr Frakturen führt (4,7 vs. 6,3%; p = 0,053). Nach einem medianen Follow-up von fast 9 Jahren bestand kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen, weder im primären Endpunkt DFS (71,1 vs. 70,3%; HR: 1,007; p = 0,925) noch in allen weiteren Endpunkten wie Gesamtüberleben, kontralaterales Mammakarzinom oder Zweitmalignom. Die Studie zeigte auch, dass die Therapieadhärenz mit längerer Therapiedauer kontinuierlich abnahm. Zusammenfassend scheint eine Therapiedauer
von insgesamt 7 Jahren für die meisten Patientinnen optimal zu sein. Ob es eine Subgruppe gibt, die von der 10-jährigen Therapiedauer profitiert, muss noch in weiteren Studien geklärt werden.
Dauer der adjuvanten Bisphosphonatgabe Derzeit wird postmenopausalen Patientinnen mit frühem Brustkrebs und erhöhtem Rückfallrisiko eine adjuvante Therapie mit Zoledronsäure (4 mg i.v. alle 6 Monate für 3 Jahre; insgesamt 6 Infusionen) empfohlen. Grundlage dafür ist eine Metaanalyse der Early Breast Cancer Trialists’ Collaborative Group (EBCTG, Lancet 2015), in der eine signifikante Verbesserung des krankheitsfreien und Gesamtüberlebens durch die Zugabe von Bisphosphonaten zur endokrinen Therapie gezeigt werden konnte. Allerdings sind Bisphosphonate bis heute für diese Indikation nicht zugelassen, und es existiert auch keine Empfehlung zur optimalen Therapiedauer. Im Rahmen der deutschen SUCCESS-AStudie wurden zunächst zwei unterschiedliche adjuvante Chemotherapieschemata bei 2987 Patientinnen verglichen; danach wurde in einer zweiten Randomisierung entweder 2 oder 5 Jahre mit dem Bisphosphonat Zoledronsäure behandelt. Die Zoledronsäureinfusionen
Tabelle:
Studien zur erweiterten adjuvanten Therapie mit Aromatasehemmer bei postmenopausalen Patientinnen
(adaptiert nach [2])
Studie MA-17 NSABP-B33 ABCSG-6a NSABP-B42 MA-17R DATA IDEAL
SOLE
ABCSG-16
Behandlungsablauf
HR für DFS
5 Jahre TAM
5 Jahre Letrozol oder Plazebo
0,57
5 Jahre TAM
5 Jahre Exemestan oder Plazebo 0,68
5 Jahre TAM
3 Jahre Anastrozol oder Plazebo 0,62
5 Jahre AI oder TAM-AI-Sequenz 5 Jahre Letrozol oder Plazebo
0,85 (NS)
5 Jahre TAM, danach 5 Jahre AI
Weiter 5 Jahre Letrozol oder Plazebo 0,80
2–3 Jahre TAM
2–3 oder 6 Jahre Anastrozol
0,79 (NS)
5 Jahre TAM oder AI
2½ oder 5 Jahre Letrozol
0,88 (NS)
(allein oder in Sequenz)
5 Jahre TAM oder AI
5 Jahre Letrozol fortlaufend
1,08 (NS)
(allein oder in Sequenz)
oder intermittierend
5 Jahre TAM oder AI
2 oder 5 Jahre Anastrozol
1,007 (NS)
(allein oder in Sequenz)
TAM = Tamoxifen; AI = Aromatasehemmer; DFS = rezidivfreies Überleben; NS = nicht signifikant
erfolgten bei der 2-jährigen Therapie-
dauer alle 3 Monate und nicht wie üblich
alle 6 Monate. Bei der 5-jährigen Thera-
piedauer wurde die Zoledronsäure in
den ersten 2 Jahren ebenfalls alle 3 Mo-
nate und danach alle 6 Monate verab-
reicht. Die Ergebnisse zur Chemothera-
pie wurden bereits 2016 auf dem SABCS
präsentiert. Wolfgang Janni aus
Deutschland stellte beim SABCS 2017
die Ergebnisse zur Zoledronsäurebe-
handlung vor (1):
Insgesamt zeigte sich kein Vorteil durch
eine auf 5 Jahre verlängerte Therapie-
dauer, weder im rezidivfreien Überleben
(DFS) (p = 0,827) oder Gesamtüberleben
(p = 0,713) noch beim Auftreten der
Knochenmetastasierung (p = 0,427). Die
5-jährige Behandlungsdauer war wie zu
erwarten mit einer höheren Toxizität ver-
bunden. Damit bleibt die 3-jährige The-
rapiedauer mit halbjährlichen Infusionen
Standard. Eine längere Behandlung
scheint nicht sinnvoll zu sein.
I
Gerhard Emrich
Quelle: 40th San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS), San Antonio/Texas, 5. bis 8.Dezember 2017.
Referenzen: 1. Tripathy D et al.: First-line ribociclib vs placebo with
goserelin and tamoxifen or a non-steroidal aromatase inhibitor in premenopausal women with hormone receptor-positive, HER2-negative advanced breast cancer: Results from the randomized phase III MONALEESA-7 trial. SABCS 2017; #GS2-05. 2. Pagani O et al.: Randomized comparison of adjuvant aromatase inhibitor exemestane (E) plus ovarian function suppression (OFS) vs tamoxifen (T) plus OFS in premenopausal women with hormone receptor positive (HR+) early breast cancer (BC): Update of the combined TEXT and SOFT trials. SABCS 2017; #GS4-02. 3. Fleming G et al.: Randomized comparison of adjuvant tamoxifen (T) plus ovarian function suppression (OFS) versus tamoxifen in premenopausal women with hormone receptor-positive (HR+) early breast cancer (BC): Update of the SOFT trial. SABCS 2017; #GS4-03. 4. Gnant M et al.: A prospective randomized multi-center phase-III trial of additional 2 versus additional 5 years of Anastrozole after initial 5 years of adjuvant endocrine therapy – results from 3484 postmenopausal women in the ABCSG-16 trial. SABCS 2017; #GS3-01. 5. Janni WJ et al.: Extended adjuvant bisphosphonate treatment over five years in early breast cancer does not improve disease-free and overall survival compared to two years of treatment: Phase III data from the SUCCESS A study. SABCS 2017; #GS1-06.
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