Transkript
EDITORIAL
O bwohl die Endometriose bereits 1690 erstmals in der «Disputatio inauguralis medica de ulceribus uteri» von Daniel Schroen beschrieben wurde, wird diese Erkrankung bis heute häufig als «Forgotten Disease» bezeichnet.
Häufig – aber immer noch vielfach unverstanden Aufgrund der hohen Prävalenz der Erkrankung erscheint dies verwunderlich. Ein Grund liegt sicherlich in der weitgehend unverstandenen Ätiologie sowie der schwierigen Diagnostik und Therapie. Die Endometriose ist ein chronisches Leiden und stellt nach dem Uterus myomatosus die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung im reproduktionsfähigen Alter dar. Die Diagnosestellung gestaltet sich oft langwierig. Trotz umfangreicher Bemühungen wie Etablierung spezialisierter Endometriosezentren und entsprechender Öffentlichkeitsarbeit verzögert sich die Diagnose dieser Erkrankung wei-
The Forgotten Disease
terhin um durchschnittlich 7 Jahre nach Auftreten der ersten Symptome. Nicht selten haben Frauen mit Endometriose mehrere Ärzte konsultiert, bevor die Krankheit diagnostiziert wird.
Sehr vielfältige Symptomatik Das Beschwerdebild ist vielfältig und hängt nicht primär vom Schweregrad der Erkrankung ab. Neben asymptomatischen Verläufen, welche nur zufällig im Rahmen einer Laparoskopie diagnostiziert werden, kann die Endometriose mit teilweise ausgeprägter Schmerzsymptomatik einhergehen. Betroffene Frauen erleben eine unter Umständen erhebliche Einschränkung ihrer Lebensqualität. Oft besteht nicht nur subjektiv ein hoher Leidensdruck der Patientinnen, sondern die Erkrankung hat auch eine grosse volkswirtschaftliche Bedeutung aufgrund von medizinischem Aufwand und Arbeitsausfall.
Aufwändige Therapiemethoden ... Die operative Entfernung der Herde gilt als Standard bei symptomatischer Endometriose. Da die Endometriose sich durch infiltratives Wachstum organübergreifend ausbreiten kann, sind zum Teil ausgedehnte Operationen erforderlich. Neben der operativen Sanierung ist die medikamentöse Therapie der Endometriose die zweite therapeutische Säule, mit der leider nur eine symptomatische und keine kurative Behandlung erreicht werden kann. Da die Therapie stark vom Beschwerdebild und von der jeweiligen Lebenssituation der Patientin abhängt, sollte immer ein individuelles Therapiekonzept zusammen mit der Frau erstellt werden.
Wegen der Komplexität ist eine Behandlung in Zentren mit entsprechender interdisziplinärer Expertise von Vorteil. Patrick Imesch und Kollegen liefern eine Übersicht zu verschiedenen Operationsmethoden bei tief infiltrierender Endometriose und der Tendenz zu weniger aggressivem Vorgehen.
... sowie neue Erkenntnisse und Betreuungskonzepte für die Praxis Eine Assoziation zwischen Endometriose und Ovarialkarzinomen ist belegt, wenn auch Endometriose-assoziierte Ovarialkarzinome selten sind. So wurde eine maligne Transformation auf dem Boden einer bestehenden Endometriose zu hellzelligen, endometrioiden und low-grade serösen Ovarialkarzinomen beschrieben. Eine Übersicht über diesbezügliche Pathomechanismen gibt der Artikel von Eleftherios Pierre Samartzis und Kollegen. Die Fertilität ist bei Frauen mit Endometriose häufig eingeschränkt. Ursächlich dafür sind Störungen der ovariellen Funktion, der Tuben sowie der Rezeptivität des Endometriums. Endometriose-bedingte Unterbauchschmerzen, Dyspareunie und Erschöpfung können die partnerschaftliche Sexualität beeinflussen. Der Beitrag von Brigitte Leeners und Kollegen gibt auf der Basis eigener Ergebnisse sowie der Literatur einen Überblick über Endometriosebedingte Auswirkungen auf die partnerschaftliche Sexualität und zeigt Möglichkeiten zur Integration sexueller Aspekte in Betreuungskonzepte auf. Die Adenomyose wird, separiert von der Endometriose, zunehmend als eigene Entität anerkannt. Über dieses Krankheitsbild berichten Juliane Hutmacher und Kollegen im letzten Artikel des Schwerpunktteils dieser Ausgabe.
Prof. Dr. med. Daniel Fink Direktor Klinik für Gynäkologie SEF/EEL-zertifiziertes Endometriosezentrum
Universitätsspital Zürich
GYNÄKOLOGIE 1/2018
1