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«Mehr Fisch essen»:
Diätempfehlungen zu Fischöl nicht nachhaltig
In vielen Ländern sprechen die aktuellen Empfehlungen zur kardiovaskulären Vorbeugung oder Gesunderhaltung von den Vorzügen der langkettigen mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren (insbesondere Eicosapentaensäure [EPA] und Docosahexaensäure [DHA]) und propagieren «zwei Mahlzeiten mit fettem Fisch pro Woche». Überzeugte Vegetarier hatten mit dieser Empfehlung schon lange Mühe, nun wenden sich auch David J.A. Jenkins vom Zentrum für Risikofaktorenmodifikation am St. Michael’s Hospital in Toronto und Koautoren im «Canadian Medical Association Journal» (CMAJ, 17. März 2009, S. 633–637; DOI:10.1503/cmaj.081274) mit viel Engagement gegen den wohlfeilen Rat. Kohortenuntersuchungen und auch einige randomisierte kontrollierte Studien sprächen zwar für eine vorbeugende Wirkung von Fischöl hinsichtlich der koronaren Herzkrankheit (KHK), das Ausmass des Schutzeffekts in der Primärprävention bleibe aber durchaus Gegenstand von Diskussionen. Auch in der Sekundärprävention ist die Datenlage aus der Sicht der kanadischen Autoren durchzogen: «Im besten
Fall sind Fischöle wohl ein Faktor unter vielen die das KHK-Risiko reduzieren könnten», und sie fahren fort: «Im Gegensatz zur Unsicherheit über den Wert von Omega-3Fischölen in der wissenschaftlichen Literatur besteht wenig Zweifel am Ausmass der Fischereikrise und an der Aussicht weitergehender Zusammenbrüche von Fischbeständen». Seit Ende der Achtzigerjahre haben die weltweiten Fischfänge eher abgenommen, seit den Fünfzigerjahren ist eine exponentielle Zunahme kollabierter Fischbestände zu verzeichnen. Das sind Entwicklungen die dem breiten Publikum, das mehr Fisch essen soll, nicht bewusst sind. Fischfarmen sind in diesem Zusammenhang übrigens keine Lösung, schreiben die Autoren, denn hier fällt die Gleichung sehr ungünstig aus, da die «gesunden» grossen Fische mit viel mehr kleinen gefüttert werden müssen. Sie rechnen vor, dass in der Fischzucht für 1 Kilogramm eines karnivoren Fisches 2,5 bis 5 Kilogramm Futterfisch aufgewendet werden
muss. Zusammen mit der Beobachtung,
dass viele Fische mit gefährlichen Stoffen
belastet sind, spricht somit alles dafür
Omega-3-Fettsäuren aus alternativen Quel-
len, beispielsweise aus Algen zu gewinnen
oder zukünftig auch aus genetisch ver-
änderten Hefepilzen. Auch die Förderung
des Verzehrs kürzerer Fettsäuren (v.a. Alpha-
linolensäure) aus pflanzlichen Quellen
könnte eine Lösung sein.
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H.B.
Ein Ausweg aus dem kardiologischen Stent-Dilemma?
Selbstauflösende Bio-Stents
Resorbierbare Stents könnten das Problem der gefürchteten Spätthrombosen nach dem Einsetzen von Koronarstents lösen. Dies ergab eine zweijährige Pilotstudie bei 30 Patienten, denen ein Koronarstent aus einem Milchsäurepolymer eingesetzt worden war (Lancet 2009; 373: 897–910). Professor Franz Eberli vom Universitätsspital Zürich, Sprecher der European Society of Cardiology (ESC), zeigte sich davon beeindruckt, wie glatt sich die Gefässwand zwei Jahre nach dem Einsetzen dieses Stents in bildgebenden Verfahren darstellte. Auch war der grösste Teil des Stents bereits abge-
baut, was ebenfalls ein ermutigendes Zeichen sei. Das Gefäss hatte aber – wie bei anderen Stents auch – einen etwas verringerten Durchmesser (- 0,48mm). Dieser liegt zwischen demjenigen bei unbeschichteten Metallstents (-1 mm) und medikamentenbeschichteten Stents (-0,15 bis -0,3 mm). Im Vergleich zu herkömmlichen Stents ist die Gefässwand elastischer und kann wieder adäquat auf vasoaktive Stimuli reagieren. Vorteilhaft für den Bio-Stent ist auch, dass die Patienten scheinbar kaum Stentthrombosen zu fürchten brauchen. Es gebe jedoch Anhaltspunkte dafür, dass der Bio-
Stent noch nicht stabil genug sei, um das Gefäss optimal offenzuhalten. Für die Weiterentwicklung des Konzepts selbstauflösender Koronarstents gilt es nun, die optimale Balance zwischen ausreichender Stärke und einer raschen Resorption des Stents zu finden. Auch muss sich noch erweisen, ob diese Art von Stents auch für Patienten mit schwierigen Läsionen infrage kommt. Die Pilotstudie umfasse nur Patienten mit einer einzigen Koronarläsion. ■
RBO
260 ARS MEDICI 7 ■ 2009