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Titel
Hepatitis, Gicht, Diabetes, Multiple Sklerose …
Untertitel
Neue Wirkstoffe und Fixkombinationen erleichtern die Therapie
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Auch 2017 gab es wieder etliche wichtige Entwicklungen im Bereich der Pharmakotherapie. Sowohl neue Wirkstoffe als auch neue Fixkombinationen bereits bewährter Substanzen können einen Beitrag zur Therapievereinfachung und Optimierung auch der Compliance leisten.
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FOKUS PHARMAKOTHERAPIE
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FOKUS PHARMAKOTHERAPIE

Hepatitis, Gicht, Diabetes, Multiple Sklerose ...
Neue Wirkstoffe und Fixkombinationen erleichtern die Therapie

Auch 2017 gab es wieder etliche wichtige Entwicklungen im Bereich der Pharmakotherapie. Sowohl neue Wirkstoffe als auch neue Fixkombinationen bereits bewährter Substanzen können einen Beitrag zur Therapievereinfachung und Optimierung auch der Compliance leisten. Bereits die Einnahme von mehr als fünf Medikamenten wird als Polypharmazie bezeichnet und stellt heute angesichts immer mehr älterer Menschen und immer mehr multimorbider Patienten eher die Regel als die Ausnahme dar. Hier gilt es natürlich grundsätzlich zu überprüfen, was eventuell entbehrlich sein könnte. Aber zur Reduktion von Medikamenten und Nebenwirkungen kann auch der (frühe) Einsatz von Fixkombinationen

beitragen. Oftmals können kombiniert die Nebenwirkungen im Vergleich zur Aufdosierung eines einzelnen Medikaments minimiert und die Wirksamkeit durch die Kombination sich ergänzender Wirkmechanismen verbessert werden. Was im Bereich der Hypertonie schon länger erfolgreich praktiziert wird, findet mittlerweile mehr und mehr Eingang in weitere Indikationsgebiete. So sind von den im Folgenden vorgestellten Medikamenten gleich drei Fixkombinationen. Zwei davon stammen aus dem Bereich der Diabetologie; auch hier können Ärzte und Patienten damit von Verbesserungen der Therapie und nicht zuletzt auch der Compliance profitieren. Und in der Hepatologie bieten die

Fixkombinationen direkter antiviraler Substanzen heute noch vor Kurzem ungeahnte Möglichkeiten. Nicht nur dass die Therapiezeiten immer kürzer und die Therapieergebnisse immer besser geworden sind, immer häufiger kann heute zudem auf den Einsatz von Interferon verzichtet werden. Auch der Genotyp ist mit den neuen pangenotypischen Optionen kein ausschlaggebendes Kriterium mehr für die Auswahl eines Medikamentes. Im Folgenden finden Sie eine kleine Auswahl aus den Neuzulassungen der jüngeren Zeit, die in ihren jeweiligen Einsatzgebieten die Praxis bereichern können. Via QRCode gelangen Sie direkt zu den Fachinformationen der jeweiligen Präparate. Mü L

Glyxambi®(Empagliflozin/Linagliptin): Fixkombination innovativer Mechanismen für Typ-2-Diabetiker

Erstmals wurde mit Glyxambi® eine Fixkombination aus einem SGLT-2-Hemmer – hier Empagliflozin – und einem DPP-4Hemmer – hier Linagliptin – eingeführt (1). Damit soll die Therapie bei Patienten mit Typ-2-Diabetes, die eine Kombinationstherapie benötigen, erleichtert werden. Die Zulassung basiert auf Phase-III-Studien zu dieser Kombination. Diese Studien zeigten eine statistisch signifikante Senkung des Blutzuckerspiegels bei der Zugabe von Empagliflozin bei Patienten auf Linagliptin plus Metformin sowie bei der Zugabe von Linagliptin bei Patienten auf Empagliflozin plus Metformin im Vergleich zur Zugabe von Plazebo. Die Kombination von Empagliflozin und Linagliptin mit Metformin in einer 52-wöchigen Studie zeigte, dass die Kombination der drei Medikamente zu einer klinisch bedeutenden und statistisch signifikanten Senkung des Blutzuckerspiegels im Vergleich zu Patienten führte, die

zuvor mit Empagliflozin oder Linagliptin allein in Kombination mit Metformin behandelt wurden (2). Das Sicherheitsprofil zeigte keine Überraschungen im Vergleich zu den bereits bekannten Sicherheitsprofilen der Einzelkomponenten.
Wie wirkt die Fixkombination?
Empagliflozin ist ein Hemmstoff des NatriumGlukose-Co-Transporters Typ 2 (SGLT-2Hemmer) und hemmt die Glukosewiederaufnahme in der Niere. Linagliptin ist ein Hemmstoff der Dipeptidyl-Peptidase-4 (DPP-4-Hemmer) – Vertreter dieser Substanzgruppe hemmen den Abbau des Inkretinhormons Glucagon-like peptide 1 (GLP-1) und begünstigen somit die Insulinausschüttung. Die Fixkombination beider Wirkstoffe steht als Filmtablette mit (10 mg Empagliflozin/5 mg Linagliptin) zur einmal täglichen Dosierung zur Verfügung. Glyxambi® ist indiziert zur Verbesserung des

Blutzuckerspiegels bei erwachsenen Patienten mit Typ-2-Diabetes anstelle der Einzelsubstanzen, wenn diese zusammen mit Metformin und Lifestyle-Massnahmen nicht ausreichen, oder als Ersatz einer Therapie mit beiden Einzelsubstanzen. AZA L
Literatur: 1. Arzneimittelinformation Glyxambi®; Stand März
2017, www.compendium.ch 2. DeFronzo RA et al.: Combination of empagliflozin
and linagliptin as second-line therapy in subjects with type 2 diabetes inadequately controlled on metformin. Diabetes Care 2015; 38(3): 384–393.
www.rosenfluh.ch/qr/glyxambi

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Lyxumia® (Lixisenatid): Einmal tägliche Inkretininjektion für Patienten mit Typ-2-Diabetes

Inkretinmimetika sind ein relativ neues Konzept in der Therapie von Typ-2-Diabetikern. Sie werden als Kombinationspartner sowohl zu Insulin als auch zu anderen Antidiabetika eingesetzt. Als eine neue Substanz steht mit Lixisenatid (Lyxumia®) ein weiterer Vertreter zur Verfügung. In GetGoal, dem klinischen Studienprogramm der Phase III, wurden mehr als 3500 Patienten in zehn Doppelblindstudien und zwei offene Studien aufgenommen. Dabei wurden Lixisenatid oder Plazebo meist als Zusatztherapie zu entweder Metformin, einem Sulfonylharnstoff, einem Basalinsulin oder einer Kombination aus zwei dieser Arzneimittel bei Patienten verglichen, bei denen eine vorangegangene Behandlung erfolglos geblieben war. Nach 24 Wochen zeigte Lixisenatid unabhängig von der vorausgegangenen Behandlung

eine grössere Wirkung im Sinne der Reduktion glykierten Hämoglobins (HbA1c). Die einmal tägliche Einnahme von Lixisenatid führte zu einer ebenso starken Senkung des HbA1c wie Exenatid zweimal täglich. Diese Wirkung auf den HbA1c hielt in den Langzeitstudien bis zu zwei Jahre an. Zudem wurde unter Lixisenatid eine Gewichtsreduktion von maximal 2,68 kg gegenüber dem Ausgangswert registriert, die in den Langzeitstudien dauerhaft erhalten blieb.
Wie wirkt Lixisenatid?
Lixisenatid ist ein GLP-1-Rezeptor-Agonist mit blutzuckersenkenden und antidiabetischen Eigenschaften und Wirkung auf den postprandialen sowie den Nüchternblutzucker. Die Effekte beruhen auf der Ähnlichkeit zum natürlich vorkommenden Glucagon-like-Peptide 1, sodass die Substanz an

GLP-1-Rezeptoren binden und diese aktivieren kann. Diese Aktivierung führt unter anderem zu einer Erhöhung der Insulinsekretion, einer reduzierten Glucagonausschüttung und einem verstärkten Sättigungsgefühl. Lyxumia® wird in Kombination mit anderen Antidiabetika für die Behandlung von Patienten mit Typ-2-Diabetes eingesetzt. Es wird als Injektionslösung einmal täglich subkutan injiziert. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Kopfschmerzen. AZA L
Literatur: 1. Arzneimittelinformation Lyxumia®;
Stand März 2017, www.compendium.ch
www.rosenfluh.ch/qr/lyxumia

Maviret®(Glecaprevir/Pibrentasvir): Fixkombination gegen alle Genotypen der Hepatitis C

Durch die Verfügbarkeit direkter antiviraler Substanzen (DAA: direct antiviral agents) wurde die Hepatitis-C-Therapie revolutioniert. Allerdings zeigten die Virostatika eine unterschiedliche Effektivität in Abhängigkeit vom Genotyp. Nun steht mit Maviret® eine pangenotypische Fixkombination mit den Wirkstoffen Glecaprevir und Pibrentasvir zur Verfügung, die zudem bei therapienaiven Patienten ohne Zirrhose eine vergleichsweise kurze Therapiedauer von 8 Wochen ermöglicht und auch bei eingeschränkter Nierenfunktion ohne Dosisanpassungen eingesetzt werden kann (1). In einem umfangreichen Studienprogramm wurde die Wirksamkeit der Fixkombination bestätigt. Nach 8-wöchiger Behandlung mit Glecaprevir/Pibrentasvir erreichten 99,7 Prozent (Genotyp 1), 99 Prozent (Genotyp 2), 97 Prozent (Genotyp 3) beziehungsweise 100 Prozent (Genotypen 4, 5 und 6) der untersuchten therapienaiven, nicht zirrhotischen Patienten in der Untersuchung 12 Wochen nach Behandlungsende ein anhaltendes virologisches Ansprechen (SVR12). Diese

Effektivität war unabhängig von Viruslast und Ausgangsresistenzen (1, 2). Laut einer integrierten Analyse (n = 2265) setzten 0,4 Prozent der Patienten die Therapie ab. Als Nebenwirkungen (mit einer Häufigkeit ≥ 10%) traten Kopfschmerzen und Fatigue auf. Art und Schweregrad der Nebenwirkungen bei Patienten mit Leberzirrhose waren mit jenen bei Patienten ohne Zirrhose vergleichbar (3). Zudem ist Glecapevir/Pibrentasvir bei vorbehandelten sowie bei Patientengruppen zugelassen, die als schwer behandelbar gelten – dazu zählen Patienten mit kompensierter Leberzirrhose (Child-Pugh A) und solche mit schwerer beziehungsweise terminaler Nierenfunktionsstörung, einschliesslich Dialysepatienten. Maviret® ist damit das einzige pangenotypische Therapieregime für Patienten mit Nierenfunktionsstörung (1).
Wie wirkt die Fixkombination?
Die Fixkombination besteht aus zwei direkt antiviral wirkenden Substanzen: dem NS3/4A-Protease-Inhibitor Glecaprevir

(100 mg) und dem NS5A-Inhibitor Pibren-

tasvir (40 mg). Dadurch werden zwei unter-

schiedliche virale Proteine gehemmt, die

beide an der Virusvermehrung beteiligt sind.

Als Standarddosis werden einmal täglich

drei Tabletten als Ribavirin-freie antivirale

Therapie eingenommen, die Therapiedauer

beträgt 8 Wochen (nicht vorbehandelte

Patienten) bis 16 Wochen (vorbehandelte

Patienten mit Genotyp 3).

AZA L

Literatur: 1. Arzneimittelinformation Maviret®, Stand Septem-
ber 2017, www.compendium.ch 2. Puoti et al.: Poster SAT-233, präsentiert beim Inter-
national Liver Congress™ (ILC) in Amsterdam, 19. bis 23. April 2017. 3. Dufour et al.: Safety of Glecaprevir/Pibrentasvir in adults with chronic genotype 1–6 FRI-238 hepatitis-c virus infection: An integrated analysis. Präsentiert beim International Liver Congress™ (ILC) in Amsterdam, 19. bis 23. April 2017.

www.rosenfluh.ch/qr/maviret

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Suliqua® (Lixisenatid/Insulin glargin): Fixkombinierter Fertigpen für Typ-2-Diabetiker

Vielen insulinpflichtigen Typ-2-Diabetikern reicht im Verlauf der Erkrankung die alleinige Injektion eines Basalinsulins nicht aus, um ihre Blutzuckerwerte, insbesondere postprandial, unter Kontrolle zu halten. Für diese Problemstellung wurde mit Suliqua® die Fixkombination aus dem kurzwirksamen GLP-1-Agonisten Lixisenatid und dem langwirksamen Insulin glargin entwickelt. Die Zulassung dieser Fixkombination basiert auf Daten aus den beiden Phase-IIIStudien LixiLan-O und LixiLan-L, in denen weltweit mehr als 1900 erwachsene Typ-2-Diabetiker behandelt wurden, um die Wirksamkeit und Sicherheit der Kombination bei der Verwendung in Patientenpopulationen zu bewerten, die unzureichend durch orale Antidiabetika beziehungsweise durch eine basale Insulintherapie kontrolliert werden konnten. In LixiLan-O zeigte die neue Fixkombination eine statistisch

überlegene Blutzucker-Reduktion (HbA1c) gegenüber Lixisenatid (−0,8 Prozent) und Insulin Glargin 100 Einheiten/ml (−0,3%), in LixiLan-L gegenüber Insulin Glargin 100 Einheiten/ml (−0,5%). Die Fixkombination hatte eine neutrale Wirkung auf das Körpergewicht.
Wie wirkt die Fixkombination?
Suliqua® ist eine Fixkombination von Insulin glargin, einem Derivat von Humaninsulin mit einer verlängerten Wirkdauer von mindestens 24 Stunden, und Lixisenatid, einem glucagonähnlichen Peptid 1-(GLP-1-) Rezeptor-Agonisten. Insulin glargin führt zu den gleichen pharmakologischen Wirkungen wie Humaninsulin. Lixisenatid wirkt als Inkretinmimetikum – es verstärkt die glukoseabhängige Insulinsekretion und reduziert die Glukagonfreisetzung. Diese Fixkombination wird in Kombination mit Metformin zur Behandlung von Erwachse-

nen mit Diabetes mellitus Typ 2 angewen-

det, wenn Metformin allein oder eine

Kombinationstherapie mit Metformin und

Sulfonylharnstoff, Metformin und einem

GLP-1-Rezeptor-Agonisten oder Metfor-

min und Basalinsulin keine ausreichende

Blutzuckereinstellung erreichen. Die subku-

tane Injektion von Suliqua®, das als Fertig-

pen in zwei Dosisstärken verfügbar ist, er-

folgt einmal täglich innerhalb einer Stunde

vor einer beliebigen Mahlzeit.

AZA L

Literatur: 1. Arzneimittelinformation Suliqua®; Stand Februar
2017, www.compendium.ch

www.rosenfluh.ch/qr/suliqua

Zurampic® (Lesinurad): Urikosurikum bringt mehr Gichtpatienten unter 6 mg/dl

Als Grenzwert des Harnsäurespiegels, der durch eine harnsäuresenkende Therapie erreicht werden sollte, gilt heute ein Wert von 6 mg/dl. Dieser Wert lässt sich mit Xanthinoxidasehemmern allein nicht immer erreichen. Eine neue Therapiestrategie zur Harnsäuresenkung bei Gicht ist die Kombination von Urikosurika mit Xanthinoxidasehemmern. Mit diesem Ziel wurde auch Lesinurad (Zurampic®) entwickelt, bereits 2015 in den USA, 2016 von der EMA und im letzten Jahr auch in der Schweiz zugelassen, es soll hier Anfang 2018 auf den Markt kommen. Die Wirksamkeit der Kombination aus Lesinurad und Allopurinol wurde in den Studien CLEAR1 und CLEAR2 belegt. In beiden Studien konnte gezeigt werden, dass durch die Kombination von Lesinurad plus Allopurinol der Anteil der Patienten, die nach sechsmonatiger Therapie den als pri-

mären Endpunkt definierten Zielwert unter 6 mg/dl erreichten, im Vergleich zur Allopurinol-Monotherapie etwa verdoppelt werden konnte: In den Kombinationstherapie-Gruppen waren es 54 Prozent (CLEAR1) beziehungsweise 55 Prozent (CLEAR2); unter Allopurinol-Monotherapie waren es 28 Prozent (CLEAR1) beziehungsweise 23 Prozent (CLEAR2) (1).
Wie wirkt Lesinurad?
Lesinurad ist ein Urikosurikum aus der Gruppe der URAT1-Inhibitoren, das in Kombination mit Allopurinol zur Behandlung der Gicht eingesetzt wird. Die Substanz ist ein Inhibitor des Transporters URAT-1 (Urate-Transporter 1). Zurampic® ist in Kombination mit Allopurinol zur Behandlung der Hyperurikämie bei erwachsenen Patienten mit Gicht angezeigt, wenn die Serum-Harnsäure-Zielwerte mit Allo-

purinol allein nicht erreicht werden. Die Tagesdosis beträgt 200 mg – sie ist in einer Filmtablette enthalten, die morgens zusammen mit Nahrung und Flüssigkeit eingenommen werden soll. Unter der Therapie muss auf die Nierenfunktion geachtet werden, denn in den Studien wurde eine Erhöhung des Serumkreatinins beobachtet.
AZA L Literatur: 1. Arzneimittelinformation Zurampic®; Stand No-
vember 2016, www.compendium.ch
www.rosenfluh.ch/qr/zurampic

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