Transkript
Wer war eigentlich … – Herr Kocher?
EDITORIAL
Büste Theodor Kochers beim Haupteingang des Inselspitals in Bern, Schweiz. Bildhauer: Karl Hänny (1879–1972). Büste von 1927.
Foto: Wattewyl
Emil Theodor Kocher wurde als Sohn von Jakob Alexander Kocher, Oberingenieur des Kantons Bern, 1841 in Bern geboren. Nach dem Gymnasium in Burgdorf studierte er Medizin in Bern, schloss 1865 mit dem Staatsexamen ab und promovierte 1866. Während eines Gastsemesters in Zürich lernte er Theodor Billroth kennen, der sein Lehrer wurde. Auf einer Studienreise nach Berlin, London und Paris machte er zudem Bekanntschaft mit Rudolf Virchow, Bernhard von Langenbeck und Thomas Spencer Wells. Zurück in Bern, wurde Kocher 1866 für Chirurgie habilitiert. 1869 eröffnete er eine eigene Praxis. Internationale Bekanntheit erreichte er mit
einer neuen Methode zur Schultereinrenkung. 1872 wurde er zum ordentlichen Professor für Chirurgie berufen. Theodor Kocher war mit Maria Witschi verheiratet. Das Paar hatte drei Söhne, von denen der älteste, Albert, als Assistenzprofessor für Chirurgie seinen Vater bei dessen Arbeit unterstützte. Als Kocher seine chirurgische Laufbahn antrat, fand gerade ein Wechsel statt zwischen den althergebrachten septischen zu den neuartigen antiseptischen Behandlungsmethoden. Kocher war eine der Schlüsselfiguren dieses Umbruchs, indem er beispielsweise eine Reihe von Wundbehandlungsmethoden mit leichten Chlorlösungen entwickelte. Später führte er die ersten aseptischen Wundversorgungen durch. Durch seine Arbeit als Ausbilder für Militärärzte bekam Kocher ausserdem Einblick in die Behandlung von Schusswunden und machte dies zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit. Neben der Wund- und Bruchbehandlung war die Chirurgie der inneren Organe für Kocher wichtig, etwa die Operation bei Magen- und Darmerkrankungen. Nach ihm ist das Kocher-Manöver benannt, mit dem man das Duodenum von Verwachsungen lösen kann. Ebenso entwickelte er chirurgische Instrumenten, am bekanntesten die nach ihm benannte Kocher-Klemme. Kocher beschäftigte sich schon früh mit den Erkrankungen und der Chirurgie der Schilddrüse, zu deren Physiologie und Pathologie er neue, kontrovers diskutierte Hypothesen
und Ergebnisse beitrug. Schon 1876 hatte er die erste Strumektomie durchgeführt. Dieser letzte Schwerpunkt brachte ihm 1909 (als erstem Schweizer überhaupt) den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin ein («für seine Arbeit über die Physiologie, Pathologie und Chirurgie der Schilddrüse»). Die Stadt Bern ehrte Kocher, indem kurz nach seinem Tod die Inselgasse in Kochergasse umbenannt wurde. 1927 erhielt Cuno Amiet zudem den Auftrag, die Aula im Gymnasium Kirchenfeld mit «fünf grossen Bernern» auszugestalten. Das oberste Bild zeigt Theodor Kocher. 1941 vermachte Kochers Sohn Albert der Öffentlichkeit schliesslich testamentarisch ein Gelände an der Belpstrasse in Bern, das dann 1944 zum Kocherpark wurde. In ihm steht die vom Bildhauer Max Fueter geschaffene Büste des Namensgebers. Eine weitere Büste von Karl Hänny steht beim Haupteingang des Inselspitals. Bis kurz vor seinem Tod stand Kocher noch im Operationssaal. Am Abend des 23. Juli 1917 führte er seine letzte Notoperation durch. Kurz darauf fühlte er sich unwohl, zog sich zurück und verlor kurz danach das Bewusstsein. Vier Tage später verstarb Emil Theodor Kocher im Alter von 75 Jahren. Er wurde auf dem Berner BremgartenFriedhof bestattet.
Richard Altorfer
ARS MEDICI DOSSIER XI+XII I 2017
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