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KONGRESSNOTIZEN
EASD
Ehegatten von adipösen Frauen haben ein erhöhtes Diabetesrisiko
Bei der Diabetesabklärung eine Familienanamnese zu machen, gehört zum Standard. Doch auch Ehepartner haben einen erheblichen gegenseitigen Einfluss. Ehemänner haben ein höheres Diabetesrisiko, wenn ihre Angetraute übergewichtig ist, wie eine Analyse aus Longitudinalstudiendaten nach Geschlechteraspekten zeigt. Bei Ehepaaren über 50 Jahre haben Ehemänner von adipösen Frauen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes, insbesondere bei Paaren über 50 Jahre. Das zeigte eine Datenanalyse der englischen Longitudinalstudie bei Verheirateten (English Longitudinal Study of Ageing, ELSA), an der 3650 Männer und 3478 Frauen teilnahmen. Fragestellung war, ob ein Zusammenhang zwi-
schen der Entwicklung eines Typ-2-Diabetes (HbA1c ≥ 6,5%) und des Übergewichts des Ehepartners besteht. Die Teilnehmer wurden zwischen 1998 und 2015 im Abstand von 2,5 Jahren befragt. Über die Studiendauer von 11,5 Jahren war die Rate an Typ-2-DiabetesNeudiagnosen bei Männern bei 12,6 pro Personenjahre und bei Frauen bei 8,6. Pro 5 kg/m2 BMI bei der Ehefrau mehr als beim Ehemann stieg das Diabetesrisiko für den Ehemann um 21 Prozent. Umgekehrt hatten Frauen mit einem adipösen Gatten ausser ihren eigenen Risikofaktoren keine zusätzlichen Risiken, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln. Gründe für die mögliche «Übertragung» sieht Studienautor Dr. Adam Hulman, Department
of Public Health, Aarhus University (DK), in
den schlechten Ess- und Bewegungsgewohn-
heiten, die in einer Paarbeziehung oft gemein-
sam praktiziert werden. Den Ehemann einer
adipösen Patientin auf Typ-2-Diabetes zu
screenen, kann dazu beitragen, die Diabetes-
detektionsrate zu erhöhen.
Die Tatsache, dass einer der beiden Ehepart-
ner bereits an einem Typ-2-Diabetes litt, er-
höhte das Diabetesrisiko für den anderen Part-
ner dagegen nicht.
vh
Quelle: «Spousal diabetes and obesity as risk factors of incident type 2 diabetes: analysis from the English Longitudinal Study of Ageing». Präsentiert am EASD 2017, 11. bis 15. September in Lissabon.
Fettleber gefährdet Herz von Diabetikern unabhängig
Es gibt einen weiteren Grund, Typ-2-Diabetiker zu einer gesunden Lebensweise anzuhalten: Bei einer zusätzlichen, bei Typ-2-Diabetikern häufigen nicht alkoholischen Fettleber (NAFLD) erhöht sich das Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis unabhängig von bekannten Risikofaktoren. Wie hoch NAFLD beim kardiovaskulären Risiko zu Buche schlägt, untersuchten britische Forscher retrospektiv anhand der bei Spitaleinweisung infolge kardiovaskulärer Ereignisse erhobenen Daten von schottischen Typ-2-Diabetikern sowie von Registerdaten über Todesfälle von Typ-2-Diabetikern. Gesucht wurde nach ICD-Codes mit
NAFLD, kardiovaskuläre Mortalität und kardiovaskuläre Erkrankung. Von 133 312 diabetischen Patienten hatten knapp 2000 bei Spitaleinweisung eine NAFLD-Diagnose. Verglichen mit den Diabetikern ohne NAFLD waren sie jünger (60 vs. 63 Jahre), dicker (BMI 33 vs. 32 kg/m2), eher weiblich (49 vs. 45%) und eher Raucher (25 vs. 22%). Nach einem Follow-up von 4,7 Jahren zeigte sich in der NAFLD-Gruppe eine Erhöhung von kardiovaskulären Ereignissen um 62 Prozent, verglichen mit jenen ohne NAFLD. Das macht die NAFLD zu einem unabhängigen kardiovaskulären Risikofaktor, den es zu behandeln oder dem es
vorzubeugen gilt, so Studienautorin Prof.
Sarah Wild, University of Edinburgh. NAFLD
war ebenso assoziiert mit einer 40-prozenti-
gen Risikoerhöhung für kardiovaskulären Tod,
einer Verdoppelung des Gesamtmortalitätsri-
sikos sowie einer Risikoerhöhung für die Ent-
wicklung eines hepatozellulären Karzinoms
um das 41-Fache.
vh
Quelle: «Hospital admission with common liver disease puts people with type 2 diabetes at much greater risk of cardiovascular disease and death». Präsentiert am EASD 2017, 11. bis 15. September in Lissabon.
Wer entwickelt Typ-1-Diabetes nach 30?
Eine autoimmune Betazellzerstörung mit einer Erkrankung an Typ-1-Diabetes (T1D) als Folge ereignet sich häufig schon im Kindesalter. Doch es gibt auch Personen, die erst im Erwachsenenalter daran erkranken. Prominentes Beispiel ist Premierministerin Theresa May, die mit 56 Jahren daran erkrankte. Forscher um Dr. Nick Thomas von der Universität Exeter (GB) fanden nun heraus, dass genetische Determinanten für den Zeitpunkt der Krankheitsentwicklung erkennbar sind. Sie analysierten die Krankheitsentwicklung von Geburt bis zum 60. Altersjahr von 120 000 Biobankdaten von Typ-1-Diabetikern. Dabei
zeigte sich, dass paarweise vorkommende DR3 und DR4-Allele des HLA-Komplexes prädiktiven Charakter für ein hohes Risiko haben, einen Typ-1-Diabetes zu entwickeln. In den Hochrisiko-HLA-Gruppen DR3/DR3, DR3/DR4 und DR4/DR4 betrug das Lebenszeitrisiko 1,2 Prozent, 4,2 Prozent und 3,5 Prozent. Das Durchschnittsalter bei Diagnose war mit DR3/DR3, DR3/DR4 und DR4/DR4 17, 28 und 38 Jahre. Bei 71 Prozent der T1D-Diagnosen mit dem DR4/DR4-Genotyp waren die Betroffenen über 30 Jahre alt, mit DR3/DR4 40 Prozent und mit DR3/DR3 26 Prozent. Während alle drei Genotypen das Lebenszeit-
risiko erheblich erhöhen, zeigte diese Popula-
tionsstudie erstmals, dass DR4/DR4 für eine
T1D-Entwicklung nach dem Alter von 30 spe-
zifisch prädisponiert, so Thomas. Damit sei
auch klar belegt, dass die Late-onset-T1D nicht
einfach eine Spätform des T1D ist.
vh
Quelle: «Variation in genetic risk explains which people develop type 1 diabetes in later life». Präsentiert am EASD 2017, 11. bis 15. September in Lissabon.
CongressSelection Kardiologie/Diabetologie • Dezember 2017 • 59