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Kongressbericht
ESMO 2017 – Jahreskongress der European Society for Medical Oncology, Madrid, 8. bis 12. September 2017
Krebsrisiko in der Postmenopause
Adipositas: Bauchfett ist ein wichtiger Risikofaktor
Adipositas ist ein bekannter Krebsrisikofaktor; epidemiologische Studien haben aber hauptsächlich den Zusammenhang durch unspezifische Beurteilungen (von Gewicht, Body-Mass-Index oder Taillen-Hüftumfang) untersucht. In einer Kohortenstudie mit postmenopausalen Frauen ergab sich nun, dass ein hoher Anteil an abdominalem Fett (nicht der BMI, nicht Körperfett) für die Risikoerhöhung um 50% für Lungen- und gastrointestinale Karzinome verantwortlich ist.
Bekannt, dass die Menopause eine Verlagerung des Körperfetts in Richtung der Abdomen auslöst, was zu einem mit Adipositas verbundenen Krebsrisiko führen kann. DEXA-Messungen (dual-energy Xray absorptiometry) kann die Ganzkörper- und regionale Zusammensetzung von magerer und fetter Masse bestimmen, doch nur wenige Studien haben
diese DEXA-basierte Körperzusammensetzung als Prädiktor für die Krebsinzidenz angegeben. Ziel einer dänischen prospektiven, epidemiologischen Kohortenstudie war, den Zusammenhang zwischen Adipositas, evaluiert durch DEXA, und der Krebsinzidenz in einer Kohorte von postmenopausalen Frauen zu untersuchen.
Viel Bauchfett erhöht das Krebsrisiko um rund die Hälfte gegenüber Frauen mit schlanker Taille und Hüfte.
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Knapp 5900 Frauen, median 71 Jahre
Die Studie schloss 5855 Frauen (mittleres Alter 71 Jahre; ± 6,5 Jahre) ein, die einer DEXA unterzogen wurden, um Körperfett und Körperfettzusammensetzung zu bewerten; sie wurden während 12 Jahren nachbeobachtet. Unter Verwendung von Informationen aus nationalen Krebsregistern wurden bei den Frauen 811 solide Krebserkrankungen ermittelt. Dabei zeigte sich, dass das Verhältnis von Bauchfett zu peripherem Fett ein signifikant unabhängiger Prädiktor für die Krebsdiagnose in diesem Zeitraum war (Hazard Ratio [HR] 1,30; 95%-KI: 1,11–1,52; p = < 0,001). Weder der BMI noch der Fettanteil zeigten eine Signifikanz.
Unabhängiger Risikofaktor vor allem für Lungen- und Darmkrebs
Insgesamt traten 293 Brust- und Ovarial-
karzinome, 345 Lungen- und Gastroin-
testinalkarzinome (GI) und 173 andere
Krebsarten auf. Bei näherem Hinsehen
auf spezifische Krebsarten und Risikofak-
toren stellten die Forscher fest, dass nur
Lungen- und gastrointestinale Karzino-
me mit hoher Relation der abdominalen
zu peripheren Fettverhältnissen assozi-
iert waren (HR 1,68; 95%-KI: 1,12 bis 2,53;
p < 0,05 und HR 1,34; 95%-KI: 1 bis 1,8;
p < 0,05). Zusätzliche Krebsrisikofaktoren
waren höheres Alter, Anwendung einer
Hormonersatztherapie und Rauchen,
aber auch nach der Adjustierung dieser
Risikofaktoren blieb der hohe Bauchfett-
anteil ein unabhängiger Risikofaktor. Ein
hoher Bauchfettanteil erhöhte das Risiko
für Lungen- und gastrointestinale Karzi-
nome um mehr als 50%.
Bei der Bewertung des Krebsrisikos post-
menopausaler Frauen sind der BMI und
der allgemeine Körperfettanteil dem-
nach keine ausreichenden Messgrössen,
da sie die Verteilung der Fettmasse un-
berücksichtigt lassen. Die Vermeidung
von zentraler Adipositas kann dagegen
Schutz bieten. Die Bedeutung der Insu-
linresistenz in der Krebsätiologie wird mit
diesem Ergebnis weiter unterstrichen.
Diese Information sollte den Frauen in
der Vorsorgeberatung vermittelt wer-
den, folgern die Autoren.
I
Bärbel Hirrle Referenz: Staunstrup LM et al.: A study of body fat composition, derived from DXA-scans, in association with cancer incidence in postmenopausal women. ESMO Jahreskongress 2017, abstract #1408P_PR.
GYNÄKOLOGIE 5/2017
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