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EDITORIAL
Im Fokus: Sarkome und seltene Malignome
K nochen- und Weichteiltumore – kurz Sarkome genannt – sind insgesamt seltene Krebsarten. Traditionell werden alle Sarkome multidisziplinär behandelt, wobei häufig die Chirurgie im Vordergrund steht. Das molekulare und genetische Verständnis dieser Tumoren ist in den letzten Jahren explosionsartig gewachsen und eröffnet neue, bei Weitem noch nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten in Diagnostik und Therapie. Unsere grösste Herausforderung in Zukunft liegt darin, diese Möglichkeiten optimal zu nutzen.
Interdisziplinarität im Mittelpunkt Der wichtigste Aspekt ist die («intensivierte») Interdisziplinarität. Wir dürfen die Behandlung von Sarkompati-
Interdisziplinäre Herausforderung Sarkome
enten unter keinen Umständen auf eine «Dienstleistung» reduzieren: Von der Meinung vieler Chirurgen «Wir schneiden diese Veränderung erst mal raus zur histologischen Analyse» gilt es, Abschied zu nehmen. Das Gleiche gilt für den unabhängig vom späteren Operateur agierenden Radiologen, der zwar technisch eine Biopsie durchführen kann, hierfür aber keine Verantwortung übernehmen kann, weil er den operativen Zugangsweg nicht kennt – oder nicht übernehmen will, weil ihm der klinische Hintergrund fehlt. Einen solchen unnötigen, nicht koordinierten Aktivismus, welcher die Prognose von Patienten direkt negativ beeinflussen kann, sollten wir heutzutage in der Schweiz einfach nicht mehr akzeptieren müssen. Leider aber kommen solche Situationen immer noch allzu häufig im Alltag vor!
Absprachen im Sarkomboard am Zentrum Die präzise Abstimmung zwischen den Fachdisziplinen zur optimalen Kombinationstherapie ist absolut «Match-entscheidend» für eine erfolgreiche Behandlung von Sarkompatienten. Die Behandlung dieser Patienten ist komplex – gerade vor diesem Hintergrund können wir das vorhandene Potenzial, welches uns die Molekulargenetik liefert, nur umsetzen, wenn alle In-
formationen optimal zwischen den Spezialisten der Fachdisziplinen ausgetauscht werden und die Behandlungsstrategie interdisziplinär koordiniert wird. Dies hat vor Beginn der Behandlung im Rahmen von Sarkomboards an einem Zentrum zu erfolgen.
Unterstützung für die Forschungsförderung Es ist sinnvoll, wenn die Politik solche Sarkomboards unterstützt und fördert, wie dies beispielsweise in Zürich der Fall ist (www.sarkomboard.ch). Über Diagnostik und Therapie betroffener Patienten hinaus geht es auch darum, Tumorgewebe von Biopsie und Operation für die molekulargenetische Forschung zu gewinnen. Dies ist umso wichtiger, als Sarkome selten sind. Sie sollten deshalb nur dort operativ entfernt werden, wo diese entsprechenden personellen Kapazitäten auch bestehen. Wir müssen einen nächsten Schritt machen – weg vom herkömmlichen Fachdisziplinen- oder «Territoriumdenken», hin zu einer «Einheit des interdisziplinären Therapiemanagements», um die Prognose des Sarkompatienten zu verbessern. Wir sollten uns verpflichtet fühlen, alle Sarkompatienten zukünftig in der Schweiz nur noch im Rahmen eines solchen Sarkomboards zu behandeln. Würden Sie morgen selbst mit einem Sarkom diagnostiziert werden, welche Behandlung wünschten Sie sich – respektive wäre gut genug für Sie?
Prof. Dr. med. Dr. sc. nat. Bruno Fuchs Leiter Sarkomzentrum Universität Zürich
SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 2/2012
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