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Neue Substanzen erweitern das Therapiespektrum bei Psoriasis-Arthritis
Effektivität auch bei TNF-Hemmer-Versagen
Zahlreiche Vorträge beim diesjährigen Meeting der European League against Rheumatism (EULAR) widmeten sich der Indikation Psoriasis-Arthritis. Dank neuer Biologika gelingt es auch bei therapierefraktären Patienten, ein Ansprechen zu erreichen. Solche Systemtherapien haben den Vorteil, dass sie sowohl die Haut- wie auch die Arthritissymptomatik bessern.
Mit dem Januskinasehemmer Tofacitinib wurden bereits mit rheumatoider Arthritis gute Behandlungsergebnisse erreicht. Eine aktuelle Studie zeigte jetzt, dass auch Patienten mit Psoriasis-Arthritis (PsA) gut auf Tofacitinib ansprechen, besonders auch solche nach TNF-Hemmer-Versagen (1). In die Studie wurden Patienten mit aktiver PsA eingeschlossen, denen früher ein TNF-Hemmer verschrieben wurde. Im Vergleich zu Plazebo war die Behandlung mit Tofacitinib bei beiden Endpunkten nach drei Monaten überlegen, beim ACR20-Ansprechen (das heisst einer Verbesserung um 20 Prozent gemäss Kriterien des «American College of Rheumatology») sowie den Veränderungen im «Health Assessment Questionnaire Disablitiy Index (HAQ-DI)»-Score, einem standardisierten Untersuchungstool, in dem Patienten den Grad ihrer Behinderung beurteilen können. Zu diesem Zeitpunkt erreichten 50,5 Prozent der Patienten, die mit 5 mg Tofacitinib und 60,6 Prozent der Patienten, die mit 10 mg Tofacitinib zweimal täglich behandelt wurden, ein ACR-20-Ansprechen im Vergleich zu 33,3 Prozent unter Plazebo (p ≤ 0,05 bzw. p ≤ 0,001 bei Behandlung mit der hohen Dosis). Unterschiede zeigten sich nach einer Behandlungs-
Abbildung: Wirkmechanismus der selektiven IL-23- und der IL-17-Blockade bei Psoriasis und Psoriasis-Arthritis
dauer von nur zwei Wochen und hielten bis zum Studienende, berichtete Studienleiter Prof. Philip J. Mease aus Seattle: «Vermutlich wird Tofacitinib nach der Zulassung für Psoariasis-Arthritis sowohl bei Patienten als auch bei Ärzten aufgrund der oralen Darreichungsform sehr beliebt sein», so Mease. Zudem scheint sich die Behandlung auch auf die radiologisch nachweisbare Progression auszuwirken.
Selektive IL-23-Inhibition erfolgreich bei PsA
Guselkumab ist ein humaner Antikörper, der an der P19-Proteinuntereinheit bindet und so selektiv IL-23 blockieren kann: Im Gegensatz dazu hat Ustekinumab die P40-Untereinheit zum Ziel, die sowohl von IL-12 als auch von IL-23 benutzt wird, es inhibiert also IL-12 und IL-23. IL-12 spielt aus heutiger Sicht jedoch bei Psoriasis und PsA lediglich eine untergeordnete Rolle. Aufgrund dieser Besonderheit wird Guselkumab auch als «Superstelara» bezeichnet. Schon bei Psoriasis erwies es sich als hochaktiv, beim EULAR wurde jetzt eine Phase-IIa-Studie zur PsA mit 149 Patienten vorgestellt (2). In dieser gelang es signifikant mehr Patienten, die mit Guselkumab behandelt wurden, bei Woche 24 ein «Psoriasis Area and Severity Index (PASI)»-Ansprechen von 75/90 oder 100 zu erreichen. Besonders beeindruckend war der Anteil der Patienten, die ein PASI-100-Ansprechen erreichen, das heisst, deren Hautveränderungen vollständig abgeheilt waren. Dies gelang nach 24 Wochen fast 40 Prozent der mit Guselkumab behandelten Patienten im Vergleich zu 6,3 Prozent bei Therapie mit Plazebo. Aber auch hinsichtlich des Einflusses auf die Gelenke war der selektive IL-23-Blocker hochwirksam: Bereits nach einer Behandlungsdauer von vier Wochen zeigte sich ein im Plazebovergleich signifikanter Effekt beim ACR-20-Ansprechen (p < 0,001). Im Laufe der Zeit nahm die Wirksamkeit noch zu: So erreichten in Woche 24 58 Prozent der mit Guselkumab behandelten Patienten eine 20-prozentige
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Verbesserung der Gelenksymptomatik im Vergleich zu 18,4 Prozent in der Plazebogruppe (p < 0,001). 14 Prozent der mit dem Verum behandelten Patienten erreichten zu diesem Zeitpunkt sogar ein ACR-70Ansprechen im Vergleich zu 2 Prozent in der Plazebogruppe (p = 0,023). Bei 56,6 Prozent der Patienten, die zu Studienbeginn eine Entzündung der Sehnenansatzpunkte gezeigt hatten, kam es bei Therapie mit Guselkumab zu einem vollständigen Abklingen der Enthesitiden bis Woche 24, dagegen nur bei 29,0 Prozent unter Plazebo (p = 0,012). Bei 55,2 Prozent der Patienten, die zu Studienbeginn an einer Dactylitis litten, war diese nach 24 Wochen abgeklungen (unter Plazebo bei 17,4%, p < 0,001). 23 Prozent der Patienten erreichten unter Guselkumab eine minimale Krankheitsaktivität in Woche 24 im Vergleich zu 2 Prozent unter Plazebo (p = 0,001). Zudem wirkte sich die Therapie mit dem Verum positiv auf die mentale Gesundheit aus, auch gaben die Patienten an, physisch aktiver zu sein (p < 0,001). Bezüglich der Nebenwirkungen gab es keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.
Neuer IL-17-Blocker: Auch bei TNF-Versagen hochaktiv
Der IL-17-Hemmer Ixekizumab (Taltz®) ist auch bei Patienten mit PsA aktiv, die auf ein oder zwei TNFBlocker nicht ansprachen beziehungsweise diese nicht vertrugen: Dies ist das wichtigste Resultat der SPIRIT-P2-Studie, die kürzlich publiziert und beim EULAR vorgestellt wurde (3). In dieser wurden insgesamt 363 Patienten mit aktiver PsA in drei Gruppen randomisiert und erhielten entweder 80 mg Ixekizumab alle 4 Wochen (Ixe4W), 80 mg Ixekizumab alle 2 Wochen (Ixe2W) oder ein Plazebo. Bei allen Teilnehmern hatte die vorangegangene Behandlung mit einem oder zwei TNF-Hemmern versagt, oder die Patienten hatten diese nicht vertragen. Im Vergleich zu Plazebo hatten mehr Patienten in den beiden Verumgruppen nach 24 Wochen eine mindestens 20-prozentige Verbesserung ihrer Symptome gemäss den Kriterien des American College of Rheumatology (ACR20) erfahren (53% in der Ixe4W-Gruppe, 48% in der Ixe2W-Gruppe und 20% unter Plazebo; < 0,0001). Darüber hinaus war Ixekizumab Plazebo auch bei einer Reihe von sekundären Studienendpunkten überlegen.
Weniger Einschränkungen – signifikante Verbesserung der Hautveränderungen
Auch in der SPIRIT-P2-Studie wurde das Ausmass physischer Einschränkungen nach Selbsteinschätzung der Patienten im HAQ-DI-Score ermittelt. Die Therapie mit dem IL-17-Hemmer führte in beiden Dosen zu einer signifikant verbesserten physischen Funktion im HAQ-DI. Sowohl nach 12 als auch nach
Psoriasis Arthritis: Schmerzen trotz Biologikatherapie
Eine Psoriasis-Arthritis kann nicht nur ebenso destruierend verlaufen wie eine rheumatoide Arthritis, sondern auch extrem schmerzhaft sein. Eine im Rahmen des EULAR-Kongresses vorgestellte Studie zeigt, dass diese Schmerzen auch mit Biologikatherapie nicht leicht unter Kontrolle zu bringen sind. Für die Studie wurden fast 800 PsA-Patienten aus 13 Ländern, die seit mindestens drei Monaten Biologika (grossteils TNF-Blocker) erhielten, hinsichtlich ihrer Schmerzsymptomatik, Einnahme von OTC-Analgetika, Berufstätigkeit, Lebensqualität usw. befragt. Dabei gaben 36,8 Prozent der Studienpopulation starke Schmerzen und weitere 30 Prozent moderaten Schmerz an. Starke Schmerzen waren mit verstärkter Einnahme von NSAR, aber auch Opioiden assoziiert. Wenig überraschend korrelierte Schmerz signifikant mit Beeinträchtigung körperlicher und sozialer Funktionen. Eine weitere Befragung zeigte ebenfalls massive Einschränkungen der Lebensqualität durch den Schmerz, der auch zu vermehrter Arbeitslosigkeit führte. Patienten unter 65 mit starken Schmerzen waren zu 58,3 Prozent ohne Arbeit. Prof. Dr. Philip Conaghan von der University of Leeds (UK)betonte anlässlich der Präsentation der Daten die Notwendigkeit neuer, verbesserter Optionen in der Therapie der Psoriasis-Arthritis.
Conaghan PG, Strand V, Alten R et al.: Pain still remains a high unmet need among psoriatic arthritis patients receiving existing biologic treatment: results from a multi-national real-world survey. EULAR 2017; Madrid: Abstract OP0107
24 Wochen war Ixekizumab Plazebo bezüglich des
Einflusses auf die Hautsymptomatik, gemessen im
PASI-Index, überlegen.
Wie schon in früheren Studien trat die Wirkung der
Substanz bereits innerhalb von 1 bis 2 Wochen ein.
Die mit über 5 Prozent häufigsten unerwünschten
Wirkungen waren Reaktionen an der Injektionsstelle,
Infekte der oberen Atemwege, Nasopharyngitis,
Sinusitis und oropharyngeale Schmerzen – diese
Nebenwirkungen waren meist mild bis moderat aus-
geprägt. Um die Langzeitwirkungen und die Sicher-
heit der Therapie zu beurteilen, soll die Studie bis zu
drei Jahre fortgeführt werden.
«Viele PsA-Patienten haben eine Reihe von Biologika
ausprobiert und entweder im Laufe der Zeit das
Ansprechen verloren, unzureichend angesprochen
oder eine Therapie nicht vertragen. Für diese schwie-
rig zu behandelnde Patientenpopulation besteht
dank Ixekizumab jetzt eine neue Behandlungsmög-
lichkeit», erklärte Prof. Peter Nash, Erstautor der
Phase-III-Studie SPIRIT-P2, Rheumatology Research
Unit, Universität Queensland (AUS).
L
Susanne Kammerer
Literatur unter www.rosenfluh.ch
Quellen: Symposia «PsA: The options grow» am 16.6. «PsA: an integrated perspective» am 15.6. und «PsA: a fascinating disease» am 15.6. im Rahmen des EULAR 2017 in Madrid.
Take Home Messages
L Neue therapeutische Optionen wie JAK-Kinase-Hemmer und selektive IL-23-Blocker werden die Versorgung von PsA-Patienten vermutlich verbessern.
L Der IL-17-Blocker Ixekizumab ist auch bei Patienten mit TNF-Hemmer-Nichtansprechen aktiv.
L Viele Patienten mit PsA leiden trotz TNF-Hemmer-Therapie unter starken Schmerzen. L Starke Schmerzen haben eine negative Auswirkung auf die Lebensqualität und sind ein
Risiko für die Frühberentung.
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Referenzen: 1. Mease PJ et al.: Efficacy and safety of tofacitinib, an oral janus kinase inhibitor, or
adalimumab in patients with active psoriatic arthritis and an inadequate response to conventional synthetic disease-modifying antirheumatic drugs (CSDMARDS): a randomised, placebo-controlled trial. EULAR 2017; Madrid: Abstract OP0216. 2. Deodhar A et al.: Efficacy and safety results of guselkumab, an anti-IL23 monoclonal antibody, in patients with active psoriatic arthritis over 24 weeks: a Phase 2A, randomized, double-blind, placebo-controlled study. EULAR 2017; Madrid: Abstract OP0218. 3. Nash P et al.: Ixekizumab for the treatment of patients with active psoriatic arthritis and an inadequate response to tumour necrosis factor inhibitors: results from the 24-week randomised, double-blind, placebo-controlled period of the SPIRIT-P2 phase 3 trial. Lancet 2017; 389(10086): 2317–2327. 4. Conaghan PG et al.: Pain still remains a high unmet need among psoriatic arthritis patients receiving existing biologic treatment: results from a multi-national realworld survey. EULAR 2017; Madrid: Abstract OP0107.
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